Hallo Sarah, die meisten Kompositionstechniken dürften kaum benamt und beschrieben sein und sind quasi private Verschlusssache von Komponisten. Es gibt diverse Techniken und Ideen, die trotzdem bekannt geworden sind. Oft gibt es allerdings überhaupt keine Infos!
Vor allem gibt es kaum Infos dazu, was warum wo und wie und weshalb zusammenklingt, in dieser oder jener Komposition. Das hatte in der Vergangenheit oft solche Auswüchse, das behauptet wurde, das manche Komponisten völlig zufällige Zusammenklänge verwenden würden. Solche Vorwürfe wurden erhoben nach dem Motto: was nicht erforscht und kartographiert ist, existiert nicht!
Bei den meisten Techniken geht es in erster Linie darum, Zusammenhänge zu schaffen, und In zweiter Linie, die Fantasie und den Erfindungsgeist anzuregen. Beim Schachspiel ergibt sich das eigentliche Spiel ja daraus, das Regeln existieren, und das man ein Ziel hat. Dies kann man durchaus auf das Gebiet der Komposition übertragen.
Zwei enorm wichtige Komponisten, die Anfang des 20. Jahrhunderts kompositorisches Neuland betraten, waren Arnold Schönberg und Alexander Skrjabin. Mit diesen beiden sich zu beschäftigen, ist enorm hilfreich. Bekannt sind sie auch durch Kompositionstechniken geworden.
Interessant ist, das bei Schönberg sich die Musik mit allen ihren Melodien und Klängen aus einer horizontalen Anordnung von Tönen als Grundlage ergibt, und bei Skrjabin aus einer vertikalen Anordnung.
Die Technik Schönbergs, die ich hier anspreche, ist die sogenannte Zwölftontechnik. Schönberg begann mit damals üblichen spätromantischen Klängen, kam dann zur "Atonalität", in der er frei und intuitiv komponierte. Aus diesen Erfahrungen heraus begann er sich verschiedene Techniken zu überlegen. Um 1920 war dann die Zwölftontechnik quasi geboren.
Die eigentlich einzige Regel dieser Technik ist, das man eine Tonfolge aus 12 verschiedenen Tönen festlegt, aus der man dann
alle Bestandteile der Komposition schöpft, also auch z.B. die Begleitstimmen. Diese Tonfolge nennt man "Reihe" oder auch "Grundgestalt". Es gibt auch eine ungeschriebene, aber logische Regel: Mit der Reihe kann man zwar alles anstellen was man will, jedoch sollte man diese in der Verwendung nicht derart "zerhacken", das man sich fragen müsste, warum man überhaupt eine Reihe verwendet
"Alles anstellen" bedeutet, das man die Reihe z.B. auf jede beliebige Stufe transponieren, vorwärts oder rückwärts, eine Hälfte für die Melodie und die andere Hälfte für die Begleitung, beliebig viele Formen gleichzeitig als verschiedene Stimmen, Töne gleichzeitig als Akkorde, in Segmente unterteilt (z.B. je 3 Töne), mit Tonwiederholungen versehen, umstellen usw. usf. kann. Man bezieht sich dabei immer auf die ursprünlgich festgelegte Reihenfolge (Grundgestalt).
Es wird ersichtlich, das auch die Zwölftontechnik keinerlei Regeln darüber enthält, was die Harmonik betrifft. Diese ist frei und intuitiv. Man wird schlicht so komponieren, das sich Klänge ergeben, die man gut findet. Allerdings kann man sich zusätzliche Regeln ausdenken. Das ist auch ein bedeutendes Charakteristikum der Zwölftontechnik, nämlich, dass sie sehr variabel ist, da man ja auch immer wieder Regeln hinzuerfinden kann. z.B. hat Wolfgang Fortner Teile einer Reihe genommen, und sie wie Skalen verwendet.
Skrjabin nun geht, wie schon erwähnt, von einer vertikalen Anordnung von Tönen als Grundgestalt aus. Die Töne des Klanges werden bei ihm angeordnet zu Melodie und Begleitung. Auch er hat diese Klang-Grundgestalt als Skala verwendet. Die Technik(en) Skrjabins sind weit besser erforscht als die Schönbergs, deshalb statt weiterer Worte ein Buchtip:
"Die Entwicklung der Harmonik bei Skrjabin" von Peter Sabbagh:
http://www.amazon.de/Die-Entwicklun...=sr_1_6?ie=UTF8&s=books&qid=1278710885&sr=8-6 (findet man auch in Bibliotheken.)
Viele Grüsse,
Algorithmus