Hach, damit hatte ich gerechnet.
Nicht böse sein, ich weiß, dass es in einem Forum immer schwerer ist, weil man ja nicht alles über das Individuum am anderen Bildschirm weiß und wissen kann. Da müssen auch standardisierte Antworten kommen, aber ich glaube, hier bildet man sich teilweise ein Urteil über mich, das eher aus persönlichen Einschätzungen bzw. Vorstellungen gebildet wird.
Man weiß nicht alles über jeden User, also füllt man die Lücken mit Vorstellungsdenken - und tappt dabei zwangsläufig zuweilen in Klischees, geht mir ja auch so.
Hier im Forum zum Beispiel wollen mich offenbar momentan viele als Theoretiker ansehen bzw. darstellen, der viel schreibt und wenig übt, warum auch immer. Na gut, dann Folgendes, Zeile für Zeile:
Dass klassischer Gesangsunterricht in Sachen Musiktheorie besser sein soll, wurde ja schon mehrfach widersprochen
Wie gesagt, es kommt drauf an, WAS für Musiktheorie. Grundsätze der Harmonielehre (Akkordbildung, Mehrstimmigkeit etc.) gelten in Klassik und Contemporary, darum geht's auch nicht, das haben wir schon in der Schule gelernt. Aber wenn man auf Tonsatzregeln o. ä. guckt, sind z. B. bei Jazz-Bläsersätzen oft sture Parallelbewegungen angesagt, während bei klassischen Chorälen immer eher die Gegenbewegung als Ideal angestrebt wird und bestimmte Dinge eben sogar streng verboten sind.
Ein Contemporary-Lehrer, der ursprünglich aus der Klassik kommt, weiß das sicherlich auch noch und kann es einem auch erklären, aber er steckt garantiert nicht mehr so tief darin, wenn er es in seinem täglichen Leben eben nicht mehr so oft anwenden musste wie ein Klassiklehrer, der sich dann eben auch in der klassischen Literatur auskennt und dir spontan 5 Beispiele zur Demonstration vorführt.
Und wie gesagt, ich finde es zwar auch ungerecht, aber mit einer reinen Klassik-Ausrichtung käme man an den meisten Musikhochschulen durch, zumindest für die Aufnahme. Mit einer reinen Jazz/Pop-Ausrichtung aber nie.
Eigentlich macht man es so, dass man zum Gesangsunterricht geht, weil man was Praktisches lernen will und zwar das was man auch wirklich praktisch tun will.
Wenn's allein nach dem ginge, was ich für meine Musik als Hobby WILL, würde ich natürlich zu einem Contemporary-Lehrer gehen.
Leider muss man als Gerade-Abiturient auch irgendwo seine berufliche Zukunft im Blick haben: Musikhochschulen stellen nun einmal gewisse Anforderungen, gerade auch bei der Theorie, und mit einem Musikstudium auf Lehramt sind die durchschnittlichen Erfolgschancen immer noch höher als als sog. "freischaffender Künstler."
Zum Erfolg im viel beschworenen "Musikbiz" gehören ja nun leider nicht nur eingängige Songs und eine saubere technische Umsetzung dieser, sondern auch eine gehörige Portion Glück (ob man von einem Label "entdeckt wird", dann die Frage, ob der Musikstil, den man spielt, in deren Augen zeitgemäß ist etc.)
Und ein Lehrer, der mir einerseits was im Gesang, andererseits aber auch was am Klavier und in der Musiktheorie vermitteln kann, scheint mir demnach nach wie vor am passendsten.
