Musik oder Schulmusik?

  • Ersteller Klangbutter
  • Erstellt am
Der Unterschied ist aber trotzdem, dass man als Lehrer gesucht und anständig bezahlt wird, während auf Dich als Musiker keiner wartet und vergleichsweise schlecht oder am liebsten überhaupt nicht gezahlt wird. Die Schere geht in beide Richtungen auseinander.
Das kann man doch so sagen oder?
Ja, das ist durchaus so. Aber es sind auch einfach zwei sehr verschiedene Berufe.
In der Schule mache ich nicht viel Musik selbst. Klar musiziert man mal ab und zu mit den Kids, oder singt mal was mit der Klasse, aber eigentlich ist man als Lehrer mehr Organisator und die Kinder sind die, die die Arbeit machen sollen.
Musik in der Schule ist tatsächlich auch in vielen Teilen Geschichtsunterricht (Wann wurde was erfunden, wie haben die Menschen damals gelebt?), Politik (Protestsongs, politische Voraussetzungen während der Entstehungszeit berühmter Werke, Nationalhymnen), Englisch (alles was mit englischsprachiger populärer Musik zu tun hat), Deutsch (Adjektive zum Beschreiben, Musik die auf literarischen Vorlagen beruht, wie z.B. die Winterreise etc, generell Texte), Mathe (Zählzeiten, Taktarten, musikalische Abschnitte, Intervalle) und und und..
Selbst Komponieren und selbst Musizieren als Lehrer, spielt in der Schule eine extrem untergeordnete Rolle. Sowas passiert mehr in AGs.
Wer musikalisch interessiert ist, weil er gerne auf seinem Instrument spielt, ist in der Schule NICHT gut aufgehoben. Das kommt MAL vor, aber 90% der Stunden sehen anders aus. Da analysiert man mit den Kindern irgendwelche Hip Hop Texte hinsichtlich der politischen Aussagen, zerhackt die Sonatenhauptsatzform in schülergerechte Häppchen oder schaut sich an, wie Musik für Filme oder Werbung gemacht wird oder warum der Elefant im Karneval der Tiere wie ein Tier klingt.
Ein Lehrer sollte vor allem die Fähigkeit haben solche Ideen, Prinzipien und anderen Inhalte so aufzubereiten, dass Schüler sich das merken, auch wenn sie nicht intrinsisch dazu motiviert sind. Wenn mich da ein 8. Klässler, der kein Instrument spielt, fragt wozu er Intervallbestimmung lernen muss, komme ich mir mit der Antwort "gehört zum Allgemeinwissen" selbst blöde vor. Der hat keinerlei Anwendungszweck dafür in seinem Leben.
Aber ich krieg ihn vielleicht hintenrum, wenn ich mit ihm mit GarageBand Stücke komponiere und ihm sage "mach mal ein fröhliches Stück".. und schwupp, haben wir auf einmal gemerkt, dass es sich zumindest lohnt zu wissen was ne Terz ist und vielleicht hat er auch zu Hause ein iPad und fängt vielleicht an ein bisschen zu experimentieren, wenn er merkt, dass ihm das Spaß macht.
Anderes Beispiel: Im Lehrplan bei uns steht, dass wir in der 9. Klasse mit den Kindern einen Podcast über eine Sinfonie der Wiener Klassik machen. Also quasi Sonatensatzform + geschichtlicher Background, Entstehungsgeschichte etc. Ich hatte letztes Jahr parallel drei 9. Klassen. Wenn jetzt 2-3 Leute einen Podcast machen, hab ich 10-15 Podcasts pro Klasse, also bei drei Klassen 30-45 Podcasts.
Die sollen ja hinterher auch gehört und ausgewertet werden. Jetzt kann ich ne Aufgabe machen, dass alle dasselbe machen, aber ich kann dir sagen, dass spätestens nach dem fünften Podcast die halbe Klasse im Koma liegt und auch ich möchte mich vermutlich nach dem 40. Podcast vor Langeweile erhängen gehen, weil man ja immer dasselbe hört.. Also hab ich überlegt, wie ich das Problem umschiffen kann. Es könnte z.B. jede Gruppe eine andere Sinfonie machen. Dann müsste ich aber entsprechend viele Sinfonien raussuchen, gucken, ob sie die Form auch halbwegs ordentlich umsetzen (tun die wenigsten wirklich) und mich da über 40 Hintergründe informieren.. nun.. hab ich logischerweise nicht gemacht (wann auch bitte.?).. stattdessen kam mir irgendwann die Idee, dass ich das Zielpublikum ändere, bzw. bestimmte andere Vorgaben gebe. Da hat dann eine Gruppe das Ganze für Grundschulkinder aufbereitet. Erklär mal nem Grundschulkind die Sonatensatzform.. muss man mal drüber nachdenken, wie man das macht, gell? Welche Wörter man dann benutzt etc.. (da mussten die sich dann mal wirklich mit der Form auseinandersetzen.. hehe..) Eine andere Gruppe hat das als Vor-Ort-Berichterstattung gemacht, eine Gruppe als Quizshow, eine Gruppe hat eine Bibi Blocksberg Folge gemacht. Und die hatten da mega Spaß dran und es war hinterher nicht langweilig, da 15 Podcasts in der Klasse zu hören. Die Grundschulgruppe ist sogar wirklich in eine Grundschule gegangen und hat den Kids da Beethovens 1. Sinfonie vorgespielt und Reaktionen mitgeschrieben, die hatten also wirklich Lust darauf. (und es ist ja eigentlich ein ödes theoretisches Thema..)
Aber solche Ideen bekommst du halt gar nicht aus Schulbüchern. Das muss man sich selbst ausdenken.
Und das ist der Lehrerjob: " Wie krieg ich Kinder, die wenig Interesse haben dazu sich ernsthaft (und am besten mit ein bisschen Spaß) mit einem Thema auseinanderzusetzen".
Wenn du darauf Bock hast: Werde Lehrer.
Wenn du ein Instrument spielen möchtest: Werde nicht Lehrer.

Eine Verbesserung der Situation für Schullehrer brächte meiner Meinung nach eine Erhöhung der Anzahl.
Das ist kein Geheimnis, aber die Politik schießt sich halt selbst in den Fuß indem sie den Beruf immer unattraktiver macht.
Man hat keine Flexibilität, weil man an seinen Stundenplan gebunden ist. Man kann nicht im Homeoffice arbeiten. Es gibt keinerlei Vergünstigungen etc.
Lehrmaterialien müssen selbst angeschafft werden. Ja, kann man von der Steuer absetzen, aber wenn ich mir für 45€ ein Musikbuch kaufe, wieviel bekomme ich dann zurück? Vielleicht 5€..
Die Ausstattung an den meisten Schulen ist eher mies, so langsam kommen wir dahin, dass wir nicht mehr unsere privaten Hotspots nutzen müssen, weil die Schulen doch so langsam mal nach und nach WLAN bekommen.
Wenn was kaputt geht, dauert es ewig bis Ersatz kommt. (Wir hatten einen kaputten Beamer. Also.. das ist das Gerät, was wir jede Stunde brauchen, um da Zeug zu zeigen... der Wurde irgendwann von der zuständigen Forma abgeholt, dann zum Hersteller geschickt, dann wieder zurück.. war 4 Monate (!!) weg und es stellte sich raus... war gar nicht der Beamer, sondern das Kabel in der Wand. Also hätte man in zwei Minuten checken können, wenn die Leute, die den abgebaut haben mal einmal kurz getestet hätten.. aber die sind ja nicht zuständig... muss ja den regulären Weg gehen..)
Jetzt Abschaffung der Teilzeit oder meine Abordnung (das ist im Grunde die Idee Lehrkräfte von Schulen, die noch nicht so sehr vom Mangel betroffen sind an Schulen zu verschieben, wo Lücken sind. Aber dadurch werden ja wieder andere Lücken gerissen. Man stopft die Löcher, aber dadurch sinkt das Schiff nicht weniger).

