Wie... du hast 1000 Anläufe für diese kleine Strophe gebraucht?? Erzähl mal, was ist da jedesmal passiert, warum musstest du abbrechen und neu ansetzen?
Nein, eine Freude für deine Gesangslehrerin bist du wahrscheinlich nicht. Ich kann dir das mal aus meiner Sicht verdeutlichen: Es ist extrem anstrengend mit Leuten zu arbeiten, die es mit der Selbstkritik übertreiben. Oft handelt es sich dabei zudem um Menschen, die meinen, alles hinterfragen zu müssen, die es dann nach längeren Erklärungen aber doch nicht wirklich überzeugt mal umzusetzen versuchen. Oft stecken Hemmungen dahinter. Und die gepaart mit einem riesigen überzogenen Selbstanspruch an "Perfektion". Das beisst sich. Oder es sind SchülerInnen, die meinen, ihr Talent müsste sie dazu befähigen, alles sofort perfekt zu machen. Wenn das dann nicht klappt sind sie frustriert und weigern sich, sich wirklich intensiv einzulassen ("Nein, das kann ich nicht"). Ich hatte SchülerInnen, die nach jeder Übung den Selbstkritikmechanismus draufgesetzt habe. Also immer ein Stirnrunzeln und Kopfschütteln nach jeder verdammten einzelnen Übung, oder sogar ein "Nein, das klappt schon wieder nicht". Das ist furchtbar, nicht nur für die Schülerin, sondern auch für mich, die ich es die ganze Zeit beobachten muss und die ich immer wieder sagen muss, daß sich Verbesserungen eben nur durch wohlwollende Hingabe einstellen.
Es ist als ob sich solche Menschen immer wieder uns das systematisch ein Bein stellen und dann jammern weil das hinfallen so wehtut.
Ich kann dir nur raten, es anders zu versuchen: Vertrau deiner Lehrerin, denn SIE ist dafür da dich zu kritisieren oder zu loben. Mach das selber gar nicht mehr, gib mal die Verantwortung dafür ab. Wenn deine Lehrerin ein wenig Erfahrung hat wird sie wissen, wie deine Fortschritte zu bewerten sind. Dafür ist man im Unterricht!!! Deine Lehrerin wird dich an dir selber messen, nicht an einem irgendwie gearteteten übergeordneten und doch einigermaßen diffusen Ideal. Jedenfalls solange, wie du nicht versuchst, das Singen zum Beruf zu machen.
Die besten Schülerinnen, die die besten Fortschritte machen sind übrigens oftmals nicht die mit dem tollsten Talent und schon gar nicht die mit der tollsten Selbstkritik. Es sind diejenigen, die sich wirklich so auf den Unterricht einlassen, daß sie versuchen, das was man als Lehrerin sagt umzusetzen. Das bedeutet nicht, daß solche SchülerInnen keine Fragen stellen. Sie stellen auch Fragen, aber sie versuchen nicht mit ihren Fragen Kontrolle auszuüben, sondern es geht dabei um Verständnis. Kontrolle ist wenn du dich fragst, ob das was deine Lehrerin will überhaupt gut und richtig ist und du versuchst, das selber zu beantworten durch ganz viele vertrackte Fragen. Manche versuchen auch durch viele Fragen davon abzulenken, daß sie eine Übung peinlich finden. (Hemmungen).