Impro-Workshop Nr. 1: "All of me"

Du spielst 3 Jahre und zockst so auf.. nett..... entweder ich hab das falsche Instrument gewählt oder übe zu wenig :)
 
Jay schrieb:
Willkommen in der wunderbaren Welt des Jazz. ;)
Danke, auch für den Aufwand, den ihr alle hier zu meiner Begrüßung treibt! ;) ;)

Natürlich kenne ich "all of me" - wenn ich nur den Noten die Melodie entnehmen könnte ohne zwischengeschaltetes Instrument! :redface:

Also ich habe mal bisserl gestöbert und vielleicht interessiert's euch ja: die Aufnahmen von Sinatra und Billie Holliday haben keinen Solopart und die von Charlie Parker ist eh rein instrumental. Ein Solo habe ich nur gefunden bei Rose Murphy & Slam Stewart, was auch meine Lieblingsinterpretation ist: bisserl ironisch ("take my lips brrr brrr" - wobei "brrr" das Lippengeräusch ist was kleine Kinder machen, wenn sie nicht gemochten Spinat absondern:) ) und das "Solo" ist mit gestrichenem Bass und paralleler Gesangsstimme (ohne Text).

Ich find's spannend!

LG
mirGefällts
 
Läuft ja prima hier, echt super :great:
habe mir die bisherigen Beispiele mal downgeloaded und genau angehört. Toll! Hab schon ne ganze Menge daraus gelernt und werde demnächst auch mal was beisteuern (sobald mein Computer mir endlich das Aufnehmen gestattet :twisted: )
u.a. weiß ich jetzt was man im Jazz als Chorus bezeichnet :redface: (danke NOCHMAL an mirGefällts für den Lexika-Link)
an die drei bisherigen Imporvisateure:
Toll, Ihr seid echt gut! Besonders an Jay, für drei Jahre, Respekt!!!! :great:
Könntet Ihr vielleicht selbst mal ein wenig Eure Aufnahmen analysieren und insbesondere dazu etwas sagen, was Ihr zu den jeweiligen Harmonien -die Ihr ja alle drei etwas anders rüberbringt- in der Rechten spielt. Was tut Ihr bei einer bestimmten Harmonie, Ich weiß, beim Spielen selbst geschieht das eher intuitiv, meistenst hat man aber doch irgendwelche harmonischen Verwandtschaften im Hinterkopf, welche?
Einfach mal mit eigenen Worten beschreiben.
Greetings,
Wolf

ach ja @Jay: was ist eine "bluebox-Variante"?
 
pille schrieb:
Toll, Ihr seid echt gut! Besonders an Jay, für drei Jahre, Respekt!!!!
Danke. :) Zeit ist nicht alles, die Frage ist, wie man sie nutzt. ;)

pille schrieb:
Könntet Ihr vielleicht selbst mal ein wenig Eure Aufnahmen analysieren und insbesondere dazu etwas sagen, was Ihr zu den jeweiligen Harmonien -die Ihr ja alle drei etwas anders rüberbringt- in der Rechten spielt. Was tut Ihr bei einer bestimmten Harmonie, Ich weiß, beim Spielen selbst geschieht das eher intuitiv, meistenst hat man aber doch irgendwelche harmonischen Verwandtschaften im Hinterkopf, welche?
Natürlich habe ich mir vorneweg ein bisschen überlegt und rumprobiert, was man zu den einzelnen Akkorden so machen kann, besonders die, die nicht zu der II-V-I in C-Dur gehören. Beim Rumspielen hat mir dann die C-Skala auf den Dominantakkorden (D7, E7, A7) besser gefallen als die akkordeigene Skala, man erhält dadurch jeweils die #9 als Tension, muss aber mit den avoid notes aufpassen. Also beim E7 wäre f als Zielton eher ungünstig. ;) Die Erklärung ist ein wenig "von hinten durch die Brust ins Auge", aber sozusagen der theoretische Hintergrund zu dem, was meinen Ohren gefallen hat.