Ich kann dir sagen, wieso wir so wenig Leute haben, die die MINT-Fächer unterrichten. Unsere Mathematiklehrer haben in großen Teilen ein nahezu vollständiges Mathe Studium hinter sich..
Wenn die in die Wirtschaft gehen, verdienen sie das Doppelte, bekommen nen Dienstwagen, Kinderbetreuung, Weihnachtsgeld, können Flexzeit arbeiten und haben nicht ansatzweise den Stress.
Das Gehalt im Lehrerberuf ist gar nicht mehr so wahnsinnig spannend im Vergleich. Woanders wird durchaus mehr bezahlt. Interessanter ist die ganze gesundheitliche Absicherung, die man bekommt, weil die Beihilfe noch Geld dazu schießt, wenn man krank ist.
Aber wenn die Politiker nicht bald anfangen den Beruf deutlich attraktiver zu machen, fliegt ihnen das System um die Ohren. Irgendwann sind alle dummen Optionen ausgelutscht, aber es gibt dann doch nicht mehr Lehrer.
Ich bin nicht überrascht, wenn demnächst flächendeckend wieder teilweiser Fernunterricht für die Oberstufe eingeführt wird oder "eigenverantwortliches Arbeiten" ohne Lehrperson anwesend.
Quasi sowas wie "Du hast zwei Stunden Musik die Woche, aber eine findet im "freien Arbeiten" statt."

Deshalb sehe ich die Wahl eines solchen Studiums als gesellschaftlich relevant und wichtig an, während ein Musikstudium irgendwie als perspektivloser Luxus erscheint.
Ja. Gesellschaftlich relevant sind Lehrer auf jeden Fall. Wir bilden die Arbeiter von morgen aus. Ich durfte heute einer Klasse 7.Klässler beim Kopfrechnen zusehen.. 90% konnten nicht sagen, was ein Viertel von 40 ist..
Und klar: Kultur ist Luxus. Aber unsere Gesellschaft ist mittlerweile relativ weit weg von der Arbeitsmoral unserer Vorfahren, wo es einfach normal war 40h die Woche zu schuften.
Heutzutage ist man am besten Influenzer, postet coole Bilder auf Instagram und arbeitet am besten nicht mehr als 3h am Tag.
Meine 5er haben heute gestöhnt, als sie zehn Adjektive abschreiben mussten.. "DAS ALLES?"... Zu meiner Zeit hätten wir das nichtmal für erwähnenswert gehalten.
Es ist wahrlich eine "Konsum"gesellschaft. Selbst was machen ist nicht mehr "In".. (Ausnahmen bestätigen die Regel)

Danke nochmal! Ich finde es klasse, wie Du trotz widriger Umstände positiv bleibst. 🤗
Ich hab tatsächlich eine ganz gute Nische gefunden, in der ich mich sehr wohl fühle.
Meine Kollegen sind fantastisch, Absprachen sind einfach, alle sind super flexibel, keine *zieht sich raus, sondern alle arbeiten zusammen.
Ansonsten schaue ich immer mit großen Augen auf das Ende meiner Abordnung: In nicht ganz 2,5 Jahren hab ich dann einen super entspannten Job.
Dann bin ich nur noch an meiner Schule, die ganze doppelte Organisation fällt weg, die Schüler sind dort deutlich entspannter. Ist ein Gymnasium in einer guten Lage.
Ich bin Musik Einzelfächler, also nur ein Unterrichtsfach, also wenig Korrekturen und wenn wir den neuen Lehrplan erstmal ein paarmal durchlaufen haben, hab ich quasi keinerlei Vorbereitung mehr, wenn ich nicht will.
Aber das ist eher die Ausnahme und eine absolute Luxussituation. Bei vielen Kollegen sieht das anders aus.
Wäre ich an der Gesamtschule angestellt an die ich abgeordnet bin, hätte ich schon gekündigt. Dann lieber wieder zurück in die Musikschule, sich selbstständig machen mit nem guten Konzept und dort über die Runden kommen, ganz ohne Stress. Ja, man hat weniger Geld. Aber Seelenfrieden ist auch ne tolle Sache ;-)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 4 Benutzer
Ich durfte heute einer Klasse 7.Klässler beim Kopfrechnen zusehen.. 90% konnten nicht sagen, was ein Viertel von 40 ist..
Erschreckend.
Aber wie kann das sein? Sowas lernt man doch nebenbei schon zu Hause???
Meine Kinder konnten Bruchrechnung durchs Pizzaessen schon lange bevor das in der Schule dran war.

Meine 5er haben heute gestöhnt, als sie zehn Adjektive abschreiben mussten.. "DAS ALLES?"... Zu meiner Zeit hätten wir das nichtmal für erwähnenswert gehalten.
Ja ... früher wurden Aufgaben an die Tafel geschrieben und ins Heft abgeschrieben. Oder aus dem Lehrbuch abgeschrieben, Lösung dann dazu. Heute gibt es nur noch Arbeitsblätter, wo schon die Kästchen vorgemalt sind und man nur noch Lücken füllen muss ...
Ist das nur mein Eindruck? Wird das Schreiben nicht auch von Lehrern/-innen zu wenig gefordert? Oder hat man schon resigniert?
 
Erschreckend.
Aber wie kann das sein? Sowas lernt man doch nebenbei schon zu Hause???
Nun.. hier noch mehr erschreckende Dinge für dich: Ein Großteil der Schüler heutzutage kann die Uhr nicht mehr lesen.
Sollte man meinen, dass man das zu Hause lernt.. ist aber oftmals nicht der Fall. Und es gibt ja das Handy, da steht es in digitalen Zahlen drauf.
Auch Begriffe wie "Viertel vor" oder "Fünf nach Halb"... sind vielen kein Begriff.
In meinem Musikraum in der Gesamtschule hängt eine analoge Uhr. Du kannst dir nicht vorstellen, wie oft ich gefragt werde wie lange die Stunde noch dauert.. Dann zeige ich immer auf die Uhr und bekomme dann "die kann ich nicht lesen"..
Ist aber an meinem Gymnasium auch nicht viel besser.. to be fair.

. Heute gibt es nur noch Arbeitsblätter, wo schon die Kästchen vorgemalt sind und man nur noch Lücken füllen muss ...
Ist das nur mein Eindruck?
Nein, das ist richtig. Lückentexte, Arbeitsblätter wo man nur Verbindungsstriche ziehen muss. Alles wo man viel schreiben muss ist ja anstrengend.
Und als Lehrer steht man ein bisschen zwischen den Stühlen: Mach ich mich unbeliebt und lasse die Kids das abschreiben? Kostet auch super viel Zeit.
Oder vereinfache ich das alles, spare mir dumme Diskussionen und komme mit meinem Stoff schneller voran?
Ich fürchte ich bin zumeist ein eher unbeliebter Lehrer... (und zwinge meine Kids schneller zu schreiben, damit ich trotzdem mit dem Stoff vorankomme ;-)

Wird das Schreiben nicht auch von Lehrern/-innen zu wenig gefordert?
Siehe oben.
Es hilft aber auch nicht, dass es z.B. Richtlinie ist, in der Grundschule auf Diktate zu verzichten, Aufsätze immer kürzer werden etc.
Ja, da gibt es eine ganze Menge Gründe, die dafür sprechen das zu tun, insbesondere Differenzierung und Leistungsdruck, aber ich bin vielleicht etwas altmodisch und glaube, dass ein bisschen Leistungsdruck so manchem Kind auch ganz gut tut, um mal den leicht behäbigen Hintern hochzubekommen. Den Druck hat man ja später auch.. Sei es ne Deadline, die man einhalten muss oder Erwartungshaltung von Chef etc.
In den meisten Jobs habe ich doch einen gewissen Leistungsdruck. Kann man auch in der Schule schon mal kennenlernen.
Aber das sind Diskussionen, die nichts mehr mit Musik zu tun haben und besser in irgendwelchen Pädagogik-Foren aufgehoben wären. (außerdem mache ich mich da vermutlich noch etwas unbeliebter..)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer
Ich glaube alles was Du sagst, nur an zwei Punkten möchte ich einhaken.


