Warum finden manche Menschen das Akkordeon schrecklich?

Verzeiht mir Unwissendem und falscher Meinung Anhängendem... was ist an Gallianos Bach Interpretationen kritikwürdig?

Mir persönlich ist es zu viel Bach in normaler Standard-Bach-Besetzung und viel zu wenig Akkordeon. In ganz vielen Passagen ist das Akkordeon nicht zu hören und die Interpretation ist einfach ganz langweilig brav. Also Bach, wie man ihn kennt, aber keine Offenbarung, weil anders.
 
Als Kind hatte ich auch nicht so die Wahl. Wir hatten ein 32 Student im Keller
So ähnlich war es bei mir auch. Meine Tante hatte ein Akkordeon auf dem Dachboden, sie selbst und einer ihrer Söhne wollten und konnten nicht so recht. Aber weil das Ding da war, mussten ich und meine Schwester ab der 2.Klasse ran. Hohner hatte ja viele Leute als Akkordeonlehrer ausgebildet und die verdienten in den 1970ern in den kleinsten baden-württembergischen Dörfern ihr Geld mit Ländler- und Polka-Unterricht an Grundschulkindern. Meinen Mitschülern hat mein Spielen übrigens gefallen, die fanden das Instrument interessant und gar nicht schrecklich. Ich merkte nur, dass es einen Unterschied gab zu den Kindern, die klassischen Klavierunterricht hatten. Weil das der Klassenlehrerin gefiel, durften die beim Abschluss in der Grundschule spielen, ich und mein Akkordeon hatten zu schweigen. :-(

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Off Topic: Wo ich das lese, gerate ich bei der Wendung "im Keller" ins Stocken. Mein Großvater väterlicherseits hatte nach dem 2. Weltkrieg bei der Flucht aus Ostpreußen ein Akkordeon dabei. War eine kleines Knopfakkordeon, das bei uns im Keller stand, ihr würdet vermutlich sagen - eine Steirische. Hat Hohner vor dem 2. Weltkrieg die Dinger auch auf das platte Land in the middle of nowhere in Richtung Ostpreußen vertickt? Weiß da jemand Bescheid?
 
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Um noch mal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Manche finden das Akkordeon schrecklich, weil es ein gar nicht so großes, aber sehr lautes Instrument ist. Es gibt da m.E. Parallelen zum Banjo ... :mad:
Hinzu kommt, dass ziemlich viele Leute mal eher ungewollt mit einem verstimmten und nicht gerade virtuos gespielten Akkordeon konfrontiert wurden. In Verbindung mit der Lautstärke ein tödlicher Cocktail.
 
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Ich fürchte, ich weiß, wen Du meinst.

Hallo INge,

Ich kenne den Mann und ich habe die gleiche Meinung wie Du. Ich denke aber, dass auch ein falscher Prophet zu Gott zu führen kann!! Die einzige Voraussetzung ist ein kontinuierliches musikalisches Wachstum und regelmäßige Übung.

Gruß,
Vladimir
 
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Mir persönlich ist es zu viel Bach in normaler Standard-Bach-Besetzung und viel zu wenig Akkordeon. In ganz vielen Passagen ist das Akkordeon nicht zu hören und die Interpretation ist einfach ganz langweilig brav. Also Bach, wie man ihn kennt, abe r keine Offenbarung, weil anders.
Ich würde ja gerne mal eigene Vergleiche anstellen. Ich habe so eben Gallianos Bach-Medley bestellt :D. Beethoven und anderen affin, habe ich kaum was von Bach in meiner Bibliothek. Welche Bach CD müsste ich dazu erwerben, um zumindest mit einer der Galliano Interpretationen vergleichen zu können?

Was das "zu wenig Akkordeon" angeht, habe ich mich ja schon bezüglich der Akkordeon-Orchester geäußert. Ein Mund voller Negerküsse (sorry, Schaumküsse) bringt mich zum Würgen.
 
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Da sehe ich durchaus eine Parallele zum Bass... ;)
Hallo Talent frei

Offen gestanden kapiere ich die Bassisten Witze so gar nicht.

He he wie dem auch sei. Ich weiß manchmal nicht ob ich Akkordeon oder jetzt doch lieber Gitarre spielen möchte. So unentschlossen


Toni
 
Mein Großvater väterlicherseits hatte nach dem 2. Weltkrieg bei der Flucht aus Ostpreußen ein Akkordeon dabei. War eine kleines Knopfakkordeon, das bei uns im Keller stand, ihr würdet vermutlich sagen - eine Steirische.
Nein.

