Meine LP (Gibson Studio Worn Brown) habe ich gestern direkt mal aufgeschraubt und leider gesehen, dass hier so ne Platine verbaut ist. Ich müsste also alles neu verlöten, ist das richtig? Oder gibt es eine einfache Möglichkeit hier was zu überbrücken (macht das Sinn)?
Hi,
die gusseisernen Vintage-Fans werden jetzt natürlich sagen: nee, hat keinen Sinn, alles rauswerfen!! Tatsächlich kannst Du aber auch einfach den Kondensator an einem Bein abknipsen oder rauslöten und einen neuen von oben an die Anschlüsse der Potis löten - sozusagen die Sparversion eines 50s wiring.
Entscheidend fürs 50s wiring ist, dass der Kondensator auf Seiten des Volumepotis nicht am Ausgang hängt, sondern an dessen Eingang, also dort, wo auch der jeweilige PU an sein Volumepoti angeschlossen ist. Wenn Du nun das Tonpoti genau so wie auf den meisten Grafiken (auch der oben geposteten) anschließen willst, müsstest Du tatsächlich die Potis rausschmeißen, weil dann auch die Masseverbindung des Tonpotis von außen in die Mitte verlegt werden müsste. Wenn Du Dir das schenken willst, löte einfach einen passenden Kondensator zwischen die mittleren Anschlüsse von Volume- und zugehörigem Tonpoti, und die Platine kann bleiben, wie sie ist. Durch das Entfernen des alten Keramik-Caps ist die bisherige Verbindung bereits unterbrochen, da muss also nichts mehr gemacht werden.
Falls Du zum Modern Wiring zurückkehren wolltest, wäre das also mit etwas Geschick auch wieder zu machen, die ganze OP wäre also noch reversibel, soweit Du beim Löten nix kaputtmachst.
Die Potis sollten bei diesem Modell schon alle 500 KOhm haben und sind damit grundsätzlich okay, der Kondensator geht natürlich, aber wie viele andere nehme ich schon auch einen Unterschied wahr, wenn man ihn durch einen Folienkondensator (wie zB ein Orange Drop) oder - wenn mans noch authentischer haben will - Paper in Oil (PIO) ersetzt. Solche Kondensatoren sind dann auch groß genug, damit die Beinchen die Potis verbinden können, der alte muss also eh raus, wenn man nicht noch die Beinchen verlängern will. Zusätzliche Lötverbindungen also, das muss nicht sein.
Wenn Du die Potis ausmessen kannst, wäre es aber sinnvoll. Dafür brauchst Du ein simples Multimeter (schon ab 10 € im Baumarkt, sollte man als Gitarrenbastler unbedingt habem und taugt zB auch zum Testen von Gitarre und Mikrophon auf böse Spannungen aus fehlerhaften Hausverkabelungen, Prüfen der Kabel auf Defekte, Masseverbindungen...). Vor dem Messen müsstest Du aber die Stecker der PUs von der Platine lösen, damit Du nicht deren Widerstand misst. Sollten es noch 300 KOhm sein (glaube ich bei Platinen aber nicht), raus mit allem und frisch verkabelt. bEi 500 KOhm kannst Du es erstmal mit der bequemeren Methode probieren.
Wenn ich's richtig verstehe, bleibt der Sound beim runterregeln des Volume (50s Wiring) konstant ohne Höhenverlust, im Gegensatz zum modern wiring, wo er auch die Höhen klaut? Wenn das so ist, brauche ich das 50s Wiring! Den Tone Regler nutze ich nur selten, wenn ich zb. voll auf 10 am Steck PU spiele, ansonsten ist er eig. immer aufgedreht, weil mir der Sound eh schon zu dumpf ist.
Ganz so einfach ist es leider nicht. Es ist schon so, dass deutlich weniger Höhen beim Zurückregeln verloren gehen, aber so deutlich wie bei einem gut gewählten Treble Bleed ist der Effekt auch nicht. Vor allem solltest Du auch den Tonregler einbeziehen. Ist erstmal gegen die Intuition, aber die interessantesten cleaneren Sounds bekommt man beim 50s wiring, indem man den Tonregler in der Basiseinstellung immer leicht zurückdreht (so zwischen 7 und 9, ist auch von den Potis abhängig). Wenn man dann das Volume zurücknimmt, werden die tiefen Mitten stärker als die anderen Frequenzen rausgedreht, was den Sound insgesamt aufklaren lässt. Die Wechselwirkung zwischen Volume und Tone ist nicht einfach linear. Da muss man ein bisschen experimentieren, bis man die beste Einstellung gefunden hat, aber es lohnt sich. Ich empfinde das Resultat als variabler und wohlklingender als bei einem Treble Bleed, der einfach Höhen ab einer gewissen Frequenz am Volumepoti vorbei leitet.
Allerdings muss ich doch noch ein bisschen was loswerden:
Obwohl ich ein großer Fan des 50s Wiring in HB-Gitarren bin, fürchte ich in Deinem Fall, dass das alleine noch nicht zum Ziel führen wird. Das schlimmste Hindernis für einen guten Ton ist nach meiner Erfahrung die Nashville-Bridge, weil sie in Material und Ausführung einfach Müll ist. Zinkdruckguss, sogar die Reiter, dazu miserable Passungen und Toleranzen, sowohl der Gewinde in den Einschlaghülsen, also auch der Einschlaghülsen im Korpus, der Bridge auf den Stehbolzen, der Saitenreiter im Brückenkörper... Wackelt alles wie ein Kuhschwanz und zerstört Attack und Brillanz.
Von daher würde ich dringend anraten, die Bridge samt Einschlaghülsen durch was besseres zu ersetzen (Faber iNserts und -Bridge, ABM Messing-Bridge), evtl. auch das Tailpiece durch eines aus Alu. Wenn Brillanzen gefragt sind, muss die Gitarre die erstmal liefern. Ich hatte schon ein paar Les Pauls in der Kur (einschließlich meiner eigenen Studio und meiner Love Rock), und meine persönliche Erfahrung ist die, dass der Tausch der Hardware am ehesten eine echte
qualitative Verbesserung bringt - mehr noch als die PUs, die ich vorwiegend als geschmackliche Anpassung sehe.
Natürlich können die PUs schon ein Faktor sein, aber dazu müsste man wissen, aus welcher Zeit Deine LP stammt. Die Worn kenne ich sowohl mit Burstbucker Pro aus neueren Jahrgängen also auch früher mit 498T und 490R. Die letzteren klingen deutlich weicher und mittiger, vor allem der BridgeHB hat auch einiges mehr an Output. Für angezerrte und Cleansounds sind die nicht unbedingt die besten Kandidaten. Aber wie gesagt, mit anderer Hardware und 50s wiring können auch die durchaus gut passen.
Ich hätts Dir gerne einfacher gemacht, aber leider gibt es da kein Patentrezept, das immer funktioniert.
Gruß, bagotrix