Eines vorweg - ich hab mir hier die letzten Beiträge nicht angehört und komm auch in absehbarer Zeit nicht dazu. Ich kann also im Moment gar nichts zu den einzelnen Takes von Euch sagen, möchte aber zu den "generell" aufgeworfenen Themen was posten:
Ich habe hier etliche Files angehört (ich will übrigens absolut keine Namen nennen), bei denen es, grob geschätzt, 3-6 Minuten lang nur um Tomaten ging. Blues in A, in den ersten 20 Sekunden höre ich gefühlte 87 Mal die Phrasenendung C A (…) das interessiert mich dann absolut kein bischen mehr, wenn ich mich vorher durch 4 Minuten Langeweile kämpfen musste. Und ich kann garantieren, dass es anderen, nicht selber musizierenden Zuhörern absolut nicht anders gehen wird.
Das einzige was ich persönlich an dieser Stelle garantiere ist, dass das hier ein Anfängerbereich ist. Persönlich tendiere ich sehr stark dazu, meine Erwatungen beim Anhören der Beiträge diesem Umstand anzupassen.
Ich brauche schließlich auch kein Schriftsteller zu sein, um zu erkennen, dass meine Tomatenstory total langweiliger Kram ist. (...) Ob mein Erzähler jetzt eine Frau mit lüstern-heiserem Flüstern, ein Kerl mit Eunuchen-Organ oder ein Greis mit Zittern in der Stimme ist, ändert am langweiligen Inhalt einer Geschichte nicht das kleinste bischen.
Das ist schlicht und ergreifend falsch. Es gibt Menschen, die haben die Fähigkeit, in den ganz kleinen Dingen des Alltags etwas Besonderes zu sehen und manche haben sogar die Fähigkeit, was schlichtweg Geniales daraus zu machen.
Ein Beispiel was sich mir jetzt aufdrängt: die Einleitung von "Spiel mir das Lied vom Tod". Gibt es eine langweiligere Geschichte, als drei Typen, die auf einen Zug warten? Und das über zwanzig Minuten verfilmt, kaum Dialoge und ständig unterbrochen vom Vorspanntext?
Es ist ok, dass es Menschen gibt, die das nicht mögen. Ich liebe diese zwanzig Minuten! Sie sind so bluesig!
Darum habe ich die Tomaten anders erzählt. Wer ähnlich wie ich tickt wird auch in dieser trivialen Geschichte Dramaturgie finden.
Letztlich braucht es Kreativität und Phantasie, aus Alltäglichem (einfachen Licks und Phrasen) was Besonderes zu machen. Und dann natürlich die notwendige Übung und Technik, um die eigenen Vorstellungen umsetzen zu können. Nur mit Technik allein fehlt die Seele! Ohne Technik und Erfahrung durch Übung geht's auch nicht.
Tomaten? Teigwaren? Also.. ich nehme dann bitte eine Pizza!
Mehl, Wasser, Hefe. Darauf eine Schicht aus Tomaten. Belegt nach Belieben, und mit etwas Käse. Ein paar Gewürze. Oregano passt gut. Einen Ofen braucht man zwar schon. Das lässt sich aber bewerkstelligen. Stellplatz in der Küche klar machen, Portemonnaie auf und fertig.
Ein gutes Beispiel, und: ich hab Pizza auch gern. Aber Deine Story hat keine Dramaturgie. Das ist eine lieblose Aneinanderreihung von Zutaten und Ereignissen ohne Hingabe und Liebe. Deine Ironie in Ehren, aber sie ist es sicherlich nicht, die eine Geschichte hörenswert macht.
So wird's natürlich nichts. Selbst ein Pizzazustelldienst ist kreativer und gibt sich mehr Mühe, dass seine Produkte Anklang finden!
Aber: die Ironie ist eine Super Idee für's Finale!
Und wie setzt man sowas dann um, wenn man SAchas Text nimmt, und dann auf deinen Umzumünzen ?
So langsam verstehe ich das, glaube ich, mehr Informationen sind natürlich gerne gesehen.
Oder ist das beim Blues, wie ich irgenwo gelesen habe, das es einfacher ist zu spielen wenn man dazu die Worte hat, also so ein Textgerüst wie Eueres ?
ODer anders gefragt, wie kann ich das Tonmäßig umstetzen ?
Erstes KApitel : Moll ?
Zweites Kapitel Dur ?
Drittes KApitel wieder Moll ?
Ich persönlich würde Dir raten, eine Phrase herzunehmen, die Dir gefällt und die Du technisch gut spielen kannst. Diese Phrase ist die Tomate. Und die spielst Du in einem Kontext, der Dir gefällt, zur Einleitung.
Dann wiederholst Du die Phrase und schmückst sie etwas aus, entwickelst sie also: die knallrote Tomate
Dann wiederholst Du die Phrase nochmals und schmückst sie noch mehr aus: die saftige, knallrote Tomate
Dann wird's etwas schwieriger, weil dann sollte für mein Gefühl ein neues Element dazu, das die Geschichte weiter erzählt, die Phrase weiter spinnt, aber nicht zu weit weg von der Tomate sein sollte und damit Bezug zur Vorgängerphrasierung haben sollte. Sonst würde es eine beliebige Aneinanderreihung von Licks, dann wären wir bei der Pizza von Spyder. In meiner Geschichte: hat Tom die Tomaten zum Greifen nah.
Dann kommt der kreative Part: die Steigerung sollte Dramaturgie haben - beispielsweise eine unerwartete Akzentuierung oder unerwartete Töne - eine Klammer um die Eingangsphrase spannen, die Eingansphrase erweitern und sie dadurch in einem neuen Licht erscheinen lassen - und im Blues sehr häufig, depressiv und schmutzig (Blue Note, kleine Terz oder kleine Septime über Dur-Akkord) sein: leckre, süße und so saftige, knallrote Tomaten, an die Tom ums Verrecken nicht ran kommt.
In Kapitel zwei und drei entfernst Du Dich immer weiter von Deiner Eingangsphrase, ohne sie aus den Augen zu verlieren. Eine Änderung von Moll nach Dur und wieder zurück über die Kapitel ist das nicht.
In meinem Text hab ich die "kreative" Leistung der Ton-Änderung oder rhythmischen Akzentuierung der musikalischen Phrase so gemeint: Tomate, Tom Athen, und die Ironie als Finale: Tom ade!
Um zu sehen, wie man das praktisch umsetzen kann lade ich Dich in den Blues Workshop hier im Board ein: Blues You Can Use. Die einzelnen Lektionen von John Ganapes zeigen sehr schön, wie man eine Phrase über das Bluesschema entwickeln kann, besser als das jeder User hier könnte. Den Link findest Du in meiner Signatur!