Wieso eigentlich Licks lernen? Denkansätze

  • Ersteller Gast286649
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@B.B ich glaube der Verweis auf die Musiktradition in Indien liefert sehr wichtige Aussagen! An erster Stelle: "Licks" lernen ist vor allem ein Lernen am direkten Modell, eventuell mit sozialer Hilfe. Die Lick-Sammlungen sind ja - wenn ich mich richitg erinnere - erst mit der Akademisierung von Jazz et cetera entstanden. Vorher gab es "sit ins" mit Menschen, heute ersetzt durch YouTube ...
 
@B.B ich glaube der Verweis auf die Musiktradition in Indien liefert sehr wichtige Aussagen! An erster Stelle: "Licks" lernen ist vor allem ein Lernen am direkten Modell, eventuell mit sozialer Hilfe. Die Lick-Sammlungen sind ja - wenn ich mich richitg erinnere - erst mit der Akademisierung von Jazz et cetera entstanden. Vorher gab es "sit ins" mit Menschen, heute ersetzt durch YouTube ...

Das ist eigentlich eine gute wissenschafliche Forschungsfrage: Die Akademisierung des Jazz beginnt ja relative spät. So ich mich richtig erinnere tauchen die ersten dedizierten Jazz-Studiengänge in den USA auch erst in den 60ern gehäuft auf. Das vll erste genuin Jazzspezifische Theoriewert ist womöglich George Russels "Lydian Chromatic Concept of Tonal Organization". Das Berklee College hieß früher Schillinger Music School, Joseph Schillinger war ein klassische Ausgebildeter aus Russland emmigrierter Komponist. Das Lydian Chromatic Concept greift womöglich Ansätze von Slonimsky, Ravel, Debussy, Skrjabin und Messiaen auf, Leute die in irgendeiner Form mit Skalen rumprobiert haben, gegenüber klassischen Tonsatz und Kontrapunkt. Für die akademisierung ist das insofern spannend, weil sich der Akkord-Skalen Ansatz so sehr durchgesetzt hat, wie er heute noch an den meisten Unis gelehrt (auch in Berklee z.b.) und in vielen Büchern (Frank Sikora, Matthias Löffler) anzutreffen ist. So auch bei den frühen Jazz-Eduction Materialien von z.b Jerry Coker, David Baker oder Jaemey Aebersold. Grade letzteres ist ja eine auch auf Autodidakten ausgerichtetet Serie von Lehrwerken aus der Prä-Youtube Ära. Ich galube das erste Heft stammt aus Ende der Siebziger. Das dort didaktisch aufbereitete Konzept von "Licks" hat aber, wenn man ein bischen transkribiert, nicht unbedingt so viel mit dem zu tun was "eche Jazzer" auf "echten Platten" spielen. Ich denke man lehnt sich auch nicht allzuweit aus dem Fenster, wenn man sagt, in der Bebop-Ära hat der Skalenansatz noch keine so große Rolle gespielt. Für Alben wie Milestones und insbesondere Kind of Blue und die folgende Ära, bis weit in den Fusion-Bereich hinen dafür eine zunehmen stärkere. Es gibt auch frühere Beispiele von Modalität (Cubano Be Cubano Bop von Dizzy Gillespie, Ahmad Jamal "Pavane") aber Ende der 50er nimmt es eben Richtig fahrt auf. Das selbe ist imho beim Thema Blues beobachtbar. Jeder, aber wirklich fast jeder, Youtuber lehrt fast auschließlich auf Basis der Moll-Pentatonik, zumindest zu Beginn. Wenn ich mir ansehe was Leute wie B.B. King (und Albert und Freddie) , T-Bone, Walker, Chuck Berry, etc etc tatsächlich so spielen, dann ist da eine Menge 9 und 6 mit dabei, sowie beide Terzen, also letztlich eine Mischung aus Dur und Moll Pentatonik, bzw eine Mischung aus Dorisch und Mixolydisch. Und selbst das ist oft noch nicht das ganze Bild, stichwort chromatische Umspielungen. Ich glaube es gibt also durchaus die Tendenz, das Feiheiten zwecks didaktischer aufbereitung verloren gehen.

