Was ist eigentlich "zu digitaler Klang"? Warum beschwert sich niemand über "zu analogen Klang?"

Des weiteren konnte man digital komprimieren bis zum maximalen platt machen (Stichwort "Loudness war").
Das war erst (sehr) viel später. Frühe CD Pressungen fallen gegenüber aktuellen Produktionen geradezu leise aus.
 
Das war erst (sehr) viel später. Frühe CD Pressungen fallen gegenüber aktuellen Produktionen geradezu leise aus.
Stimmt, der kam erst so nach und nach auf (ging aber wie gesagt am "Klassik"-Genre vorbei meiner Erfahrung nach).
Ich hätte noch präzisieren sollen, dass diese tiefen Eingriffsmöglichkeiten eigentlich erst realisierbar wurden mit dem Aufkommen und der größeren Verbreitung von DAW´s incl. entsprechend leistungsstarken PC´s.

Das kann ich zeitlich aber nicht genauer einordnen, ich erinnere mich nur, dass zu Beginn des digitalen Audio-Zeitalters digitale Geräte nur für die Aufzeichnung verwendet wurde. Digitale Audio-Workstations gab es zu Beginn nur in sehr großen und Investitions-starken Studios. Die kleineren Studios und freischaffenden Tonleute haben anfangs nach wie vor weiter über ihre analogen Konsolen gemischt. Ich erinnere mich, dass ich Anfang 1984 einem Tontechniker bei einer Streichsextett-Aufnahme über die Schulter schauen durfte. Die Mikros wurden über ein gutes Pult auf Stereo zusammen gemischt und das im Prinzip fertige Signal auf einem Sony-Videorecorder aufgezeichnet.
Ein Bekannter, der seine Tonmeister-Ausbildung in den 60-er Jahren durchlaufen hatte, hat Mitte der 90-er Jahre seine Mehrspur-Tonbandgeräte gegen die Tascam DA-88 ausgewechselt, aber seine ganzen Mischungen und Master hat er dann noch lange wie eh und je über sein Mischpult editiert (er hat nur Aufnahmen im Klassik-Bereich gemacht, er war zudem im Hauptberuf Cellist in einem Theater-Sinfonieorchester).
Die ersten erschwinglichen Wandler hatten wohl auch nur 14 bit Datentiefe wenn ich mich recht erinnere, da wollte auf jeden Fall sehr sorgfältig ausgesteuert sein, wenn auch noch ein wenig Headroom vorgehalten werden sollte.
 
Wenn ich lese, was Du da schreibst, finde ich nur meine Ausgangsthese bestätigt.
Daß es um den Klangcharakter eines konkreten Exemplars eines konkreten Synthesizermodells geht?

Das ist Quatsch.

Für das grundlegende Prinzip ist es völlig egal, auf welchen Synthesizer es jetzt zutrifft, ob das jetzt Rick Wrights Minimoog, Joe Zawinuls Minimoog, Robert Görls ARP Odyssey, Benny Anderssons ARP Odyssey, einer von Vangelis' Yamaha CS-80 oder was auch immer geht. Das trifft grundsätzlich auf alle diese Modelle und Exemplare gleichermaßen zu.

Und es werden ja weiterhin Analogsynthesizer gebaut. Und glaub mir, die Eigenschaften analoger Synthesizer treffen auch auf jeden letzten Prophet-6 zu, der bei Thomann im Hochregallager liegt. Deswegen ist das Ding doch so beliebt. Es ist ja nicht nur analog, es ist im Gegensatz zu z. B. Prophet '08, Prophet REV-2 und dem neuen Prophet-5 (und auch den klassischen Prophet-5 Rev. 2 und 3) auch noch diskret aufgebaut, verwendet also zumindest im Synthesestrang keine integrierten Schaltkreise.

Das könnte man ohne weiteres im Musikhaus verifizieren: Erst eine beliebige volldigitale, samplebasierte Yamaha-Tischhupe anhören. Dann einen hybriden Waldorf Iridium. Dann einen volldigitalen, aber integrierten Sequential Prophet REV-2. Dann einen volldigitalen, diskreten Sequential Prophet-6.

Digital heißt erstmal nur 0 und 1. Ich kann mit Hilfe digitaler Technik analoge Vorgänge rechnerisch nachbilden.
Und genau das machen sogenannte virtuell-analoge Synthesizer, also an sich volldigitale Synthesizer, die aber den Sound analoger Synthesizer zu imitieren versuchen. Noch mehr findet man das in Software-Klonen konkreter analoger Klassiker, z. B. Minimoog-Klonen wie Creamware Minimax, Gforce Minimonsta, Native Instruments Monark oder Synapse Audio The Legend.

Das kann man über Formeln mathematisch perfekt machen, was du wahrscheinlich meintest. Muss man aber nicht.
Nein, was ich meinte, war digital perfekte Digitalität. Oszillatorwellenformen wie mit dem Lineal gezogen, eine ebensolche Filtercharakteristik, wo der Frequenzgang bis zur Cutoff-Frequenz exakt linear ist und genau ab der Cutoff-Frequenz hart und dann ebenso glatt kontinuierlich absinkt, null Artefakte, null Einstreuung von irgendwoher, null Verzerrung.

Man kann über Modelle und Stochastik alle Unzulänglichkeiten, die teilweise vielleicht sogar wegen ihrer positiven Klangauswirkungen geschätzt werden, nachbilden. Selbst dann würde es manchen noch "zu digital" klingen. Ich wüsste aber auch nicht, warum man alle Nachteile der Analogtechnik mit nachbilden sollte.
Aus dem gleichen Grunde, warum Synthesizer-Freaks heutzutage für eine gebrauchte kleine silberne Quietschkiste von 1981 (Roland TB-303), die damals $400 neu gekostet und Anfang '84 für $100 abverkauft wurde, die nur eine Stimme, einen Oszillator, null Klangspeicher und extrem abgespeckte Hüllkurven hat, sehr viel mehr Geld ausgeben als für einen nagelneuen, um titanische Größenordnungen mächtigeren Yamaha MODX.

Aus dem gleichen Grunde, warum es von dieser ach so eingeschränkten Quietschkiste schon zahllose Klone in Hard- und Software gibt und trotzdem immer wieder neue Klone auftauchen, die noch näher am Original sind.