Hat Hohner vor dem 2. Weltkrieg die Dinger auch auf das platte Land in the middle of nowhere in Richtung Ostpreußen vertickt? Weiß da jemand Bescheid?
Ja.
 
Hallo Torquemada,
Du kannst ruhig ein bisschen ausführlicher werden. Was heißt "nein"? Ich lasse mich gern belehren. Meinst du, dass es keine Steirische war? Soweit ich mich erinnere, hatte das Teil rechts drei Knopfreihen und gab auf Zug und Druck andere Töne von sich. Die Bässe waren auch auf Zug und Druck anders. Ich bin ein Piano-Man und kein Knopffachmann und verstehe von den Knöpfen nicht so viel.
Grüße, Bernd
 
Das war keine Steirische (im heutigen Wortgebrauch). Steirische sind eine Entwicklung der 1970er-Jahre. Was da im Keller stand, war ein (dreireihiges) diatonisches Akkordeon. Das kann von Hohner gewesen sein (dann war's eine Corona, wie sie z. B. in Mexiko und in Texas



das Standardakkordeon ist), muss aber nicht. Hohner (und die anderen Hersteller) haben schon seinerzeit in die ganze Welt exportiert. Oben mein Videobeispiel aus Neufundland mit den alten tanzenden Männern zeigt ein einreihiges diatonisches Akkordeon von Hohner. Puckilieses angolanisches Beispiel im Strang nebenan zeigt ein zweireihiges diatonisches Akkordeon von Hohner, wie es traditionell aber auch in England



und Skandinavien und bis vor ein paar Jahren auch in Frankreich üblicherweise gespielt wurde. Das sind in den jeweiligen regionalen Musikkulturen schon lange übliche Instrumente, und der Bedarf wurde häufig aus Deutschland gedeckt. Also ja: Hohner hat mit Sicherheit auch Instrumente in Ostpreußen verkauft. (Oder ich verstehe deine Frage einfach nicht.)

Edit: Und es gab natürlich auch in anderen europäischen Ländern Akkohersteller. Bekannt sind an diatonischen Typen z. B. die Petersburger Harmonika (gespielt heute in Litauen):



die Saratower Harmonika:



-- und sowieso die Akkoproduktion in Tula. In Italien spielen sie heute in der Regel anderthalb- oder zweireihige Instrumente aus mehr oder minder lokaler Produktion.

 
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Ich frage mich das nicht mehr. Es ist auch ziemlich egal, welches Instrument ich spiele, ob Mundharmonika oder Konzertina oder Akkordeon oder Orgel, und was ich darauf spiele: Alle Bekannten und Verwandten finden es einfach schrecklich. War schon immer so
Wahrscheinlich hängt das nicht vom Instrument ab, sondern von den unergründlichen Erwartungen der Zuhörer. Ich habe z. B. mit einem prinzipiell coolen Instrument angefangen. Zu Beginn habe ich einstimmige Melodie gezupft, das klang nach nichts. Dann später egal wo, erwarteten Freunde und Verwandte wohl, die ihnen bekannten coolen Gitarrensongs zu hören. Im Sportverein o. ä. wäre Gesangsanimation das richtige gewesen, in der Schule war Gitarre auch nur was, wenn man die aktuellen Popsongs spielen konnte - ich habe aber klassische Gitarre gelernt. Für den Musiklehrer war ich mit diesem Instrument praktisch gar nicht vorhanden, denn nur Orchesterinstrumente wurden Ernst genommen. Alles andere war quasi nicht existent. Später lernte ich Mandoline ("das klingt aber nicht schön") und Banjo ("ist so laut").
Akkordeon war durchaus innerhalb meiner Wahrnehmung: im Sportverein mussten wir zu Beginn und Ende immer der Größe nach an der Linie antreten und je ein Lied mitschmettern. Das begleitete ein alter Nazi mit dem Akkordeon. Er spielte nicht schlecht, aber die Lieder waren etwas antiquiert, die Situation gab kaum Anlass zur Freude und die (auch politische) Grundeinstellung von Akkordeonist und Abteilungsleiter wurden uns ungefragt untergejubelt. Das bleibt auch am Instrument an sich hängen. Wenn der alte Herr aber Zither oder Klavier oder sonstwas gespielt hätte wäre es auch so gewesen.
 
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...Welche Bach CD müsste ich dazu erwerben, um zumindest mit einer der Galliano Interpretationen vergleichen zu können?...
das wird so einfach nicht gehen, weil die Originale für verschiedene Instrumente geschrieben sind und die in der Regel nicht auf einer CD zu finden sind. Auf CDs ist dann eher Musik für gleich(artige) Musikinstrumente zusammengefaßt.