Eine Ausnahme gibt’s im Stück. Die Verbindung Fmaj zu Fm, da hab ich diese Rückung sozusagen aktiv mitgestaltet, indem ich eine ähnliche Phrase in Dur gespielt und dann in moll wiederholt habe.

Grundsätzlich habe ich mir das Solo von vornherein in vier Teile aufgeteilt, die jeweils auf dem Cmaj7 enden, auch melodiemäßig. Der Gesamtaufbau hängt in der Mitte leider etwas durch, da war die Inspiration kurz weg. :p Der Höhepunkt ist ganz klar der Lauf am Anfang vom vierten Teil, da hab ich mir natürlich auch vorher überlegt, wo ich anfangen muss, damit ich beim A7 genau auf der 1 mit der Melodie auch beim a bin. Insgesamt hab ich so versucht, einen brauchbaren Spannungsverlauf reinzubringen.

pille schrieb:
ach ja @Jay: was ist eine "bluebox-Variante"?
bluebox ist hier im Keys-Forum der amtliche Basslinienmeister. :great: Der hat auf den Treffen immer super Walking Bässe durchgezogen und dazu improvisiert. :eek:
 
Jay schrieb:
bluebox ist hier im Keys-Forum der amtliche Basslinienmeister. :great: Der hat auf den Treffen immer super Walking Bässe durchgezogen und dazu improvisiert. :eek:

Danke Jay - Fühle mich sehr geehrt ! Das ist der Erste Musikalische Style der nach mir benannt wurde.....:D

Übrigens bin ich alles andere als Jazzer.....ehr so was wie ein
"Allround-Wald-und-Wiesen-Mucker" der schon ziemlich viele verschiedene Sachen im Leben gemacht hat.....

Micha
 
Jay schrieb:
....Skala, man erhält dadurch jeweils die #9 als Tension, muss aber mit den avoid notes aufpassen........
Aaa....aaach so! :confused:

:D:D:D

okay okay, bin jetzt ruhig und lerne fleißig!
bis bald :p
 
Ich versuche hier mal einen etwas theoretischeren Ansatz, was das Skalenmaterial angeht. Welche Skala ich für einen Akkord wählen sollte, hängt ja stark von dessen Funktion ab.

Also, die Chords von "All Of Me" gehen ja ca. folgendermaßen:

C E7 A7 Dm7
E7 Am7 D7 Dm7 G7
C E7 A7 Dm7
F6 Fm7 Em7 A7 Dm7 G7 Cmaj7 (+Turnaround)

  • Die Tonart ist offensichtlich C-Dur, wir fangen also mit C Ionisch an.
  • Bei E7 wird es bereits interessant. Ich würde E7 als Sekundärdominante analysieren, weil man nach dem E7 eigentlich Am7 erwarten würde, welches im Gegensatz zu A7 in der Tonart C-Dur enthalten ist. Als gute Skala würde sich für den E7 daher Mixolydisch b9/#9/b13 anbieten (also e f g gis a h c d e)
  • A7 ist jetzt tatsächlich eine Sekundärdominante, da sie zum in C-Dur vorkommenden Dm7 führt. Die typische Skala dafür ist Mixolydisch b13 (also a h cis d e f g a)
  • Dm7 ist hier die zweite Stufe von C-Dur, wir können also wieder alle Töne von C-Dur verwenden (bzw. D Dorisch)
  • Das nächste E7 ist ganz eindeutig eine Sekundärdominante auf Am7, wir wählen also wieder Mixolydisch b9/#9/b13 (funktionieren würde u.a. auch Mixolydisch b13)
  • Am7 hat hier eine Doppelfunktion, was uns auch mehrere Skalenmöglichkeiten zur Auswahl gibt. Entweder wir verwenden die Töne von C-Dur (bzw. A Äolisch) oder wir sehen das Am7 schon als II-Subdominante von D7 und verwenden A Dorisch. Bei der ersteren Variante kommt das D7 eher als Überraschung, bei der zweiten wird es durch die Skala in der das Fis vorkommt vorbereitet. Was einem lieber ist, ist Geschmacksfrage und auch situationsabhängig.
  • D7 ist eigentlich eine Sekundärdominante zu G7 (nur dass halt vor G7 noch Dm7 als Subdominante eingeschoben ist). Wir können also normal mixolydisch spielen.
  • Dm7 G7 C ist eine ganz normale II-V-I-Kadenz in C-Dur, wir können also die Töne von C-Dur verwenden (bzw. D Dorisch, G Mixolydisch, C Ionisch)
Soweit einmal die erste Hälfte. Auf Wunsch kann ich auch noch mehr machen, aber jetzt bin ich mal zu faul.

