@defrigge
Du ahnst nicht einmal, in wie vielen Sachen sowohl du, als auch Micha und ich einer Meinung sind, was die Mängel betrifft.
Ich stell dir jetzt mal meine Liste von Mängeln am Fantom G zusammen, und dann sie du, ob wir verschieden, oder gleich denken:
1. Kein EQ für die einzelnen Parts im Live Setup
2. Keine Möglichkeit Effekte zu kopieren, egal ob Insert oder Sendeffekte
3. Keine Solo Funktion im Live Setup mit dem man einen Sound Solo schalten könnte, um ihn feiner zu bearbeiten können
4. Sehr begrenzte Edit Funktion für die Einzelsounds im Live Setup
5. Idiotische 2weg Sendeinstellungen bei Einzelsounds. Diese verhindern, dass dieser Sound im Live Setup überhaupt einen Reverb abbekommt, nur weil ein Idiot den Patch Send FX Parameter auf Null gestellt hat. Er hätte ja stattdessen den Reverb als Sendeffekt im Patch ausschalten können, wenn er einen trockenen Sound gewollt hat.
6. Teilweise sehr oberflächliche Programmierung von Patches. Nicht nur sinnlose Controller Einstellungen (Vibrato per Modulation bei Instrumenten die von Natur aus keinen Vibrato haben) sondern völlig verfehlte Programmierung der Amp Hüllkurve oder der Filterhüllkurve (man höre sich die akustischen Nylon Gitarren mit Slide Effekt an, wie unnatürlich der Slide Sample abklingt. Man höre sich das Banjo Patch an, wo der Filter den ausklingenden Sound überhaupt nicht verdunkelt)
7. Anhäufung von Patches um die Zahl hochzutreiben, wobei man bei einzelnen Instrumentenvarianten überhaupt keinen Unterschied hört
8. 500 permanent eingebrannte Live Setups im Preset Speicher. Dieses hirnlose und idiotische Konzept verfolgt Roland schon seit der XP Serie. Dort noch hirnloser in dem der User nur 32 Speicherplätze hat, aber 64 Preset Performances bekommt. Viel besser wären dann schon 1000 User Speicherplätze, von denen Roland etwa 500 eigenhändig programmiert hätte. Die könnte man dann nachträglich bearbeiten und überschreiben. Wer die originalen von Roland wieder würde haben wollen, könnte diese ja wieder aus dem Betriebssystem einlesen. So macht es Korg schon seit Jahren.
9. Nur ein Insert Effekt pro Patch/Part. Lässt bestimmte Klangkreationen (Leslie+Overdrive, Phaser+Amp, usw.) gar nicht zu. Unentbehrlich um bestimmte Sounds naturgetreu nachzuahmen.
10. Mangelhafte Modulation der Sendeffekte. Es ist nicht möglich z.B. Reverb Time in Realtime durch Controller zu steuern.
11. Fehlender Zahlenblock. Um die Pads als Zahlenblock zu benutzen, muss man diesen ständig aktivieren und wieder deaktivieren. Aber immerhin etwas. Bei den früheren Fantom Modellen fehlt der Zahlenblock vollständig. Das will ich gar nicht mal kommentieren.
12. Teilweise völlig undurchdachte Ergonomie in der Bedienung: um zwischen User und Preset zu schalten, muss man den Cursor auf dem Display auf das Wort User schieben, um dann mit dem Dial auf Preset zu schalten. Dann muss der Cursor wieder zurück auf den Patchnamen, um die Patches auswählen zu können. Aber für optionale Erweiterungskarten war es Roland offensichtlich wert, zwei separate Tasten auf die Oberfläche zu setzen. Um auf die Auswahl zwischen User und Preset zurückzukommen, ich hatte in weniger als 10 Sekunden die folgende Idee: warum können nicht dieselben, schon vorhandenen Tasten "Live" und "Setup" sowohl User als auch Preset anwählen, bzw. zwischen den einem und anderen Speicher schalten? Einmal drücken =User, noch einmal = Preset, wieder drücken = zurück ist der User.
So wie es Roland gelöst hat, würde ich sagen: die sind entweder faul um sich um Ergonomie zu kümmern, oder einfach dumm und inkompetent.
13. Ergonomie, zweiter Teil: Namensgebung auf bescheidene 16 Zeichen im Live Setup begrenzt. Reicht oft kaum um einen Song zu benennen und sich dann noch eine Notiz in absoluter Kurzform hinzu zu schreiben, z.B. Ref1, Cho2, End usw. (z.B. Simply the Best Ref1).
