Technik ist Mittel zum Zweck. Im besten Fall ist sie so weit verinnerlicht, dass sie automatisch anspringt, um das entsprechende Gefühl ausdrücken zu können.
Genau! Wobei das aber keine Einbahnstrasse ist, die solide Technik ermöglicht es dem Sänger seine Gefühle auf "klassische Art" auszudrücken, das richtige Gefühl wiederum ist aber auch ausserordentlich hilfreich für eine gute Technik!
Viele Künstler brillieren gerne mit komplizierten technischen Finessen und vergessen darüber gerne, dass das Stück ja noch einen Ausdruck hätte. Das scheint in der Klassik leider weit verbreitet zu sein.
Wobei ich schon denke, dass die wirklich guten klassischen Sänger auch bezüglich Ausdruck so einiges drauf haben
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Sicher gibts auch Ausnahmen, aber
nur mit perfekter Technik bringt man es heute auch in der Klassik nicht mehr wirklich weit.
Ich persönlich sehe das mit Technik versus Ausdruck beim klassischen Singen in etwa so:
Als Anfänger muss man sich erst mal intensiv mit Technik befassen, muss sich ein "Grundkönnen" an richtiger Technik aneignen. Tut man das nicht und singt nur frisch-fröhlich emotional drauf los, wird man nie eine "schöne Stimme" im rein klassischen Sinn erhalten. Und nicht nur das: wenn man ohne die richtige Technik mit voller Emotion singt, kann das sehr unschöne sprich ungesunde(!) Auswirkungen auf die Stimme haben

Sobald man die technischen Basics mehr oder weniger beherrscht, sollte man sobald als möglich gleichzeitig mit der Technik auch am Ausdruck arbeiten und zwar nicht nur in der Literatur, sondern auch in Übungen und Vokalisen. Alles mit der richtigen Emotion zu singen fördert den technischen Ausbau der Stimme ganz enorm!!
Wann der richtige Zeitpunkt für den vermehrten Einbezug der Emotion ist, hängt vom Schüler ab und braucht einen sensiblen GL der das erkennt. Grundsätzlich aber wohl immer so schnell wie nur irgend möglich.
Und später, im fortgeschritteneren Stadium sollten Technik und Ausdruck ohnehin nie mehr wirklich getrennt werden.