Wer Musiktheorie lieber praktisch begreifen will, sollte mMn lieber Klavier oder vielleicht Gitarre lernen
Tu ich beides schon längst (und ernsthaft so seit 2008). Mein GL ist halt auch Pianist und eben auch Klavierlehrer, und viele der musiktheoretischen Dinge erklärt er mir dann auch praktisch am Klavier (und wenn's die ganz banalen Dinge sind wie Generalbass oder Choräle spielen, dabei keine Quint- und Oktavparallelen machen etc.). Gerade deshalb finde ich ja die praktische Anbindung der ganzen Theorie so wichtig. Zumal eben beim Musikstudium (etwas unfairerweise) JEDER singen und klavierspielen können muss, aber die Pianisten brauchen mittlerweile meist kein zweites Instrument mehr.
mir gute Literatur zur Musiktheorie besorgen und Seminare/Fortbildungen dazu besuchen
Ich habe mir natürlich schon vor langer Zeit auf den Rat meines GLs zur
Musiktheorie das Buch "Allgemeine Musiklehre" von Wieland Ziegenrücker zugelegt und konnte mir damit vieles auch einfach im Selbststudium anlesen, genau, wie du es auch gesagt hast. Aber damit man es auch richtig VERSTEHT und nicht nur mal gelesen hat, braucht's eben doch manchmal einen Lehrer, der einem zeigt, wie man das anwendet und warum gewisse Regeln existierten etc.
Sonst könnte man sich ja auch den Geschichtsunterricht in der Schule sparen, das kann man sich ja genauso alles selbst anlesen.
(Witzigerweise sah unser Geschi-Unterricht tatsächlich größtenteils so aus, aber egal.)
Vorbereitungskurse und Seminare gibt's an den Musikhochschulen natürlich auch, und da gehe ich auch hin. Leider haben die sich bisher meist als Crash-Kurse herausgestellt, die einige Dinge nur sehr schnell erklären (immerhin gewöhnt einen das schonmal ans Studien-Tempo), und dabei entweder oberflächlich sind, ober aber gleich so tief in ein bestimmtes Detail gehen, dass man es als Noch-Nicht-Student nicht versteht. Also braucht man doch wieder einen individuellen Lehrer, der's einem dann nochmal vernünftig und grundlegend beibringen kann.
Was das Lernen von Technik angeht, bin ich weiterhin dafür auf der Linie des Lehrers zu bleiben.
Bei den Dingen, die er mir zeigt, mache ich das ja auch so. Er hat mir bisher auch immer gesagt, dass ich
das meiste, was er mir zeigt, sehr schnell (meist in der selben Gesangsstunde)
in die Praxis umsetzen kann. Aber neben dem Singen gibt's eben auch noch einige musiktheoriebezogene bzw. klavierbezogene Dinge zu lernen, s. oben.
weil man sich da schwer in die Quere kommen kann und sich ausbremst
Da stimme ich dir grundsätzlich zu, aber bisher tangieren sich diese Bereiche noch nicht großartig: Mit der Randstimme haben wir bei meinem GL bisher noch nicht groß gearbeitet, also kann ich mich da auf TVS stützen. Bei TVS bin ich dafür bisher noch nicht mit hohem Vollstimmengesang in Berührung gekommen - aber dazu werde ich mir jetzt mal die von broeschies verlinkten Videos angucken. Was klanglich-geschmackliche Dinge angeht (heller / dunkler in allen Facetten), halte ich mir im Unterricht natürlich an meinen GL, übernehme das auch teilweise in meine eigene Musik - aber wenn ich es dafür eben unpassend finde, veränder ich's auch mal.
Grundsätzlich ist mein GL zum Glück der Auffassung: "Es darf am Ende, klingen wie du willst. Aber du musst sagen können: 'Es klingt so, WEIL ich das will, und nicht, weil ich's nicht anders kann oder nicht besser weiß.'"
aber schreibst wirklich sehr viel über verschiedene Methoden, aktuell Schwerpunkt TVS, scheinst also viel Zeit und natürlich Geld zum Erwerb der dazugehörigen Literatur/DVDs investiert zu haben
Nein, ich besitze von diesen Methoden nur TVS 2.0 (das "Zen of Screaming" von Melissa Cross zähle ich jetzt nicht wirklich dazu, das gehört ja nicht zu dieser Reihe superteurer Programme; es vermittelt zwar viele Basics, lässt einen dann aber imho irgendwie im Regen stehen).
