Ich finde, dass man ohne Grundlage eigentlich nicht wirklich gut diskutieren
kann. Um zu bestimmen, was gute Musik ist, sollte jeder doch erstmal klarstellen, was gute Musik überhaupt erfüllen muss, d.h. was Musik überhaupt bezwecken muss, um gut zu sein.
Meiner Meinung nach ist das nämlich variabel, da es stark von der Motivation abhängt, Musik zu rezipieren. Es ist ein Unterschied, ob man Musik hört, wenn man sie als Kunst betrachtet oder z.B. als Konsumgut oder wenn sie andere Funktionen (wie z.B. dramaturgische) erfüllen soll. Jemand der Musik als Kunst hören möchte, der möchte durch Musik an etwas neuem herangeführt werden, jemand der Musik hört, um sich zu entspannen, dem stört das "Neue", was bei dem einen positiv wäre. Von daher finde ich, kann man Musik nur unter solchen Gesichtspunkten beurteilen, da schlägt jede "Schablone" fehl. Musik hat auch erwiesenermaßen eine andere Wirkung (auch rein wissenschaftlich betrachtet), wenn man eine unterschiedliche Einstellung zu ihr hat. Dazu zitiere ich mich nochmal selbst (aus einem anderen Thread hier im Forum):
Musik wird in verschiedenen Teilen des Hirns verarbeitet. Die drei wichtigsten sind der Hirnstamm, das limbische System als Zwischenhirn und die Cortex und Neocortex als Großhirn. Sie sind eigenständige Wahrnehmungs- und Handlungssysteme. Je nach Dominanz eines dieser Systeme (was man auch automatisch beeinflusst, indem man bpsw mit Vorurteilen Musik hört) kann sich ein Mensch höchst unterschiedlich verhalten. Den drei Hirnebenen lassen sich auch bewusstseinsmässige Grundtypen zuordnen: vegetativ/körperlich; animalisch/seelisch und pflanzlich/geistig. Der Hirnstamm steuert kurz gesagt die lebensnotwendigen und simpelsten Instinkte (Hunger etc), das Unterbewusstsein.
Das Zwischenhirn mit dem limbischen System, Thalamus und dem (zum teil noch zum Stammhirn gehörenden) Hypothalamus beherbergt differenziertere Gefühle (wie Stolz, Schmerz, Angst, Wut, Kummer, Zuneigung...). Dies alles sind noch keine bewussten und individuelle Eigenschaften eines Subjekts, sondern ein urzeitliches Kollektiv: Die Emotionen im Zwischenhirn sind archaische Muster, Stimmungen, Antriebe und Instinkte. Das Zwischenhirn hat mehrere Unterstrukturen: Der Thalamus ist eine hochentwickelte Struktur, durch die alle Sinneserfahrungen zum Großhirn (zur bewussten Verarbeitung) hindurchgeschleust werden. Darunter liegt der Hypothalamus, der die Gefühle im Detail steuert und wo auch das "Lust-Zentrum" zu finden ist. Eng beim Hypothalamus liegt die Hypophyse, eine Drüse, die - vom Hypothalamus kontrolliert - die Hormonsysteme im Körper reguliert. Hormone sind chemische Botschaften, die das Gehirn zur Steuerung von Körperorganen aussendet. Musikhören hat viel mit solcher Hormonveränderung zu tun (ein wichtiges Argument für diese Erklärung).
Die Cortex ist ganz kurz gefasst für das kritische Denken und das Ich-Bewusstsein sowie alle Funktionsspezialisierungen zuständig. Die Stimmungen und Gefühle des Zwischenhirns beeinflussen wie ein stets vorgeschobener Filter alle Leistungen des Großhirns. Deshalb vermag Musik - die unter Umgehung der Hirnrinde primär mit den tieferen Zentren des Hirns verschaltet ist - die Wahrnehmung so intensiv einzufärben. Nebenbei: Tiefe Töne greifen leichter ins Unterbewusstsein, besonders wenn die Cortex von hohen tönen "abgelenkt" ist. Deswegen ist es auch schlauer, eine hohe Frauenstimme als Ausruf am Bahnhof oder anderen Warnungen einzusetzen.
Wenn man also Musik rezipiert - unvoreingenommen - dann tut man das meistens, um bestimmte Stimmungen durch Hormonschübe zu produzieren.
Das bedeutet, wenn man schon mit einer bestimmten Einstellung an Musik herantritt und die Verteilung der Aufmerksamkeit an verschiedenen Aspekten in der Musik (bspw dass man auf den Bass anstelle der Melodie achtet) damit beeinflusst, dann wird die Musik auch vom Körper verschieden aufgenommen und verarbeitet. Somit ist Musik schonmal nicht für jeden gleich, noch nichtmal für einen selbst gleichbleibend. Es ist jedoch aber im gewissen Maße so wie es Möchtegernbach geschrieben hat. Und zwar haben wir ein bestimmtes Hörverhalten inne. Die "Reinheit" der Quinte und andere Sachen sind auf ein Jahrhunderte langes Hörverhalten und auch natürlich physikalische Aspekte zurückzuführen. Wer so ein Schwingungsverhältnis schonmal gesehen hat, der kann sich denken, dass annähernd deckungsgleiche Verhältnisse und die Präferenz im Hörverhalten dieser wahrscheinlich kein Zufall sind. Jeder Körper klingt. Jede Materie schwingt, auch wenn es so gering ist, dass nicht hörbar und auch schwer (aber nicht garnicht) nachzuweisen ist. Wenn man bspw eine bestimmte Frequenz auf einen Sandboden schallen lässt, dann bewegen sich die Sandkörner zu einem bestimmten Muster, welches man oft auch in der Natur wiederfindet. Eine Frequenz z.B. ähnelt dem Muster vom Panzer einer Schildkröte. Und tatsächlich ist es auch die gleiche, mit der dieser Körper schwingt. Was ich damit sagen will ist, dass es meiner Meinung nach schon Richtwerte gibt, trotzdem hat die Menscheit eine so lange Hörtradition, die sich darauf aufbaut... Und nicht jeder hat alle Schritte davon nachvollzogen, bei manchen ist die eine Entwicklung weniger stark ausgeprägt als die andere (oder hat vllt eine ganz andere nachvollzogen) und was da sonst noch so möglich ist. Deshalb ist Kunst mMn auch so subjektiv. Trotzdem kann man eine gewisse Wirkung, die durch die Schwingungen begründet ist, nicht ignorieren. Auch wenn kunstvolle Musik einen vllt in seiner persönlichen Entwicklung hilft, sind es nicht grade Streicheleinheiten, die Schwingungen sind dort oft aufreibend und man kann davon auch schlechte Laune kriegen (zumindest kann ich mich nicht immer auf alles einlassen).
Das Kriterium war hier aber nur, was gute Musik ausmacht. Gute Musik ist für mich deshalb Musik, die eine dieser möglichen Aufgaben auch gut erfüllt und nicht irgendwelche äußerlichen Kriterien entspricht. Denn eine komplexe Harmonik sagt noch lange nicht aus, ob mich das weiterbringt oder nicht. Musik ohne Harmonie (z.B. Trommel o.ä.) kann dies ebenso erfüllen.