Weil das einfach geil klingt.

Um es mal auf Gitarre zu übertragen: Analog ist der Vintage-Röhrenamp. Digital ist über die DI-Box direkt ins Pult.

Und irgendwann jittert es dann zu viel, ist nur noch out of tune oder leiert rum. Das würde kaum einer als "zu analog" bezeichnen. Dann stimmt man die Oszillatoren halt neu, wartet, bis sie gerade weit genug gedriftet sind, und fängt selbstverständlich wieder von vorne an, wenn es wieder zu viel wird...
Zuviel Jitter ist zumindest bei dem berühmten Synthesizerklassikern noch nie aufgetreten.

Zuviel Drift war ein Problem bei Moog bis 1971/72. Walter Carlos konnte Switched-On Bach, eingespielt auf einem erweiterten Moog IIIc Modular, nur in Maximal-13-Sekunden-Häppchen einspielen und mußte dann nachstimmen. Kraftwerk mußten in ihrer Krautrockphase (also vor dem 1973er Rauswurf von Michael Rother und Klaus Dinger) nach jedem Stück Pause machen, damit Ralf Hütter seinen Moog Modular nachstimmen konnte. Das war eine Zeit, wo gerade die Moog Modulars (Markteinführung 1967) – weil sie eben keine Serienprodukte waren, sondern auf Bestellung gefertigt wurden – nicht mal Platinen hatten, sondern point-to-point verlötet waren. Wenn man ein Modul rausgeschraubt hat, hing hinten ein loses Bündel Halbleiterelemente dran. Erst 1971 wurden Platinen eingeführt.

Der Minimoog (Produktionsbeginn 1970) hatte bei seinen ersten gut 200 Exemplaren ein ähnliches Problem mit der Stimminstabilität. ARP hat sich darüber sogar lustig gemacht und damit geworben, daß ihre Synths sich nicht haltlos verstimmen. 1972 wurde die zweite Version der Oszillatorboards eingeführt, die stimmstabiler ausfiel und letztlich die Popkultur noch am meisten prägte. In den späten 70ern gab es ab der Seriennummer 10175 eine dritte Version, die noch stimmstabiler ist und häufig in älteren Minimoogs nachgerüstet wurde. Aber der "amtliche", "fette" Minimoog-Sound, den man aus vielen Produktionen kennt, das sind die alten Boards. Und die ganz wenigen verbliebenen Minimoogs mit der ersten Oszillatorversion sind begehrte Raritäten, weil sie von allen am fettesten klingen sollen – ungeachtet ihrer unzuverlässigen Stimmung. Aber diese Synths werden auch nicht mehr zu mehrstündigen Gigs getragen, sondern nur noch im Studio eingesetzt, wo sie auch nicht rockmusikmäßig durchgängig über die ganze Songlänge gespielt werden.

Man könnte mit entsprechendem Schaltungsaufwand sicher auch analog Oszillatoren und Filter bauen, die nahe am mathematischen Ideal sind. Selbst denen würde wohl noch analoger Klang attestiert werden...
Mitnichten.

Spannungsgesteuerte analoge Oszillatoren (VCOs), die aber als integrierte Schaltkreise ausgeführt sind (z. B. Curtis CEM3340), klingen schon ein ganzes Stück weniger "analog" als diskret aufgebaute VCOs. Wie gesagt, daß Prophet-6 und OB-6 diskrete Oszillatoren haben, ist ihr Unique Selling Point, denn damit klingen sie total "warm" und "fett" und "vintage". Es gibt wirklich Vintage-Verfechter, denen integrierte VCOs schon wieder zu "digital" und "kalt" klingen.

Selbst bei diesen Synths hat Sequential inzwischen einen Software-Regler eingebaut, der die Oszillatoren noch mehr zum (kontrollierten) Driften bringen soll. Dazu sei auch gesagt, daß mehr als 90% aller seit den 90ern from scratch gedrehten Synthesizersounds eben nicht nur einen Oszillator verwenden, sondern zwei ganz leicht gegeneinander verstimmte Sägezahnoszillatoren. Durch den Oszillatordrift verstimmt sich weniger der Sound als Ganzes, sondern es verändert sich kontinuierlich das Stimmungsverhältnis der Oszillatoren zueinander.

Dann gibt es noch Analogoszillatoren, deren Frequenz digital über einen Quarz geregelt ist: Digitally Controlled Oscillators (DCOs). Die sind immer noch vollanalog, aber ihre Frequenz hängt nicht mehr von analogen Komponenten ab. Damit sind sie noch präziser in der Stimmung als integrierte VCOs. Selbst klassische Synthesizer mit DCOs werden häufig verschmäht, weil sie lange nicht mehr so fett klingen wie die Klassiker aus den 70ern bis 1981 – bzw. nur gekauft, weil sie im Vergleich zu besagten Klassikern sehr viel billiger sind. (Ein 1985er Roland JX-10 mit DCOs kann mehr als ein 1981er Roland Jupiter-8 mit VCOs, kostet aber nicht mal ein Zehntel. Es gibt Neuwagen, die billiger sind als ein Jupiter-8.)

Möglicherweise wäre es machbar, mit 100% rein analogen Mitteln einen annähernd idealen Oszillator zu bauen. Sowas braucht aber keiner, weshalb der Aufwand keinerlei Rechtfertigung hat.

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Auf CPUs, DSPs und FPGAs werden VCOs auf dem Stand der frühen 70er Jahre emuliert.

Wandler zu überfahren acht nicht wirklich Sinn, aber auch dieses Sättigungsverhalten ließe sich analog wiederum simulieren...
Wandler zu überfahren, macht überhaupt keinen Sinn, außer man will gezielt eine typische Digitalzerre erzeugen. Und das kann man auch gleich in Software.

100% vollanaloge riesige, sauteure SSL- und Neve-Studiokonsolen von anno Tobak werden dagegen ständig in die Sättigung gefahren. Die haben aber auch Headroom von hier bis ultimo.