Erschwerend kommt bei Galliano noch dazu, daß die wohl gemerkt haben, daß das Akkordeon nicht in jedem Fall als Ersatz für das Original-Solo-Instrument dienen kann - die Teile der Komposition haben die dann einfach weggelassen...


Wohlgemerkt, das ist handwerklich auf hohem Niveau gemacht, aber ich weigere mich zu glauben, daß ich das mögen muß.
 
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aber ich weigere mich zu glauben, daß ich das mögen muß.
Da hast Du völlig recht. Mögen ist eine ganz persönliche Angelegenheit und niemand muss irgend etwas mögen - selbst wenn es von jemand so Hochkarätigem wie Galliano ist.
Zwiespältig ist z.B. bei mir das Empfinden bei "Bach Vertical" von Denis Patkovic und Stefan Hussong. Einerseits wunderschön gespielt. Andererseits auf Dauer (d.h. Dauer der gesamten CD) irgendwie langweilig ... Sehr gut gefällt mir dafür die "Gold Mine Variations / Goldberg Variations" von Patkovic Solo.
 
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im Sportverein mussten wir zu Beginn und Ende immer der Größe nach an der Linie antreten und je ein Lied mitschmettern. Das begleitete ein alter Nazi mit dem Akkordeon.

ich dachte immer daß man im Sportverein Leibesübungen durchführt...:m_git1:

Nazi und Akkordeon...das Image wird hier ja immer besser...

Bald ist Wochenende, nur noch 3 Tage :m_conga:

Toni
 
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.. Nazi und Akkordeon...das Image wird hier ja immer besser...
Toni

jetzt sagt blos Ihr habt keine deutschen Märsche im Akkordeon-Repertoire? :igitt:
Aber bitte zackig gespielt und am besten mit Tutti registrieren um den Schrecken des Akkordeons über einer flüchtenden Zuhörerschaft zu verbreiten! :evil: :D
 
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Salut,

ich glaube daß in dieser Diskussion "warum finden manche menschen...." ein Aspekt nicht ausreichend gewertet wurde.
Es gibt Menschen denen einfach nur der Klang des Akkordeons körperlich zuwider ist, denen es wirklich beim Hören und Fühlen des Klangspektrums eines Akkordeons mit seinen vielfältigen Obertönen übel wird, reißaus nehmen. Dies hat nichts mit der Art der Musik welche darauf gespielt wird zu tun.
Leider habe ich so einen Fall hier in der Wohnung:(. Zusätzlich ist natürlich auch noch das Klischee des Prolo-Primitiv-Instrumentes vorhanden. Doch ich spiele Bach, Händel und Klezmer sowie Balkan Musik darauf, Musikrichtungen die zumindest teils auch von meiner Frau gemocht werden, doch sobald die ersten Töne aus dem Akkordeon erschallen entwicket sich in ihr so ein körperliches Unbehagen, daß sie reißaus nimmt, auch wenn ich nur eine Händel Fuge spiele.
Es hat auch was mit den Schwebungen zu tun, in den reinen Chören ist es ihr eindeutig weit weniger unangenehm, sobald eine Schwebetonreihe mitgeschaltet ist, ist es ihr absolut unerträglich.
Aber Schwebungen treten auch schon in den reinen Chören auf, da nämlich die Obertöne teils vom Grundton erheblich abweichen und so auch schon Schwebungen bewirken - und da das Akkordeon eine Menge Obertöne erzeugt, kann es sein daß dieser Effekt deshalb besonders zum tragen kommt.
Das Gleiche empfindet sie übrigens bei den Obertongesängen rumänischer Frauenchöre.
In geringem Maße kann ich das nachvollziehen, so ein wenig in dieser Richtung empfinde ich beim Hören einer Hammond-Orgel mit seinem Gewaber.

Es lebe die Tol(l)eranz

Grüße

Roland
 
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Das ist der Beweis. Auch Metall Fans sind fürs Akkordeon zu begeistern.

 
Cantulia, genau das glaube ich auch. Die Obertonstruktur des Akkordeons löst bei einigen Menschen Unbehagen aus. Ich erinnere mich noch an meine Atlantik. Wenn ich das Instrument Tutti registriert und einen einfachen Akkord (C-E-G) in den tiefen Lagen im Diskant gespielt habe, bekam ich das kalte Grausen. Genau das machten aber viele Akkordeonisten früher bei den Vereinsfesten, weil das Instrument dann so schön laut und unüberhörbar war. Ich habe dann immer mitgelitten.
 
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Nicht umsonst wird es auch "Schweineregister" genannt.... :D :D :D
 
Grund: Überflüssiges Komplettzitat des Vorgängerbeitrags entfernt
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