Ich hatte früher mal single coils der overwound-Kategorie in meiner Strat-Style-Gitarre, deren Holz noch dazu die Höhen ziemlich bedämpft. Die habe ich mir gekauft, als ich den Namen Helmuth Lemme noch nicht kannte. In Kombination klang das wirklich gut, nur bräuchte man für vintage-mäßige Klänge dann eine zweite Gitarre. Also habe ich mich jetzt für PUs mit wenig Ausgangsleistung entschieden. Am Steg sitzt übrigens ein PAF.
Um noch weitere Klangfarben (Steg gesplittet sowie Steg gesplittet + Hals) zu ermöglichen, habe ich dann etwas voreilig ins Schlagbrett ein zusätzliches Loch gefräst und hinterher festgestellt, dass es auch anders geht. Ich hätte ein Push-Pull-Poti nehmen können. Da das Loch aber nun einmal da ist, nehme ich ein angemessen hochohmiges Poti, das nicht als Push-Pull-Version erhältlich ist, und überantworte die "Modellumschaltung" (Steg gesplittet, dito + Hals, nochmal dasselbe, nochmal dasselbe, Hals/Steg gesplittet, Steg gesplittet + Mitte, Mitte, Mitte + Hals, Hals) einem Schiebeschalter. Dazu kommen dann noch die mehr oder weniger klassischen Bedienungselemente in Form von einmal Volume, zweimal C-Switch und einmal vierpoligem Fünfwegschalter.
Ein zweiter Schiebeschalter erlaubt in der Stegposition etwas fettere Klänge. In der ersten Schaltstellung des zuvor genannten Schiebeschalters hebt er auf Wunsch den Splitbetrieb in der Stegposition auf, nicht jedoch in der hinteren Zwischenposition. In der zweiten Schaltstellung deaktiviert er in der hinteren Zwischenposition den Hals-PU, so dass die Stellung "Steg allein" jetzt zweimal vorhanden ist, jedoch ist einmal Neck Tone und einmal Bridge Tone aktiv. Man kann hier also schnell zwischen dem recht scharfen Steg-PU-Sound von Ritchie Blackmore und einem an die Yngwie Malmsteen Stratocaster oder die Iron Maiden Stratocaster erinnernden Klang umschalten.
Die weniger fette Einstellung stellt dagegen eine Klangfarbe weniger zur Verfügung, dafür reagiert jedoch der Fünfwegschalter auf Hochgeschwindigkeits-Umschaltorgien genauso sicher wie ein Dreiwegschalter: Schalter in die Endstellung ballern = 1 PU allein, Schalter irgendwo dazwischen einrasten lassen = beide PUs parallel.
Ich werde hier die von Göldo angebotenen Schalter verbauen. Für die Bemessung der Kondensatoren gelten folgende Überlegungen:
1.) Da der C-Switch-Abstinenzler beim Tonabnehmerkauf kaum mehr als das Doppelte der normalen Induktivität braucht, reicht es aus, wenn der Stufenkondensator, also die Drehschalter-Kondensatoren-Kombi am Linksanschlag gerade mal für eine Verdoppelung der insgesamt wirksamen Kapazität sorgt. Rechnen wir um 140 pF für den PU und um 700 pF für das Kabel, dann müsste man also einen Kondensator mit 820 pF zuschalten.
2.) Dafür darf die Abstufung dann umso feiner sein, denn was nützt der akribisch ermittelte Optimalwert, wenn ich mein Lieblingskabel vergesse und plötzlich 250 pF mehr oder 200 pF weniger habe?
3.) Damit die Abstufung gehörmäßig gleichmäßig ausfällt, muss beim Linksdreh die Summe aller beteiligten Kapazitäten exponentiell zunehmen. Anders ausgedrückt, die Zuordnung zwischen Drehwinkel und Gesamtkapazität ist eine Exponentialfunktion. Nun ist diese Funktion wiederum die Summe zweier anderer Funktionen. Zunächst hätten wir da die Zuordnung zwischen Drehwinkel und Zusatzkondensator, außerdem die Zuordnung zwischen Drehwinkel und der Summe aller übrigen Kapazitäten. Letztere sind aber konstant, vom Drehwinkel unabhängig, so dass die letztgenannte Funktion eine Konstantenfunktion ist, die im Koordinatensystem als waagrechter Strich dargestellt wird.
Die Drehwinkel-Zusatzkondensator-Funktion ist dann die Differenz zwischen Exponentialfunktion und Konstantenfunktion. Deshalb liegen die kleineren Werte weiter auseinander als bei einer Exponentialfunktion, jedoch näher beieinander als bei einer linearen Funktion, bei der alle Werte gleich weit auseinander liegen. Erst bei höheren Werten, bei denen die übrigen Kapazitäten nicht mehr so stark ins Gewicht fallen, erscheint es vertretbar, die Zusatzkondensatoren selbst nach einer Exponentialfunktion abzustufen.