Ein „idealer“ Digitalsynth (nach ausschliesslich mathematischen Gesichtspunkten) könnte den beschriebenen Klangcharakter haben... aber weit häufiger treten diese Eigenschaften in Zusammenhang mit Schwächen in der Programmierung auf. In letzter Zeit bei einigen gehypten Modellen der oberen Preisklasse zu beobachten (imh ears).
Aber selbst der Digitalsynth der ersten Stunde (DX-7) fällt eher nicht in diese Kategorie.
Der DX7 ist ein Sonderfall. Das war einer der ersten bezahlbaren volldigitalen Synthesizer. Der arbeitet intern noch in 12 Bit und hat 10-Bit-D/A-Wandler vor den Klinkenbuchsen. Der hat tatsächlich einen Eigencharakter, das ist aber nicht analoge Wärme, sondern digitale Räude. (Es gibt auch analoge Räude: Korg MS-20.)

Man vergleiche mal einen DX7 (und ich meine nicht mal den DX7II, der schon komplett in 16 Bit arbeitet) mit Native Instruments FM8. Von der Funktionsweise her ist FM8 zu 100% ohne Unterschied (von Regelwertespannen vielleicht mal abgesehen, aber wahrscheinlich nicht mal das) ein Yamaha DX7 + Extras. Aber FM8 löst durchgängig höher auf als eine CD, und FM8 wird nie analog aufgenommen, während ein DX7 nicht digital aufgenommen werden kann.


Martman
 
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während ein DX7 nicht digital aufgenommen werden kann.
Wieso das?
Wenn ich den Dx7 in mein Interface stecke und mit Reaper aufnehme,habe Ich ihn doch digitalisiert?!
in 44,1Khz und 24bit......oder denke ich jetzt falsch?
 
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In dem Fall wird nicht der digitale Datenstrom der DX-Synthese aufgenommen, sondern das daraus analog gewandelte Audiosignal des Synths erneut digitalisiert.
Wegen der (seinerzeit) groben Wandler macht das eine Menge aus, zumindest auf Erbsenzähler-Niveau...
 
Nein, was ich meinte, war digital perfekte Digitalität. Oszillatorwellenformen wie mit dem Lineal gezogen, eine ebensolche Filtercharakteristik, wo der Frequenzgang bis zur Cutoff-Frequenz exakt linear ist und genau ab der Cutoff-Frequenz hart und dann ebenso glatt kontinuierlich absinkt, null Artefakte, null Einstreuung von irgendwoher, null Verzerrung.
Die digitale Audiowelt ist gewiss in vielerlei Hinsicht der ´alten´ analogen Audiowelt überlegen, schon von Beginn an war z.B. die digitale Aufzeichnung mit weniger Verzerrungen, geringerem Rauschen usw. behaftet, und schon lange hat die digitale Wandlung analoger Signale eine Perfektion erreicht, die in der Vergangenheit schier utopisch erschien.
Aber nahezu "perfekte" Oszillaortwellenformen ließen sich auch schon rein analog erzeugen - schon sehr lange stehen z.B. UKW-Rundfunksender sozusagen perfekt auf ihrer Frequenz.
"Null" Verzerrung und "null" Artefakte sind aber auch digital nicht erreichbar, denn auch bei der digitalen Bearbeitung mittels Algorithmen, Faltung usw. gibt es Ripple, Überschwinger und vieles andere mehr. Im besten Falle liegen die aber so weit unter dem Nutzsignal, dass sie völlig zu vernachlässigen sind.
Nicht-lineare Bearbeitung produziert sowieso immer Verzerrungen, egal ob auf analoger oder digitaler Ebene.
Möglicherweise wäre es machbar, mit 100% rein analogen Mitteln einen annähernd idealen Oszillator zu bauen. Sowas braucht aber keiner, weshalb der Aufwand keinerlei Rechtfertigung hat.
Es ist nicht nur möglicherweise machbar, sondern ganz real, und sonderlich aufwändig ist das nicht einmal. Für analoge Oszillatoren im Audio-Bereich reicht ein simpler und spottbilliger Quarz, der stabilisiert jeden Oszillator so gut, dass man das ohne weiteres als ideal bezeichnen darf.
Und digitale Schaltungen sind ohne ihrem Wesen nach analoge Timer/Frequenzgeber (=Oszillatoren) gar nicht realisierbar, braucht doch jede digitale Schaltung (mindestens) einen Arbeitstakt.
Wer höhere Anforderungen an die Stabilität des Taktgebers/Oszillator hat, der benutzt entweder einen Temperatur-kompensierten Quarz (TCXO), und wer besonders hohe Ansprüche an die Stabilität hat, einen beheizten Quarz (OCXO) - danach kommen nur noch die Atomuhren.
TCXO´s und OCXO´s sind heutzutage ebenfalls keine sonderlich teuren Bauteile mehr und zudem in kleinen Bauformen erhältlich.
Hier mehr dazu: https://www.all-electronics.de/wp-content/uploads/migrated/article-pdf/72645/8ba98f2cedd.pdf
100% vollanaloge riesige, sauteure SSL- und Neve-Studiokonsolen von anno Tobak werden dagegen ständig in die Sättigung gefahren. Die haben aber auch Headroom von hier bis ultimo.
Was meinst du mit "Sättigung"?
Im Halbleiterbereich, speziell bei Transistoren ist damit die Vollaussteuerung durch Überschreiten der oberen Kennlinie gemeint und üblicherweise wird damit ein Transistor als Schalter betrieben (hier mehr dazu: https://www.electronics-tutorials.ws/de/transistoren/transistors-als-schalter.html).
Ein Transistor/Halbleiter als Verstärker wird aber stets so angesteuert, dass es ´brav´ in seinem linearen Bereich bleibt und die Kennlinien nicht überschreitet. Das haben sicher auch ´anno Tobak´ Neve und co nicht anders gehandhabt, womit ich keinesfalls in Abrede stellen möchte, dass die erwähnten Pulte Heradroom "vorn hier bis ultimo" hatten.
Seinerzeit war der schaltungstechnische Aufwand aber immens und die Bauteile, speziell hoch aussteuerbaren Halbleiter waren richtig teuer. Heutzutage sieht die Welt aber anders aus. Hoch aussteuerbare Transistoren und ICs/OP-Amps sind billige Bauteile geworden, und so wundert es nicht, dass selbst preiswerte Pulte u.a. heute oft einen sehr ordentlichen bis beachtlichen Headroom bieten.