Natürlich gibt es noch andere Skalen-Varianten, das hier ist nur eine mögliche Variante. Was das ganze beim Spielen noch farbiger und abwechslungsreicher macht ist die Verwendung von "Blue Notes" und chromatischen Durchgängen, wie ich sie auch bei meinem Solo teilweise verwendet habe. Außerdem kann man bei dem Stück über die Moll-Akkorde auch sehr gut Moll-Bluesskala spielen (also z.B. über Am7 a c d dis e g a)
 
Hi,
MisterZ schrieb:
Ich hab auch mal was aufgenommen:
allofme
der Link funktioniert bei mir nicht (auch wenn ich die Anführungszeichen am Ende wegmache). Hast Du das schon wieder runtergenommen? Das fände ich sehr schade :-(

Ciao,
Manuel
 
Ich kann die Ausführungen von Cordesavide auf jeden Fall unterstreichen. Wobei ich mir normalerweise nicht die Mühe mache, die Akkorde nach harmonischen Funktionen aufzudröseln, ich mach das irgendwie immer nur nach Gehör... :rolleyes:
Ich persönlich würde da zur Abwechslung auch öfters auf den Sept-Akkorden lydisch dominante, alterierte oder GTHT-Skalen spielen, aber das ist optional. :)

Sehr hilfreich, wenn man mal nicht weiß, welche Skala man spielen soll, sind übrigens folgende Überlegungen. Es gibt bei jedem gängigen Akkord bestimmte Pentatoniken, die man standardmäßig darauf immer spielen kann, unabhängig von der Funktion. Das klingt dann zwar nicht wer weiß wie virtuos aber sie passen immer und man sollte sie auch immer drauf haben für den Fall, daß man mal ein Stück nicht kennt.

maj 7: Mollpentatonik über 3. Stufe
maj 7 #11: Mollpentatonik über 7. Stufe
m7: Mollpentatonik über 5. Stufe (brav) oder über 2. Stufe (modern)
7 #11: Mollpentatonik 1 kl. Terz tiefer
alt (7 b9 b13 #11): Mollpentatonik 1 kl. Terz höher
 
Huhu,

ich finde die Idee mit diesem thread hier echt genial, weil ich inzwischen auch die positiven Seiten der Improvisation kennnegelernt habe*g*(d.h. nein so schüchtern wie beim treffen bin ich nu net mehr:D ) würd auch gern was aufnehmen, habe nur leider keine Möglichkeit dazu und mein kawai in mein Zimmer runterschleppen ist leider bissl schweer und das will ich ihm auch nicht antun;). Aber eure Impro's sind ganz cool und zum dazulernen sind sie auch gut:).
@Mister Z ich kann deine Datei leider nicht downloaden:confused:

ciao Lena
 
Manuel-NI schrieb:
Hi,

der Link funktioniert bei mir nicht (auch wenn ich die Anführungszeichen am Ende wegmache). Hast Du das schon wieder runtergenommen? Das fände ich sehr schade :-(

Ciao,
Manuel
So, da hab ich ja im genau richtigen Moment draufgeklickt, jetzt geht er tatsächlich wieder (Danke, danke, danke):
Ganz große Klasse! Klingt echt gut:great:

Da muß ich doch noch mal ein bißchen genauer reinhören, da kann ich sicher auch noch was von lernen.

Ach so, bevor ich's vergesse: Sehr cooler Thread - super Idee. Da werde ich versuchen in den nächsten Tagen auch noch was beizutragen.