14. Ergonomie, dritter Teil: Namensgebung mit Hilfe der Maus und eingeblendeten Tastatur ist sehr schlampig gelöst. Es werden nicht einmal alle zur Verfügung stehenden Zeichen angezeigt. Die muss man dann durch scrollen oder mit dem Dial eingeben (Interpunktion, spezielle Zeichen, Striche etc.)
15. Ergonomie, vierter Teil: hinsichtlich seiner Größe ist der Display oft suboptimal genutzt. Die Fader werden graphisch in einem Fenster angezeigt, die zugehörenden Parameter die durch die Fader kontrolliert werden, in einem anderen Fenster rechtsseitig. Solche Designfehler dürften nicht einmal einem Studenten im ersten Studienjahr passieren. Da muss man zweimal hinschauen. Ins erste Fenster um zu erfassen, welchen Fader man bewegt hat, und dann ins zweite Fenster schauen, welchen Parameter oder welchen Wert man eingestellt hat. Auf der Bühne eine große Behinderung. Besser: Fader, darunter/darüber der Parameter Name (oder in abgekürzter Form) und der numerische Wert. Auf keinen Fall in einem separaten Fenster. Das Wort wurde hier schon im Forum erwähnt. So etwas macht ein typischer Reißbrett Zeichner, der die Bühne nur aus dem Fernsehen kennt.
16. Ergonomie, fünfter Teil: Die Pads sind zwar anschlagdynamisch, sie sind aber derart hart, dass man auf ihnen sprichwörtlich drauf hauen muss. Den Midiwert 128 erreicht man nie, es sei denn, man verwendet einen Hammer. Endeffekt, also nicht anschlagdynamisch.
17. Ergonomie, sechster Teil: ich bin auch gerne pingelig - was um Himmels Willen sagt einem Benutzer die Abkürzung INC/DEC auf den Tasten unter dem Dial? Muss wirklich jeder so gut Englisch können? Was war gegen +/- einzuwenden? Warum sind zwei grundverschiedene Funktionstasten EXIT und ENTER so nahe beieinander?
18. Ergonomie, siebter Teil: separate Edit Tasten für Patch den es gar nicht als Mode gibt. Es gibt einen Single Mode. Separate Edit Tasten für Song und Sample. Aber nicht für Live Mode. Verwirrend.
19. Sampling, erster Teil: es gibt kein Multisample Format. Somit ist jeglicher Austausch von einzelnen Multisamples mit anderen Usern ausgeschlossen. Fraglich ist auch, ob man seine Samples dann in einen zukünftigen Fantom G Nachfolger wird laden können, oder ob man den ganzen Mist von vorne machen darf.
20. Sampling, zweiter Teil: Der Fantom G erkennt zwar die Loop Points wenn man die Samples aus dem Computer importiert, die Loop Funktion muss man aber immer manuell einschalten. Für jedes einzelne Sample. Wunderlich ist: niemand hat sich bei Roland die Frage gestellt - wenn ein Benutzer ein Sample importiert, dass Informationen zum Loop Start- und Endpunkt hat, was wird er wohl dann wollen? Richtig! Dass das Sample geloopt abgespielt wird.
21.Sampling, dritter Teil: aus kaum verständlichen Gründen benutzt der Fantom G irgendwelche skurile Emphase/Deemphase Funktion für seine Samples. Damit wird der obere Frequenzbereich eines Samples angehoben. Es wird von Roland geraten, dass jedes importierte Sample die Emphase Funkton durchläuft. Bevor man also überhaupt zum Erstellen von Multisamples kommt, muss man in einem Fenster den Loop aktivieren, und dann im anderen die Emphase Funktion anwenden. Toller Zeitvertreib bei mehreren Hundert Samples.
22. Sampling, vierter Teil: Es fehlt die Crossfade Funktion zur Abglättung der Loop Punkte im Sample. Damit wird die Erstellung eines sauberen Loops ohne Clicks unmöglich. Das einzige was man im Fantom G halbwegs vernünftig loopen kann sind teilweise Beats und einfachste Wellenformen.
22. Sampling, fünfter Teil: man kann nur 128 Multisamples auf einmal zur Verfügung haben. Klingt ausreichen auf den ersten Blick, aber wenn man diverse Geräusche, abgesampelte Intros, Soundeffekte für diesen oder jenen Song als Multisample anlegt, dann sind einige Dutzend Speicherplätze schnell verbraucht.
