Ich habe eher den Eindruck, daß eine Verbesserung durch Cryo-Tuning nicht in das Weltbild der selbsternannten Experten passt. Selbst wenn sie den Gegenbeweis bekämen, würden sie es leugnen; was es nicht geben darf, gibt es auch nicht!!!
... für viele mit Voodoo vergleichbar. ...
Das ist ein bisschen der casus knaxus in der Diskussion über Cryo-Tuning.
Ich schreibe im Nachfolgenden mal meine Gedanken dazu auf, warum die Expertenfrage schnell ein bisschen problematisch wird und was vielleicht der Grund dafür ist, dass manche sich manchmal über den Mund gefahren oder sich in der Diskussion vielleicht sogar angegriffen fühlen. Das erkenne ich natürlich auch an - das soll natürlich nicht so sein, schließlich geht's hier ja eigentlich um nichts außer dem Vortragen, Vergleichen und vielleicht Umstimmen von Überzeugungen. Es hat ja niemand etwas davon, wenn argumentativ aufgerüstet wird.
Mir geht es da jetzt weniger um eine Lösung der Grundsatzfrage, ob Cryo-Tuning wie behauptet funktioniert, oder wie das im Einzelnen nachweisbar oder widerlegbar sein kann, oder wie man die Emotionalität und Polarisierung der Diskussion vielleicht mindern könnte. Das soll jetzt vielmehr eine ausführlichere Erörterung davon sein, was ich als das Hauptproblem bei der Diskussion darüber ansehe.
In der Diskussion sind drei Seiten denkbar und scheinen sich auch immer zu zeigen: 1. Diejenigen, die eine notwendig wünschenswerte Auswirkung von Cryo-Tuning behaupten. 2. Diejenigen, die die Unmöglichkeit einer überhaupt erfolgenden Auswirkung von Cryo-Tuning behaupten. Und 3. diejenigen, die auf Grundlage der methodologischen und epistemischen Unwägbarkeiten im Nachweis jeglicher Wirksamkeitsbehauptung von einer mangelhaften Beweislage für jegliche Behauptung ausgehen und dementsprechend auch einer wünschenswerten Auswirkung von Cryo-Tuning weder widersprechen noch zustimmen, deren Notwendigkeit aber infolgedessen ausschließen müssen.
Jetzt stellt sich immer die Frage, wer denn nun Recht hat und, da immer schnell von "selbsternannten Experten" über "selbsternannte Experten" das Urteil gefällt wird, dass sie sich für "selbsternannte Experten" halten, wer denn überhaupt in der Lage ist, Recht haben zu können.
Denn die Aussagen der unterschiedlichen Diskussionsseiten erfolgen in ähnlicher Form, führen aber bei Gleichbehandlung und -bewertung zu einem Kategorienfehler. Die ersten beiden Gruppen, die eine notwendig wünschenswerte Wirksamkeit behaupten oder ausschließen, nehmen zwei grundsätzliche Dinge an:
1. Es gibt ein Verfahren oder zumindest ist ein Verfahren denkbar, mit dem der Nachweis oder die Widerlegung erfolgen kann.
2. Der Nachweis wurde durch dieses Verfahren erbracht bzw. die Widerlegung ist durch dieses Verfahren erfolgt.
Die Pro-Seite sagt: Das Verfahren ist die Anwendung; der Nachweis ist der Erfahrungsbericht.
Die Contra-Seite sagt: Das Verfahren ist die Messung; die Widerlegung ist das Ausbleiben von signifikanten Abweichungen.
Die dritte Seite aber sagt: Selbst wenn wir Falsifizierbarkeit (also die Möglichkeit des Gegenbeweises als methodische Grundvoraussetzung für eine Überprüfung) und Scientabilität (also eine grundsätzliche Übereinstimmung der postulierten Wirkmechanismen mit belegten naturwissenschaftlichen Erkenntnissen) des Verfahrens annehmen, bleiben Wahrnehmungsverzerrungen, mögliche Manipulationsabsichten, Zufall oder sonstige Korrelationen weiterhin bestehen und müssen ersteinmal ausgeschlossen werden, bevor man sich an einem Nachweis der Wirksamkeit versucht.
Und mit der Scientabilität hapert es sogar noch, weil die Behauptung der Wirksamkeit von Cryo-Tuning nicht das Problem ist, sondern die Behauptung der
notwendig wünschenswerten Auswirkung von Cryo-Tuning auf den Klang als einer subjektiven Erlebniskategorie. Da wirkt es fast so, als ob im Postulat nichteinmal ein zugrundeliegender Prozess bekannt ist, der einen Zusammenhang zwischen physischer Einwirkung und "besserem" Klang auf die Füße gesicherter Erkenntnisse stellt.
Der Widerspruch liegt also noch vor der Annahme der Möglichkeit eines experimentellen Beweises oder Gegenbeweises einer Auswirkung und muss auch dort argumentativ angegriffen werden. Es wird sogar eigentlich nicht der Wirksamkeit widersprochen, sondern der möglichen Validität der Beweisführung, solange nur die Wirksamkeit berücksichtigt wird.
Die Pro-Seite stellt eine Behauptung auf, die sie auf Basis ihrer eigenen Anforderungen als begründet ansieht - damit haben sie ihre Darlegungslast für sich erfüllt. Die Contra-Seite widerspricht, ebenso auf Basis ihrer eigenen Anforderungen - schließlich sehen sie die Darlegungslast der Pro-Seite eben nicht erfüllt oder die Belege gar als widerlegt an. Da könnte der "eigentümlich zwanglose Zwang des besseren Arguments" greifen und eine der beiden Seiten überzeugen, aber solange beide Seiten sich nicht auf eine Methode einigen, mit der sie zu einem zwingend überzeugenden Argument kommen, kann sich da nicht viel bewegen.
Jetzt kann allerdings die Pro- und die Contra-Seite unsere dritte Seite, die epistemisch Kritischen, nicht mit Argumenten überzeugen, die nur innerhalb des kritisierten Systems funktionieren. Das liegt allerdings nicht an einer Weigerungshaltung, sondern der Argumentation auf unterschiedlichen Ebenen und mit unterschiedlichen Betonungen bzw. Kategorien.
Klar, das kann in der Diskussion eigentlich nur zu Aporie führen. Meine persönliche Haltung dazu, da schließe ich mich Bowhunter dann voll und ganz an, ist dass ich so oder so nicht bereit wäre, 300-500€ auf meine Aporie zu schmeißen.