Mal eine etwas andere Sichtweise in der ja nicht unbedingt zum ersten mal geführten Diskussion
Als Anfänger bleibt man ja recht schnell auf dem Punkt "Hmmm ich würde gerne Gitarre spielen - also welche kaufe ich mir" kleben, woraus zwangsläufig der ewig hin- und herdiskutierte "wieviel sollte man als Anfänger investieren"- Posten wird. Dabei würde ich zuerst mal einige andere Punkte klären, bevor ich überhaupt über Modell und Preis nachdenke.
Wenn ich an meine Anfangszeiten mit so 14-15 denke, da war es mir eigentlich komplett egal, wie gut oder schlecht ich klinge oder wie sauber ich spiele - ich wollte ehrlich gesagt einfach nur Gitarre spielen, weil ich es cool fand. Mir wars sowas von egal, um nicht zu sagen nichtmal richtig bewusst, dass die hohen Saiten ab Bund 12 permanent an mindestens 3 anderen Bünden scheppern, dass nach dem 4. Bending die Saite schon nen Viertelton runter ist usw. - mit offenen Haaren vorm Spiegel zu üben und sich zu denken "Boah ey, schaut das nicht cool aus" dürfte ziemlich viel ausgeglichen haben
Würde ich jetzt mit meinem damaligen Setup anfangen würde ich vermutlich aufhören, bevor ich das Plektrum richtig halten kann. Woraufs hinaus soll: Wenn man sich in einer jugendlich-trotzigen Art in den Kopf setzt "ich lerne jetzt Gitarre, komme was da wolle", dann reicht fürn Anfang jedes Brett mit Bünden, was die Spannung von 6 Stahldrähten aushält und irgendwie mit ner Toleranz, die den meisten hier die Ohren explodieren lassen würde diatonische Tonabfolgen erzeugt. Sobald man mit der Einstellung merkt, da geht was weiter, ertappt man sich sowieso sofort dabei, wie man vorm PC sitzt und die Thomann-HP rauf und runter durchforstet.
Ist das nicht der Fall, dann sollte man seine Motive hinterfragen. Ab einem gewissen Alter wird das eben argumentierte bei nur noch sehr wenigen Midelife-Crislern greifen
Wenn man einen Ausgleich von Beruf und Familie sucht, dann sollte man sich bewusst sein, dass musizieren zu 99% niemals wirklich Spaß machen wird, wenn man nicht (und vor allem in der Anfangsphase) beständig und täglich über einen längeren Zeitraum sich Zeit dafür nimmt. Es ist auch ungeeignet, wenn man einen schnellen Ausgleich sucht - da sei zu Sport, Museumsbesuchen und lesen geraten, irgendwas, wofür man nicht monatelang üben muss, um darin Erfüllung zu finden.
Geht es um die "Jugendtraumerfüllung", weil man seit Kindestagen ein riesiger [insert band]-Fan ist, sollte man sich schlau machen, wie realistisch das ist. Man hat den Vorteil, dass man von Anfang an weiß, wo man hin will, allerdings die Gefahr, dass man nach dem ersten Jahr merkt, dass noch viele weitere Jahre vor einem liegen, bis man das kann, was man können will, was sicher sehr demotivierend sein kann.
Und- die auf die's zutrifft würdens sich selbst gegenüber aber niemals zugeben - wenn der Grund etwas ist wie "der Sepp geht segeln, der Didi angeln und der Anton spielt Schach, ich will irgendwas cooleres und nicht so ein Altherrenhobby"; das ansich ist ja noch OK, es geht um die Leute, die meinen ihre Altersfortschreitung mit einem solchen Hobby kompensieren zu können, dann wird dabei auch vermutlich nichts langlebiges, erfüllendes rauskommen. Dürfte sich in musikalischen Maßstäben wie mit 16- Jährigen "ich spiel Gitarre zum Mädchen aufreißen" Verhalten. Wer Musik nicht der Musik wegen macht, wird niemals Spaß am Musik machen haben und jedesmal enttäuscht sein, wenn das eigentliche Ziel nicht erreicht wurde- beim 16- Jährigen das doch nicht bekommene Mädl und beim 50 Jährigen reicht der bloße Blick in den Spiegel.
Sobald man weiß, warum man das eigentlich genau machen will, dann kann man nachdenken, ob eine teurere Gitarre einen nicht selbst länger bei der Stange hält, ob ich das überhaupt will - hab schon ein paar definitiv teurere Instrumente in Schränken verstauben sehen, weil deren Besitzer eben meinten "Steckst viel Geld rein, dann wirst dich schon damit beschäftigen..." - Motivation kann man nunmal nicht kaufen.
Dann kann man auch darüber nachdenken, gleich ne Strat zu kaufen, weil wenn ich zu dem Schluss komme, es wird zwar laaaaaang dauern, aber in 10 Jahren will ich zumindest meine Top 20 Iron Maiden Lieder spielen können und ich nehme mir nach reiflicher Überlegung trotzdem genau das vor. und wenn aus den 10 Jahren 20 oder ein Leben wird, egal, dann werde ich am Ende dieser Zeitspanne vermutlich sowieso mehr als eine Stratocaster besitzen.
Was in der Hinsicht noch ratsam wäre: Man sollte damit rechnen, dass sich die Präferenzen ändern - man kennt den Weg, denn man sich vornimmt ja nicht und er gespickt mit interessanten Abzweigungen namens Spieltechnikfreakstraße, von der die Sweep- und Bendergasse abzweigen und an dessen Ende die Pinch-Harmonic-Villa steht, über manchen steht "Blackmetal" oder "Blues", nicht zu vergessen der "Ego-Tripp-ich-bin-der lauteste-von-allen"-Highway usw. - der langen Rede kurzer sinn: Egal wie billig oder teuer, auf jeden Fall einen guten Allrounder.
Keine Flying-V, die man nicht im sitzen spielen kann. Keinen Zwölfsaiter und solange man nicht das Bedürfnis nach Intonation verspürt (oder nicht weiß, was "intonieren" bedeudetet) Finger weg von Floyd Rose Systemen und schwebenden Brücken.
So, und JETZT ERST kommt der Punkt, wo man darüber nachdenkt, wie viel man investieren kann/soll/will/muss/darf.