Ist eine geschnitzte Holzfigur weniger wert, wenn der Baum nicht mit der Zweimann-Säge sondern mit der Kettensäge zu Fall gebracht wurde? Darf man in Edelgitarren industriell gefertigte Schrauben verwenden, oder muss man die selbstpersönlich an der eigenen Drehbank aus dem vollen drehen, damit man sein Zeug zu einem Preis verkaufen darf, für den sich offensichtlich immer noch genug Abnehmer finden?
Mit zunehmendem Preis und Kundenanspruch wird aus einem reinen Werkzeug erst Handwerkskunst - und in der letzten Eskalationsstufe ein Kultobjekt/Sammlerstück. Die Grenzen sind sehr fließend und eben sehr stark vom Anspruch des Käufers abhängig, nicht vom Anspruch des Holzes. Dem Holz ist ziemlich egal, ob es von einer CNC-Maschine oder von einem 76-jährigen Meister in die Form einer Strat gebracht wurde.
Eine Gitarre wird günstiger, wenn der Käufer alle Ansprüche zurückstellt, die nichts/wenig mit der Funktion des Musikinstruments als Werkzeug zu tun haben - keine aufwändige Lackierung - kein schönes Holz - keine Verzierungen - keine besonderen mechanischen Konstruktionen - kein traditioneller Markenname oder sonstige Mojo-Verstärker. Was bleibt, ist einen Magneten mit Spule und 6 Saiten auf eine Latte nageln. Schafft das ein Hersteller zu einem unglaublich niedrigen Preis und das Ding macht Spaß beim Spielen (Klingt brauchbar, ist zuverlässig spielbar, beherbergt kein Verletzungsrisiko - also die Minimalanforderungen für ein Werkzeug), dann ist der Preis ok, wenn er viele Kunden findet, die ihre Ansprüche auf diese Minimalgitarre reduzieren. Witzig ist dabei, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Minimalgitarre später mal auch ein Sammlerobjekt wird. Es soll ja Leute geben, die sammeln alte Teles und die Teile kommen der Minimalgitarre doch schon sehr nahe.