Ich verfolge diesen Thread lesenderweise schon ein bisschen länger. und würde auch gerne meinen Senf dazu geben.
Zuerst hat mich die krasse Ablehnung aller Orchester von Balgseele so als ganz spontane Reaktion ziemlich empört.
Aber natürlich stimmt es (leider), dass es grottenschlechte Akkordeonorchester gibt, die seit ewigen Zeiten die gleichen Stücke herunterdudeln. Deshalb ist es sicher auch richtig, dass das Publikum zumeist aus treuen Freunden und Familienangehörigen besteht, das oft nicht wegbleibt, sondern wegstirbt.
Aber ich stimme nicht mit Balgseele überein, dass das in erster Linie ein Problem der
Orchester ist. Denn wenn ich mir die verschiedenen Threads hier so ansehe, dann sind hier ganz viele engagierte, experimentierlustige Solisten vertreten. Ich fürchte nur, dass auch das nicht repräsentativ ist. Denn auch der "typische" Akkordeosolist, schrammelt am liebsten zum hundersten Mal "La Paloma" herunter (nichts dagegen, wenn es denn passt und
gut gespielt wird) und hat von einer sauberen Beherrschung des Balgs und von Tongestaltung wenig Ahnung. Und "herausgehörte" Akkordbegleitung geschieht oft nach dem Motto "stimmt nicht ganz, ist ja aber schnell vorbei"
Auf der anderen Seite gibt es Akkordeonorchester, die sich um vernünftige durchsichtige Klanggestaltung und abwechslungsreiches Repertoire bemühen und eben keinen Klangbrei vorsetzen wollen. Der angeblich "arbeitslose" linke Hand hat dann gut mit der Tongestaltung zu tun. Elektronien dienen der Kalngfarbe und Akzenten, dürfen aber nicht alles dominieren und zudecken.
Wenn man also vergleicht, sollte man es fairerweise auf den gleichen Ebenen tun - also engagierte solisten/engagierte Akkordeonorchester - "Gewohnheits"solisten/"Gewohnheits"orchester. Dann bleiben höchstens noch die persönlichen Klangvorlieben, die nun mal Geschmackssache sind...
Übrigens:
Auch mit einem Akkordeonorchester kann man fremde Menschen dazu bringen, fasziniert zuzuhören. Auch das ist keine alleinige Spezialität von Solisten. Uns ist das gerade im Januar bei einem Konzert in der Nähe von Berlin passiert. Freunde und Familie waren fast gar nicht im Publikum, weil wir den Abend vorher direkt in Berlin gespielt hatten. Die cirka 120 Besucher, die die kleine Dorfkirche ausfüllten, hatten keine Ahnung, was auf sie zukam. Nach Schluss des Konzertes, als wir schon einpackten, saßen immer noch alle auf ihren Plätzen. Typische, oft erlebte Raktion: Wir wussten ja gar nicht, dass Akkordeons so klingen können...