Muss das jetzt in eine Streiterei a la Software/Digitalsynths aus den 80gern vs. "richtige" analoge Synths ausufern??
Ist das schon Streiterei, wenn ich dich darauf hinweise, daß Jupiter-8 und Jupiter-80 zwei vollkommen unterschiedliche Synths sind, du dir letzteren angehört hast, ich aber ersteren meinte?
Die Frage ob man jetzt einen echten oder virtuell Analogen in Hardwareform oder als Software nutzt oder doch "nur" an den Presets seiner Workstation rumschraubt finde ich passt hier schon rein. Letztere haben auch schon eine umfangreiche Auswahl von Presets, die man zudem durchaus editieren kann. Ich denke auch dass das die Presets wenn einem das Spielen wichtiger ist als das Schrauben durchaus von Vorteil sein können, da man dann Sounds hat die in einem Maße ausgearbeitet sind, wie man es selbst erst nach langer Zeit selbst schaffen würde, (Durch die hier verlinkte Liste an bekannten Songs habe ich übrigens erst herausgefunden was es mit dem Preset "Lucky" auf sich hat
).
Das ist dann aber höchstens "Keyboard".
Das hatte ich schon mehrmals gesagt: "Synthesizer" ist nicht nur Rumdaddeln mit Presets. "Synthesizer"
ist Soundschrauben. Sonst kann man auch 'ne Tischhupe nehmen, die ist dann auch geeignet. Man kann auch
mal ein Preset nehmen, wenn man den Sound von irgendwem nachahmen will, derjenige hat eben genau dieses Preset verwendet und den gleichen oder einen ähnlichen Synth wie man selber. Zum Beispiel DX7-E-Piano, wenn man eh einen DX7 hat. Da muß man nicht an einem nicht intuitiv editierbaren Synth das Rad neu erfinden. Aber nur Presets ist nicht Synthesizerspielen.
Früher oder später kommt man sowieso nicht mehr ums Schrauben drumrum. Irgendwann kann man bestimmt ganz prima auf den Tasten spielen und mit dem Pitchbender und dem Modwheel und vielleicht noch mit dem Holdpedal und dem Expressionpedal, aber man hat sich nie die Finger an der Klangsynthese schmutzig gemacht, hat nie an Sounds gebastelt, nicht mal Presets editiert, und weiß gar nicht, was das ist. Bisher ist man auch immer ganz gut damit gefahren, neue Sounds, wenn man mal welche brauchte, fix und fertig spielbar irgendwo runterzuladen.
Aber dann kommt man an einen Sound in einem Song, den nicht unbedingt so die breite Masse spielt, wo also die Massenprogrammierer bisher noch keine Veranlassung sahen, das nachzubauen und anzubieten. Tja, was nu? Presets durchgehen, nix Passendes dabei. Runtergeladene Sounds durchgehen, nix Passendes dabei. Dann layert man sich mit den vorhandenen Sounds einen Wolf und kriegt doch nichts Passendes zusammen.
Entweder man nimmt irgendwas Vorhandenes, was das Gesuchte nicht wirklich trifft, aber einigermaßen nah dran ist. Das ist "Keyboard".
Oder man baut sich den Sound, den man braucht, selber. Egal, wie tief man in die Synthese einsteigen muß.
DAS ist "Synthesizer".
Synthesizer ist, wenn man den Init-Sound von einem VA nimmt, wo nur ein Sägezahn bratzt oder ein Sinus tutet, mit offenem Filter und Orgelhüllkurve (Attack und Release auf 0, Sustain auf voll; Ton fängt schlagartig an, verändert sich nicht und hört schlagartig auf) und daraus alles Mögliche und Unmögliche an subtraktiven Sounds baut.
Synthesizer ist, wenn man einen Arturia Minibrute spielen kann. Oder einen Minimoog (den alten, den Model D, nicht den Voyager). Die haben nämlich keinen Speicher, die haben nicht mal Presets, die haben nur Regler.