Wenn die Halbleiter aber in die "Sättigung" gepegelt werden, clippt es, und das hört sich auch analog nicht unbedingt toll an - jedenfalls bei Halbleitern, Röhren bieten da bekanntlich zunächst musikalisch verwertbare Harmonische bis auch sie irgendwann schrill werden.

Bei digitalem Clipping, z.B. des AD-Wandlers geht es nicht um Sättigung oder Halbleiter-Clipping. Ab der 0 dBFS-Grenze hat der Wandler schlicht keine Zahlenwerte mehr zur Verfügung um sinnvolle digitale Werte auszugeben. Da kommt dann nur noch Zahlen-Murks heraus, der musikalisch eher nicht verwertbar ist.
 
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Fahr mal eine alte analoge SSL- oder Neve-Konsole in die Sättigung. Und dann mach mal dasselbe mit einem digitalen Yamaha 01V.
Das hat wenig mit Analog vs. Digital zu tun sondern mit dem Design der Preamps. Wenn du z.B Midas Preamps in deren Digitalpulten hast kannst du die gleich „hot“, also in die Sättigung, fahren wie bei deren analogen Brettern. Das Konzept von Yamaha ist da ein anderes, sowohl analog wie digital. Ein analoges Yamaha Pult willst du auch nicht in der Sättigung verwenden.
Hören ist ein subjektiver Prozess, in erster Linie geprägt von der individuellen Erfahrung und Psyche. ;)
Und genau das hat im Laufe der Geschichte immer wieder dazu geführt, dass neue Wege in der Klangerzeugung zu viel negativer Kritik geführt hat. Ich vermute mal, dass eine Kirchenorgel oder ein Piano auch nicht gleich auf einheitlich positive Resonanz der Zuhörer gestoßen ist. Das gleiche gilt wohl auch für elektrisch verstärke Instrumente wie Gitarren, geschweige denn von dem Teufelswerk von verzerrten Gitarren.
Den ersten Synthesizern wurde ein zu steriler, unnatürlicher Sound nachgesagt. Das lag wohl daran dass sie einen bestimmten Sound quasi unabhängig von der Tonhöhe erzeugen konnten. Etwas, das mit einem klassischen, „natürlichen“ Instrument nich machbar ist (obwohl Instrumentenbauer seit Jahrhunderten versuchthaben, genau das zu erreichen). Danach wurde deutlich mehr in die Entwicklung von Methoden gesteckt, dem Synthesizer mehr Natürlichkeit einzuhauchen, als es notwendig war um eine grundsätzliche Klangerzeugung zu bauen. Dann kamen Drum Machines, Synths mit digitaler Klangerzeugung, Sampler, Modeller, virtuelle Instrumente und was auch immer.
immer wieder wurde dann das neue sehr kritisch, im Sinne von abwertend, beurteilt, weil es doch nicht mehr einen guten, analogen, oder wie auch immer, Sound hatte. Dabei waren die so erzeugten Klänge einfach nur ungewohnt und man suchte eben einen Grund, warum das nicht gut ist. Nach einiger Zeit gewöhnte man sich an diese Sounds und konnte sie einfach in den kreativen Gestaltungsprozess einbinden, ohne mit negativen Beurteilungen rechnen zu müssen. Z.T wird diese, ich sags mal pauschalierend, Elektronifizierung Teil der gewünschten Klang-Ästhetik , z.B bei EDM oder auch Metal, wo z.B Drums für mich sehr denaturiert und dekonstruiert klingen.
aber haben diese Dinger einmal Einzug in die Hörgewohnkeiten gehalten, dann sind die damit produzierten Sounds wieder ok. Ich erinnere mich da an den Roland GP8, der so etwas wie ein Vorgänger heutiger Modeller ist. Der klang extrem steril und fast schon dünn. Trotzdem hat der, für mich, eine Zeit lang, so Mitte der 80er, den E-Gitarrensound, speziell den cleanen, mitgeprägt.
Im Bereich der elektronischen Klangerzeugung ist volldigital im Grunde immer perfekt.
wie gesagt, genau das sagte man auch über die ersten analogen Synthesizer;-)