Und im Falle von Youtube ist es imho leider so, dass die ökonomische Verwertbarkeit zunehmend den Content bestimmt. Die Leute wollen kleine leicht verdaubare Einheiten von überschaubarer Komplexität, die das schnelle Erfolgserlebnis und den damit zusammenhängenden Dopaminschub triggern, am besten eingebettet in ein gut produziertes Video mit etwas Story drumrum, präsentiert von einer persönlichkeit mit der man sich bei Bedarf auch noch privat identifizieren kann. Mit Marx gesprochen: Es ist nicht die primäre Aufgabe von Youtubern, dich zu einem kompletteren Gitarristen zu machen, sondern Klicks und damit Werbeeinnahmen zu generieren. Erst wenn die Erfüllung von Bedürfnissen relevant ist, um sich gegenüber anderen einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, wird diese zum Inhalt, sie ist aber nicht der eigentliche Treiber des ganzen. Zumindest geht die Tendenz immer mehr in diese Richtung und die Zeiten in denen man Ratschläge (bei Gear ist es weit schlimmer als bei Theorie/lessons, drum ist das wohl auch der größere Sektor) bekommen hat die nicht in irgendeinerweiße Weise vermarktbar geworden sind, sind weitgehend rum. *Kulturpessimismus Ende*


Zu den Indern: Ich glaube, essentiell ist, das es eben eine rein mündliche und keine schriftliche Vermittlung ist. Bei uns im "Westen" ist ja in der klassischen Vorstellung oft "Die Partitur das Werk" Unser Werkbegriff ist stark abhängig von der Verschriftlichung. Das trifft jetzt vll für die Rock/Pop Musik nicht so ganz unmittelbar zu, aber Tabs sind ja letztlich auch eine Art der Verschriftlichung. Das Verhältnis von Improvisation und Komposition bei den alten Meistern wie Bach, Mozart, Beethoven ist eigentlich interessant, von allen ist bekannt, dass sie sehr gut improvisiert haben, aber man hört davon in der Regel nichts, wenn man nicht geziehlt Literatur dazu heranzieht. Ich glaube, wie vieles in unserer Kultur, fußt unser heutiges Verständnis von Komponieren da auf Vorstellungen des 19 Jhdt. So sehr nämlich, das wir heute das Interpretieren etwas bereits bestehendem der "hohen Kultur" zurechnen, während man in Indien davon eher gelangweilt ist und die hohe Kunst vll eher darin sieht das jemand eine Idee ( so wie bei Platon) manifestiert. Nämlich ein Raga, ein Abstraktes Konstrukt, das zwar Regeln hat und gewisse Vorgaben, aber das in keiner Weise genau festgelegt ist. Der Musiker versteht sich mitunter quasi als eine Art Medium, durch den (und dessn konkreterInterpretation) diese, immer schon dagewesen musikalische Struktur, in ein konkretes Klangereignis umgesetzt wird. Also vll ein etwas prozesshafterer Werkbegriff, denn jede Aufführung wirkt wieder in die Vorstellung wie den Raga XY zu klingen hat zurück und formt diese Vorstellung.

In gewisserweiße ist auch der Blues dahingehend in einem Wandel, so empfinde ich das jedenfalls (Man muss nur mal in Joe Bonamassas Merchendise-Shop schauen)
Was aber die indische Musikd und Blues gemeinsam haben, ist, das beides in gewisserweiße repetitiv ist. Auch wenn klassische indische Musik sehr komplex ist, wiederholen sich doch gewisse Inhalte ständig. Es gibt nicht unbedingt ein Streben zu einem Ziel hin, wie in einer Sonate, wo dann in der Durchführung entwickelt wird und dann arbeitet man sich zu einem satten Schlussakkord hin, und hat ein lineares Streben voller männlicher Tatenkraft ;) wie es oft im Zusammenhang mit Beethoven heraufbeschworen wird.
Das Ziel ist glaube ich in beiden Musiken, das man das limitierte Material stets neu verpackt und in neuen Zusammenhang setzt, rhythmisch und bezüglich der Phrasierung variiert etc. Es ist in gewisserweiße die Kunst vergleichsweiße wenig Ausgangsmaterial stets spannend zu halten. Dafür ist es quasi zwingend erforderlich, dass man dieses Material frei kombinieren kann, denn eine ganze Performance aus vorab erlernten Licks kann diese Anforderung unmöglich erfüllen.

puhh, ganz schön viel geworden.

grüße B.B
 
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Es gibt genügend Gründe Licks zu lernen:
- Es erweitert den Horizont
- Man lernt von den "Großen"
- Eine hervorragende Übung um die Fingerfertigkeit zu erhöhen
- und viele mehr ;)
 
