Ok, aber viele sagen ja damit eine gute Gitarre gut resonieren muss. Je mehr Vibration trocken, desto besser das Instrument. Kann man das so verallgemeinern? Ich mein der Unterschied war wirklich sehr sehr Krass.
Ich bin da bei ChevChelios, dass eine Gitarre, die trocken gut klingt, am Amp nie enttäuschen wird - mir ist es jedenfalls nicht begegnet. Das heißt aber nicht, dass eine, die trocken sehr leise ist,
nicht gut klingen kann, ja vielleicht sogar besser als die andere.
Der Grundfehler bei den Diskussionen zu diesem Thema ist mMn der, dass oft zwei unterschiedliche Eigenschaften des Holzes durcheinander geworfen werden, nämlich akustisch hörbare Schwingungsqualität und Schwingungslautstärke.
Da ist zum einen die Frage, wie gleichmäßig eine Gitarre über alle Frequenzen schwingt, ob sie viel Sustain hat und ein gutes Attack. Und das andere ist die pure Lautstärke der trocken schwingenden Gitarre. Den Verfechtern der "laut schwingen ist schlecht, denn da wird Energie verschwendet"-Theorie setze ich entgegen: Diese beiden Eigenschaften haben eher wenig miteinander zu tun.
Richtig ist: der PU nimmt nur die Saite ab, deshalb ist es erstmal wurscht, wie laut die Gitarre akustisch ist. Eine Solidbody kann akustisch leise sein, und die Saiten schwingen tierisch gut. Diese Schwingungsqualitäten des Holzes finden sich dann natürlich im elektrischen Ton wieder, denn Saiten, Hardware und Holz bilden immer ein schwingungsmechanisch verkoppeltes System. Der Ton wird halt nur an einer Stelle
abgenommen, eben an der Saite.
Richtig ist aber auch: hat die Gitarre ein gutes Attack/Sustain usw., ist zugleich aber akustisch schon laut, ist es offensichtlich, dass die akustische Lautstärke nicht hinderlich sein muss. Die Theorie von der verschwendeten Energie
kann bei einer solchen Gitarre also nicht stimmen, und eine Gitarre, die trocken schon sehr gut und ausgewogen klingt, wird auch elektrisch nicht enttäuschen.
Das, was man in den Threads meistens als "Resonieren" der Gitarre beschrieben wird, ist dagegen nicht der entscheidende Bestandteil des elektrischen Tons, sondern es ist eine ganz andere Eigenschaft. Sie beschreibt, wie sich der Korpus neben dem Mischwingen mir der Saite zugleich quasi als "Verstärker" betätigt, wie stark er nämlich die Saitenschwingungen selbst wieder an die Luft ankoppelt. Grundsätzlich ist unser Ohr ein wenig auf "lauter=besser" gepolt, wir nehmen das also als angenehm wahr. Es ist natürlich auch so, dass das, was wir da hören, die gleiche Saitenschwingung ist, wie wir sie über den Amp hören, nur eben mechanisch verstärkt statt elektrisch.
Zwei potentielle Denkfehler lauern hier also:
1. Man könnte glauben, nur eine laut schwingende Gitarre kann gut klingen. Ist nicht so, denn eine akustisch leise Gitarre wandelt vielleicht einfach nur wenig Holzschwingung in Schall um.
2. Man könnte umgekehrt glauben, bei einer laut schwingenden Gitarre wird die Saitenenergie vom Holz "gefressen". Ist auch nicht zwingend, denn die Lautstärke sagt nichts darüber aus, wie
effektiv die mechanische Umwandlung von Saiten- und Holzschwingung in schwingende Luft - also Schall - bei der konkreten Gitarre ist.
Von daher achte ich beim "trockenen" Anspielen weniger auf die Lautstärke, als auf die Schwingungseigenschaften, wie gesagt nicht ganz einfach, das auseinander zu halten. Ich will mir da mehr ein Bild machen, ob die PUs das auch wiedergeben, was ich da höre. Letztlich sollte nach meiner Überzeugung aber schon der Ton aus dem Amp entscheidend sein, und vor allem das Gefühl, dass die Gitarre Dir entgegenkommt, "Dich spielt" statt nur umgekehrt. Aber Achtung: Beim Antesten müssen die Bedingungen auch stimmen. Insbesondere solltest Du vor der letzte Entscheidung auf die schwächere Gitarre neue Saiten aufziehen lassen, vielleicht sind die nur abgespielt.
Gruß, bagotrix