Woher der "Trend" zum Tieferstimmen tatsächlich kommt, bleibt auch mit verschlossen.
Bereits in den Anfangstagen des 20. Jahrhunderts (Deltablues) wurde gnadenlos runtergestimmt. Was allerdings eher an den vorhandenen Saitenstärken gelegen haben düfte, als an der Innovationsfreude der damaligen Mucker.
Da war 10-46 noch akutes Wunschdenken (und so'ne 14-56er Seile auf einer Akustikklampfe auf Standard E wohl nicht gerade materialschonend) und wenn ich an Big Bill Broonzy oder Sonny Boy Williamson denke, waren da auch die seltsamsten Tunings gang und gebe.
Nur hat das kaum bis nüscht mit den heutigen Spielarten des "Metal" zu tun.
Auch gab es bereits in den 50er jahren einige Gitarristen, die auf Eb oder D gestimmt haben. Scotty Moore z.B. hat einige Titel von Elvis Presley in dieser Form begleitet. Aber wohl auch eher, um den Sänger zu unterstützen, als auf "böser Junge" zu machen. Chet Atkins, Tal Farlow und Wes Montgomery haben damals mit Drop-Stimmungen experimentiert, um das melodiöse Fingerpicking für sie zu vereinfachen. Aber auch das wird eher songdienlich geschehen sein und passierte auch nicht bei 180 BPM.
Auch wenn die Metal-Fraktion (ist es ja eigentlich heutzutage nicht mehr. Der Großteil der mir bekannten Teens und Twens spielt tief und böse. Ich habe so meine Probleme mit Schülern, die weder Akkorde noch Quintenzirkel/Harmonielehre lernen wollen, weil sie ja eh mit einmal Fingerauflegen schon das fette Brett spielen können) das nicht gerne hören mag.....ich sehe tatsächlich einen Grund in der einfachen Bespielbarkeit der Klampfe.
Ich denke, wir sind uns einig, daß durch die High-Gain Orgien und die empfundene High Speed allerhand an Spielfehlern unter den Tisch fällt. Je mehr Zerre ich spiele, desto flapsiger kann ich meine Skalen runterdudeln. Da geht halt verloren, ob ich bei 200 BPM in irgendeinem absurden Fingersatz eine einzelne C oder C# Note bei 16stel/32stel shredde. Geht eh völlig unter....
Das Tieferstimmen an sich (meist in Drop) macht fette Subbässe, klingt fett und lässt die Hosenbeine flattern. Sicherlich auch ein körperliches Erlebnis. Was der Basser in dieser Konstellation allerdings noch zu suchen hat, bleibt mir verschlossen. Der dürfte doch eigentlich auch zu Hause bleiben, wenn eh schon zwei Gitarren auf Drop D oder tiefer doppeln und der dritte "Saitenkünstler" noch die ein oder andere Skala drüberlegt.
Ein weiteres Problem sehe ich darin, daß man als Mucker zwangsläufig in anderen Musikstilen wildern muß, um sich die ein oder andere Inspiration zu suchen. Mir persönlich liegt Jazz oder Funk etc. auch nicht besonders. Aber trotzdem kann ich dort einige Sachen finden, die mich in meinen Stilen deutlich nach vorne bringen und beim Songwriting von anderen abheben.
Das stelle ich mir sehr schwierig vor, wenn ich von Anfang an mit diesem
imho sehr limitierten Metalgedresche arbeiten müsste. Das ist keineswegs abwertend gemeint. Jeder lernt eben das, was er braucht oder eben zu brauchen glaubt.
Uns B.B. King sagte mal "Better to know and not to need, than to need and not to know".
Andererseits gebe ich offen zu, daß ich von Metalgitarre null Plan habe. Das liegt aber daran, daß es mich schlicht nicht im allergeringsten interessiert und auch nicht weiterbringen würde.
Für mich ist jegliche Form von Metal mit diesem typischen Growl-Gesang etc. eine Form von Lärm, auf die ich gerne verzichte. Da scheint mir Babygeschreie im öffentlichen Nahverkehr melodischer und angenehmer.
Letztendlich ist Mucke, in welcher Form auch immer, eine Kunstform (mal abgesehen von Michael Wendler und Konsorten). Aber nicht jeder muß die Kunst des anderen auch verstehen (wollen)
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Ich entsinne mich noch an die Aussage meines Schwiegervaters, als damals in der DDR die Partei den Muckern vorgab, was sie zu spielen hatten und was tunlichst zu unterlassen war.
Das haben wir heute, Gott sei Dank, (bis auf Wendler und Co. Sowas bedarf einer Zensur) hinter uns.
Leben und Leben lassen.
Ich muß Metal ja nicht hören und kann dem aus dem Wege gehen, wenn mir so ist. Insofern...Peace!
Greetz,
Oliver