4.) Es wäre günstig, wenn die Summe aus Zusatzkondensator und den übrigen Kapazitäten der E12-Reihe folgt, denn diese Abstufung folgt ebenfalls angenähert einer Exponentialfunktion. Benachbarte Werte unterscheiden sich jeweils etwa um den Faktor 1,2 bis 1,25.
5.) Damit folgen auch die Vergrößerungsschritte in etwa einer Exponentialfunktion. Rechnen wir der Einfachheit halber mit 150 pF für den kleinsten Kondensator und 750 pF für die übrige Schaltung, dann nimmt die Gesamtkapazität um 20 % zu. Eine weitere Schaltstufe darunter müssen weitere 180 pF dazu kommen, also ein Kondensator mit 150+180=330 pF verwendet werden. Der dritte Kondensator müsste nun 330+216=546 pF haben; der nächste Normwert liegt nur 14 pF darüber, bei 560 pF. Wir haben nun also eine Gesamtkapazität von 1.310 pF, während theoretisch 1.296 pF erforderlich wären. (Die erzielte Resonanzfrequenz weicht damit lediglich um den vernachlässigbaren Faktor 1,00539 vom Soll ab, das sind rund 114 Cent oder 0,095 Halbtonschritte.) Praktisch also genau 1,3 nF. Nun schlagen wir also weitere 260 pF drauf, was auf einen Kondensator von 560+260=820 pF führt. (Bei Schaltern mit mehr als 5 Schaltstellungen ginge es dann mit 1,1 und 1,42 nF weiter, was jeweils durch Parallelschaltung zweier Normwerte leicht zu realisieren ist. Noch größere Werte (1,8 nF, 2,2 nF, 2,7 nF usw.) kann man getrost der E12-Reihe entnehmen.)
Einen Fluxkompensator hat mein Klangregelnetzwerk übrigens nicht, wohl aber einen Lastkapazitätskomparator (ich werde das bei Gelegenheit mal aufzeichnen). Damit lässt sich für den brilliantesten der drei Tonabnehmer, den Mittel-PU, die ohmsche Belastung in zwei Stufen einstellen. Ist Bridge Tone weiter aufgedreht als Neck Tone, dann liegt zusätzlich zum Stufenkondensator noch ein Widerstand mit 143 Kiloohm parallel zum Lautstärkepoti. Der PU wird nun wie in einer normalen Strat mit 125 Kiloohm (1/7 Megohm + 1 Megohm parallel = 1/8 Megohm), einem für diese Gitarre eigentlich zu niedrigen Wert, belastet. So ergibt sich in etwa der Klang, den ich früher in der Mittelposition ausschließlich zur Verfügung hatte. Jagt man das noch durch den Verzerrer, so erinnert das Ergebnis verdächtig an die Keyboard-Klänge z. B. in Snap- oder Backstreet-Boys-Stücken. Braucht man zwar nicht sehr oft, ist aber ein netter Gag.
Für den Bass habe ich mir folgendes ausgedacht: Push-Pull-Poti und zwei ineinander verschachtelte Stufenkondensatoren, von denen er eine auch noch eine Seriell-Parallel-Umschaltung enthält. Die Drehschalter und Potiknöpfe kommen von Conrad, da die Schalterachsen gekürzt werden müssen und dabei der geriffelte Teil wegfällt, so dass man auf Schraubachsenknöpfe angewiesen ist. Die Drehschalter sind 4-polig 5-Weg und 2-polig 12-Weg. Zunächst kann man mit Parallelschaltung der beiden Spulen arbeiten, wobei der 12-Weg-Schalter eine Lastkapazität im Bereich von 0 bis 3,9 nF hinzufügt (entsprechend ca. 300 pF Zusatzkapazität bei Serienschaltung) . Damit lässt sich die Resonanzfrequenz zwischen ca. 2 und über 4 kHz regeln. Nun läuft das Signal aber noch über den Fünfwegschalter. Am Rechtsanschlag schaltet er die eben besprochene Variante, am Linksanschlag dagegen schaltet er die Spulen in Reihe und aktiviert die zweite Schaltebene des Zwölfwegschalters, die Zusatzkondensatoren zwischen 1,42 und 12 nF (entsprechend ca. 8,2-50 nF bei Parallelschaltung) bereitstellt. Im Extremfall ergibt sich damit eine Resonanzfrequenz von unter 570 Hz, ähnlich wie bei alten Gibson-Bässen (EB0, EB1, EB2, EB3). Es bleibt also eine Lücke, die durch die Kombinationen Spulen parallel + 4,7 nF, Spulen parallel + 5,6 nF und Spulen parallel + 6,8 nF (entsprechend ca. 560, 820 und 1.100 pF bei Parallelschaltung) zu schließen ist. Genau diese drei Kombinationen erhält man in den drei mittleren Stellungen des Fünfwegschalters, und zwar unabhängig davon, was der Zwölfwegschalter gerade macht. So lassen sich diese etwa im Mittelfeld angesiedelten Werte sehr schnell einstellen. Die vierte Schaltebene des Fünfwegschalters schließlich entscheidet darüber, welcher Parallelwiderstand zum Zuge kommt, um die vom Fender Precision Bass gewohnten Verhältnisse herzustellen, denn im Falle der Parallelschaltung ist ein kleinerer Widerstand erforderlich. Und die Schaltersektion des Push-Pull-Potis schaltet bei Bedarf den Parallelwiderstand ab, um den Bass brillianter klingen zu lassen, was sich vor allem bei Parallelschaltung der Spulen auswirkt. Das Ergebnis dürfte in Richtung StingRay gehen.