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Hm, das Blues primär etwas mit Pentatonik zu tun hat ist ein Missverständnis. Was du beschreibst klingt für mich eher nach motivisch-thematischer Arbeit. Die ist wünschenswert. Lick impliziert für mich ein bischen, das man etwas auswendig gelernt hat und dann abruft. Das ist natürlich nicht die allerhöchste Kunst der Improvisation und viele gute Blueser spielen zumindest in dem Sinn keine "licks" obwohl sie charakteristische Phrasen bedienen. Weis nicht ob das nachvollziehbar klingt...
Ich sehe das nur als einen Baustein, ich brabbel als Anfänger erstmal Worte nach. Ich bin von dem die "Pentatonik überall auf dem Griffbrett lernen" völlig abkgekommen.
Das hat mich eher Zeit gekostet. Lieber lerne ich, zumindest im Moment, lieber Lick basiert. Ich nehme etwas, was andere schon spielen, versuche das nachzuäffen.
Dann kann ich auch spielerisch ausprobieren:

* Wann starte ich den Lick (Auf der 2, auf der 2 and, auf der 2 a usw. und so fort)
* Ich versuche zu verstehen, warum der Lick zu dem Akkorrd passt.
* Ich probiere, wie er über andere klngt. Auf der I kann er super klingen, auf der IV völlig daneben
* Ist es ein Lick, der etwas einleitet, oder einer, der etwas abschliesst
* Wir kann man das rhytmisch variieren.
* Wie kann ich den als Fill zu einem Blues Rhytmus spielen
* Wie hier erwähnt, den Lick auf verschiedenen Lagen auf dem Griffbrett spielen

Wenn ich jeden Tag damit anfange, merke ich gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht, Schwups sind ein bis drei Stunden rum.
Vielleicht sollte ich es eher Motiv statt Lick nennen.
 
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* Wann starte ich den Lick (Auf der 2, auf der 2 and, auf der 2 a usw. und so fort)
* Ich versuche zu verstehen, warum der Lick zu dem Akkorrd passt.
* Ich probiere, wie er über andere klngt. Auf der I kann er super klingen, auf der IV völlig daneben
* Ist es ein Lick, der etwas einleitet, oder einer, der etwas abschliesst
* Wir kann man das rhytmisch variieren.
* Wie kann ich den als Fill zu einem Blues Rhytmus spielen
* Wie hier erwähnt, den Lick auf verschiedenen Lagen auf dem Griffbrett spielen

Ja genau, aber mit Beginn des von dir oben beschriebenen Prozess, hörst du ja gerade auf "Licks zu spielen", und beginnst mit einer Abstraktionsleistung, für die eben die Licks den Ausgangspunkt darstellen, die aber mittel und langfristig den "freien musikalischen Audruck " verfolgt.

grüße B.B
 
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Ich habe mir recht früh Gedanken gemacht, was es mir bringt Licks zu lernen und war mir schnell bewusst, das Licks -anders als Tonleitern- viel schwieriger beim Improvisieren „unterzubringen“ sind und dass man viele Licks dann auch schneller verlernt, als man sie lernen kann. Das große Problem ist wohl letztlich, dass wenn man ein Lick gelernt hat, da noch nicht besonders „viel“ geschafft ist. Doch meist kümmert man sich dann nicht mehr darum, wann und wie ein Lick einsetzbar ist. Wer übt schon ein neu gelerntes Lick dann zu unterschiedlichen Backingtracks? Daher ist es für mich wichtig nicht nur das Lick, sondern auch dessen Kontext/Funktion in einer Akkordfolge zu verstehen. Erst dann wird ein Lick „nützlich“. Bestes Beispiel sind Blues Turn Arounds. Das sind in Prinzip auch nur Licks, aber es ist völlig klar, wann und wo die hingehören und die meisten Gitarristen haben davon auch ein Paar aufrufbar, weil die Anwendung klar vernetzt ist.