Wenn ich mal auf CVT-Begriffe oder ähnliches zurückgreife, dann nur deshalb, weil broeschies sie mir erklärt hat.
wenn man komplett autodidaktisch unterwegs ist
Nun, davon wird hier im Forum doch mindestens ebenso oft abgeraten.
Denn dann ergeben sich zwangsläufig Unklarheiten und Fragen, gerade weil man eben als Autodidakt gezwungen ist, auch mal auf mehrere Methoden parallel zurückzugreifen (ich kenne das alles bereits von der Gitarre, da war es genauso). Und im Endeffekt lautet die Antwort dann immer: "Geh zu einem guten Lehrer, der kann dir das beibringen."
hast noch Zeit andere Sänger so tief ins Klangdetail auseinander zu klamüsern, wie ich es bei einem werdenden Sänger kaum erlebt habe.
Das hat eigentlich nichts mit Zeit zu tun, das geschieht parallel beim normalen Musik-Hören, im Zug auf dem Weg zur Schule, im Auto, wo auch immer. Es gibt bekanntlich analytische und emotionale Hörer. Ich würde mich eher zu letzterem und meinen Bruder eher zu ersterem zählen, da er ein absolutes Gehör hat und daher auf Anhieb Tonart und maximale/minimale Tonhöhe des Gesangs in einem Song erkennt. Das heißt aber natürlich auch, ich kann ihn schnell danach fragen
. Im Prinzip geht's bei diesen Beurteilungen anderer Songs/Sänger doch immer nur um eine SCHNELLE Beurteilung: "Kann ich das mit meinen jetzigen Kenntnissen singen, ja oder nein?"
Und das im Forum aufzuschreiben dauert auch nicht viel länger, ich tippe schnell.
Sich so tief in sowas einzuarbeiten muss Unmengen Zeit in Anspruch genommen haben und das Recherchieren und Ausprobieren weiterer Methoden noch mehr.
Ähm, nein, tut es ehrlich gesagt nicht. Wie gesagt, ich habe mich einfach daran gewöhnt, beim Musikhören auf solche Sachen zu achten.
ihren ersten geilen Power Metal Scream gemacht
Habe ich auch, und war sogar schon öfters (meist bei gis'', das ist bereits höher als der meiste Power Metal, den ich so höre, oder sogar h''), und keiner meiner beiden Lehrer hätte mir das zeigen können.
Dafür waren/sind beide viel zu sehr Kopfstimmen-Vernachlässiger; das verdanke ich TVS und wieder mal dem Anhören diverser Power Metal-Bands.
Die hohen Screams laut und durchsetzungsfähig hinzubekommen ist ja auch gar nicht das Schwierigste, sondern das Singen zwischen e' und c'' in der Randstimme, wenn es so klingen soll, als wäre man immer noch in der Vollstimme - da will Lunte einen ja auch hinbringen.
Tue ich.
Tue ich, und zwar schon seit Jahren (reicht für über 2 CDs voll, konnte nur noch nicht alles vollständig aufnehmen, aber das ist halt gerade das Problem, wenn man VIELE eigene Lieder hat).
feilen an ihrer künstlerischen Identität
Tue ich, eben gerade weil ich meine eigenen Songs habe. Mich verstellen, eine Fassade aufbauen oder jemand anderen imitieren war nie mein Ding, kann ich ehrlich gesagt auch nicht. Deshalb rege ich mich ja so auf über die ewigen Hinweise: "Du weißt, du wirst niemals wie Sänger XY klingen." Das will ich nämlich gar nicht, ich finde, man sollte froh sein, etwas eigenes zu sein. Aber von der technischen Seite sollte man sich imho durchaus an seinen Vorbildern orientieren, nur eben nicht so sehr von der stilistischen.