Ciao,
Manuel
 
lucjesuistonpere schrieb:
Ich kann die Ausführungen von Cordesavide auf jeden Fall unterstreichen. Wobei ich mir normalerweise nicht die Mühe mache, die Akkorde nach harmonischen Funktionen aufzudröseln, ich mach das irgendwie immer nur nach Gehör... :rolleyes:
Ich persönlich würde da zur Abwechslung auch öfters auf den Sept-Akkorden lydisch dominante, alterierte oder GTHT-Skalen spielen, aber das ist optional. :)

Sehr hilfreich, wenn man mal nicht weiß, welche Skala man spielen soll, sind übrigens folgende Überlegungen. Es gibt bei jedem gängigen Akkord bestimmte Pentatoniken, die man standardmäßig darauf immer spielen kann, unabhängig von der Funktion. Das klingt dann zwar nicht wer weiß wie virtuos aber sie passen immer und man sollte sie auch immer drauf haben für den Fall, daß man mal ein Stück nicht kennt.

maj 7: Mollpentatonik über 3. Stufe
maj 7 #11: Mollpentatonik über 7. Stufe
m7: Mollpentatonik über 5. Stufe (brav) oder über 2. Stufe (modern)
7 #11: Mollpentatonik 1 kl. Terz tiefer
alt (7 b9 b13 #11): Mollpentatonik 1 kl. Terz höher

Wie gesagt, da hat jeder Musiker so seinen eigenen Zugang. Finde ich aber gut, dass hier mal die verschiensten Zugänge gepostet werden.

Zu Luc's Vorschlägen:
Die größten Möglichkeiten sowohl bei Tensions als auch bei Skalen bieten ja Dominantseptakkorde. Nur würde ich mixolydisch #11 ("lydisch dominante") eher bei wirklichen #11-Akkorden einsetzen, weil sonst die #11 ziemlich unmotiviert auftaucht. Die alterierte Skala kann man an sich bei jeder Dominante einsetzen, nur ist es wohl bei einer so traditionellen Nummer wie All Of Me ein bisschen die Faust aufs Auge (das gilt natürlich nur dann, wenn man eine halbwegs authentische Version spielen will. Das schöne am Jazz ist ja, dass man mit den Sachen viel machen kann. All Of Me könnte man z.B. auch Up-Tempo und ultramodern reharmonisiert spielen. Da wäre dann die alterierte Skala schon fast zu konservativ). Ich benutze eigentlich so gut wie nie die alterierte Skala, sondern stattdessen sehr gerne Mixolydisch b9/#9/b13. Die enthält auch viele Alterationen, aber auch alle Akkordtöne eines Dominantsept-Akkords. Das ist aber dann wirklich schon reine Geschmacksfrage.

Mit Pentatoniken habe ich mich persönlich irgendwie nie so recht anfreunden können. Sie sind natürlich sehr bequem zu benutzen, weil man relativ wenig falsch machen kann (und man kann auch super Quarten-Voicings damit bilden). Nur enthalten Pentatoniken sehr oft gerade die für eine Skala charakteristischen und damit sowohl kritischsten als auch interessantesten Töne nicht. Aber vielleicht liegt's auch daran, dass ich von der klassischen Musik komme und für mich C-Dur einfach C-Dur ist;)
 
@cordesavide

Deine Einspielung gefällt mir gut. Ist son bißchen Bill Evans mäßig.:)

Was für ein Instrumnet hast Du aufgenommen? Flügel, Digipiano, VST?
Würde mich interessieren.

Gruß
Stefan
 
stoennes schrieb:
Deine Einspielung gefällt mir gut. Ist son bißchen Bill Evans mäßig.:)

Freut mich, dass du das findest. Bill Evans ist für mich tatsächlich ein ganz großes stilistisches Vorbild. Nur muss ich halt noch VIELE Knödel essen um da irgendwie in die Nähe zu kommen:)

stoennes schrieb:
Was für ein Instrumnet hast Du aufgenommen? Flügel, Digipiano, VST?
Würde mich interessieren.

Interessant dass du das fragst. Ich hab nämlich schon in Erwägung gezogen, ein kleines Quiz zu veranstalten und Forumsmitglieder raten zu lassen, was das ist.

