Also, ich würde auch gerne mal meinen Senf zu diesem Thema dazugeben, um aufzuzeigen, wie wichtig Notenlesen und Theorie sind, wenn man ernsthaft etwas mit Musik machen will. Vllt. vorher etwas zu meinem "Werdegang" (Wenn man mit 18 Jahren davon groß sprechen kann
...):
Also, angefangen habe ich mit 5 Jahren mit Trompete. Bei so einem Intrument ist Notenlesen natürlich eine Grundvorraussetzung. Mit 6 Jahren stand ich dann das erste mal auf einer Bühne (OK, ich war vorher mal in nem Kinderchor, aber das verdränge ich immer
...) mit nem Posaunenchor, also habe ich dafinitiv mit klassischer bzw. Kirchenmusik angefangen. Es war aber nicht so nen dörflicher Posaunenchor bzw. so nen "Schützenmusikverein" sondern der anspruchsvollste in meiner Gegend. Mit 12 Jahren fing ich dann an Klarinette zu spielen und ging in die gefragteste Big-Band in meiner Gegend (mit Trompete) und spielte dort dann 3 Jahre lang mit viel älteren zusammen in der "Brass-Section". Ich persönlich spielte durchweg die erste von vier Stimmen. Schließlich spielte ich mit 15 in dieser Big-Band dann Tenor-Saxophon, da ich dieses ein Jahr vorher begonnen hatte zu spielen, Gitarre übrigens mit 13/14-Jahren. Das war möglich, da Klarinette sehr ähnlich zum Sax ist. Ich machte also seit meinem 12.-Lebensjahr vornehmlich Jazz und Popularmusik. Mit 15/16 hatte ich dann meine erste Rock/-Metalband und mir wurde klar, dass Gitarre "mein Instrument" ist, begann jedoch vor ca. einem Jahr noch Klavier zu lernen, da das für ein Studium absolut notwendig ist, denn momentan beginne ich mich auf ein Gitarrenstudium vorzubereiten. Heute spiele ich also Gitarre, Saxophon und Klavier aktiv, den Rest habe ich "aufgegeben".
Ich fing also mit klassischer Musik an und kam dann zu "Jazz bis Metal". Ich habe Workshops mit bzw. bei Ack van Rooyen (
http://de.wikipedia.org/wiki/Ack_van_Rooyen ), Matthias Schubert (
http://de.wikipedia.org/wiki/Matthias_Schubert ) und André Cimiotti, dem ersten Altsaxophonisten der Big Band der Bundeswehr, und vielen anderen international gefragten Musikern gemacht. Zudem ein kurzes Praktikum und mehrere Workshops mit mehreren Heeresmusikkorps. Schließlich bekam ich mit 17 mein erstes Angebot bei einer Plattenfirma als Studio- und Livegitarrist anzufangen, zudem nahm ich in der selben Zeit einen Song mit Uwe Busse (
http://de.wikipedia.org/wiki/Uwe_Busse ) auf seine Anfrage hin auf (Gesang, kein "Instrument"). Ich habe zudem auf Festivals mit Rockbands und Jazzcombos gespielt und bereits Touren durch Spanien und die USA gemacht.
Ihr seht also, dass ich, trotzdem dass ich erst 18 Jahre alt bin, weiß wovon ich spreche. In der Anfangszeit waren Noten und Musiktheorie noch nicht wirklich wichtig, aber je älter ich wurde desto wichtiger wurde das ganze. Im Jazz ist es absolut erforderlich, genauso bei der Zusammenarbeit mit Profis. Da nimmt sich keiner Zeit dafür mit dir zu üben, es heißt einfach nur "2-5-1 über D, 7/8-Takt, ca. 120" und ab geht's. Du bekommst Noten hingeknallt, bekommst gesagt "Du machst da Solo", schaust dir die Chords an und legst los. Ohne Musiktheorie und Notenlesen ist nichts davon möglich und würde alles ausbremsen, weswegen so eine Arbeit unmöglich wäre.
Wenn man das ganze jedoch nur als "Laie" als Hobby betreibt ist es nicht unbedingt erforderlich aber absolut hilfreich. Ich muss immer lachen wenn ich Bands höre die kurz vorm Auftritt streiten und sich ungefähr so unterhalten "Du musst da noch so'n dudu dapp bäääm am Ende machen" "Nein, das is kacke, das muss mehr so wuuuuum bapp". Würden sie Ahnung von Theorie haben, würden sie sowas sagen wie "Mach doch am Ende noch 2 Achtel, die zweite betonste aber bitte mehr" oder irgendwie sowas, es erleichter die ganze Arbeit. Auch beim Songwriting fällt vieles leichter.
Und zum "Feeling" ... ich kann sofort unterschreiben, dass klassische Musiker auf Grund der Tatsache, dass sie nur gelernt haben das zu spielen was vor ihnen liegt, nicht sehr gut improvisieren können. Ein "Feeling" haben sie jedoch auch! Sie haben ein ganz besonderes Feeling für diese klassische Musik, die ich nicht so spielen könnte wie sie (Meine Schwester studiert momentan Trompete und Klavier, ich spreche da aus Erfahrung
...). Improvisation und Rhytmusgefühl finde ich jedoch bei Musiker, die eine "modernere Ausbildung" haben viel besser und ausgeprägter.
Und zur Gehörbildung ... das ist der dehnbarste Begriff in der modernen Musiktheorie
... einfach nur zu sagen "ich habe eine gute Gehörbildung" oder "eine gute Gehörbildung ist wichtig" reichen nicht wirklich aus, das sind schwammige Aussagen. Damit kann das hören von Intervallen, die ja ohne Musiktheorie garnicht bekannt sind, gemeint sein und das daraus resultierende möglichwerden vom absolvieren von Notendiktaten oder einfach nur die Tatsache, dass man Dur,Moll und Powerchords auseinander halten kann.
Daher bin ich auf Grund meiner Erfahrung der Meinung, dass Notenlesen und Musiktheorie, wenn man das ganze auf einem gehobenen bzw. Profilevel betreiben will, erfoderderlich. Bei Hobbymusikern hilft es absolut weiter, ist aber wirklich nicht erforderlich.
Freundliche Grüße