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Unser Bassist hatte zwei Höfner Violinbässe, einen aus den 60ern und einen aus den 90ern. Der aus den 60ern klang dumpf und hatte wenig Sustain, ähnlich wie der, der von Paul McCartney auf vielen Aufnahmen zu hören ist. Dagegen hatte der Höfner Violinbass aus den 90ern ein wunderschönes Sustain, die Töne klangen sehr angenehm aus und er hatte einen schönen Anteil an Höhen. ...
Aber Du weisst doch gar nicht, wie McCartneys Bass 1963 tatsächlich geklungen hat?
Sondern nur, wie er ihn damals gespielt hat und wie er (unter den von mir als Einflussfaktor genennten Bedingungen) aufgenommen wurde.
Er spielt einen der alten Bässe "heute" immer noch oder wieder- ich kann an dem Sound all das erkennen, was Du am 90er Violinbass Deines Bandmates mochtest.
Sprich, ich schätze mal der alte Violinbass Deines Kumpels war schlicht technisch nicht in Ordnung
(Tipp: über die Jahre abgeflachter Halswinkel, dadurch zu wenig Anpressdruck der Saiten auf dem Steg, ein gängiges Problem dieser Bässe).
Zudem könnten die Saiten nach ?? Jahren auch einfach tot gewesen sein.
Ich durfte vor ein paar Monaten mal einen 1964er 500/1 mit ordentlichen Saiten spielen - prima Sustain, gute Höhen, ein Träumchen, wenn mensch auf den Charakter steht.
Das sagt aber eigentlich nur, was ich auch schon schrieb:
Bloß weil ein Instrument oder Amp alt ist, muss es nicht zwingend gut klingen.
Ich persönlich finde den Gitarrensound der Beatles vor allem in den crunchigen und angezerrten Passagen zu dünn und da fehlt mir persönlich der Druck.
Wenn Du den Originalsound magst, dann ist das ok. Mir gefällt er "frischer" und "fetter" besser.
Damit sind wir im Bereich der Geschmackssache, über die zu Streiten nicht lohnt.
Ich denke mir:
So haben sie das damals eben aufgenommen.
Manches würde ich auch heute noch so machen, anderes nicht.
Ist aber egal, weil die Musik auch so phantastisch ist.
Ich könnte keinen Gewinn darin erkennen, die Musik heute 1:1 "neu und modern" aufzunehmen und dabei nur die alten Vocals oder gar Fab4-Soundalike-Sänger zu verwenden.
Hier kommst Du endlich auf den Punkt, den ich meinte: in den 50ern und 60ern hat man weder im Radio noch auf Live-Konzerten diesen Sound gehört, der heute als Vintage Sound gehypt wird.
Um es anders - aber etwas überspitzt, damit es klarer wird - zu formulieren: heute will man mit Vintage einen Sound, den es damals für das Publikum gar nicht gegeben hat.
Ist das so?
Kann sein, dass ich mich für solche Gelüste in den falschen Kreisen bewege.
Die Leute, die ich kenne und die in den 1960ern Beatbands im Starclub und Kaiserkeller noch selbst gehört haben, sagten alle:
Die Musik war meisten super, aber der Sound war meistens scheisse.
Meint: Vintage-Livesound oder auch Vintage-Studiosound, wie wir ihn heute vn den Platten kennen, will wohl eher niemand.
Die Meisten, die in meinem Umfeld einen "Vintage-Sound" haben wollen oder pflegen, meinen damit den Sound der Instrumente und Amps, wie mensch sie heute noch hören kann.
Idealerweise natürlich mit zeitgenössischen, also modernen Mitteln ab- bzw. aufgenommen und abgemischt.
Von dem manche heute aber glauben, dass er besser war als das was danach kam, und darum auch mehr wert ist. Mit diesem Glaubensbekenntnis geht bei manchen wiederum die etwas naive logische Konsequenz einher, dass die Hersteller inzwischen verlernt haben, Instrumente mit dem Klangbild von damals zu bauen, und man darum mit einem Original besser bedient ist.
Und das halte ich, wie Du anscheinend auch, für einen Irrtum.
Bei identischer Spezifikation und annähernd äquivalenter Material- und Fertigungsqualität klingt eine moderne Strat, Tele, Les Paul für meine Ohren wie ein altes Original.
Wobei es auch bei den alten Originalen im Detail durchaus eine Bandbreite von Klang gab und gibt - und ja, da waren auch "Möhren" dabei.
... Eine Coverband soll nicht interpretieren, das mögen die meisten Fans gar nicht. Die soll originalgetreu covern. Am besten mit Originalstimme des Sängers. ...
Ich denke, Du solltest feiner unterscheiden.
Coverbands sind alle, die Songs anderer Bands spielen - also die absolute Mehrheit aller Amateur- und viele Top40-Bands (die Beatles waren anfänglich übrigens auch eine Coverband).
Tributebands covern ebenfalls, spezialisieren sich aber oft auf eine Band.
Da können Tonarten, Arrangements, Vocal- und Instrumentensounds aber durchaus anders ausfallen.
Und dann gibt es eben diese Clones-Tributebands, die versuchen, das Original bis aufs I-Tüpfelchen zu kopieren.
Da werden die Fans wohl erwarten, dass alls möglichst originalgetreu ist - wenn auch im modernen Live- oder Studiosound.
Wovon ich im Zusammenhang mit Vintage spreche ist, dass die Aufnahmen aus den 50ern und 60ern im Vergleich zu danach und heute rückständig (im Sinne von nicht mehr zeitgemäß) klingen. Jeder Laie hört das.
Und weil man das definitiv in den Aufnahmen hört (und man live in den 50ern und 60ern nicht mehr mit dabei sein kann), drücke ich meine Verwunderung darüber aus, dass dieser rückständige (nicht mehr zeitgemäße) Sound mit dem Begriff Vintage so attraktiv gemacht werden kann.
Weil Du anscheinend etwas anderes unter Vintagesound verstehst - nämlich den damals verfügbaren Livesound bzw, den Sound der Aufnahmen von damals.
Man kann das durchaus glauben, dass die Instrumente damals besser geklungen haben, als das aufnahmetechnisch heute wahrnehmbar ist. Das ist nicht abwegig und ist auch nachvollziehbar.
Kann ja jede/r ausprobieren, also in ein entsprechendes Geschäft gehen und eine so alte Gitarre, Bass oder Amp spielen.
Klingt definitv anders und meist wesentlich "frischer" als die alten Aufnahmen.
Der eigenen Phantasie vom Besseren sind da aber keine Grenzen nach oben gesetzt, und dem Preis auch nicht. Dass daraus ein Hype entsteht, dazu braucht es dann nur den entsprechenden Mythos.
Damit komm ich zu meiner zentralen Aussage aus
Post #76 zurück: Es kommt nicht darauf an ob Aussagen wahr sind, man muss sie nur oft genug wiederholen, damit sie geglaubt werden.
Bleibt allenfalls die Frage: warum funktioniert das nicht bei allen Menschen?
Viele ziehen wohl auch einfach Genuss daraus, zu wissen, dass es ein altes Original ist, welches "Mojo" hat.
Ok für mich, sollen sie ihre Kohle dafür raushauen.