In der Schule mache ich nicht viel Musik selbst. Klar musiziert man mal ab und zu mit den Kids, oder singt mal was mit der Klasse, aber eigentlich ist man als Lehrer mehr Organisator und die Kinder sind die, die die Arbeit machen sollen.
Ich weiß nicht was Du für Erfahrungen in der Musikschule gemacht hast, aber auch da gilt, ein guter Lehrer ist nur der, der sich nicht selbst als Musiker verwirklichen will oder wollte sondern ein guter Pädagoge ist, fast unabhängig von der musikalischen Fähigkeit.

Und Dein Absatz mit der Bürokratie und der Politik - das gilt genauso für alle Branchen. Krankenhäuser, Polizei und auch Musiker werden mit Bürokratie zugeschüttet.

Auch der Vergleich zu höheren Gehältern in der Wirtschaft gilt oder er gilt eben nicht.
Wenn Du das ins Feld führst, ist der Gedanke, dass ein Lehrer mehr als ein Musikschullehrer oder gar ein freiberuflicher Musiker verdient ja gerade gültig und entkräftet das Argument ja nicht.
 
Aber das sind Diskussionen, die nichts mehr mit Musik zu tun haben und besser in irgendwelchen Pädagogik-Foren aufgehoben wären.
Gehört mMn schon zum Thema Schulmusik unterrichten wollen oder nicht. Vielen Dank für Deine Einblicke.

Ich würde gerne mal eine Weile probehalber an einer Schule unterrichten, um zu erleben wie das ist. Darauf festlegen würde ich mich definitiv nicht.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Ich weiß nicht was Du für Erfahrungen in der Musikschule gemacht hast, aber auch da gilt, ein guter Lehrer ist nur der, der sich nicht selbst als Musiker verwirklichen will oder wollte sondern ein guter Pädagoge ist, fast unabhängig von der musikalischen Fähigkeit.
Ja und Nein.
Natürlich muss man auch an der Musikschule ein Pädagoge sein, in dem Sinne, dass man dort Wissen vernünftig vermitteln muss.
Es ist aber ein ganz anderes Level an pädagogischer Arbeit. Der ganze Erziehungsaspekt fällt im Grunde weg. Alles was Richtung Benehmen geht, erledigt sich quasi von selbst, wenn du Einzel- oder Kleingruppen-Unterricht machst. Du notierst dir auch nicht, wenn jemand die Hausaufgaben nicht gemacht hast und schickst dann Infos an die Eltern, du vergibst keine Noten und musst diese begründen können etc.
Der Hauptunterschied ist, dass in der Musikschule die Kinder freiwillig dahin kommen und Geld dafür bezahlen. In der normalen Schule ist das nicht der Fall.
Ich hab 10 Jahre lang in einer privaten Musikschule unterrichtet, das ist einfach überhaupt kein Vergleich. Es ist ein riesiger Unterschied ob du zwei Kinder mit Instrumenten vor dir sitzen hast, die Bock drauf haben was zu lernen, oder eine Gruppe von 30, wo du 10 Interessierte, 10 neutrale und 10 hast, die gar keine Lust haben irgendwas zu machen und heimlich unterm Tisch auf ihrem Handy spielen.
Das ist eine vollkommen andere Art von Pädagogik, insbesondere, wenn du dann noch Kinder mit Behinderungen hast.
Ich hatte einmal einen Kurs, da hatte ich 20 Kinder, davon sechs Leute mit Lernstatus LE (also Lernbehinderung, große Schwierigkeiten im Lesen und Verstehen von Texten und Zusammenhängen), zwei ESE-Kinder (emotional-sozials Störung, die flippen manchmal aus, rufen in die Klasse, können sich nicht konzentrieren, wenn du Pech hast, werfen sie Tische und Stühle durch die Gegend), und dazu zwei Kinder aus der IVK, die kein Deutsch sprachen, sondern armenisch oder irgendwas aus der Richtung. Mittwochs nachmittags in der 7. und 8. Stunde, also von 13:40 bis 15:15 Uhr. Da ging es nicht mehr groß darum, denen etwas beizubringen, sondern im besten Fall haben wir ein bisschen Musik gehört und dann versucht eine Handvoll passender Adjektive zu finden um die Musik zu beschreiben. Nachdem wir 5x erklärt haben, was denn ein Adjektiv ist und 20 Beispiele an der Tafel hatten. Den Rest der Zeit waren wir damit beschäftigt runterzukommen, mal unsere Mappen und Etuis herauszusuchen und nicht auszuflippen.
Extremfall. Natürlich. Aber auch erlebte Realität.
Ich hatte auch in der Musikschule schon Schüler mit Lernbehinderung. Die konnten sich dann nicht mehr erinnern, was wir in der letzten Woche besprochen haben. Aber das ist anders, wenn du dann einen da sitzen hast. Dann erklärst du das einfach nochmal. In der Schule kannst du nicht dreimal die gleiche Stunde machen, nur weil ein Viertel der Klasse nicht aufgepasst hat und das nicht verstanden hat.

Mein Punkt oben, den du zitiert hast, war aber noch ein bisschen anders, nämlich der mit dem Instrumentalspiel: Natürlich "verwirklicht" man sich auch in der Musikschule nicht, aber man musiziert viel mehr aktiv. Sei es, dass man eine Begleitung spielt, etwas vorspielt, was die Schüler dann nachspielen oder auch einfach zusammen ein Stück spielt. Sowas ist in der Schule einfach sehr selten. Einer meiner Betreuer im Praktikum sagte es mit den Worten: "Du gibst quasi dein Instrument auf". Das ist etwas extrem gesagt, trifft aber den Kern der Sache. Vor zehn Jahren war ich ein deutlich besserer Gitarrist, als heute, einfach weil ich nicht mehr die Zeit und Konzentration finde noch ersthaft jeden Tag mehrere Stunden zu üben. Ich spiele weiterhin, keine Frage. Ich hab ne Band und ein Gitarren-Ensemble. Aber ernsthaft üben tue ich selten.

Wenn Du das ins Feld führst, ist der Gedanke, dass ein Lehrer mehr als ein Musikschullehrer oder gar ein freiberuflicher Musiker verdient ja gerade gültig und entkräftet das Argument ja nicht.
Auch hier: Ja und Nein.
Ich glaube die Dimensionen sind anders. Natürlich werden die meisten verbeamteten Lehrer mehr verdienen als ein Durchschnitts-Musikschullehrer.
Aber über welche Unterschiede reden wir hier? A13-Gehalt in NRW mit ein paar Jahren Erfahrung, bin ich bei ~5000€ brutto im Monat. Kann jeder nachgucken, die Tabellen sind im Netz einsehbar.
Wenn ich als freiberuflicher Gitarrenlehrer 30€ für ne Stunde nehme, also 120€ für 4 Stunden im Monat, brauche ich 40 Schüler. Das ist mit Sicherheit grenzwertig viel, aber wenn ich Gruppen habe oder ein paar andere Geschichten, wie JeKits oder Ensembles, halte ich es durchaus für machbar relativ nah an die 5000€ im Monat zu kommen. Wir zahlen unserem Ensemble-Leiter 100€ die Stunde.. Sind aber auch 10 Gitarristen, also 10€ für jeden.
Als ich JeKits unterrichtet habe, hab ich 60€ die Stunde bekommen. Bei 3er oder 4er-Gruppen bist du auch relativ schnell bei 50-60€ Stundenlohn.
Also 4000€ im Monat halte ich für relativ realistisch, mit Option nach oben. Als Leiter einer privaten Musikschule auch schnell noch drüber.
(Mag sein, dass das für Gitarre relativ leicht ist, an genügend Schüler zu kommen und bei anderen Instrumenten die Welt da anders aussieht, aber ich weiß, dass hier in der Gegend viele städtische Musikschulen Wartelisten für Gitarrenunterricht haben..)
Mein Vergleich mit den Mathematikern (oder auch Informatiker) in der Wirtschaft: Da reden wir ja eher über sechstellige Beträge im Jahresverdienst, wenn man halbwegs gut ist. Von daher ist das für mich ne andere Hausnummer.

Ich würde gerne mal eine Weile probehalber an einer Schule unterrichten
Du kannst einfach mal an ner Schule nach einem Praktikum fragen. Es ist eher unüblich Praktikanten zu haben, die nicht von der Uni kommen, aber fragen tut nicht weh. Kann mir durchaus vorstellen, dass es Schulleiter gibt, die sich breit schlagen lassen. Oder bei der Bezirksregierung mal anfragen ob die sowas vermitteln können.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer
Schule ist deutlich (!) mehr Stress und es wird in Zukunft eher mehr werden, als weniger.