Das ist nämlich mein ca. 12 Jahre altes Technics PX73 Digitalpiano. Dafür ist der Sound garnicht mal schlecht oder?;)
 
Hi cordesavide,
habe gestern abend mal in Deine Analyse hineingeschaut. Also, auch ich sehe, daß das Stück hauptsächlich von V-I Srrüngen dominiert wird, verbunden durch eine typische Kadenz. Soweit erscheint mir "All of me" harmonisch nicht uneinleuchtend. So ganz verstanden habe ich allerdings nicht die Wahl Deiner Skalen (ist das nicht das, was wir früher Kirchentonarten nannten? :D). Als Beispiel: beim E7 schlägst Du mixolydisch vor, also zunächst die Töne von e-e mit drei Kreuzen, weil wir uns ja im Moment in A-Dur befinden. Aber Du wählst anstelle des normalen mixolydisch lieber Mixolydisch b9/#9/b13 (also e f g gis a h c d e). Gibt es dafür einen anderen Grund als persönlichen Geschmack? Ich frage, weil ich gerade die Tonfolge g,gis ,a irgendwie merkwürdig finde.
Also folgende Fragen:
1. warum ausgerechnet Mixolydisch? und
2. warum Mixolydisch b9/#9/b13 ?
ist das einfach eine gängige Variante oder gibt es da eine musiktheoretische Begründugn, die ich jetzt nicht sehe?

Noch ne Frage an all Euch Improvisateure, die hier beigesteuert haben. Seht Ihr im Moment der Improvisation diese musiktheoretischen Dinge vor Euren Augen ablaufen, oder ist das eher die Analyse im Nachhinein. Auch würde mich interessieren, ob Ihr das spontan so improvisieren könnt, oder ob Ihr auch erstmal ein wenig rumprobiert.
Habe mich auch mal hingesetzt, und festgestellt, daß erstmal nix lief, daß es nach ein wenig Herumprobieren aber auch bei mir recht gut klang, allerdings agiere ich nur aus dem Gefühl heraus (bin mir also durchaus nicht darüber im Klaren, welche Skalen ich da gerade zu welchen Harmonien benutze, is bei mir alles Erfahrung, was etwas wie klingen muß). Konnte leider noch nix aufnehmen, da mein computer mich noch immer nicht läßt, aber ich arbeite dran und stehe bzgl. dieses Problems ja auch in engem Kontakt mit entsprechenden Fachleuten aus dem Forum ;)
Greetings,
Wolf
 
cordesavide schrieb:
Das ist nämlich mein ca. 12 Jahre altes Technics PX73 Digitalpiano. Dafür ist der Sound garnicht mal schlecht oder?;)

Alle Achtung, das hätte ich nicht gedacht. 12 Jahre alt! Das braucht sich nicht hinter aktuellen Modellen zu verstecken.
 
Hi cordesavide!

Die größten Möglichkeiten sowohl bei Tensions als auch bei Skalen bieten ja Dominantseptakkorde. Nur würde ich mixolydisch #11 ("lydisch dominante") eher bei wirklichen #11-Akkorden einsetzen, weil sonst die #11 ziemlich unmotiviert auftaucht. Die alterierte Skala kann man an sich bei jeder Dominante einsetzen, nur ist es wohl bei einer so traditionellen Nummer wie All Of Me ein bisschen die Faust aufs Auge (das gilt natürlich nur dann, wenn man eine halbwegs authentische Version spielen will. Das schöne am Jazz ist ja, dass man mit den Sachen viel machen kann. All Of Me könnte man z.B. auch Up-Tempo und ultramodern reharmonisiert spielen. Da wäre dann die alterierte Skala schon fast zu konservativ). Ich benutze eigentlich so gut wie nie die alterierte Skala, sondern stattdessen sehr gerne Mixolydisch b9/#9/b13. Die enthält auch viele Alterationen, aber auch alle Akkordtöne eines Dominantsept-Akkords. Das ist aber dann wirklich schon reine Geschmacksfrage.
Sehe ich auch so. Dominantseptakkorde sind diejenigen Akkorde, auf denen man die meisten Möglichkeiten hat. Letztendlich ist es vor allem eine Stil- und Geschmacksfrage. Ich liebe einfach die Modi von melodisch moll, dazu zählen ja die alterierte Skala und mixolydisch #11, wegen ihres irgendwie impressionistischen, mysteriösen Klangs. :) Allerdings bin ich auch eher der Freund von modernem Jazz - die ganz alten Schinken spiel ich gerne leicht reharmonisiert und schräg. :D

