Das ist ein vielschichtiges Statement. Ich hatte im vorigen Jahr ein Zeit lang Unterrichtsstunden genommen, um einige Dinge, die ich so "halb" kann bzw. verstanden habe, mal auf Stand zubringen.
Dabei waren ein paar neue Blues Licks auch immer Teil des Unterrichts, wobei mein Lehrer dazu oft sagte "...eigentlich kennst Du die ja alle...!" Tatsächlich sehe ich mich aber gar nicht als "Lick-Spieler" und mein Repertoire ist da auch -meiner Meinung nach- eher übersichtlich. Nichtsdestotrotz schälen sich da, wenn ich improvisiere, bewusst oder unbewusst auch immer wieder typische wiedererkennbar Phrasen heraus.
Die (Ausgangs)Frage war ja, wie kann man die eigene Ausdrucksfähigkeit verbessern, bzw. kann das Erlernen von Lick dabei helfen? Da kommt aber auch in der Schule vor dem Schreiben eigener Aufsätze, das Abschreiben/Lesen von Texten, wobei aber zumindest das Lesen von Texten immer weiter zum Schreiben-Lernen dazu gehört. Man muss als Musiker auch nicht alles wieder neu erfinden, sondern kann sich an dem orientieren, was es schon gab bzw. darauf aufsetzen.
Es mag sein, dass dieser Weg den einen oder andere Eddie Van Halen "verhindern" wird, weil man zu sehr in ausgetretenen Pfaden unterwegs ist, aber wer ist schon so talentiert, einen komplett eigenen Musik-/Gitarrenstil zu erfinden?
Ich persönlich sehe das wie folgt (keine pauschalisierung, weil subjektiv):
Beim Lernen von Licks muss man halt sein Hirn weniger anstrengen, man muss eher den motorischen Teil und das Erinnerungsvermögen bemühen, weil man etwas nachspielt.
Jemand, meinetwegen in Youtube, macht was vor und dann macht man es nach. Man übt es. Oder man lernt es von Tabs oder hört die Licks ab. Oder what ever.
Das ist wie in der Mathematik: Anstatt im Kopf zu rechnen, greift man zum Taschenrechner.
Dabei ist es eigentlich gar nicht so schwer selbst zu experimentieren, denn unser Ohr verrät ja, was bescheiden klingt und was gut klingt.
Ob das etwas mit Talent zu tun hat? Ich würde sagen, nein, eher mit Fleiß, Mündigkeit und eventuell auch Mut einen anderen Weg zu gehen.
Vielleicht ist es auch nicht Mut, denn jeder Mensch tickt ja anders und hat andere Vorlieben und Herangehensweisen und löst von daher auch anders Problemstellungen.
Und einen neuen Stil muss doch keiner erfinden, der Anspruch ist gefährlich, eigentlich zum Scheitern verurteilt.
Ich finde aber, dass man so mehr Freude hat und der Musik näher kommt. Aber das sehen viele ja auch ganz anders und das finde ich toll, denn davon lebt ja der Austausch.
Man muss doch einfach bei den Großen unserer Zunft wenigstens ein paar amtliche Brocken abkupfern um a) spielen zu lernen und b) darüber gezeigt zu kriegen, was in etwa so geht auf dem Instrument. Kein Mensch macht das alles ganz allein aus sich heraus. Niemand.
Ich nehme das etwas anders wahr:
Für mich(!) ist die Urform der Sprache der Musik die Tonleiter und das Wissen wo man die Noten der Tonleiter aufm Instrument findet und dann heißt es nochmal "Kindsein" und die Welt entdecken. Sehr ursprünglich...
Hätte ich einen Lehrer, der mich dazu zwingen würde Licks auswendig zu lernen, da würde ich schnell verschwinden. Einfach, weil es nicht das ist wie ich Musik wahrnehme / lebe.
Hingegen dem spreche ich den Licks aber auch Gutes zu: Sie können einem helfen sich technisch weiterzuentwickeln.
Denn hier gilt: Wie spielt man etwas, was man selbst nicht spielen kann, weil es eventuell noch zu schwer ist. Hier können Licks, wie ich finde, sehr schön sein.
Andererseits kann ein guter Lehrer das Problem lösen.
vlg