Wow! Toller Text!👍
Alles in allem kann ich nur zustimmen, auch wenn sich das auf einer zweizügigen Dorfschule (wie du schon geschrieben hast) etwas anders darstellt.
Auf so einer Dorfschule bin auch ich (keine Ganztagsschule - nur die AGs sind nachmittags)
Das ist wohl kein Vergleich zu Deiner Situation in NRW. 250 Lehrer, 😳- wir sind 17 Lehrerinnen und Lehrer und die Schule hat ca. 230 SuS, also auch relativ kleine Klassen)

Aber auch hier wächst der Rahmen, weil lästige bürokratische Aufgaben einfach nach unten weitergereicht werden.

Stressiger als Musikschule ist es schon, aber dafür ist es vielseitiger und macht mir insgesamt mehr Spaß (auf der Dorfschule😁)

Vielen Dank für das Teilen deiner Erfahrungen!
👍👍
———
Ergänzend: Es geht hier schon um Musikschule - Musikunterricht an einer Schule und hat als Thema auf dem Musikerboard durchaus seine Lebensberechtigung!
Ich finde die einzelnen Erfahrungen sehr spannend!
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
...Du kannst einfach mal an ner Schule nach einem Praktikum fragen. Es ist eher unüblich Praktikanten zu haben, die nicht von der Uni kommen, aber fragen tut nicht weh. Kann mir durchaus vorstellen, dass es Schulleiter gibt, die sich breit schlagen lassen. Oder bei der Bezirksregierung mal anfragen ob die sowas vermitteln können...
die "Kurzform" ist Hospitieren, da genüg es in BW wenn der Schulleiter zustimmt und Du eine entsprechende Haftpflichtversicherung hast.
Das kann über einen Vormittag laufen, über einen ganzen Schultag, über mehrere Tage, ...
Was Du dann selber tun kannst, oder ob Du nur stiller Teilnehmer bist, hängt natürlich wieder stark von dem Lehrer ab, in dessen Klasse Du bist.
 
Du notierst dir auch nicht, wenn jemand die Hausaufgaben nicht gemacht hast und schickst dann Infos an die Eltern, du vergibst keine Noten und musst diese begründen können etc. Der Hauptunterschied ist, dass in der Musikschule die Kinder freiwillig dahin kommen und Geld dafür bezahlen.

Also ich habe mir Hausaufgaben notiert, nicht nur mir, sondern auch dem Schüler und ich musste auch kontrollieren, ob er da vorwärts kommt und mit Eltern reden wenn nicht. Die Kinder kommen nicht immer freiwillig und oft gänzlich unvorbereitet - Entschuldigung: Schule hat mich voll im Beschlag.
SIe sehen oft die Musikschule als Freizeitbeschäftigung, soll ja nur Spaß machen.
Die Eltern glauben hingegen gerade weil sie ja bezahlen, alles bestimmen zu können, erwarten schon auch Ergebnisse, aber bitte ohne Üben und keine Konzerttermine oder so.
Aber gut, darauf wollte ich eigentlich nicht hinaus. Ich weiß schon was Du meinst.


die Bock drauf haben was zu lernen,

Wie gesagt, meistens ist es ein Strohfeuer, sobald es Mühe erfordert sind viele raus und man muss motivierend ackern wie mit vielen Kindern / Jugendlichen in der Schule.
In der Schule haben manche vielleicht noch die Ahnung, dass es ihnen auf die Füsse fallen könnte wenn sie total versagen. In der Musikschule ist das völlig egal. Das wissen die meisten ganz genau. Insofern muss man da als Lehrer die gleichen Tricks drauf haben und auch viel Zeit neben dem Unterricht investieren.

Aber wie gesagt, es geht mir eher um den Vergleich mit freien Musikern, die irgendwann merken, dass sie vom Mucken allein nicht leben können und dann selbst mehr oder weniger unmotiviert unterrichten. Es gibt wirklich nur ganz wenige freiberufliche Musiker, die nicht unterrichten oder noch einen anderen Job machen.
D.h. sie bekommen in beiden Fällen nur Honorare, in den Ferien nichts usw. Zumindest war das bisher üblich. Da kommst Du niemals auf 5000 und schon garnicht regelmäßig. Ein Vollzeit Musikschullehrer kommt vielleicht ähnlich hin, hat aber auch genausoviel oder noch mehr um die Ohren. Täglich von 13.30 - 20.00 Uhr, 14 tägig früh Konferenzen, nach dem Unterricht 5 Mails und irgendwelche organisatorischen Gespräche, vor 22 Uhr ist selten Schluss. Jede Woche 2-3 Auftritte für die Unterricht verlegt werden muss (wohin?) Wettbewerbe, Probenlager, die ganze Wochenenden verschlingen ohne Entschädigung usw.

Der Unterricht ist oft nicht an einer Stelle, sondern jeden Wochentag woanders, oft in Schulen, in denen dann Reinigungsfachkräfte oder Hausmeister in den Unterricht plautzen oder schon 18.00 Uhr zuschließen wollen, obwohl der Unterricht bis 20.00 Uhr geht. Lichtanlagen die nach 30 Sekunden den Unterrichtsraum verdunkeln und mit Bewegungsmeldern wieder eingeschaltet werden müssen, Schulklingeln und lauter Hort nebenan während der Stunde - super musikalische Atmo ... Alles so Sachen. Ich kann Dir auch schöne Storys schreiben. Es gibt auch Elitelehrer bei denen das nicht so ist, aber das gerade beschriebene ist auch keine Seltenheit. Ich kann jedenfalls nicht einfach zustimmen, dass Musikschule ein Zuckerschlecken ist.

Trotzdem hast Du im Großen und Ganzen vollkommen recht.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Der Unterricht ist oft nicht an einer Stelle, sondern jeden Wochentag woanders, oft in Schulen, in denen dann Reinigungsfachkräfte oder Hausmeister in den Unterricht plautzen oder schon 18.00 Uhr zuschließen wollen, obwohl der Unterricht bis 20.00 Uhr geht. Lichtanlagen die nach 30 Sekunden den Unterrichtsraum verdunkeln und mit Bewegungsmeldern wieder eingeschaltet werden müssen, Schulklingeln und lauter Hort nebenan während der Stunde - super musikalische Atmo
Okay, deine Erfahrungen sind da vollkommen anders als meine..
In den Musikschulen hier in der Gegend unterrichten wir im Gebäude der Musikschule. Im Normalfall hat man seinen Raum, bzw. teilt sich tageweise den Raum mit anderen Lehrern. Die Schüler kommen in die Musikschule.
Als ich an meiner privaten Musikschule unterrichtet habe, war ich auch einfach 3-4 Tage die Woche nur da, nicht an mehreren Orten, Hausmeister gab es nicht, wofür auch?
Genau so auch
14 tägig früh Konferenzen
???
Aus welchem Grund macht eine Musikschule 14tägig Konferenzen? Wir haben uns damals 1-2 Mal im Jahr getroffen und das war mehr so gemütliches Beisammensein. Was gibt es denn da zu besprechen?

Die Kinder kommen nicht immer freiwillig
Das hatte ich tatsächlich nur in einem einzigen Fall, wo der arme Junge eigentlich Schlagzeug lernen wollte und die Eltern ihn gezwungen haben Gitarre zu lernen, weil Schlagzeug zu laut war..
Ansonsten haben sich eigentlich alle meine Schüler auf den Unterricht gefreut und hatten meist auch zumindest ein bisschen geübt.

Und nur mal zum Verständnis zwischendurch:
Hast du in einer normalen Schule unterrichtet? Also regulären Unterricht, nicht JeKits oder andere Projekte?
 
Nein, nur Jeki. Und ich wollte auch nicht die viel schwierigen pädagogischen Herausforderungen in der Schule in Frage stellen.
In ganzen Klassen war ich auch ein paar mal, aber mit anwesendem Schullehrer - also unrealistisch.