Mit Pentatoniken habe ich mich persönlich irgendwie nie so recht anfreunden können. Sie sind natürlich sehr bequem zu benutzen, weil man relativ wenig falsch machen kann (und man kann auch super Quarten-Voicings damit bilden). Nur enthalten Pentatoniken sehr oft gerade die für eine Skala charakteristischen und damit sowohl kritischsten als auch interessantesten Töne nicht. Aber vielleicht liegt's auch daran, dass ich von der klassischen Musik komme und für mich C-Dur einfach C-Dur ist
Die Verwendung von einigen Pentatoniken fußt auf dem, was Bach schon vor vierhundert Jahren gesagt hat: Haltet möglichst den Grundton und die Terz aus der Melodie raus! Die Improvisation sollte sich vorwiegend auf die sog. Optionstöne beschränken. Pentatonik bedeutet daher nicht, daß man einfach die Bluestonleiter rauf und runter nudelt, denn das ist eigentlich die größte Todsünde überhaupt, die man in der Jazz-Impro machen kann (und Neuanfängern wird diese als erstes beigracht... :rolleyes: ). Natürlich kann man auch die restlichen Töne der Skalen mit hereinnehmen, aber man sollte dabei schon wissen, was man spielt. z.B. sollte man nicht auf dem Grundton einen Melodiebogen anfangen oder beenden, das kommt eher brav und langweilig. Die von mir genannten Pentatoniken sind schließlich nur Standard-Möglichkeiten, die immer passen - natürlich kann man noch andere Sachen drauf spielen, um es abwechslungreicher und interessanter zu machen. Außerdem gibt es im Reich der Pentatoniken auch noch viel mehr als das (z.B. moll-6-Pentatoniken - auf G alt kann man z.B. Ab, H, Cb, Db, F spielen, hat Coltrane gerne gemacht, erzeugt einen leicht sakralen Klang :)).

@pille:
1. warum ausgerechnet Mixolydisch?
Mixolydisch enthält die Dur-Terz und die kleine Septime, die Definitionstöne für einen Dominantseptakkord.
2. warum Mixolydisch b9/#9/b13 ?
Die normale mixolydische Skala leitet nur in einen dur-Akkord über. Für V-I-Verbindungen in moll hingegen braucht man in der Regel die b13, denn diese entspricht der moll-Terz auf der I. Stufe. Die b9 hat unter anderem geschichtliche Gründe, da es in natürlich moll keinen Dominantseptakkord auf der 5. Stufe gibt und man als Lösung statt dessen das diatonische System von harmonisch moll verwendet hat.
 
pille schrieb:
Noch ne Frage an all Euch Improvisateure, die hier beigesteuert haben. Seht Ihr im Moment der Improvisation diese musiktheoretischen Dinge vor Euren Augen ablaufen, oder ist das eher die Analyse im Nachhinein.
Das ist die Analyse im Nachhinein bzw. auch vorher. Beim Spielen selbst denk ich da nicht drüber nach. Ich hab nur den Akkord dastehen, und weiß wie einzelne Töne dazu klingen und welche Wirkung das erzielt. Dazu kommen dann noch Stimmung und in der Band der Einfluss der Mitmusiker, und ich versuch dann, das alles auf die Tasten zu bringen (klappt mal mehr, mal weniger). Weil in erster Linie mach ich Musik der Musik wegen und nicht der Theorie. ;)