Ich bin ja grundsätzlich froh über Kritik, aber ich hoffe, du verstehst also, dass ich auf solche Aussagen in dieser Form reagiere,
wenn mir jemand vorwirft, bestimmte Dinge angeblich nicht zu tun, obwohl er das gar nicht wissen kann. Vielleicht habe ich meine musikalischen Erzeugnisse, Mitwirken in Bands und eigenen Songs ja auch einfach noch nicht so oft erwähnt, das ist ja nun auch wiederum nicht deine Schuld, das geht einem nunmal als Foren-Nutzer so.
Warum ist er bereit hunderte Dollar für etwas auszugeben, was er für günstiger vor Ort und mit individueller Betreuung kriegen könnte?
Nochmal: Ich habe erstmal nur nach Beurteilungen des Programms gefragt, und zwar vor allem von Leuten, die KTVA eben selbst besitzen. Motivation dafür war, dass broeschies es mir empfohlen hat. Da bin ich noch weit davon weg, mir das Ding auch zuzulegen; bei mehreren verschiedenen Rezensionen würde ich erstmal die Quintessenz heraus- und meine eigenen Schlüsse ziehen.
Danke also nochmal an Qualmsteen für die aufschlussreiche Bewertung. Verschiedene Kommentare von ein paar weiteren KTVA-Besitzern wären zwar noch schöner gewesen, aber wenn das Programm eben sonst keiner hat, geht's halt nicht anders.
Und was bringt dir die ganze zeitraubende Recherche? Du weißt viel über Gesang, kannst es praktisch aber kaum umsetzen.
Sorry, aber woran machst du das fest? Ich sehe mich sicherlich nicht als wahnsinnig tollen Sänger an, aber gehört hast du mich ja schließlich noch nicht.
Und nein, ich lade jetzt garantiert keine Hörprobe allein für den Zweck hoch, mich mal wieder zu rechtfertigen oder zu beweisen. Wegen dieser Debatte sind wir nämlich mal wieder recht weit vom Ursprungsthema abgekommen. Außerdem bin ich grundsätzlich immer vorsichtig damit, meine eigenen Songs irgendwo hochzuladen, da ich eben im Moment noch nicht die Möglichkeit habe, mich eindeutig als Urheber gesetzlich abzusichern. (Wir hatten ja mal einen schönen Thread über dieses Problem.)
Ich würde eher sagen, es ist umgekehrt: So vieles weiß ich eigentlich nicht, einiges davon habe ich schließlich auch erst von hier aus dem Board.
Praxis, Praxis, Praxis, Praxis und nochmal Praxis.
Und damit sind wir wieder beim eigenständigen Ausprobieren angelangt, was eben darüber hinausgeht, sich allein nach dem zu richten, was man von seinem Lehrer bekommt, und was mich auch bei der Gitarre schon immer deutlich schneller vorwärts gebracht hat. Bei gerade mal 90 Minuten Unterricht alle 14 Tage (war von seinem Terminkalender so festgesetzt, geht nicht anders) käme ich ansonsten nämlich garantiert deutlich langsamer weiter; und wenn der Unterricht dann auch noch feiertagsbezogen oder durch die Ferien ausfällt, wird's ja noch weniger.
Vieles lernt man dadurch ja auch einfach unbewusst. Wie gewisse Dinge sich begrifflich unterscheiden, lerne ich dann teilweise erst von hier, und wenn sich z. B. dann als Fachsprache das CVT-Jargon etabliert hatte, versuche ich, mich daran anzuschließen, um begriffliche Verwechslungen zu vermeiden.
So, genug der ewigen Rechtfertigungen. Genau dadurch komme ich leider ständig auf diese Mammut-Beiträge.
Ich weiß, grundsätzlich meint es hier keiner böse. Ich will nur vermeiden, dass man voreilig Schlüsse über Personen zieht, weil man glaubt, sich Dinge, die man von einem bestimmten Menschen nicht weiß, einfach erschließen zu können, ohne, dass man ihn kennt. Sowas kann man dann nämlich nur schlecht auf sich sitzen lassen, weil es teilweise einfach "falsch kombiniert" ist.