Wenn Musikschulen nicht im Zentrum einer Stadt sind, müssen sie sich ausbreiten. Zu meiner Zeit hatte Leipzig 14 Außenstellen. Wo findet der Unterricht dann statt? In Schulen, in denen Du eigentlich nur störst und sie dich stören, denn es wuselt und klingelt mindestens bis 16.00 Uhr. Bei Jeki genauso.
18.00 Uhr kam der Hausmeister und trampelte bis zum Ende weil sein Dienstschluss überschritten war. Manche Lehrer wurden auch schon mal eingeschlossen.
Oder der Hauseingang unten wird ab einer gewissen Zeit zu gemacht, du bekommst mitten in der Stunde einen Anruf vom Kind und rennst 3 Etagen und Flure zur Tür, weil es ja keinen Drücker gibt. Natürlich, das sind hausgemachte Sachen, die aber teilweise nicht lösbar sind, schon garnicht für den Lehrer, weil es zwischen den Schulleitungen und anderen Ämtern entschieden wird.

Wenn solche Probleme in den Konferenzen besprochen werden konnten, war es schon gut. Aber meistens kamen Politiker aus unserem zuständigen Amt zu Besuch und redeten über Geldmangel und Einsparungsziele, GmbH oder Eigenbetriebsmodelle, oder welchen die Stellenwert die Musikschulen in ihrem politischen Aufgabenbereich haben. Jeden Monat kam ein anderer geübter Redner. Das ging dann knapp 3 Stunden so und danach ein Unterrichtstag bei dem Du konzentriert sein solltest und freundlichen Sonnenschein verbreitest, während Schülereltern denken, Du bekommst die Gebühren persönlich und bist auch persönlich für alles verantwortlich.
Andere Themen in Konferenzen:
Verantwortlichkeiten klären (demokratisch natürlich :rolleyes:)
Anweisungen aus dem Amt kommunizieren
Formulare, zunehmend auch elektronischer Art, was durch Passworte und unkompatible Arbeitszeiten immer schwieriger wird.
Terminplanung und Ausgestaltung
Programmbesprechungen für Konzerte (80 % außerhalb der Musikschule)
Abstimmungen zwischen Außenstellen
Qualitätsmanagement
Raumplanung
Persönliche Probleme der Lehrer
usw

Es sind im wesentlichen genau solche Punkte, die auch Lehrern und vielen anderen Berufsgruppen zu schaffen machen.
Die vom Amt wissen nicht einmal, dass Musikschullehrer keine Dienstwagen haben, oder dass es nicht möglich ist, 20.00 Uhr die internen Mailwege zu sperren.
Da gehts ja erst los (nach Unterrichtsschluss) Oder was es bedeutet, aus Datenschutzgründen Whatsapp zu verbieten. Dann kannst Du eigentlich den Laden dicht machen, weil nichts mehr klappt.

Man man man... ich rege mich schon wieder auf, dabei bin ich schon länger raus.

Darf ich fragen warum Du es nicht mehr machst?

Es ist nicht so, dass die Kinder ungern in den Unterricht kommen, aber sie nutzen genau diese Zeit zum Üben.
Ich würde dann aber nicht davon sprechen, dass sie "Bock haben, was zu lernen".
Und wenn ich ehrlich bin, genau weil mir das eigentlich egal war, gab es bei mir immer nur Zufallserfolge.
Das darf Dir genau wie in der Schule eben nicht egal sein, Du musst erziehen, motivieren, drohen, loben, Anreize schaffen usw.
Meine Methoden sind viel zu bequem und zu sanft für das größte Klientel.

Man müsste die Widrigkeiten eines freiberuflichen Musikers denen eines Lehrers gegenüberstellen. Der Musikschulunterricht ist ja nur ein Teil des Tätigkeitsbereichs eines Musikers.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Aber meistens kamen Politiker aus unserem zuständigen Amt zu Besuch und redeten über Geldmangel und Einsparungsziele
Das klingt tatsächlich absolut absurd für mich..
Ich hab in Dortmund sowohl in einer privaten, als auch für die städtische Musikschule gearbeitet, aber ich hab da nirgendwo einen Politiker gesehen und Konferenzen dafür gab es schon gar nicht.
Sowas lief, wenn überhaupt, dann an die Musikschulleitung, aber als freiberuflicher Lehrer hatte ich da einfach überhaupt nix mit zu tun.
Man kann auch ehrlich seine Zeit deutlich besser verschwenden..
Andere Themen in Konferenzen:
Auch hier, ist der größte Teil mir absolut fremd..
Organisation lief alles über meinen Chef: Wenn es ein Musikschulkonzert/-vorspiel geben sollte, hat er einen Termin rausgesucht, den mindestens ein halbes Jahr im Voraus kommuniziert und sich dann gekümmert. Wir Lehrer haben nur irgendwann gesagt welche Schüler von uns was vorspielen, damit er das Programm erstellen konnte. Und an dem Tag haben wir uns dann um unsere Schüler gekümmert.
Auch anderes andere was du nennst, war entweder überhaupt kein Ding, oder wurde dann kurz per Email kommuniziert. Sowas wie "VG Musikedition braucht Infos für alle Kopien die ihr macht für Lizenzgebühren bla.. beim Kopierer liegt ne Liste, tragt da direkt ein, wenn ihr was kopiert".. Fertig..
Groß Konferenzen haben wir für sowas nie gemacht..

Darf ich fragen warum Du es nicht mehr machst?
Für mich war das immer nur der Zwischenschritt.
Ich hab mir quasi mein eigenes "duales Studium" gebastelt und während meines Studiums in der Musikschule gearbeitet. Quasi als Studentenjob.
Also 2-3 Tage in der Uni und dann 3-4 Nachmittage in der Musikschule, um mich zu finanzieren.
Hab dadurch halt 10 Jahre für mein Studium gebraucht, weil ich nicht so viele Kurse belegen konnte, aber dafür war es vergleichsweise entspannt, nicht so viele Klausuren im Semester und ich hatte finanziell keine größeren Probleme.
Aber mein Ziel war eigentlich immer in die Schule zu gehen. Ich hatte dann noch die Möglichkeit die Musikschule zu übernehmen, in der ich gearbeitet habe, weil mein Chef überlegt hat aufzuhören, aber das hat letztlich vor allem aus finanziellen Gründen nicht hingehauen, also er wollte mehr Geld, als ich bereit war zu zahlen. (es ist aber auch total schwierig einen finanziellen Wert an "Schüler und deren Daten" zu hängen)

Ich würde dann aber nicht davon sprechen, dass sie "Bock haben, was zu lernen".
Gut, das mag vielleicht auch ein bisschen am Instrument liegen.
Bei Gitarre hatte ich eher das Problem, dass viele Schüler jede Woche mit nem neuen Song ankamen, den sie umbedingt lernen wollten, weil er grad angesagt war.
Motivation war insgesamt schon ziemlich hoch.
Dazu kommt, dass ich auch ne ganze Zahl an erwachsenen Schülern hatte. Die Zielgruppe "erfolgreicher, 50jähriger Mann, der früher immer Gitarre lernen wollte, aber die Eltern haben das nicht unterstützt und jetzt erfüllt er sich seinen Jugendtraum, hat sich eine Gitarre gekauft, kommt aber alleine nicht weiter"... ist groß..
Letzte Woche war ich im Musikladen, hab ich paar Gitarren angespielt und kam dann mit so jemandem ins Gespräch und nachdem ich erzählt hab, dass ich mal unterrichtet habe, hat er direkt mit ernsthaftem Interesse, gefragt ob ich ihm Unterricht geben würde :p
Aber der "Coolness"-Faktor bei Gitarre hilft da vllt auch bei den Jugendlichen, gerade, wenn man dann auch Musik macht, die die aktiv hören.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich denke, das Thema ist einigermaßen durch und trotzdem fallen mir ständig noch Sachen ein.
Oft genannt werden immer die Klassenfahrten in der Schule.
Zählt zum Dienst - nicht wahr?

Nicht so bei Musikschullehrern.
Probenlager soll nun 145 km weit vom Unterrichtsort weg erfolgen. (1 Wochenende)
Möglich wird das nur, wenn man es mit einem Projekt-Thema belegt und entsprechend handelt, dabei will man eigentlich proben...