Ein zweiter „Denkansatz“ ist für mich auch der Vergleich mit der Sprache. Die Töne einer Tonleiter sind für mich Worte, aus denen man Sätze bzw. Licks bilden kann. Diese Sätze können halt mehr oder weniger geschliffen formuliert sein. Ein Lick ist das „Zitat“/Beispiel eines gut formulierten Satzes. Beschäftigt man sich intensiver mit Licks, kann man so die eigene Ausdrucksweise schon auch verbessern (...als Gegensatz zu random rauf und runter „dudeln“ von Skalen in der Hoffnung, dass da schon etwas Hörenswertes entstehen wird.)
Der nächste Schritt ist im Prinzip zu überlegen, ob es sinnvoll ist, komplette Soli zu lernen. Auch hier ist der „direkte“ Nutzen eigentlich sehr gering (man kann ggf. nur zu genau einem Stück ein Solo spielen... immerhin dann mit hohem Wiedererkennungswert...). Dennoch sind schöne Soli dann wieder die Blaupause, wie aus Tönen (Worte) und Licks (Sätze) eine gute Story wird.
 
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Der Vorteil von Licks, auch beim improvisieren, sie funktionieren halt immer ;)

Wobei ich es immer auch noch besser finde, nicht nur einzelne Licks eines Stückes zu lernen, sondern das komplette Solo.

Nur dann versteht man auch die Zusammenhänge, wie Einleitung, Zwischenteil und Ende des Solos
 
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puhh, ganz schön viel geworden.
im Einsteigerbereich ganz schön harter Tobak:redface:.
MMn. werden hier 2 Dinge stark vernachlässigt, zum einen ist es unabdingbar sich mit den Tönen, wo sie liegen, auseinander zusetzen. Nur wenn man das wirklich verinnerlicht hat, kann man sich frei auf der Gitarre bewegen, und auch dann erst richtig verstehen wie Licks zustande kommen, die im Grunde immer einer Logik, die der Gitarre eigen ist, folgen. Das zweite ist, das man auch seiner Intuition freien Lauf lässt, ohne die hätten Bach, Beethoven, Beatles, Beck (um mal ein paar "B"`s aufzuzählen:)) nicht die Dinge machen können, die sie gemacht haben. Für den Einsteiger heisst das, sich auch in gewisserweise einfach frei zu machen, Fehler zuzulassen und nicht bis auf den letzten Ton super perfekt zu sein. Das muß sich ja alles auch entwickeln, das dauert halt:rolleyes:.
 
Bach, Beethoven, Beatles, Beck (um mal ein paar "B"`s aufzuzählen:))

B.B. King. Der niemals einen Lick zweimal spielte, aber dennoch immer Wiedererkennungwert hatte.

Für den Einsteiger heisst das, sich auch in gewisserweise einfach frei zu machen, Fehler zuzulassen und nicht bis auf den letzten Ton super perfekt zu sein. Das muß sich ja alles auch entwickeln, das dauert halt:rolleyes:.
Was für mich persönlich pauken heißt. Praktisch und theoretisch...

vielen Dank bisher für die tollen Tipps und Erfahrungen an alle.
 
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Mir fällt gerade auf, dass viele Licks mit Geläufigkeit in Verbindung bringen. Sicherlich ist jede Betätigung am Instrument positiv zu sehen, allerdings denke ich das Geläufigkeit eher über andere Übungen erreicht wird. Licks stellen ja meist nur einen kleinen Ausschnitt dar. In der Klassik hat man Etüden und auch im Jazz lernt man seine chops weniger durch Licks.

Das selbe ist imho beim Thema Blues beobachtbar. Jeder, aber wirklich fast jeder, Youtuber lehrt fast auschließlich auf Basis der Moll-Pentatonik
Ich glaube das hängt mit Folgendem zusammen:
Der Vorteil von Licks, auch beim improvisieren, sie funktionieren halt immer

Das ist teilweise richtig, sofern sie musikalisch verstanden wurden. Manche ziehen den einzigen Vorteil aber nur aus der Automatisierung von Floskeln was dann wieder zu musikalisch Unauthentischem führt.
 
@bluestime
Mir macht es den Eindruck, dass du zu viel mit Kopf und Theorie an die Musik herangehst ........

Hattest Du Live Auftritte? Spielst Du in einer Band?

Wenn Musik theoretisch exakt erklärbar wäre, könnte jeder mit dem Wissen einen Hit schreiben, demnach ist aber nicht .........

Licks sind eine hervorragende Sache, wie hier schon viele angemerkt haben ....
 