So langsam kristallisieren sich für mich zwei Kategorien an Sachen die interessant zu wissen wären heraus: Zum Einen eine Kategorisierung der Arten von Sounds (inklusive spieltechnischer Besonderheiten), Martman hatte da ja grob fünf Beispiele genannt, mit dem Kommentar dass diese Einteilung sehr grob ist.
Nicht fünf von fünf. Fünf von dutzenden. Und das
ist grob.
Du willst 'ne Zahl, weil du dir das nicht vorstellen kannst? 60. 70. 80. 120.
Wie viele wären das wohl, wenn man es schon detailierter macht ohne jeden kleinen Unterschied zu nennen? Zehn?
Hunderte. Mit kleinen Unterschieden tausende.
700. 800. 1000. 1500. 2000. Was weiß ich. Jedenfalls verdammt viele.
Die könntest du
nie alle in einer allumfassenden Synthesizer-Schule niederschreiben.
Du mußt bedenken es gibt Spielweisen, die nicht unter "kleinen Unterschied" fallen und im Grunde nur in einem einzigen Kontext vorkamen, einer Figure mit einem Sound in einem Song. Oder vielleicht zwei. Die aber trotzdem so markant sind, daß sie erwähnt gehören.
"Lucky Man" von ELP ist einzigartig.
"Rosanna" von Toto ist einzigartig.
"Africa" von Toto ist einzigartig.
"Don't Kill It Carol" von Manfred Mann's Earth Band ist einzigartig.
"Opening Titles" von Vangelis aus
Blade Runner ist einzigartig.
Alles Sachen, die nicht abgedeckt werden können mit irgendwelchen Standardspielweisen, wo es dann noch kleine Unterschiede gäbe, die man unter den Tisch fallen lassen könnte.
Und das sind nur die bekannteren Sachen. Wenn ich auch noch mit so Geräten ankomme wie z. B. einem größeren Buchla 200e von
dem hier aufwärts, wie darauf Sounds gemacht werden, und wie der gespielt wird (Hint: Weder die Klangerzeugung eines Buchla noch die Spielweise auf einem Buchla Tactile Sensor sind auf einem Rompler nachstellbar!), dann wird's noch bunter. Das würde aber genau genommen trotzdem alles dazugehören.
Überhaupt darf man nicht vergessen, daß es nicht nur "Samples" und "analog" (also subtraktiv, Oszillatoren → Mixer → Filter → Verstärker) gibt. Es gibt etliche Synthesearten und -verfahren, die teilweise ineinander übergehen oder voneinander abhängen oder miteinander in Verbindung eingesetzt werden, um wieder was Neues zu ergeben. Additiv/Fourier, diverse Physical-Modeling-Vorgehensweisen, Digitalwellen, Wavetable, Wavesequencing, Transwave, Granularsynthese, Vektorsynthese, Frequenzmodulation, Phasenmodulation, Phase Distortion, Buchla, Serge, Neuronalsynthese... Und schon bei der subtraktiven Synthese gibt's nicht einfach nur "Sägezahnoszillatoren verstimmen, mischen, tiefpaßfiltern mit ein bißchen Resonanz, fertig", nur weil sich 90% von dem, was mit Minimoog und TB-303 (außer dem Teil mit verstimmen und mischen) gemacht wird, darin erschöpft.
Und dann wie man sonstige spieltechnische Besonderheiten von Synths gibt, mir fallen da vor allem Pitch und Modulation sowie das Nutzen der Potis bzw. Parameterveränderungen im Song ein.
Die fallen da mit rein. Das fällt da alles mit rein. Das ist alles eins, das hängt alles miteinander zusammen.
Da kann man nicht hart zwischen "Klaviatur" (wie man das als Pianist kennt) und "anderen Bedienelementen" (die das Piano nicht hat) eine Grenze ziehen und das getrennt behandeln.