Wettbewerbe machen nicht alle Schüler mit. Aber wenn es auch nur eine Schülerin macht, bist Du als Lehrerin bei jedem Event dabei. Region / Land / Bund. 3 Wochenenden für eine einzige Schülerin.
Wer bezahlt die Reise, Hotel die Zeit?
Du selbst.
Und es ist oft nicht nur Jugend musiziert, es gibt noch einige andere Wettbewerbe.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
bist Du als Lehrerin bei jedem Event dabei. Region / Land / Bund. 3 Wochenenden für eine einzige Schülerin.
Wer bezahlt die Reise, Hotel die Zeit?
Du selbst.
Hab ich noch nie so bedacht. Ein Grund mehr, meiner früheren Lehrerin dankbar zu sein.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Das spüre ich in Gesprächen mit größeren Musikschülern. Sie träumen von einer Musikkarriere, nicht davon in der Schule Musik zu unterrichten.
Die Schüler haben eben ein falsches Weltbild. Es funktioniert eben nicht so, dass man ein paar Jahre Musik lernt und dann zum Star wird. Musikalische Berufe sind in der Realität auch nichts anderes als jeder andere Beruf.

Die Einstellung sollte von den Schüler überdacht werden. Der Schlosser oder der Straßenbauer beginnen die Ausbildung ja auch nicht, weil sie erwarten dass die Menschheit sie dann anhimmelt für ihre Tätigkeit oder der Nachwelt noch in Jahrhunderten von ihrem Ausnahmetalent spricht. Musiker machen beruflich keine Dauerpartie, sondern Auftragsarbeit vom Kunden, die in vielen Fällen eben monoton und stupide ist. Die Frage ist also eher, wie sieht die Person die eigene Arbeit selbst? Ich kann ein Bild an die Wand hängen als Handwerker und mir denken, dass dies eine dumme Arbeit ist. Ich kann aber auch daran denken wie sich der Kunde freut über das Bild was nun an der Wand hängt.

Ich sehe es ja selbst, ich verdiene einen Teil meines Lebensunterhalt mit Musik. Vieles dabei ist Arbeit und wenig kreativ. Eine Sonntag an der Orgel läuft eben zu großen Teilen immer gleich ab und beim Choral muss man gewisse Formen einhalten und das hat wenig mit Kreativität zu tun. Die Dinge welche mich begeistern und wozu mich die Erfahrung befähigen sind aber auch die Dinge mit denen man kein Geld verdient. Ein Konzert mit einem Umfang von 60 Minuten dauert in der Vorbereitung Wochen bis Monate. Wenn dann einmal 600 Euro gespendet werden, dann ist das ein ganz mieser Stundenlohn. Aber darum geht es zumindest mit nicht. Ich habe die Freiheit zu entscheiden was ich mache und was nicht, da es nur ein Teil meines Einkommen ist. Wer wirklich vollständiger Berufsmusiker ist, der kann sich meist nicht die schönen Dinge raussuchen.

Darüber hinaus kenne ich selbst sehr viele die von ihrer Musik Leben. Das sind meist bescheidene Leute, die Leidenschaft haben und ihre Fangemeinde. Wenn die dann zwei oder dreimal im Monat ein Konzert spielen, dann reicht das für ein bescheidenes Leben. Die Einkommen sind aber eben real auch nicht höher wie bei den meisten Berufsgruppen auch, nur der Aufwand ist größer. Ohne Leidenschaft geht es aber wohl nicht.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer
Der Thread hier hatte ja mit der These angefangen, dass
...der Musiklehrerberuf ein schlechtes Image
hat.
Da musste ich erst ein mal an meinen ersten Musiklehrer am Gymnasium denken. Mitte der 80er bin ich auf's Gymnasium gekommen, und da ich musikalisch begabt und interessiert war, kam ich in die Musikklasse. Die Schule war damals vierzügig, aber es gab nur einen Musiklehrer, daher gab es auch nur für eine Klasse eines Jahrgangs Musikunterricht. Dieser Musiklehrer war mit seiner Musiker-Ausbildung gescheitert, und irgendwie als Lehrer gestrandet. Pädagogisch eine Null, arrogant und von sich selbst überzeugt. Ja, er konnte gut Klavier spielen, und hatte in seinem Studium ohne Frage auch die umfassende musikalische Grundausbildung in Theorie und Geschichte mitbekommen. Wer dieses Interesse nicht teilte und nicht das Mindestmaß an Können (auch in Theorie) nicht mitbrachte, war bei ihm durch. Und mal ehrlich, welcher Jugendliche interessiert sich für klassische Musik, hat Interesse und überhaupt annähernd das Wissen geschichtlicher Daten? Wäre es ein guter Pädagoge gewesen, hätte er das Interesse daran geweckt, anstelle jeden zu diskriminieren, der nicht so tickt. Gelernt hab ich dort nichts, wurde eher abgeschreckt, und hab daher musikalisch mein eigenes Ding gemacht.
Ich hab dann aber viele Jahre später tatsächlich selber Lehramt mit Hauptfach Musik studiert, allerdings nicht gymnasial, sondern Grund- und Hauptschule (gibt's heute glaube ich gar nicht mehr in der Form), habe an der Uni Dozenten kennengelernt, die den Studenten Musikgeschichte ganz anders nahe gebracht haben. Was mich dort eher irritiert hat, dass viele Lehramtsstudenten Musik als Fach gewählt hatten, die nicht einmal ein Musikinstrument spielten, es erst im Laufe des Studiums gelernt haben, die auch von Musiktheorie null Ahnung hatten, teilweise nicht einmal Noten kannten. Während des Studiums bin ich auch viel herum gekommen, hab in vielen Schulen hospitiert und leider nur ein paar wenige hervorragende Musiklehrer kennengelernt, die sich sehr eingebracht haben und von ihren Schülern geschätzt und respektiert wurden, dafür eher welche, die einfach nur langweiligen Unterricht durchzogen, weniger verkappte Musiker, eher typische Beamte, die irgendwann ihre Routine gefunden haben und durchziehen.
Das Referat habe ich dann noch beendet, bin am Ende aber gerade wegen meiner Fächerkombiation (1. Musik, 2. Deutsch, 3. Englisch) nicht im Schuldienst gelandet, weil keine Stellen mit der Fächerkombination ausgeschrieben waren. Schulen hätten mich zwar - gerade wegen Musik - gerne genommen, aber waren am Ende doch auf die ausgeschriebenen Stellen mit entsprechender Kombination angewiesen. Außerdem hab während des Referendariats gemerkt, dass viele Lehrkräfte - wie eben schon kurz erwähnt - irgendwann aus Bequemlichkeit in eine Art Routine übergehen, wenig Interesse an neuen Ideen haben, wo ich noch gerade frisch von der Uni enthusiastisch mit abgefahrenen Methoden wie 'Wochenplan' kamen, neue Sitzordnungen und Regeln umsetzen wollten, was den eingesessenen Lehrkräften viel zu abgefahren und arbeitsintensiv vorkam. Daraufhin bin ich dann ganz woanders gelandet...

Was die Lehrkräfte an der Schule heute angeht, kann ich nur aus den Eindrücken meiner Kinder sagen, ja, an den Grundschulen fehlte es bei beiden an Lehrkräften, auch in der Grundschule, wo meine Frau tätig ist, gibt es mangels geeigneter Lehrkräfte keinen Musikunterricht, aber dass sich der Unterricht am Gymnasium gegenüber meiner eigenen Erfahrung aus Schule und Studium geändert hat. Da gibt es motivierte Lehrkräfte, die neben Schulorchestern und Chor auch Bandprojekte fördern und unterstützen, den Schülern auch die Technik nahebringen sowie die Betreuung der Technik übergeben.