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Indem man es oft macht. Harmonielehrekenntnisse beschleunigen den Prozess massiv. Keine Angst vor der Theorie, man verliert dadurch nicht sein Mojo. Die Leute die es nicht in Worte fassen können und daher den Anschein erwecken sie wüssten nichts von Theorie, haben dennnoch in dem (teils eben limitieren, wie bei vielen alten Bluesern) Kontext in dem sie musikalisch Unterwegs sind, die Regeln verinnerlich, einfach durch das häufige "machen" und "nachahmen"..

Das sehe ich auch so.Viele Musiker können es,können aber nicht sagen warum.
So wie beim Radfahren. Ich kanns aber wie mache ich das???
Ein Physiker, der nicht Radfahren kann kanns wahrscheinlich besser erklären:D:D

Ich verstehe nicht wie Theorie mir helfen könnte.
Wenn ich 2 Töne spiele möchte ich, dass mir ein interessanter dazu passender 3.Ton einfällt.Das wäre eine kreative Leistung. Dass ich den auch auf dem Griffbrett finde wäre Handwerk.
Leider bin ich bei beidem nicht sonderlich gut.
Wenn ich besser spielen könnte würd ich auch dem Teufel meine Seele verkaufen:evil: oder Harmonielehre lernen.
 
Mit Licks schreiben wir die Geschichte weiter ... (und egal was wir spielen, wir waren dabei in der Tonauswahl sicher nicht die ersten) ;) ...

Der Unterschied ist also, WIE wir es spielen. Im WIE kommt unsere Persönlichkeit zum Vorschein. Coole Socke, meilenweit hinter dem Beat ... oder Macher, der Dinge nicht unerledigt lassen will und eher vorne im Beat ist. Schwatzbacke mit ner Millionen Töne, oder eher Statements machend mit viel Luft und Zeit zu Atmen (die wir unseren Tönen z.B. mit Vibrato einhauchen). Aggressiv im Anschlag und Amp Tone ... dränge ich mich in den Vordergrund?

Ich bezeichne das Wort Blues ja scherzhaft als Abkürzung: BLUES - (B)est (L)ick (U)sed (E)xtracted + (S)tolen ...

Ich nehme daher auch gerne mal ein Lick und packe es - völlig überzogen - an jede Stelle eines Tracks, an die es irgendwie reinpasst. Mal im doppelten Tempo, mal ganz langsam. Ich "klaue" also die Töne und drücke ihr dann meine Persönlichkeit auf. Dazu spiele ich mich ne Stunde im Kreis auf dem Backingtrack(s) ... was übrig bleibt ist etwas, was meine Finger an bestimmten Stellen in anderen Stücke von alleine machen möchten. In der Improvisation folge ich dann nicht den "Licks", sondern den Ideen der Finger.

In Stücken die nicht Jam-Session sind, sondern von unserer Setlist stammen, habe ich pro Stück ein Solo fest "verdrahtet" und lasse mich bei den anderen Spots etwas treiben und mitnehmen.

Die Frage ist also nicht "wie viele Licks kannst du", sondern "was willst du uns mit ihnen sagen?" ... und diese Information liegt weniger in den Tönen, als in der Art und Weise es zu tun.

Gruß
Martin
 
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B.B. King. Der niemals einen Lick zweimal spielte, aber dennoch immer Wiedererkennungwert hatte.

B.B. King ist ein ganz großartiger Musiker, mit einem bewundernswertem Wiedererkennungswert, aber dieser Wiedererkennungswert basiert neben seinem Tone und Vibrato auf einer eher überschaubaren Menge von B.B. King "Trademark"-Licks, der er aber auch extrem geschmackvoll einsetzt.
Das er jedoch zu den Gitarristen gehört der nie ein Lick zweimal spielt, würde ich klar verneinen...


@hack_meck

Das was Du beschreibst ist wieder "eine" mögliche Anwendung/Vorgehensweise Licks zu nutzen.

Ich "denke" beim Improvisieren eher in Melodien, zu der mich die Akkordprogression, Rhythmus, Sound,... inspirieren und weniger in "Bausteinen", die passen (könnten). Oft genug entspricht aber genau diese Melodie, die mir vorschwebt, dann bestimmten Licks. In Blues/Rock ist dieses "Vordenken" idR. auch gut möglich.
Ein Tapping Solo oder Sweep Licks, werden aber immer eher als fertige Bausteine genutzt werden. Allerdings funktioniert das eben nur, wenn man weiß, wie und wo das harmonisch funktioniert.
 
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Ich bezweifle nur, dass das schnell genug geht, aus theoretischen Zusammenhängen den nächsten Ton ableiten.
Naja, du kannst ja auch aus gehörten Worten sofort das Schriftbild ableiten oder? Bzw. "Sofort" sogar in dem Sinne, dass du es gefühlt Zeitgleich vor Augen hast. Und umgekehrt, "flüssiges Blattspielen", also flüssiges Vorlesen, wie schauts da aus? ;)
Ist auch nur ein abstraktes, erlerntes System.

Haben wir eben alle relativ lange geübt, warum sollte das mit Musik anders sein?
Ob man Sprache in Schrift übersetzt und mit Grammatik dran rumdoktort oder Musik in Noten und musiktheoretische Überlegungen anstellt ist vom Prinzip her so ziemlich dasselbe.

Autodidaktisch, erwachsen und Gitarre ist aber nunmal eine.... eeeeetwas ungünstige Konstellation. Je länger ich mich mit der Gitarre beschäftige umso mehr bin ich froh darüber, dass sie nicht mein erstes Instrument ist und ich vorher Instrumente gelernt habe, bei denen man nunmal nicht in Griffen/Griffmustern/... , sondern in Noten und Tönen denkt. Fragt man "welcher Ton ist das?" und man zeigt irgendwo jenseits der E- und A Saite zwischen Bund 0-12 irgendwo hin hört man von vielen Gitarristen was wie "Ähhhhhhhh, ......... ein D".
Aber das wird idR. auch nicht ausgeübt, via Noten spielen tut idR. auch kaum jemand (was bei ner E-Gitarre ja auch klar ist, allerdings haben Noten nunmal den Riesenvorteil, dass man in Tönen denkt und nicht in "Griffmuster XY von Ankerpunkt Z aus"). Als mir klar wurde, dass ich die Gitarre sicher niemals nach Noten werde spielen können, da ich es nunmal gewohnt war jeder Note ein Griffbild zuzuordnen, was bei der Gitarre etwas blöd ist da jede Note teils mehrfach vorkommt und von 4 verschiedenen Fingern bzw. leer gegriffen werden kann habe ich mir eine Zeit lang angewöhnt, bei allen Sachen die ich gespielt habe die Notennamen laut mitzusingen. Das ich nicht akut immer weiß, wo welche Töne sitzen hab ich einfach nicht ausgehalten :D

Dafür habe ich aber auch z.B. nie die Pentatonikmuster gelernt, als ich angefangen hab mich mit freiem Spiel zu beschäftigen reichte dann die Info "Am-Penta = A, C, D, E, G".
Was man nämlich auch nicht unterschätzen darf, Musiktheorie, die keine tote Herumschreibtheorie ist, ist immer mit Gehörbildung verbunden. Ich finde das immer recht bezeichnend, wenn jemand meint, sich in der Musiktheorie überhaupt nicht zurecht zu finden, aber offenbar weder eine reine Quinte benennen kann wenn er sie hört oder bei einem Akkord kein Tongeschlecht erkennt. Wenn das nicht geht, dann sollte man vielleicht mal Sachen wie Funktionsharmonik, Modes, MI,.... (ich kann nur einen regelmäßigen Blick ins MuTh-Sub empfehlen, da schlagen regelmäßig solche Leute auf) außen vor lassen und mal das ausüben.

Je fester das Fundament, je höher kann man drauf bauen;)

Und bezüglich Licks lernen: Je mehr man die Theorie dahinter "in Fleisch und Blut" hat, und je mehr Licks man lernt, irgendwann "zerfallen" sie mehr und mehr und man wird immer besser darin, die so entstandenen Bausteine neu zusammenzusetzen.
Manchen bringt da der abstrakte Zugang eben mehr, manchen weniger - aber um noch einen vergleich zum Sprechen zu schlagen: Auch das lernen wir, indem wir uns von unseren Eltern einen Haufen "Licks" abgucken und die zu immer komplexeren Konstrukten neu zusammen bauen.

Grüße
 
B.B. King. Der niemals einen Lick zweimal spielte, aber dennoch immer Wiedererkennungwert hatte.

Da würde ich jetzt sogar das genaue Gegenteil behaupten. Der Wiedererkennungswert resultiert sogar in der Hauptsache aus seinen (in der Summe überschaubaren) "Trademark"-Licks. Und das ist genau der Punkt. Ich erkenne "meine" Lieblingsgitarristen an ihren Licks und Phrasierungen.

Da bin ich auch vollständig bei @OliverT : Harmonielehre und Technik sind für mich wie Vokabeln und Grammatik einer Sprache. Damit kannst Du Texte schreiben, die Sinn ergeben. Kontext ist dann auch vorhanden. Aber das Ganze lebt nicht. Das Lick ist hier sowas wie Deine "catch phrase", an der wir den Schriftsteller oder Redner in der Sprache wiedererkennen. Das, womit er uns als Zuhörer/Konsument "abholt".

Die Licks sind für mich, der ein totaler Theorieidiot ist und immer war, immer die größte Schublade in meinem "Werkzeugkoffer" gewesen. So viele Licks (besser noch, genau wie Oli sagt, so viele vollständige Solos) wie nur irgend möglich und Du hast eigentlich für jede Gelegenheit zumindest etwas anzubieten, das auch "geschmackvoll" daherkommt - aus dem Stehgreif. Das man das evtl. später verfeinern und daran arbeiten kann, bleibt ja unbenommen.
 
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Ich würde behaupten das fast jeder Licks lernt, ob nun gezielt oder nicht sei erstmal dahingestellt. Vieles entsteht auch durch Zufall, es gefällt einem und irgendwie schleicht sich das immer mal wieder mit ein.
Manche Sachen liegen auch einfach in bestimmten Sätzen sehr günstig usw. Ob man sich jetzt hinsetzt und YT Videos nachspielt und gezielt die da gezeigten Licks lernt oder das über Solos von Songs oder sich einfach ausprobiert spielt doch keine Rolle.
 
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B.B. King ist ein ganz großartiger Musiker, mit einem bewundernswertem Wiedererkennungswert, aber dieser Wiedererkennungswert basiert neben seinem Tone und Vibrato auf einer eher überschaubaren Menge von B.B. King "Trademark"-Licks, der er aber auch extrem geschmackvoll einsetzt.
Das er jedoch zu den Gitarristen gehört der nie ein Lick zweimal spielt, würde ich klar verneinen...

Ja, sehe ich auch so. Zumindest im wessentlichen sind sie oft gleich. Wenn überhaupt könnte man sagen, er spielt die immer strukturell gleichen Licks stets so, dass sie einem nicht langweilig werden. Wo genau dieses "je ne sais quoi" herkommt ist zu diskutieren. Vermutlich die Summe vieler Faktoren wie Timing, Phrasierung etc...


Das sehe ich auch so.Viele Musiker können es,können aber nicht sagen warum.
So wie beim Radfahren. Ich kanns aber wie mache ich das???
Ein Physiker, der nicht Radfahren kann kanns wahrscheinlich besser erklären:D:D

er Vergleich hinkt massiv, da du, aller Vermutung nach, das Fahrradfahren irgendwann mit 3, 4 oder 5 Jahren gelernt hast. Hast du schon mal einen Erwachsenen gesehen der Fahrradfahren lernt? Dann sollte sich der Unterschied von selbst erklären.

Ich verstehe nicht wie Theorie mir helfen könnte.
Wenn ich 2 Töne spiele möchte ich, dass mir ein interessanter dazu passender 3.Ton einfällt.Das wäre eine kreative Leistung. Dass ich den auch auf dem Griffbrett finde wäre Handwerk.
Leider bin ich bei beidem nicht sonderlich gut.

Das passt aber doch hinten und vorne nicht zusammen. Du sagst im Grunde " Ich bin in beidem nicht gut, verstehe aber nicht wie das was mich in beiden besser machen würde, mir helfen könnte". Die Zeit zurückdrehen und mit 8 Jahren Gitarre anfangen und in einem musikalisch geprägten Umfeld aufwachsen ist nunmal keine Option mehr. Sich auf "manche Leute können es auch einfach ohne Theorie" zu versteifen und warten bis die göttliche Inspiration eines Tages zuschlägt ist kein Lösungsansatz. Die Leute die es einfach so machen ohne es benennen zu können gehören in der Regel zu denen, die sehr früh angefangen haben. Außerdem, in der Gefahr mich unednlich oft zu wiederholen, besteht zwischen Musiktheorie und dem Umstand das es dieses Leute gibt überhaupt kein Wiederspruch. Vgl die Sprachanalogien. Du sprichst in deiner Muttersprache und wendest implizit erlernte Regeln an ohne drüber nachzudenken. Deswegen ist es aber trotzdem so, dass die Grammatik diese Sprache korrekt beschreibt. Das steht doch in keinerlei Widerspruch zueinander. Du kannst natürlich sagen, ich bin Muttersprachler, ich brauche die Grammatik nicht unbedingt.