Das ist alles eine Einheit die gespielten Noten, Velocity, Aftertouch, Pitchbender, Modwheel, alle anderen programmierbaren Controller und die Syntheseengine unter der Haube. Alles eine Einheit, und als solche sollte es auch betrachtet werden.
Ansonsten habe bekomme ich bei vielen Lead-Presets nach ein paar Takten Spielen Veränderungen, dass der Sound dumpfer wird (Cutoff wird niedriger?) und irgendwann ist er dann wieder kristallklar. So wie ich es bisher getestet habe ist es nicht Velocityabhängig, Aftertouch habe ich eh nicht.
Kann durchaus vorkommen.
Wenn du der Sache nachgehst und rausfindest, warum das so ist und wenn es dich stört und du das abstellst , das ist schon mal ein Schritt Richtung Synthesizer.
Zu meinem Equipment noch einmal eine kurze Frage: Aktuell ist wenn ich etwas analog experimentieren will der Prologue für mich das Mittel der Wahl, der ist beim MOX mitgeliefert. Eigentlich will ich mir da nicht unbedingt was dazu kaufen, aber wenn dann: Ab was für einem Modell lohnt sich das? Da der M-Audio Venom momentan so spottbillig ist wäre der interessant, ist der gut? Reichen vier Potis mit verschiedenen Belegungen zum durchsteppen für echt analoges Feeling aus? Ich hoffe ich sprenge damit jetzt nicht das Thema, will aber keine Kaufberatung aufmachen da ich mir zu 80% nichts kaufen werde.
Vergiß den Venom. Den Venom kann man nicht komplett am Gerät schrauben. Der ist dafür also unbrauchbar.
Wer wirklich in die Klangschrauberei einsteigen will, braucht einen Synth, bei dem man am Gerät jeden, aber auch wirklich jeden Parameter, der irgendwie veränderbar ist, verändern kann. Ob das jetzt mit Menüs ist oder mit einer Matrix à la MicroKorg oder One-Knob-One-Feature à la Nord Lead, ist unerheblich. Es darf aber nicht sein, daß man gewisse Dinge nur über einen externen Editor bearbeiten kann.
Dafür kann ich mit dem MOXF dank Sampletechnik Instrumentsamples laden die DX7 und Hammmondorgel B3 und v.a. emulieren.
Das ist m.E der grösste Vorteil dieses Synthies. War auch der Grund warum ich mir gekauft habe.
Ausserdem kann man alle Peformancedaten von MOX und MOTIF laden und hat dadurch über 1000 versch. Perf. zur Auswahl.
Da lohnt sich Selbermachen eigentlich nicht mehr.
Wie ich schon sagte: Wenn man einfach nur mit Fertigsounds rumdaddelt, dann ist das nicht "Synthesizer", sondern "Keyboard". Und hier wurde ganz explizit nach "Synthesizer" gefragt, also gibt's hier das, was "Synthesizer" wirklich ist.
Selbermachen lohnt sich immer. Allein schon, um zu wissen, wie das geht, wenn man's mal braucht.
Übrigens hast du zwei prima Beispiele genannt, wo Samples nur eine Krücke sind: DX7 und Hammond. Ein echter, leibhaftiger DX7 punktet gegenüber
jedem DX7-Sample mit einem
deutlich expressiveren Klang, weil sich gerade bei den E-Piano-Sounds je nach Anschlagstärke der Klang verändert. Und zwar nicht schlagartig, sondern allmählich. Das kann man nicht so sample, daß es genauso klingt wie ein echter DX7.
Und Hammond ohne funktionierende Zugriegel ist lächerlich. Noch erheblich lächerlicher, geradezu komplett hirnrissig, sind Hammondsounds, wo das drehende Leslie mitgesamplet ist. Hab ich alles schon erlebt.
Mal zu den Spielweisen... Beim Sync-Lead verwende ich die Bluestonleiter(*) und nutze anstelle des PitchBend auch gerne mal den Vibrato (geht bei Roland dank dem zurückfedern ähnlich gut). Beim PitchBend bin ich aber noch am Grübeln - lieber nach oben benden oder nach unten? Nach unten klingt's latent "jämmerlich", nur weiß ich nicht, ob ich den Kniff noch nicht raus habe.
(*) gibt es andere Skalen, die sich eher anbieten?
Vergiß Skalen, du spielst kein Klavier. Vor allem vergiß Blues. Synthesizer und Blues haben nichts miteinander zu tun.
Okay, hier mal ein bißchen das, was ich mir unter "Synthesizer-Schule" vorstelle, wenn auch etwas salopp ausgedrückt.
Wenn du unbedingt 'ne Skala haben mußt, sag ich einfach mal lydisch.
Einen Sync-Lead würde ich nicht stufenlos in der Tonhöhe variieren. Ich würde ihn nicht benden, ich würde ihn nicht mit Vibrato spielen. Das paßt zu einem Minimoog-Lead à la Manfred Mann, aber nicht zu Sync (interessante Tatsache: Der Minimoog kann keinen Sync). Das ist das erste zum Sync.
Das zweite: Ist der Sound monophon? Ein Sync-Sound wird NIE mehr als einstimmig gespielt, das erzeugt nur unerträglichen Krach, den man in keinem Mix unterbringt. Sollte er polyphon sein, stell ihn auf monophon um. Wie du die Priorität setzt, sofern dein Synth das überhaupt wählbar macht, bleibt letztlich deinem Geschmack überlassen; wenn du jetzt unbedingt eine Vorgabe erwartest, stell es so ein, daß die letzte gespielte und noch gehaltene Note Priorität hat (anstelle der höchsten oder niedrigsten).
Das dritte: Controller. Hand weg vom Pitchbender, sofern du damit nichts Sinnvolles machen kannst. Pitchbenden ist, wie ich schon sagte, bei Sync nicht unbedingt sinnvoll. Wenn du's nicht lassen kannst, stell die Bend Range auf maximal einen Halbton nach oben und unten.
Für Modulation gibt es eine bessere Anwendung: Frequenz des Slave-Oszillators verstimmen. Nur des Slave-Oszillators, der Master-Oszillator wird damit nicht verändert. Und auch nicht nur ein bißchen, sondern schön viel. Am besten zwei Oktaven nach oben (grundsätzlich nur nach oben). Wenn du die Modulationsintensität in der Modulationsverknüpfung schon auf voll hast und du die Frequenz noch zu wenig verdrehen kannst, dann bau eine zweite identische Modulationsverknüpfung, das sollte dann reichen.
Der letzte Absatz ist übrigens ein prima Beispiel dafür, daß die Sachen, wie sie in einer guten Synthesizer-Schule vorkommen würden, nicht auf allen Synthesizern umsetzbar sind und auch nicht mit den meisten Synthesizern. Das setzt nämlich eine tatsächlich vorhandene Sync-Funktion heraus. Der Minimoog hat keinen Sync, weil daran 1970 noch keiner dachte. Analogsynthesizer mit nur einem Oszillator pro Stimme haben prinzipbedingt im allgemeinen keinen Sync, weil man dafür zwei Oszillatoren braucht. Und Rompler haben keinen Sync, weil bei Sampleplayern gewisse Arten der Einflußnahme auf die Wiedergabe der Samples entweder nicht funktionieren können oder nicht implementiert werden, worunter auch Sync fällt.
Ich gehe mal davon aus, daß du das auf einem Rompler gespielt hast mit einem "Sync-Lead", der im Grunde ein fix und fertiges Sync-Sample ist, das von nur einem Wave Generator (Oszillator) gespielt wird. Dann kannst du natürlich das Rumschrauben am Sync in Echtzeit vergessen. Das geht nur, wenn du wirklich Sync hast.
(Das wird mir jetzt bestimmt wieder ausgelegt als Haßgeflame gegen Rompler.)
Martman