pille schrieb:
Auch würde mich interessieren, ob Ihr das spontan so improvisieren könnt, oder ob Ihr auch erstmal ein wenig rumprobiert.
Also bei einem neuen Stück - in dem Fall war das für mich neu, als ichs in dem anderen Thread vorgeschlagen habe, hatte ich grad erst damit angefangen - muss ich natürlich probieren, was so dazupasst und was überhaupt so machbar ist. Wie stefan64 im anderen Thread gemeint hat, was zuhause nicht klappt, klappt auf der Bühne auch nicht. Nur das die Bühne hier die Aufnahme war. Das heißt ja nicht, dass man jetzt jedesmal das selbe Solo spielt, aber man behält vielleicht bestimmte Phrasen bei, die dann als Stütze dienen, das Gefühl fürs Stück ist da, einfach eine Grundlage, auf der man ein Solo überhaupt aufbauen kann.

Vielleicht spiele ich später mal ganz andere Skalen über das Stück, wenn ich mich länger damit befasst habe, neue Einflüsse dazugewonnen habe (von hier? ;) ), usw. Eine Improvisation ist zwar spontan, aber ohne Vorarbeit wirds nicht funktionieren.

lucjesuistonpere schrieb:
Pentatonik bedeutet daher nicht, daß man einfach die Bluestonleiter rauf und runter nudelt, denn das ist eigentlich die größte Todsünde überhaupt, die man in der Jazz-Impro machen kann (und Neuanfängern wird diese als erstes beigracht... :rolleyes: ).
Den Ausdruck "Todsünde" im Zusammenhang mit irgendetwas Gespieltem kann ich überhaupt nicht leiden. Und warum soll man nicht mit der Pentatonik anfangen? Lieber erstmal sparsam zu Werke gehen, ausbauen kann man später immer noch. Der Gitarrist, mit dem ich die letzten zwei Jahre erst sporadisch und dann in der Jazzband zusammen gespielt habe, hat immer gesagt: Spiel lieber nur einen Ton, aber den dafür richtig! Und er (sehr erfahrener Mann übrigens) hat recht gehabt. Erst wenn man kleines Tonmaterial über ein Stück erfolgreich verwaltet, kann man anfangen, größere Tonumfänge zu spielen. Das ist das selbe wie der Miles-Davis-Satz (war doch der?) übers inside-outside. Schließlich gehts unterm Strich immer noch ums Musik machen. Und die kannst du mit drei richtigen Tönen durchaus machen, mit 3 richtigen und 3 falschen ("unpassenden") wirds Mist.
 
Den Ausdruck "Todsünde" im Zusammenhang mit irgendetwas Gespieltem kann ich überhaupt nicht leiden. Und warum soll man nicht mit der Pentatonik anfangen? Lieber erstmal sparsam zu Werke gehen, ausbauen kann man später immer noch. Der Gitarrist, mit dem ich die letzten zwei Jahre erst sporadisch und dann in der Jazzband zusammen gespielt habe, hat immer gesagt: Spiel lieber nur einen Ton, aber den dafür richtig! Und er (sehr erfahrener Mann übrigens) hat recht gehabt. Erst wenn man kleines Tonmaterial über ein Stück erfolgreich verwaltet, kann man anfangen, größere Tonumfänge zu spielen. Das ist das selbe wie der Miles-Davis-Satz (war doch der?) übers inside-outside. Schließlich gehts unterm Strich immer noch ums Musik machen. Und die kannst du mit drei richtigen Tönen durchaus machen, mit 3 richtigen und 3 falschen ("unpassenden") wirds Mist.

Hey Jay, immer mit der Ruhe, soll doch kein Angriff sein...
Ich bin doch genau deiner Meinung. Weniger ist oft mehr, das haben auch die Vorreiter des Modaljazz begriffen. Nur: die Blues-Tonleiter ist für Nicht-Bluesstücke so ziemlich das unjazzigste wo gibt. Daher würde ich grundsätzlich empfehlen, auf m7-Akkorden entweder eine Mollpentatonik auf der 2. Stufe oder auf der 5. Stufe zu spielen, aber keine Bluestonleiter. Das ist eigentlich genau so einfach zu beherrschen, aber hat den Vorteil, daß es nicht automatisch langweilig klingt.
 

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