Wenn jemand nicht in der Lage ist, Licks von einer Platte mal eben so nachzuspielen und intuitiv muskalisch schlüssige Dinge zu spielen, dann ist der Weg des "einfach machen" ja wohl offensichtlich verschlossen. Das ist ja nicht schlimm, dafür gibt es ja Ansätze, man kann das ja lernen. Aber warum sich meist genau diejenigen die mit diesen Dingen schwierigkeiten haben diesen Ansätzen verweigern ist mir unverständlich.

Man kann nicht unendlich viele Licks und Solos lernen. So viel Zeit hat niemand. Ich kann auch wenn ich eine Sprache lerne, nicht eines dieser Reise-Hefte nehmen, wo die wichtigsten Sätze drinstehen wie "Wo ist hier das nächste Restaurant?" und mir überlegen: Wenn ich die alle durcharbeite, dann kann ich am Ende sprechen. Das wird nicht funktionieren. Wenn ich am Ende frei zusammensetzen will, muss ich die zugrundeliegene Struktur kennen, sonst ist alles zum scheitern verurteilt.

Wenn ich besser spielen könnte würd ich auch dem Teufel meine Seele verkaufen:evil: oder Harmonielehre lernen.

Im Seelenhandel kenn ich leider niemanden, aber mit letzterem kannst du heute noch anfangen.
 
Da ich Bluesfan bin ist es wohl etwas einfacher, weil es nur wenige Töne gibt, die infrage kommen.

Nö. Auch im Blues "darf" man alle Töne zu allem spielen. Skalen sind keine Gesetze, sondern Vorschläge.

Die tatsächliche Herausforderung ist es auch nicht, die "richtigen" Töne zu spielen, sondern im Gesamtwerk von Tonmaterial, Rhythmus, Dynamik und Tonformung etwas Interessantes anzubieten.

Im Idealfall erlernt man anhand von Licks ein musikalisches Repertoire, dass man durch Analyse auch versteht und flexibel nutzbar macht. (Warum klingt dieser Lauf gut, warum wird hier Spannung aufgebaut etc.).

Diese analytische Fähigkeit lässt sich beim tatsächlichen Spiel nur begrenzt einsetzen. Wenn Du in einer gewissen Geschwindigkeit improvisieren willst, müssen deine Finger wissen, was sie tun. Weil Du ähnliche Abläufe schon oft gespielt hast. Das geht so ein bischen in Richtung open loop und closed loop.

Du hast irgendwann laufen gelernt. Das war anstrengend. Dabei hast Du gewisse Techniken erlernt. Über diese Techniken denkst Du heute nicht mehr nach. Müsstest Du beim Rennen darüber nachdenken, wie man eigentlich rennt und welcher Muskel nun genau wann angesteuert wird, fällst Du hin.
 
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Hattest Du Live Auftritte? Spielst Du in einer Band?
Ich weiß nicht inwieweit das zuträglich sein soll ...Aber ja.

Du verstehst auch scheinbar den Punkt nicht. Es geht nicht darum dass man Musik erklären soll, sondern dass man Licks nicht nur als Automatismus abruft, sondern diese auch passend einsetzen sollte. Wie viele Gitarristen spielen Soli folgendermaßen?
1. Sicherstes und coolstes Lick
2. ein anderes Lick
3. Gedüdel
4. Gedüdel und so weiter

Oder wie es mein Nachredner sagt
Die tatsächliche Herausforderung ist es auch nicht, die "richtigen" Töne zu spielen, sondern im Gesamtwerk von Tonmaterial, Rhythmus, Dynamik und Tonformung etwas Interessantes anzubieten.

Im Idealfall erlernt man anhand von Licks ein musikalisches Repertoire, dass man durch Analyse auch versteht und flexibel nutzbar macht. (Warum klingt dieser Lauf gut, warum wird hier Spannung aufgebaut etc.).

Das "reine" Auswendiglernen von Licks ist dann eher so wie Malen nach Zahlen. Das wird mit Sicherheit auch malerische Fähigkeiten verbessern, aber es macht einen noch längst nicht zum Künstler.
 

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