soweit zur Klangformung.
die Klangübertragung ist für mich aber eine ganz andere Geschichte. Da ist es viel mehr der technische, denn der ästhetische, Aspekt der den Weg zur digitalen Verarbeitung geebnet hat. Analoge Aufzeichnungsverfahren waren immer mit vielerlei Problemen behaftet, seies übersprechen, Rauschen oder Verschlechterung der Audioqualität durch die Lagerung der Tonträger. Da brauchen wir gar nicht über Dinger wie Wartung und Instandhaltung der Teile zu reden. Tonträger waren zuerst Schallplatten, dann Tonbänder und später Compact-Cassette. Alke hatten so ihre Schwachstellen und waren extrem empfindlich im Umgang mit ihnen.
Das ganze wurde dann einfacher mit der digitalen Klangaufzeichnung.interessanterweise haben da zum einen Klassiker, Herbert von Karajan, zum anderen Musiker aus der traditionellen Musik, Ry Cooder, vieles voran getrieben. Zu Beginn der CD Ära gab es auf den CDs eine Angabe, wie die Aufnahme entstanden ist. A für einen analoge, D für einen digitalen, Produktionsschritt. Erfasst waren die Produktionsschritte Aufnahme, Mixing/Mastering und Tonträger. Also AAD wenn eine komplett analoge Aufnahme, z.B Beatles-Aufnahmen, auf eine CD übertragen wurden. Den beiden oben genannten gebührt meines Wissens nach die Ehre die ersten Aufnahmen mit DDD kennzeichnen zu lassen. Die nahmen bereits auf digitalen Mehrspurmaschinen (Mitsubishi DASH) auf um sie via PCM zu einem Stereomix zu verarbeiten, das dann auf der CD landete. Aus heutiger Sicht müsste da mindestens noch einige A dazu kommen, eines für analoges Aufnahmepult und eines für das analoge Pult auf dem das ganze gemischt wurde. voll digital vomAD wandler weg bis zur wiedergabe im Smartphone des konsumenten kamm erst viel später.
übrigens, warum die ersten CDs nicht soo prickelnd klangen hat für mich folgende Ursache. Damals hat man einfach die Masterbänder, die Ausgangsbasis für den Umschnitt auf die Schallplatte gedient haben, 1:1 digitalisiert und dann auf die CD gepresst. “Vergessen“ wurde aber dass beim Umschnitt noch ein kräftiger Kompressor verwendet wurde, denn der Dynamikumfang, der mit der Schallplatte erreichbar war, ist nicht sonderlich hoch, afaik um die 60 dB. Man wollte halt auch zeigen wie hoch der Dynamikbereich der CD ist. Heute ist das alles Wurscht, da bemüht man sich die Dynamik unter 0,0000001 dB zu bringen;-)
klar, es gibt dann zu jeder Bewegung eine Gegenbewegung. Durch den Einzug der digitalen Verarbeitung in einer DAW, die sehr viel Klarheit und weniger Unberechenbarkeit (in zweierlei Wortsinn, einmal weil digitale Signale besser berechnen lassen und zum anderen, weil analoge Komponenten deutlich mehr dazu neigen unvorhergesehenes bzw ungewolltes, zumachen) gebracht hat, hates dann wieder den Wunsch genau diese Unwägbarkeiten wieder ins spiel zu bringen. Gut ist für mich aber,dass man heute die Wahl hat, das eine oder das andere zu tun bzw zu benutzen. Ich denke keiner will mehr eine Minute warten bis sich die paar Studer 24-Spur Maschinen synchronisiert haben nachdem man auf Start gedrückt hat, nur weil maneben mehr als diese 24 Spuren verwenden wollte. Oder dass man dafür ein paar Meter Pult und noch mehr Meter Outboard-Equipment zum Mixdown brauchte. Obwohl so einige 19“ Racks voll mit altem Zeug auch recht nett anzusehen ist, aber da spricht wieder den Fan aus mir.
zu guter Letzt will ich noch erwähnen dass ich bei Live-Veranstaltungen, sollten die dann jemals wieder stattfinden, sicherlich nicht mehr auf all die Vorzüge der digitalen Klangverarbeitung verzichten will. Kein Hoffen und Bangen dass der Tisch und die Teile im Siderack sowie die Verbindungen dazwischen nicht herumzicken. Und wenn ich befürchten müsste, dass eine digitale Komponente mal komplett den Geist aufgibt (ist mir in den letzten 15 Jahre, in denen ich fast ausschließlich digital unterwegs bin, genau einmal passiert) kann ich es mir leisten ein, ebenfalls digitales, Backup im Wagen zu haben, vom Geld und Platz her. Und da sind mir Kommentare wie „also, diese Musik sollte man nur analog mischen“ von Ultra-Vintage-Fans ziemlich egal.
 
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Mir fällt da noch gerade zu ein, dass mich mein Chef vor vielen Jahren mal eine Software empfohlen hat, mit der man zum einen DRM Schutz umgehen konnte, und ganz nebenbei legale Kopien von Download-Songs anlegte. Wir beide hatten ein Napster Abo, und zu der Zeit - ich weiß nicht, ob das heute auch noch so ist - konnte man die Songs nur auf seinem PC abspielen, wo man mit Napster Account angemeldet war, bzw. auf dedizierten MP3 Playern. Die Software hieß Tunebite, sie machte nichts anderes als die bei Napster heruntergeladengen Dateien über die Soundkarte per AD—>DA Wandlung in nicht mehr DRM geschützte MP3s umzuwandeln. Da es sich auf diese Weise nicht um rein digitale Kopien handelte, weil sie einmal analog Status hatten, konnte man sie auch legal nutzen und sogar weitergeben, bis zu 7 Kopien waren als Grauzone geduldet, so hieß es zumindest.
warum bringe ich das hier an? Hatten diese Kopien an Qualität eingebüßt? Theoretisch ja, praktisch nein.
 
warum bringe ich das hier an? Hatten diese Kopien an Qualität eingebüßt? Theoretisch ja, praktisch nein.
Hmmmjein. Ich habe früh angefangen, meine CD-Sammlung zu digitalisieren, wegen Komfort und weil es das ganze eben transportabel macht. Daheim streame ich auch immer noch von meiner NAS, also nicht nur Streaming. Mit gutem Equipment stelle ich auch im Doppelblindtest Unterschiede fest.

Die MP3-Technik hat sich weiterentwickelt. "Heutige" Converter arbeiten besser als "damals" - dieselbe CD nochmal gerippt klingt selbst mit "altmodischer" 128er Bitrate besser als mein Rip aus 2001.

Aus wilden Tausch-Orgien in der Studentenzeit habe ich noch einen ganzen Stapel wirklich schlecht klingender MP3s aus allen möglichen Quellen. "Wirklich schlecht" ist hier als "deutlich schlechter als die CD-Version" zu lesen, sie klingen zu 95% natürlich viel besser als alles was es vorher auf Kassette gab.

Irgendwann habe ich dann meine CDs erst mit 320k erneut gerippt, und dann war's mir zu bunt (und Speicher billig) und jetzt ist es FLAC. Hier sind die Unterschiede in fast allen Fällen marginal, je nach Stück findet man aber doch noch Unterschiede. Und natürlich nutze ich Streamingdienste, aber auch dort kriege ich halt selten ein unbearbeitetes Signal wie direkt von der CD. Die fummeln alle irgendwie rum, am Pegel, Kompression, usw usw.

Wer sich den Spass mal geben will: https://www.npr.org/sections/therecord/2015/06/02/411473508/how-well-can-you-hear-audio-quality

(Und als Kontrapunkt: ich kaufe auch Vinyl, weil es mir als Erlebnis Freude bereitet. Sich hinsetzen und mal eine Plattenseite durchlaufen lassen, dabei nix machen außer Cover anschauen und hören). Erlebnis-Qualität > Sound-Qualität)

Im Musikmachen-Bereich ... ganz privat ... geht für mich nix über kleinen Röhrenamp an, Kabel direkt aus der Gitarre da rein, und mit diesem einen Ton spielen. Im Band-Kontext bleibe ich da gerne nah dran (am meisten Spaß habe ich wenn ich nur mit einem Booster, ansonsten nur mit Reverb/Tremolo und dem Amp arbeite), aber je nach Musikrichtung hatte ich schon alle möglichen Pedale drauf. Weil's meiner Meinung nach egal ist, bzw. im Gesamtsound nicht entscheidend.