Während ich also bezüglich der Resonanzfrequenz flexibel sein möchte, reicht mir für die Resonanzhöhe eine recht grobe Regelung in zwei Stufen aus, wie sie auch PRS früher praktizierte.
Einige Firmen wie Gibson (Les Paul Recording Guitar, Les Paul Triumph Bass) und Höfner (176) haben in der Vergangenheit tatsächlich Instrumente angeboten, die mit einer Kombination aus Stufenkondensator für die Resonanzfrequenzregelung, passiver Höhenblende und passiver Bassblende ausgerüstet waren, aber, wie schon richtig festgestellt, die Leute wollten lieber die klassischen Fender- und Gibson-Schaltungen haben. Andererseits kann eine aktive Schaltung flexibler sein. Die meisten Käufer entscheiden sich nun zwischen diesen beiden Extremen. Und die Zubehörhersteller freuen sich.
Und nicht jeder hat es so mit der Technik. So gibt es halt eine Menge Musiker, die sich lieber das Geld für 5 nahezu baugleiche Gitarren vom Munde absparen, fünf Klampfen einspielen, fünfmal Versicherungsprämie zahlen und fünfmal so viele Instrumente wie benötigt durch die Gegend kutschieren, als dass sie es bei einer einzigen Gitarre belassen und dafür auf einer wirklich zeitgemäßen Schaltung (beim Kauf oder in Gestalt einer Nachrüstung) bestehen. Die Händler wären ja auch blöd, wenn sie jemandem, der laufend neue Gitarren will, diese ausreden und ihm stattdessen über Technikkram die Ohren blutig quatschen, bis der Kunde entnervt zur Konkurrenz geht.
Übrigens wird der Trick mit dem Parallelkondensator auch von Kabelherstellern verwendet. Das wird zwar gern als Nepp abgetan, kann aber andererseits die Gitarrenmodifikation halbwegs ersetzen und ist somit für alle, die bei der letzteren auf einen Fachbetrieb angewiesen wären, letztlich die wirtschaftlichere Lösung.
Zu den verschiedenen Kondensatortypen: Fender hat in grauer Vorzeit mitunter Papierkondensatoren verwendet, verbaute in seinen frühen Humbuckergitarren (z. B. Telecaster Deluxe) Polyestertypen und verwendet ansonsten schon seit langem keramische Scheibenkondensatoren. Denen wird manchmal ein "schmieriger Blues-Ton" nachgesagt. Zudem scheinen sie sich recht gut für sehr brilliant klingende Gitarren zu eignen.
Gibson dagegen schlug bei der Les Paul einen ähnlichen Weg ein wie Fender bei der Telecaster Deluxe und verwendete in den viel bestaunten Gitarren aus der Zeit vor 1960 Polypropylenkondensatoren der Marke Sprague. Das scheint für diese Gitarren mit die beste Lösung zu sein (Zinnfolie klingt noch minimal brillianter, ist aber i. d. R. erst ab 0,1 µF verfügbar).
Aufgrund dieser Überlegungen erscheint mir für meine Gitarre Polypropylen ideal. Es kommt noch eine weitere Überlegung hinzu: Früher hatte ich keinen Kondensator im Signalweg und war mit dem Klang zufrieden. Um denselben Klang mit einem weniger "heißen" PU zu erzeugen, bräuchte ich also einen Parallelkondensator, der die Resonanzfrequenz auf den vorherigen Wert drückt, ohne sich auch noch anderweitig in den Klang einzumischen. In diesem Fall sollte der Kondensator also einen möglichst geringen Eigenklang haben, sprich nach HiFi-Gesichtspunkten ausgewählt werden. Das gilt auch, wenn man zusätzlich zum Stufenkondensator eine mit Folienkondensator bestückte Höhenblende oder gar keine Höhenblende verwendet und sicher gehen will, dass der Stufenkondensator wirklich nur die Resonanzfrequenz verändert. Liegt dagegen permanent eine Fender-mäßige Höhenblende aus Keramikkondensator und relativ niederohmigem (250 Kiloohm) Poti im Signalweg, dann dürften sich Keramikkondensatoren, auch SMD-Typen, nicht störend auswirken.