Nun ist es aber wohl kaum der Bestimmungszweck einer Backofenpizza, in einem TV-Spot oder eine Zeitungsanzeige abgelichtet zu werden. Ne Pizza konsumiere ich durch das Einverleiben.
... und bevor ich das nicht getan habe, kann ich zwar vermuten, aber eben nicht wissen, ob sie mir schmeckt. Und diesen Unterschied sehe ich eben auch zwischen der Bewertung eines Gitarrensounds per YT-Clip oder durch eigenes Ausprobieren.
Ich nutze YT-Clips durchaus auch, um den Markt zu sondieren und einen ersten Eindruck zu gewinnen, ob das jeweilige Gerät etwas für mich sein könnte, wenn ich etwas in der Art suche. Aber da sind bei der Aufnahme natürlich viel zu viele Rahmenbedingungen gegeben, die sich von meinen unterscheiden, als das eine verbindliche Beurteilung möglich wäre.
Und hier bringst Du exakt auf den Punkt, wo für mich das entscheidende Kriterium liegt:
(...) natürlich Unterschiede bestehen, die man als Zuhörer nicht unmittelbar hört, für den Spieler aber von hoher Bedeutung sind und seinem Spiel und seinem Vortrag förderlich sein können. Da es sich hierbei aber um höchst subjektive Empfindungen handelt, sind sie einer objektiven Betrachtung eben nur sehr bedingt zugänglich.
Das ist eben das, was
@wary oben als "Interaktion" beschrieben hat. Also eine Gesamterlebnis, bei dem der Klang ein Aspekt ist, dass Spielgefühl ein weiterer.
Der Sinn und Zweck eines Amps ist es, die Gitarre klanglich ansprechend zu verstärken bzw. einen Sound zu erschaffen. Ein bestimmungsgemäßer Einsatz ist nunmal die Aufnahme.
Ein bestimmungsgemäßer Einsatz. Wer schon mal im Studio (mit Hardware ...) aufgenommen hat, weiß, dass es nicht einfach ist, den Sound so einzufangen, wie man ihn vorm Amp/Cabinet hört. Wenn ich im Studio war, haben wir viel mit Mikrofonierung probiert, am Ende habe ich immer auch Einstellungen am Amp geändert, um das in der Regie zu hörende Ergebnis dem anzunähern, was mir vorschwebte. Wodurch der Amp dann im Aufnahmeraum auch nicht mehr exakt so klang, wie ich ihn ursprünglich "für mein Ohr" eingestellt hatte. Das war also ein Kompromiss.
Insofern verstehe ich, wenn man beim Recording direkt mit Kemper, AxeFx oder PlugIns arbeitet, das erspart eine Menge Arbeit und da dürfte - hier schließe ich mich der Mehrheitsmeinung durchaus an - der Unterschied zu einem mikrofonierten Amp spätestens im Mix nicht mehr zu unterscheiden sein.
Was da lediglich noch für den Einsatz des klassischen Setups spricht, ist, das man die handwerkliche Herangehensweise und das dafür nötige Know-How schätzt, bzw. unter Beweis stellen will - weil einen die klassische Herangehensweise, mit der knapp 40 Jahre lang alle Meilensteine der Rockmusik erzeugt wurden, einfach mehr motiviert oder inspiriert oder dem eigenen künstlerischen Anspruch näher kommt. Ich fand es z.B. auch immer angenehmer und "leistungsfördernder", im Aufnahmeraum einzuspielen und nicht vor den Monitoren in der Regie. Ich fand, dass das dem Timing förderlich war, weil ich einfach noch dichter am Signal war (Latenzen sind bei Metal um die 200 bpm schon ein Faktor).
Das ist vielleicht nach nicht alles rational bewertet - aber worum geht's beim Musikmachen?
Ich denke, die meisten Gitarristen würden sich auch dagegen verwehren, wenn einem der Produzent die Les Paul wegnimmt und eine PRS oder Music Man in die Hand drückt mit dem Argument: "Moderner, vielseitiger, klingt besser. Macht man heute so."
Soll heißen: In erster Linie macht man das ganze doch für sich und das eigene Wohlbefinden, oder?
Wobei: Ich rede hier von eigenen Songs, dem eigenen "Herzblut", ein Profi-(Session-)Musiker geht da vermutlich und zu Recht pragmatischer ran.
Einen echten Doppelblindtest zwischen mehreren Röhren- und Transistorverstärkern wird kaum einer von uns gemacht haben.
Ich behaupte, dass ich auf einem vertrauten Gebiet (Metal-Rhytmus-Sounds) definitv blind unterscheiden könnte, ob ich da gerade einen typischen Genre-Röhrenamp wie einen 5150, Rectifier, Krank, Diezel, Earforce, Savage oder einen Randall, Valvestate Marshall, Peavey TransTube o.ä.
spiele. Das ist aber keine Super-Fähigkeit von mir, ich würde erwarten, dass das jeder Gitarrist kann, der in dieser der Materie drin ist ...
... ich bezweifle umgekehrt nicht, dass die Unterschiede zwischen den Amps für mich verschwimmen, wenn sie "irgendwer" im Netz eingespielt, abmikrofiniert, aufgenommen hat. Da würde ich mir einen Blindtest per YT-Clip auch nur eingeschränkt zutrauen.
... und ich wüsste auch nicht, ob ich beim Blindspielen Röhren- und Transistor-Amps dann unterscheiden könnte, wenn ich z.B. eine 335 in die Hand gedrückt bekäme und an den Vergleichsamps gedeckte Jazz-Sound seingestellt wären oder leichte Crunch-Sounds, also gebiete, auf denen mein Ohr weniger geschult.
Aber die High-Gain-Sounds von Röhren/Transen sind so was von signifikant unterschiedlich ... Für einen "Blueser" wiederum mögen alle High-Gain-Amps - unabhängig von der Technologie - gleich klingen, er wird aber die Technologien dann unterscheiden können, wenn die Amps so eingestellt sind, dass sie gerade beginnen, anzuzerren.
Es ist bei den Diskussionen hier halt immer schwer, auf einen Nenner zu kommen, wenn man nichts ber den Background des Gegenübers weiß.