Zum Recording finde ich das Statement hier interessant, gebt euch das ab 17:20 mal für 2 Minuten oder so:


Und letztlich - mein Mantra - haben wir da die Psychoakustik. Wenn man nur den Sound hört, sei es im Proberaum oder bei einem Konzert oder von CD, und nicht weiß, was da den Klang erzeugt hat, dann geht man "unvoreingenommen" rein. Wer hat sich schon mal ne CD angehört und gedacht "aha, Strat mit Rosewood-Fingerboard und 9er Saiten"? Andererseits, wenn man halt die digitale Kiste da stehen sieht, dann erwartet man halt irgendwie einen digitalen Sound, bewusst oder unbewusst. Es ist verdammt schwer, eine Situation der Unvoreingenommenheit oder Unkenntnis zu schaffen, in der man einfach nur hört und urteilt. Da ist dann schon interessant, wie "warm" ein voll digital erzeugtes und verarbeitetes Signal klingen kann, und wie "kalt" komplett analog.

Was will ich sagen: Man muss aktiv versuchen, die Ohren offen zu halten, sich des Settings und der Vorurteile bewusst sein ist ein Schritt dazu. Erlaubt ist, was gut klingt - und da gehen die Meinungen immer auseinander. Das ist gut und richtig so, und wird immer so bleiben.
 
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Meine CDs aus dieser Zeit, teilweise sogar noch ältere, funktionieren alle noch einwandfrei. Aufgegeben hat allerdings mein erster CD-Spieler aus den 80ern. Das war ein YAMAHA Natural Sound irgendwas. Mechanisch und elektrisch völlig in Ordnung, klappte irgendwann das Abtasten der CDs nicht mehr. Egal, ob alte CD oder neueste Produktion.
Ja, so ging es mir auch mit meinem ersten CD Player, einem 1.500,- DM teuren Sony. Alle, wirklich alle CDs laufen noch heute einwandfrei auf meinem 5 Jahre alten YAMAHA Player. Selbst die selbstgebrannten Kopien meiner Originale, die ich fürs Auto & Urlaub benutze.
 
Zuletzt bearbeitet:
Meiner Meinung nach ist es auch eine Frage der Sozialisation: bin mit der Musik der Mitte 1960er bis Ende 1970 groß geworden, also voll analog. Da brummte und rauschte es auch schonmal und manche Live Aufnahme klang wie aus der Garage: auf Anhieb fällt mir als negativ Beispiele: Grand Funk Railroad - Live oder Ten Years After - Live u.v.a.m. ein. Der Unterschied wird deutlich, wenn man später die Aufnahmen remastered auf CD besorgt und aus dem früheren Brei auf einmal Instrumente lokalisieren kann. Soweit ein Hoch auf die CD !
Aber die Musik war handgemacht und man konnte schon, wenn man denn wollte, auch saubere Töne von der Bühne kriegen, wenn nicht alles voll übersteuert wurde und genug Headroom verblieb, was auch heute noch ein Problem sein kann, wenn der FOH pennt oder keine Ahnung hat von der Musik die er da mischen soll.
Was mir nicht so gut gefällt ist das stetige Gefasel von Modeling/Emulation/digitaler Kopie von analogen Instrumenten: die seien heute teilweise besser, als die Originale...:opa: Das ist Marketinggefasel: nichts ist besser als das Original !

Habe eine Hammond SK vor 5 Jahren zum Wiedereinstieg ins Orgeln (nach 40 Jahren) bekommen und hatte gleich "Probleme" mit dem Sound, was ich zunächst auf die Monitorlautsprecher schob. Nachdem "gute" Studiomonitore angeschafft waren, wurde es nur in bestimmten Bereichen besser: Jazz im Jimmy Smith Sound.
Sobald Rock mit OD gefordert war war Ende Gelände, auch bei den vorprogrammierten Sounds, die in den Demo YTs so toll klangen. So nach und nach kam denn für mich nach viel Suchen und Recherchieren heraus: den richtigen Rock-Sound, so wie Du ihn früher auf den Konzerten Live erlebt hast, geht nur mit Röhrenleslie. Und den hab ich jetzt: VOLL ANALOG ! auf Seiten der Wiedergabe, bei der Klangerzeugung voll digital, Hybridtechnik sozusagen. Viele Profi Hammond Organisten machen genau das: Hammond oder Nord Clonewheel mit Leslie 145/147 dahinter. Beispiele: Sam Avila (Walter Trout), Sven Figee (Sven Hammond), JJ Kravets (Panikorchester). Meine Erfahrungen dazu findet ihr hier: http://www.antarktis-arktis.de/HAM_Geruehrte Luft.htm und im Folgeartikel.
Die Dents der analogen Technik, wie schlechte Netzteile, Rauschen, Brummschleifen etc. können wir heute weitgehend ausmerzen. Liebgewonnene Instrumente von +160kg können durch 10-20kg schwere ersetzt werden. Die Lautsprecherkette nebst Röhrenamp läßt sich noch nicht vollständig ersetzen. Das "Leben" darin kann man noch nicht befriedigend emulieren?!
Fazit: man nimmt das Beste aus beiden Welten :m_key:
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Bereich der elektronischen Klangerzeugung ist volldigital im Grunde immer perfekt.
Ich denke diese Aussage, birgt ein großes Missverständnis Potenzial.
Das was „physikalisch/mathematisch“ perfekt ist, klingt in unseren Ohren eben nicht auch besonders wohlgefällig. Da sind wir immer noch von der Evolution geprägt, wo solche perfekten Klänge nie vorkamen. Wir mögen es mehr, wenn es etwas ungenau und verstimmt ist. Das ist wie das Salz im Essen. Zuviel ist ungenießbar und giftig, ohne ist es fade.
Digital wäre dann wie ein Essen ohne Salz. Jetzt könnte natürlich etwas digitales “Salz“ helfen. Da aber den richtigen Geschmack zu treffen, ist vielleicht komplexer als man denkt, weil eben nicht nur Salz sondern auch etwas Bitter, Sauer, Scharf, Süß und ... ist, das im übertragenen Sinn den wirklich „perfekten“ Klang ausmacht.
 