23. Sampling, sechster Teil: katastrophale Verwaltung von Samples. Alle Samples werden auf einen der 2000 vorhandenen Speicherplätze in der Ordnerstruktur gespeichert. Angenommen, man hat ein Multisample aus zehn einzelnen Samples. Diese Samples werden z.B. auf den Plätzen 50-60 gespeichert. Angenommen, man entscheidet Monate später das Multisample auszulöschen. Die Samples muss man separat löschen (Korg fragt mich ob ich auch die dazu gehörenden Samples löschen will). Nun muss man manuell die Samples auf den Speicherplätzen 50-60 löschen. Angenommen, man erstellt sich ein neues Multisample und ladet dafür 35 einzelne Samples. Nun wird der Fantom G diese auf den Plätzen 50-60 speichern, und die restlichen 25 auf weiteren Leerstellen oder auf den nächsten freien Platz. Im Endeffekt hat man dann für dieses Multisamples die Einzelsamples folgendermaßen gespeichert: 50-60, 167-177, 1578-1583. Und wenn man dann vielleicht auch dieses Multisample löschen will, dann darf man die Liste nach den dazu gehörenden Samples manuell absuchen.
24. Nicht vorhandene Datenstruktur. Einzelne Patches, Livesetups, Multisamples können nicht geladen werden. Patches und Live Setups nur mit der Software Library. Da wird einem ein Display der Größe eines Fernsehers spendiert, und dann kann man nicht einmal die einfachsten Datenverwaltungen am Gerät erledigen. Und das trotz einer Maus.
25. Einzelner Oszilator kann nicht auf Mono umgeschaltet werden. Nur der ganze Patch. Damit ist die Programmierung einer Hammond Orgel mit einer monophonen Percussion im Patch nicht möglich.
26. Der Usb Stick muss während das Gerät angeschaltet ist, die ganze Zeit am Gerät stecken. So sagt es die Bedienungsanleitung. Sonst könnten Fehler im Projekt auftreten. Auf einer kleinen Bühne wo es manchmal Gedrängel gibt, hat man seine Angst, dass durch zufälliges Anstossen von anderen Bandmitgliedern oder Bühnentechniker nicht der USB Slot beschädigt wird.
27. Die bis jetzt erschienenen ARX Erweiterungskarten sind zu meiner größten Verwunderung monotimbral. Sie können nur in einem Part verwendet werden. 500 Euro für einen Part. Ich habe die Brass Karte. Die ist 13stimmig polyphon. Ich hätte gerne in einem Live Setup ein Brass Sound aus 4 Instrumenten in einer Tastenzone, und in einer anderen eine Solo Trompete. Geht nicht.
28. Die ARX Erweiterungs Karte verfügt über 50 Speicherplätze. Da es sich in der Regel um ein einziges Instrument (Drums, E Piano) oder wenige (Brass - Trompeten, Saxophone) handelt, scheint es auf den ersten Blick mehr als genug. Das Problem ist aber, dass diese Karten über einen eigenen Effekt Prozessor verfügen. Selbst über eigene Sendeffekte. Und daher muss man für jedes Live Setup, jeden Brass gesondert anpassen, damit sowohl der Reverb, als auch der Reverbanteil halbwegs mit den restlichen Parts im Live Setup übereinstimmt. Was ich davon halte, will ich jetzt auch nicht kommentieren. Dieselbe Trompete wird dann unter Umständen in fünf verschiedenen Live Setups eben fünf mal gesondert - mit verschiedenen Sendeffekt Einstellungen - gespeichert. Und schon sind 10% der Speicherplätze verbraucht. Der ganze Spaß für 500 Euro.
29. Mit einem Update ist es endlich möglich, mit einem Kontroller mehrere Parameter auf mehreren Parts gleichzeitig zu verändern. Das Problem ist nur, dass durch Betätigen dieses Controllers (Schieber oder Poti) alle anderen Parameter auf allen anderen Parts auf denselben Wert springen? Der relative Unterschied zwischen einzelnen Parametern wird nicht beibehalten. Die Veränderung ist also nicht relativ zur Ausgangsposition, sondern absolut.
Einfachstes Beispiel: man hat einen Split aus Hammond und Piano für einen Ballad Song. Das Piano enthält viel Hall, die Orgel nur wenig. Sagen wir mal dass der Reverbanteil beim Piano den Midiwert 100 und die Orgel 10 hat. Wenn man jetzt den Controller betätigt um z.B. dem Piano ein bißchen den Hall wegzunehmen (von 100 auf 80), dann springt sofort der Midiwert der Orgel ebenfalls auf den Wert wie das Piano. Das Piano klingt dann etwas trockener (wie von uns gewünscht), die Hammond Orgel klingt dann hall-gebadet wie ein Alpeninstrument.
30. Die Pads sind nicht frei mit Samples belegbar, sondern müssen nach einer festgelegten Anordnung an die Pads verteilt werden. Dieses muss in einem Sample Set (nicht dasselbe wie Multisample) festgelegt werden.
31. Man kann mit den Pads ganze Akkorde abspielen. Man kann die Akkorde aber nicht pro Live Setup nach Wunsch auf die Pads speichern, sondern man muss zuvor in einer separaten Liste alle gewünschten Akkorde "aufnehmen" und erst dann kann man in seinen Live Setups aus dieser Liste die zuvor gespeicherten Akkorde auswählen. Man kann in dieser Liste 128 Akkorde abspeichern. Eine oberflächliche Rechnung ergibt, dass es da knapp werden kann, wer diese Funktion nutzen will.
32. Der Preis ist hinsichtlich der Mängel dem Instrument kaum angemessen. 500 Euro mehr als etwa die M3 ist eine Frechheit. Die M3 hat keinen dieser Mängel. Im schlimmsten Falle hat sie fast keine Mängel die auf schlampige Programmierung zurückgehen würden.
So. Ich darf mal vorsichtig behaupten, dass ich die Mängel Liste erschöpft habe und dass da kaum etwas neues hinzuzufügen wäre. Lediglich der Sequenzer bleibt noch. Und wenn ich denn benutzen würde wie den Rest, dann käme ich sicher mit Leichtigkeit auf 60 Punkte.
Ich möchte jetzt noch einmal zu einem Schluss kommen und dann glaube ich, habe ich diesem Thema nichts sinnvolles mehr hinzuzufügen.
Man kann sich seine Frust tagtäglich in jedem denkbaren Forum aus der Lunge schreien, dann sich noch mehr ärgern über Typen wie mich, die das eine oder andere relativieren, oder man versucht sich damit abzufinden, dass etwas nun mal nicht perfekt ist. Ich möchte nicht ins philosophische abdriften, aber meine erste Workstation war eine Korg T3 vor fast 20 Jahren. Und wenn ich jetzt zurückblicke, dann kann ich mich beim besten Willen nicht daran erinnern, auch nur einen Mangel mir gemerkt zu haben. Die T3 war sicherlich nicht perfekt, aber nichts negatives ist mir in Erinnerung geblieben obwohl ich das Instrument 5 Jahre lang, jede Woche benutzt habe. Und jetzt erstelle ich eine Liste mit 30 Mängeln für das aktuelle Topmodell von Roland. Und alle diese Mängel habe ich in den ersten 3 Tagen mit dem Instrument kennen gelernt. Egal wie man es nimmt, es gibt mir zu denken. Ich kann mich mit diesen Mängel abfinden, sie in erster Reihe für mich selbst relativieren, damit ich etwas gelassener die positiven Seiten betrachten kann und überhaupt mit dem Instrument meinen Spaß haben kann. Anders geht es nicht. Ich habe überhaupt keinen Ausweg. Bei der M3 war ich schon. Für mich immer noch ein super Gerät, aber eben mit einigen Mankos die mir in meiner jetzigen Musik zu schwerwiegend sind, der Motif kommt auf Grund seines Konzeptes für mich überhaupt nicht in Frage und der Fantom G ist auch nicht das Gelbe vom Ei. Ich habe für mich akzeptiert, dass ich nicht das für mich beste Gerät spiele, sondern das am wenigsten schlechte. In einem halben Jahr bin ich vielleicht in einer ganz anderen Band als jetzt, mit ganz anderen Aufgabenstellungen, und dann brauche ich vielleicht nur Live Setups mit 3 bis 4 Sounds. Dann wird vielleicht auch ein Motif in Frage kommen. Und dann kann ich ebenso frustriert sein über die zwei Oktaven Transponierung oder über die Tatsache das keine meiner 3 Switch Pedale mit dem Motif funktioniert und ich eine neue kaufen muss. Und am Ende wird man alt und wird sich fragen, ob sich dieser ganze Frust gelohnt hat.