Ich möchte auch mal meine kleine, bescheidene Meinung zu dem Thema sagen.
Hier sind erstmal zwei Links die ich persönlich als interessant erachte:
http://decibelguitars.com/why-guitars-cost-what-they-do-part-i/
http://decibelguitars.com/why-guitars-cost-what-they-do-part-ii/
In diesen Beiträgen erklärt ein Gitarrenbauer, warum Gitarren soviel kosten wie sie kosten. Das bezieht sich in erster Linie auf Custom Shops, aber man bekommt einen groben Einblick über was man sich alles Gedanken machen muss, wenn man erfolgreich Gitarren an den Mann bringen und noch davon leben möchte.
Nun zum eigentlichen Thema. Ich muss sagen, dass ich noch nicht so lange Gitarre spiele. Ich habe vor ca 7 Jahren damit angefangen und das Hobby mal mehr und mal mit weniger Ergeiz verfolgt, wobei sich das Interesse in den letzten Jahren stark vergrößert hat. Allein das disqualifizert mich wahrscheinlich für manche alteingesessenen Hasen, die immernoch weit jenseits der 16 kHz alles hören
Ich habe recht viele Gitarren besessen und wieder verkauft, anfangs natürlich im günstigen Preissektor. Die Gesamtanzahl aller Gitarren, die ich jemals besaß beläuft sich wohl so auf die 15, dabei waren eigentlich alle Grundformen vorhanden (Strat, Powerstrat, Tele, Semi Hollow, Explorer, V, etc). Die Neupreise meiner jetzigen Gitarren reichen von 600€ (Blacktop Tele) bis hin zu 2500€ (Jaden Rose, Custom Shop). Dabei ist mir eine gewisse "Rangfolge" aufgefallen, die zum gesamten Klang führt.
Meiner Meinung nach sieht sie grob so aus:
Können/Skill/Feeling/"Finger">Amp>Speaker>Cab>Komfort>Pickups>Kabel/Plek/Hardware/Konstruktion>Holz/Lack etc.
Um jetzt (in meinen Augen/Ohren) beurteilen zu können ob eine 500€ Gitarre was taugt im Vergleich zu einer 1500€ Gitarre, muss man alles erstmal gleich bewerten können. Dh ich selber muss die Gitarren spielen, über den selben Amp mit dem selben Cab und Speakern, das selbe Kabel und Plek usw. Also einfach unter den selben Vorraussetzungen. Übrig bleibt dann der Komfort beim spielen (Hals ist griffig und klebt nicht, Bünde schneiden nicht, Brücke piekst nicht - also kurzum man fühlt sich beim spielen sau wohl und wie auf einen maßgeschneidert), die Pickups, Konstruktion und Holz.
Da ich mich mit Powerstrats wie sie die Firma Ibanez herstellt am besten auskenne, beziehe ich mich im weiteren auch nur darauf.
Das gute an Ibanez in diesem Fall ist auch, dass sich Gitarren von den Specs meistens kaum unterscheiden vom günstigen bis zum teuren Preissegment. Zumindest auf dem Papier. Bolt-on Konstruktion, Linde Korpus mit Ahornhals und Palisandergriffbrett, meistens noch ein Tremolo und eine dicke Schicht PU Lack auf hochglanz poliert.
In teuren Ibanez sind manchmal noch Markenpickups verbaut, diese gleiche ich jetzt einfach mal an da dies ein einfacher Mod ist, den fast jeder selber machen kann und der die Wertigkeit oftmals erhöht (mMn auch nur manchmal). Wenn ich nun diese beiden Gitarren unter den gleichen Bedingungen vergleiche, dann merke ich höchstwahrscheinlich schon das sich beide Gitarren nicht gleich anhören. Das liegt höchstwahrscheinlich aber erstmal daran, dass sich beide Gitarren nicht gleich anfühlen! Der Komfort wurde noch nicht angeglichen und dieser trägt ja laut meiner Einschätzung am meisten zum Klang einer Gitarre bei.
Wenn ich jetzt also die Bünde der günstigen Ibanez bearbeite, den Hals ggf von Lack befreie (günstige Ibanez haben oft eine dickere, hochglanz Lackschicht) und vielleicht noch das Shaping anpasse und dann ein Setup durchgeführt habe, höre ich persönlich kaum noch einen Unterschied! Und wenn, dann klingen beide Gitarren trotzdem geil, denn meine Finger können nur etwas schönes aus der Gitarre zaubern, wenn auch der Komfort stimmt.
Ungeachtet dessen habe ich trotzdem eine teure Custom Shop Gitarre im Powerstrat Style und lasse mir momentan noch eine bauen, weil mir das Aussehen auch sehr viel Wert ist und ich ein persönliches Instrument einfach klasse finden
Ich bin mir aber sehr sicher, dass ich ein vergleichbar gutes Instrument auch von der Stange bekommen könnte. Dies könnte auch ein günstiges Instrument sein (wie zB meine ibanez 721, welche sich direkt nach meiner Jaden und meiner Prestige ibanez am besten anfühlt, obwohl da noch ein paar teurere Gitarren zwischen sind).
Um nochmal kurz auf die Links vom Anfang meines Beitrags zu kommen, wird eine Gitarre von der Stange irgendwann nur noch schöner, aber nicht mehr "besser". Das wird aber oft miteinander in direkter Verbindung gebracht, weil damit auch meistens der Preis steigt. Als Beispiel dienen jetzt mal Gitarrentops. Interessanterweise klingen ALLE Gitarrentop sau geil egal ob mit AAA geflammter Decke oder Wölkchenahorn oder gestocktem Holz oder Wurzelholz, keins davon hat sich als ungeeignet für den Gitarrenbau entpuppt, da es den Ton klaut oder sowas.
Auf der anderen Seite bedeutet es aber auch nicht, dass eine PRS Gitarre überteuert ist (weil sie meist hochwertig und aufwendig bearbeitet wird und das Geld kostet und die Decken zudem schweineteuer sind) und eine PRS SE genauso klingt. Allerdings kann man eine PRS SE (bzw eigentlich jede Gitarre die ordentlich verarbeitet wurde) näher an ein Profiinstrument bzw "Vollinstrument" bringen indem man die Bünde bearbeitet, die Pickups tauscht, Elektrik erneuert etc. Das ist aber sau aufwendig und wenn man es nicht selber kann, muss man es machen lassen und dann kann man sich direkt eine teurere Gitarre kaufen
Too long; didn't read: 500€ Gitarren sind in den meisten Fällen sehr gut, für das absolute Profierlebnis brauchen sie meiner Meinung nach allerdings eine gewisse Überarbeitung UND teure Gitarren klingen vielleicht nicht immer soviel besser, aber sind dadurch auch nicht überteuert.