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Schön, dass die Diskussion weitergeht.

Aber digital ist mit Nichten immer perfekt, es sei denn, 0 und 1 würden auf ein Problem perfekt passen. Auch digital erzeugter Klang ist am Ende analog. Nur wird er eben mit digital abgebildeten Modellen oder verarbeiteten Samples generiert. Ich kann dabei perfekte Modelle nutzen, oder die Imperfektion der realen Welt abbilden, soweit das sinnvoll ist. Wenn einem das Ergebnis nicht gefällt, kann das viele Gründe haben:

1. Die A/D oder D/A-Wandlung ist nicht ausreichend akkurat
2. Die Modelle sind zu ideal oder zu wenig realitätsnah
3. Bei der digitalen Verarbeitung entstehen unerwünschte Artefakte
4. Wir wollen aus kompakten 8" Speakern das Schallerlebnis erfahren, wie es ein geöffneter Konzertflügel oder eine dynamisches Leslie abstrahlt
5. Wir hängen an der analogen Vergangenheit und sind daher voreingenommen
6. ...

Bei 1 bis 3 ist heute schon wahnsinnig viel erreicht worden, das ist nicht mal mehr eine Frage des Geldes. Zu Punkt 4 passt die Lösung von @AchimK, oder man muss halt mit Kompromissen leben. Von 5 kann ich mich selber nicht ganz frei machen, wobei ich ganz klar zugeben, dass bei mir die Gefühlsfrage an erster Stelle steht. Technisch gehe ich Kompromisse bei der Schallwandlung ein, weil ich mir kein Leslie in die Bude stellen will. Was mich am meisten stört, sind alle zusätzlichen Latenzen, die durch die Digitalwandlung und -verarbeitung zu den reinen Laufzeiten hinzukommen. Da haben andere wieder überhaupt keine Probleme mit...

Schönes Wochenende,
glombi
 
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Das was „physikalisch/mathematisch“ perfekt ist, klingt in unseren Ohren eben nicht auch besonders wohlgefällig. Da sind wir immer noch von der Evolution geprägt, wo solche perfekten Klänge nie vorkamen. Wir mögen es mehr, wenn es etwas ungenau und verstimmt ist.

Das ist weitgehend korrekt, wobei sich die menschliche Vorliebe für "Ungenauigkeiten" nicht ausschließlich evolutionär, sondern auch informationstheoretisch erklären läßt:
Klänge ohne minimale Abweichungen (z.B. in Obertonspektrum, Amplitude und Frequenz, wie beim "analog" erzeugten Gesangs- oder Instrumental-Vibrato) erzeugen ob ihrer Gleichförmigkeit und dem damit verbundenen Wegfall neuer Informationen schon nach kürzester Zeit Redundanz, was - wie bei der permanenten, gebetsmühlenartigen Wiederholung einer sprachlichen Aussage - dazu führt, dass wir Klänge ohne "zusätzlichen Kick" sehr schnell als langweilig empfinden, innerlich abschalten und bestenfalls noch hören, aber nicht mehr hinhören.

Außerdem - und das ist in der Tat evolutionär bedingt - haben wir keine emotionalen Verhaltensmuster für Klänge ausgebildet, die in unserer natürlichen Umwelt ursprünglich nicht vorkamen. Selbst bei zeitlich nur sehr kurzen, aber "realen" Klängen hat uns die Evolution dahin gebracht, nicht nur in Sekundenbruchteilen präzise zwischen anthropogenen (von Menschen erzeugten) und nicht anthropogenen (z.B. Tierlaute, Donnergrollen) Schallereignissen unterscheiden zu können, sondern darauf gegebenenfalls sofort mit elementaren Handlungs- und Emotionsmustern reagieren zu können.
Und was das "Wohlgefallen" an bestimmten natürlichen Klangäußerungen betrifft, wie z.B. einem "erregt" (oder eher "erregend"?) an- und abschwellenden Vibrato oder einer "hauchig-heiseren" Stimme (wobei die emotionale Wertung der Stimmfarbe überwiegend durch Sozialisation erlernt, d.h. kulturell bedingt ist), dürften sich hier teilweise auch jene Evolutionsmechanismen niederschlagen, die für den Fortbestand der Spezies gesorgt haben.

Dass stimmliche Signalwirkungen bisweilen von einigen Menschen sogar als "zu menschlich" empfunden werden können, zeigt der kuriose Fall der italienischen Schauspielerin Monica Vitti, deren rauchig-brüchige Stimme einigen Produzenten wohl so "eindeutig zweideutig" erschien, dass man sie im sittenstrengen Italien der 1960er unter dem Vorwand, sie klänge "zu ordinär" durch eine weniger verfängliche Stimme neu synchronisieren ließ. Das war dann wohl einer der eher seltenen Fälle, wo etwas für gewisse Leute definitiv "zu analog" klang.
 
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@OckhamsRazor ...gehört jetzt nicht primär zu digital vs analog, aber “Verzerrung“ ist auch so ein „Klang-Flavor“, das uns evolutionsgetrieben „anregt“. Entwicklungsgeschichtlich bedeutete, dass wenn unser Ohr „übersteuert“ wird (Trommelfell kann nicht weiter auslenken und produziert auch nur noch „Rechtecke“) besteht idR. größte Gefahr.
Heute sind wir da sehr viel gelassener und an hohe Lautstärke auch jenseits des Gesunden gewöhnt, aber nichtdesto trotz wirken verzerrte Sounds immer noch „erregend“ und erwecken unsere erhöhte Aufmerksamkeit.
Um dann doch wieder den Bogen zum “Mäkeln„ an digitalen Sound zu finden. Hier wird natürlich bei digitalen Aufnahmen sehr bewusst auf (wieder „perfekte“...) lineare Verstärkung geachtet, bzw. wird es sehr unschön, wenn digitale Aufnahmen übersteuert sind. Das macht eine analoge Bandmaschinen wieder viel wohlklingender...

