So, da sich ja eine gewisse Tendenz hinsichtlich der Interpretation meiner Tomatenmonströsität abzeichnet, will ich gerne mal etwas mehr in's Detail gehen.
Sascha, fehlt für dich der überraschende Moment ? Also Ed hat Tomaten gekauft, sein Tomatenbrot gemacht und dann kommt er auf die Idee es mit Gurke zu garnieren ....
Überraschung erwarte ich gar nicht unbedingt. Nur erhoffe ich mir eben auch keine Langeweile.
Wenn wir mal beim Vergleich mit der Literatur bleiben wollen (der natürlich an etlichen Ecken total hinkt, das ist mir auch klar), dann gibt es durchaus sehr triviale Werke, die sich aber locker weglesen lassen, so etwa als Urlaubslektüre am Strand, wenn zu schwere Kost einem das sowieso schon sonnnenverdörrte Gehirn komplett wegschießen würde.
Da gibt es dann eben auch keine großen Überraschungen. Aber: Es gibt einen Handlungsfaden und eine Art Entwicklung, Struktur, Dynamik, wasauchimmer (selbst bei Konsalik oder gar Groschenromanen ist das der Fall).
Wenn ja, wo ist die richtige Mitte zwischen Wiederholung (die im Sinne der Wiedererkennung ja teilweise gewünscht ist) und Langeweile.... die nur durchbrochen werden kann, wenn sich die Geschichte in eine neue Richtung auflöst/entwickelt.
Was genau die richtige Mischung ist, das wird vermutlich niemand eindeutig sagen können.
Aber jetzt schauen wir nochmal die Kapitel meines "Buches" an. Mit Ausnahme des allerletzten Satzes (den wir für jetzt ignorieren können, dazu vielleicht mehr später), ist es vollkommen piepegal, an welcher Stelle ich das Werk aufschlage. Es geht immer um die blöden ollen Tomaten.
Nun kann man die einzelnen "Kapitel" mal mit Bluesform-Durchgängen oder meinetwegen auch den Minuten eines MP3-Files vergleichen. Was mache ich denn, wenn in der ersten Minute schon nur von Tomaten die Rede ist? Genau, ich spule weiter (wenn überhaupt). Bin ich dann bei Minute 2 angelangt und höre immer noch Tomaten, dann wird der Player ganz schnell komplett ausgeschaltet. Ob Ed dann am Ende von Kapitel 3 noch Sex hat oder nicht, das ist vollkommen egal, denn es interessiert mich dann schon lange nicht mehr, da ich nicht auf interessantem Wege an die Sache herangeführt wurde.
So, um das jetzt mal in ganz konkrete Kritik umzumünzen: Ich habe hier etliche Files angehört (ich will übrigens absolut keine Namen nennen), bei denen es, grob geschätzt, 3-6 Minuten lang nur um Tomaten ging. Blues in A, in den ersten 20 Sekunden höre ich gefühlte 87 Mal die Phrasenendung C A (im allerbesten Fall wird das C ein wenig hochgezogen). Weitergespult zu Minute 2:33 und ich höre die nächsten gefühlten 52 Phrasenendungen C A. Resultat: Aus mit dem Kram! Und ob es am Ende noch einen schicken, vielleicht sogar gelungenen Bending-Lick (Ed hat ja irgendwann noch Sex, nicht wahr?) gibt, das interessiert mich dann absolut kein bischen mehr, wenn ich mich vorher durch 4 Minuten Langeweile kämpfen musste. Und ich kann garantieren, dass es anderen, nicht selber musizierenden Zuhörern absolut nicht anders gehen wird. Ich brauche schließlich auch kein Schriftsteller zu sein, um zu erkennen, dass meine Tomatenstory total langweiliger Kram ist.
... und ist dies nicht für alle schwierig, die nur mit einem Instrument die "Geschichte" erzählen ... Wäre Sprache, ein Keyboard usw. mit an Board, wird der Langeweile schon durch die Instrumentierung vorgebeugt.
Dem widerspreche ich entschieden. Ob mein Erzähler jetzt eine Frau mit lüstern-heiserem Flüstern, ein Kerl mit Eunuchen-Organ oder ein Greis mit Zittern in der Stimme ist, ändert am langweiligen Inhalt einer Geschichte nicht das kleinste bischen.
Die Impro über einen Backingtrack empfinde ich daher immer als reine "Übung" und nicht mit dem Ziel behaftet danach als vollwertige "Musik" durch zu gehen.
Dem stimme ich zu. Aber wenn man sich im Improvisieren übt, sollte man auch das üben, was eine Improvisation ausmacht, nämlich Struktur und damit verbundene Dinge wie Dynamik, Dramatik, etc.
Wenn es nur darum geht, ein paar gerade erlernte neue Licks zu präsentieren, dann reichen 30 Sekunden. Wenn ich aber erwarte, dass mir jemand 3-6 Minuten zuhört und danach womöglich Kommentare dazu abliefert, dann muss ich auch, quasi wie im richtigen Leben, dafür sorgen, dass dieser jemand irgendwie bei der Stange gehalten wird. Das klappt nicht, wenn ich 5 Minuten lang "Tomatenkauf, Tomatenverpackung, Tomatenverzehr. Tomatenverpackung, Tomatenverzehr, Tomatenkauf. Tomatenverzehr, Tomatenkauf, Tomatenverpackung." zum besten gebe. Oder sogar "tomatenkauftomatenverpackungtomatenverzehrtomatenverpackungtomatenverzehrtomatenkauftomatenverzehr".
Soviel für jetzt.
Gruß
Sascha