Tja, und was den Spagat Berufsmusiker und Einkommen angeht, ist meine Erfahrung, dass es da anscheinend in erster Linie drei Wege gibt:
  • man ist Mitglied in einem Orchester, fest angestellt, hat sein geregeltes Einkommen
  • ist als Musiker so etabliert, dass man auch als Freiberufler ausreichend und regelmäßig Studiojobs oder Aufträge von angesagten Künstlern für Tourneen oder Auftritte bekommt
  • hat diverse professionelle Bands, in der Regel Dienstleister wie Gala, Top40 etc. mit denen man ausreichend Gagen kassiert
Gerade bei letzterem läuft es dann aber doch darauf hinaus dass man für das geregelte Einkommen häufig nebenbei unterrichtet, Instrumental- oder Gesangsunterricht, selbständig oder teils angestellt an Musikschulen.
Dies hat seit der Pandemie vermutlich noch zugenommen, weil durch die weggefallenen Auftrittsmöglichkeiten sich viele Musiker umorientieren mussten. Bedarf an Musikunterricht gibt es immer, hat meiner Einschätzung nach sogar eher zugenommen.
Wie viele als Quereinsteiger tatsächlich den Weg in die öffentlichen Schulen gefunden haben, kann ich nicht sagen, aber auch das wäre ja vermutlich für den einen oder anderen auch eine Option gewesen.
 
  • Gefällt mir
  • Interessant
Reaktionen: 4 Benutzer
Um mal ein bisschen Kontext zu geben:

wenige hervorragende Musiklehrer kennengelernt, die sich sehr eingebracht haben und von ihren Schülern geschätzt und respektiert wurden, dafür eher welche, die einfach nur langweiligen Unterricht durchzogen, weniger verkappte Musiker, eher typische Beamte, die irgendwann ihre Routine gefunden haben und durchziehen.
Das Blöde ist, dass es ein Zentralabitur gibt und der Lehrplan entsprechen Themen festlegt, die unterrichtet werden müssen.
In NRW in der Oberstufe z.B. gibt es drei Themenblöcke:

1."Auswirkungen neuer Technologien auf musikalische Gestaltung: Elektroakustische und elektronische Musik
• Musique concrète
• Soundscape-Komposition
• Die Musik von „Kraftwerk“ als Ideengeber für HipHop und Techno
• DJing und Sampling als Ausgangspunkt elektronischer Tanzmusik"

2. "Existenzielle Grunderfahrungen: Liebe und Tod im Musiktheater • Der Mythos von Orpheus und Eurydike"

3. "Programmmusik“ und die Idee der „absoluten Musik“: Eine Debatte des 19. Jahrhunderts
• Sinfonie
• Sinfonische Dichtung
• Charakterstück"

Während das erste noch wenigstens ein bisschen an die Lebenswelt der Schüler anknüpft, sind 2 und 3 vom inhärenten Motivationsfaktor doch eher gleich Null.
Trotzdem muss ich den Großteil der Oberstufe diese Themen thematisch hart durchboxen und vor allem Theorie, geschichtliche Abläufe etc durchpauken, weil ich, als Lehrer, ja auch nicht vorab weiß, welche Aufgaben im Abitur gestellt werden. D.h. mein Unterricht muss so breit gefächert und flexibel aufgestellt sein, dass die Kids da mit einem großen Wissen ins Abitur gehen können.
Wie viel Zeit für spannende, spaßige Sachen nebenher bleibt mir dann?
Und wenn ich die Themen nicht ordentlich behandle, kann es sein, dass die Kids hinterher gegen ihre Note klagen und dann hast du viel Spaß zu beweisen, dass dein Unterricht ausreichend war..
Also, ja, das endet manchmal darin, dass der Unterricht auch mal langweilig ist. So wie in allen anderen Fächern auch.
Ich erlebe oft dieses Vorurteil, dass Musik und Kunst und Sport so Spaßfächer sein sollen, wo man sich auslebt, nur kreative Sachen macht und am besten in Musik noch fünf Instrumente lernt..
Sorry, aber ich habe in meinem Unterricht genauso einen wissenschaftlichen Anspruch, wie der Kollege in Geschichte, SoWi oder Latein. Und das beinhaltet auch, dass wir mal Fachtexte lesen, Notentexte analysieren und uns mit Musik beschäftigen, die die Kids langweilig finden.
Natürlich gebe ich mir irgendwie Mühe den Unterricht nett zu gestalten. Aber wenn ich mit den Kids über absolute Musik reden möchte/soll/muss und die mir Dahlhaus Position erklären sollen.. müssen wir halt was aus seinen Texten lesen..
Ist anstrengend, nicht spannend und kompliziert. Macht denen keinen Spaß.

irgendwann aus Bequemlichkeit in eine Art Routine übergehen, wenig Interesse an neuen Ideen haben,
Mal aus meiner Erfahrung:
Nach meinem Ref hab ich angefangen Vollzeit zu arbeiten. Ich hatte dann einen Oberstufenkurs und eine ganze Reihe verschiedenen Klassen in verschiedenen Stufen der Unter- und Mittelstufe.
Insgesamt hab ich etwa 10-12 verschiedene Unterrichtsstunden die Woche vorbereitet. (weil man ja manchmal mehrer Klassen der gleichen Stufe hat) (Das ist noch vergleichsweise wenig, wenn man Pech hat können das auch über 20 sein)
Da wir gerade in NRW von G8 wieder auf G9 umstellen, gibt es ein neues Curriculum, entsprechend auch neue Themen und ich hatte im Ref halt auch nur immer Ausschnittsweise Themen unterrichtet und selten eine komplette Unterrichtsreihe. Folglich saß ich dann da ohne großes Material und musste dann anfangen zu suchen, Material zusammenzustellen, Lehrvideos angucken (kostet unendlich Zeit..), Arbeitsblätter erstellen, Reihenplanung machen und und und.
Ich habe da im Durchschnitt für jede Stunde, die ich vorbereiten musste mit Sicherheit zwei Stunden an Planung reingesteckt. Also etwa 20 Stunden Vorbereitung pro Woche. Dazu kommt die normale Arbeitszeit von 25,5h in NRW an Gymnasien, Konferenzen, Zeit für Noten, die ich geben muss, Emails etc..
Kann man sich jetzt fix ausrechnen.. da liegt man ganz schnell bei 50-60 Stunden die Woche. UND DANN HAB ICH NOCH KEINE KLAUSUR KORRIGIERT. Oder erstellt. Oder ein Konzert veranstaltet. Oder eine AG/Chor etc geplant und veranstaltet... und und und..
Das heißt in meinen ersten 3-4 Jahren sind mehr oder minder alle meine Wochenenden für Unterricht draufgegangen.
Jetzt bin ich an dem Punkt, wo ich das meiste schon gemacht habe, Material bereit liegt (ordentlich abgelegt in einer Datenbank) und diese Vorbereitung von 20 Stunden auf 2-3 Stunden pro Woche gesunken ist.
Aber ja, das ist das Routine und auch "Bequemlichkeit", dass ich mir jetzt nicht jedes Mal was Neues ausdenke. Man könnte es aber auch "lebensnotwendig" nennen.
Interesse an neuen Ideen hab ich durchaus. Es fehlt aber manchmal einfach an der Zeit oder scheitert am Aufwand.
Natürlich kann ich mir ein total cooles Gruppenpuzzle mit cleveren Aufgaben ausdenken, wo die Kids nach der Stunde mit großem Mund da sitzen. Kostet mich vielleicht 25-30 Stunden Vorbereitungszeit mit Recherche und Erstellung der Materialien. Und dann hab ich eine Stunde meiner Unterrichtszeit abgedeckt.
Sowas hab ich im Ref für die Unterrichtsbesuche gemacht. Aber dann stecken da wirklich 30-40 Stunden Vorbereitung in EINER Stunde, die man hält. Das ist absolut utopisch das in der realen Welt zu machen.