@glombi ...ich verstehe irgendwie Deinen Standpunkt/Intention noch nicht so recht.
Meinst Du, dass es auch digital möglich sein muss, dass alles mindestens so „gut“ klingt wie analog?
Das sollte doch klar sein: ist letztlich alles eine Frage der Daten Menge.
Nur stösst für mich die Sinnhaftigkeit des ganzen Aufwand auch an Grenzen. Wenn ich analogen Sound möchte -mit all seinen „Fehlern“- dann mache ich den auch so, bevor ich drei Rechenzentren brauche, um das authentisch reproduzieren zu können. Sind dafür nur drei Chips notwendig (Digitaldelay z.B. ...), dann ist digital für mich eine gute Alternative. Ich find den Yamaha DX7 ein tolles, ikonisches, eigenständiges Instrument, das genauso wie es ist, gut ist. Ich sehe da wieder kein Schwarz/Weiß.
Die andere Frage ist der (ferne) Blick in die Zukunft. Wird da analog so unbedeutend sein wie heute ein Germanuim Transistor? Wer weiß? Immerhin sind Fuzz Pedal heute noch die wohl einzigen elektronischen Geräte, wo man die letzten noch verfügbaren Ge-Transitoren mühevoll zusammen fegt.
 
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Wir hängen an der analogen Vergangenheit und sind daher voreingenommen
Voreingenommenheit ist imho eine grundlegende Eigenschaft aller Menschen. Jeder Mensch schätzt Situationen möglichst schnell ein und da hilft diese Eigenschaft. Aber was der Großteil der Menschen auch kann ist, diese vorgefasste Meinung aufgrund von weiteren Erkenntnissen zu verändern. Aber das ist eine andere Geschichte.
Wie ich oben schon gemeint habe, sind wir alle es gewohnt, klassische Instrumente als schön zu empfinden und auch eine gewisse Gleichmäßigkeit im Klang erkennen zu wollen, obwohl diese Gleichmäßigkeit so nicht auftritt. Schon mit den analogen Synthesizern wurde dieses Ungleichmäßigkeit klassischer Instrumente nur dann annähernd erreicht wenn man sehr viel Aufwand in das "natürlicher machen" gesteckt hat. Das glecihe gilt halt inzwischen auch für all diese digitalen Nachbildungen klassischer Instrumente genauso wie für analoge Schaltungstechniken. Und weil es sich um Nachbildungen handelt so wird immer ein Übertragungsverlust entstehen.

Es ist wie bei der Übertragung der Realität in ein Bildnis. Zuerst war da die Höhlenmalerei, dann kamen die Maler von Bildern und die Bildhauer, irgendwann gabs Schwarzweiß Photographie, dann kam Farbe, Bewegtbild bis zur 3D Geschichte. Auch das was da in der Graphik von Computerspielen passiert ist im Laufe der Zeit immer mehr verfeinert worden. Allen gemein ist dass es eben "nur" ein Abbild der Realität ist. Vielfach ist das Abbild derart kunstvoll verfremdet, dass es gewisse Aspekte der Realität mehr als andere hervorhebt und somit eine ganz andere Wahrnehmung im Betrachter erzeugt. Man denke da nur an die Intensität von alten Film noir Meisterwerken, die gerade durch den Mangel an Farbe im Bild so groß ist.

So, oder so ähnlich, passiert das wohl auch mit der Abbildung von realen Instrumenten derzeit und wohl auch in Zukunft. Da wird es gewisse Aspekte geben, die gut getroffen werden, andere nicht. Und je nachdem was da der Konsument sich erwartet kann er enttäuscht oder inspiriert sein. Und seien wir uns mal ehrlich, meist sind die sog. Moneychannels nicht die, die irgendwie modelliert, simuliert oder generiert werden. Wen interessiert es ob die Hammond im Hintergrund eines Songs nun echt oder vom Softsynth kommt?
 
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@AchimK
Ich finde das faszinierend. Kannst du das genauer beschreiben? Warum ist das für dich wichtig? Welchen Unterschied macht es für dich? (Wenn deine Antwort in Richtung "Softsynth klingt einfach nicht echt genug" geht, würde ich erwidern "Na und? Wichtiger als 'echt oder nicht' ist doch, ob der Klang zum Song passt," und wir würden auf Ewigkeiten aneinander vorbeireden...) Anders formuliert: Was bewegt dich an der Thematik?
 
Na klar, einen gibts immer;)
Zum einen gehts aber oft weniger um das Detail sondern mehr um die Idee dahinter. Etwas das Hardcore-Fans eines Instruments so nicht wahr haben wollen. Aber gut.
Einen Aspekt darf man aber auch nicht ganz außer Acht lassen. Viele dieser Nachbildungen von "echten" Sound haben dann ihren eigenen Charakter trotz, oder vielmehr weil, sie das "Original" nur unzulänglich imitieren konnten. Besagte Hammond war ja auch nur eine unvollkommene Nachbildung einer Kirchenorgel und als einfacher, transportabler Ersatz dafür gedacht. Jahrzehnte lang hat der gute alte Hammond dann versucht das störende Klicken vom Anschlag weg zu bekommen, weil das ja so bei Kirchenorgeln nicht auftrat. Inzwischen hat sich das aber dermaßen etabliert, dass es, als dann ein Modell ohne dem Klick raus kam, die ganzen Hammondjünger entsetzt aufschrien.
Oder nehmen wir das E-Piano von Rhodes oder Wurlitzer. Auch damit wollte man einen einfacher zu transportierenden Ersatz fürs Klavier haben. Inzwischen ist es ein eigenständiges Instrument geworden. Und selbst eine, durchaus unzulängliche, Imitation dieser Imitation erlangte durchaus Weltruhm, nicht zuletzt als Instrument für den Opener einer amerikanischen Fernsehserie. Oder die ganzen Drumcomputer und Sample Sounds die es dann eigenständig, fast schon neuen Instrumenten, wurden.
Sounds und Geschmack ist durchaus etwas das mit Gewöhnung zu tun hat. Nur wer sich gegen neues komplett verschließt (bei uns heisst es "Wos da Baua net kenn, des (fr)isst er net") wird diese Erfahrung der Entdeckung so nicht machen. Ich persönlich finde es als durchaus gut, wenn neue Technologien immer wieder in den kreativen Schaffungsprozess eingebunden werden. Mag sein, dass es anfangs eine Imitation bestehender Dinge ist, aber dank der unbändigen Kreativität werden sicher immer wieder neue Wege beschritten. Ich bin da mal gespannt was da noch so auf uns zukommt.
 
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