dass sich der Unterricht am Gymnasium gegenüber meiner eigenen Erfahrung aus Schule und Studium geändert hat. Da gibt es motivierte Lehrkräfte, die neben Schulorchestern und Chor auch Bandprojekte fördern und unterstützen, den Schülern auch die Technik nahebringen sowie die Betreuung der Technik übergeben.
Dazu mal erwähnt: Das zählt alles nicht zum Unterricht und wird im Normalfall auch höchstens ansatzweise angerechnet. Das ist also wirklich individuell von Schule und Lehrpersonal abhängig.
Ich arbeite ja an zwei Schulen und an meiner Stammschule mache ich das auch so, wie du beschreibst, ich betreue ein "Orchester" und leite die Schultechnik, die die Kids selbst schmeißen. Aber dann bin ich halt auch mal an nem Samstag für 8 Stunden in der Schule für nen Technik-Workshop. Den ich vorher organisiert habe. Oh, und für die Zeit werde ich übrigens auch nicht bezahlt. Gehört ja nicht zu meinen Aufgaben. Ich müsste das auch nicht machen. Hätte auch den Tag einfach zu Hause sein können oder nen Ausflug machen. Hätte das gleiche Gehalt bekommen. Und das betrifft quasi alle AGs in der Schule. Wenn man eine nette Schulleitung hat, werden die anteilig auf dein Stundenkontingent angerechnet. (ich hab z.B. jetzt zwei AGs (jeweils eine Stunde die Woche) und bekomme dafür eine Stunde "Entlastung", also 50%) Aber es gibt halt Limits, weil ja auch der Unterricht stattfinden muss. Je größer der Lehrermangel ist, desto weniger Optionen haben Schulleitungen solche außer-curricularen Aufgaben zu würdigen.
Und viele Lehrer können oder wollen sowas auch nicht machen, weil es halt nicht bezahlt ist, genau wie die ganzen Freistunden, die man hat.
Ich hatte mal 8 Freistunden die Woche. Das bedeutet, dass ich dann zusätzliche zu meinen 25,5 Unterrichtsstunden noch 8 zusätzliche Stunden in der Schule war. Klar kann man da ein bisschen was vorbereiten, kopieren etc, aber effektiv ist die Zeit nicht genutzt. Ihr könnt euch ja mal vorstellen, dass ihr zusätzlich zu eurer Arbeitszeit noch 30% eurer Arbeitszeit in dem Gebäude zubringen müsst. Dann wisst ihr, wie sich das anfühlt.
Wenn Lehrer AGs etc anbieten, dass ist das in den meisten Fällen sowas wie ehrenamtliche Arbeit. Und klar, in Musik macht gerade das ja auch Spaß, da mit den Kids zu musizieren. Da hat man dann auch nur (über-)motivierte Kids und kann coole Sachen machen. Aber nochmal: Das ist nicht der Job für den man bezahlt wird.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
@Disgracer Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass ein gewisses Maß an musikalischem Background für jeden Musiker von Vorteil ist, und dazu zähle ich heute durchaus auch Klassik, Musikgeschichte, natürlich auch Musiktheorie dazu. Vielleicht nicht unbedingt Musiktheater - na gut, wer auch immer solche Lehrpläne entwirft. Denke das ist auch in vielen andere Fächern so, dass man sich fragt, wozu das gut sein soll.
Was Routine angeht, ist es durchaus ok und legitim, wenn man immer wieder und auch überwiegend auf vorhandenes Material zurückgreift. Letztlich wird es auch etwas sein, wo man selber Bock drauf hat, und was sich bewährt hat, und natürlich spart es einem Arbeit. Es darf nur nicht sein, dass man sich nicht nicht weiterentwickelt und ständig auch neue Sachen sucht, zulässt und einbringt.
Und wenn man zusätzliche, nicht bezahlte Zeit einbringt, sollte das die eigene Entscheidung sein, und dann spielt das auch nicht die Rolle, als wenn es von einem erwartet wird, sondern lebt davon, dass man dafür auch positives Feedback bekommt. Die Gratwanderung ist halt, das richtige Maß zu finden zwischen 'ich muss es, damit ich das, was ich will auch umsetzen kann' und die Erwartungserfüllung von Schülern, Lehrkräften oder auch Eltern auf der anderen Seite.
Ich mache in meinem jetzigen Job auch so gut wie jeden Monat unbezahlte Überstunden, aber in erster Linie, weil ich es so entscheide, weil ich mich besser fühle, bestimmte Dinge - teilweise über die Anforderungen hinaus - zu erledigen, und letztlich, weil mir der Job Spaß macht. Die Gratwanderung hier ist, genau wie bei dir vermutlich auch, dass diese Zeit der eigenen Familie abgeht, also nicht unbedingt nur deine eigene Zeit betrifft.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Aber dann stecken da wirklich 30-40 Stunden Vorbereitung in EINER Stunde, die man hält. Das ist absolut utopisch das in der realen Welt zu machen.

Kommt immer drauf an, aber als Musiker steckst Du z.t. noch wesentlich mehr Zeit in einen Song, bevor er auf die Bühne kann.

Als Musikschullehrer greifst Du auch nicht auf die alten Lehrbücher zurück, sondern erstellst und übst Repertoire, das den einzelnen persönlichen Schüler interessiert. Und wenn der fortgeschritten ist, spielst Du das nicht unbedingt vom Blatt.

Aber Ok, wenn ich Dich so reden höre, scheint Werbung für ein Schulmusikstudium nur wie ein alternatives Himmelfahrtskommando.
 
Kommt immer drauf an, aber als Musiker steckst Du z.t. noch wesentlich mehr Zeit in einen Song, bevor er auf die Bühne kann.
Logisch, aber du schreibst ja auch nicht 20 solcher Songs pro Woche. jede Woche, ohne Pause.
Als Musikschullehrer greifst Du auch nicht auf die alten Lehrbücher zurück, sondern erstellst und übst Repertoire, das den einzelnen persönlichen Schüler interessiert.
Jein?
Ich bin eigentlich immer ganz gut damit gefahren ein Lehrwerk zu haben (für Gitarre gibt es da natürlich immense Auswahl) und das dann zu ergänzen.
So, dass die Schüler dann immer 1-3 Stücke haben, die zum Teil eben einem konkreten Ziel zuarbeiten (bestimmte Technik etc) und dann aber auch "just for fun". Wenn es sich verbinden lässt: Umso besser.
Und wenn der fortgeschritten ist, spielst Du das nicht unbedingt vom Blatt.
Muss man auch gar nicht?
Also ich hatte ganz viel Unterricht bei Lehrern, die das Programm, was ich gespielt habe, nicht selbst ohne Üben spielen konnten.
Aber meine Lehrer konnten dann trotzdem sagen was ich verbessern muss oder Hinweise zur Interpretation geben. Wenn man da die "gleiche Sprache spricht", reicht meist auch eine Erklärung oder Vorsingen.
Mein Lehrer an der Uni war deutlich jenseits der 60. Der konnte physikalisch einfach eine ganze Menge Zeug nicht mehr spielen, weil es zu schnell war für seine Finger. Er war trotzdem ein fantastischer Lehrer.
wenn ich Dich so reden höre, scheint Werbung für ein Schulmusikstudium nur wie ein alternatives Himmelfahrtskommando.
Absolut gar nicht.
Ich mache gerne Werbung für Schulmusik. Ich halte es nur für sinnvoll vorab zu erklären worauf man sich einlässt. Die Vorstellung, dass man unendlich viel Ferien hat und dann mal von 8 bis 12 Uhr unterrichtet und die Noten würfelt, ist halt realitätsfern. Lehrer ist ein super anspruchsvoller Beruf, der eine ganze Reihe von Fähigkeiten erfordert, dazu gute Planung, aber auch jede Menge Improvisation, man hat eine große Verantwortung für Kinder und das System drum herum ist weder sonderlich durchdacht, noch fair, noch unterstützend.
Aber ich könnte mir auch überhaupt nicht vorstellen von 8-16 Uhr irgendeinen Bürojob zu machen, ich würde mich zu Tode langweilen. Oder so Verkäufer im Möbelhaus.. wo du manchmal stundenlang keinen Kunden hast.. oder Bauarbeiter und bei Wind und Wetter draußen stundenlang rumlaufen.. oder.. oder..
Jeder Job hat Vor- und Nachteile, der Unterschied zwischen Lehrer und anderen Berufen ist, dass viele Menschen glauben, dadurch, dass sie selbst in der Schule waren, könnten sie beurteilen was ein Lehrer so macht, was aber meiner Meinung nach nicht stimmt, weil 90% der Arbeit von Lehrern von außen nicht sichtbar ist. Daher kläre ich immer gerne auf und erzähle lustige Geschichten ;-)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 4 Benutzer

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben