Hallo Milvus, hallo an alle (Ab dem letzten Zitat im post richtet sichs an alle),
Wow, ein eigenes Spinett gebaut! Bin schwerstens beeindruckt, ich wär ja schon begeistert, eines nur restaurieren zu können. Kann dir das alles total nachfühlen. Ich habe selbst schon mit dem Gedanken gespielt, mir doch ein echtges Clavinet D6 zuzulegen. Ich liebe dessen funky Sound.
Und hätte sicher Spaß daran, neu zu besaiten und neue Hammerköpfe aufzusetzen. Da hat man dann den Bezug zum eigenen Instrument.
Ich bin übrigens mit einem ausgebildeten Pianisten befreundet, der an der Musik-Uni Gehörbildung unterrichtet. Der hat ein restauriertes originales Rokoko Cembalo zuhause. Geil!
Für mich gehört auch Bach und Cembalo untrennbar zusammen und ich liebe überhaupt dessen metallenen Klang. Punkto Cembalo sind allerdings die Digitalemulationen heute schon sehr, sehr gut. Nicht so schwer machbar, immerhin hat's ja nicht die Klavierdynamik.
Milvus schrieb:
Genauso lehne ich allerdings prinzipiell auch alles große und schwere ab, und hierzu gehört nun mal ein Klavier.
Allerdings, das können wir uns alle bewußt vor Augen führen. RIESIG sind unsere Instrument, ob echtes Klavier oder SP. Wenn ich da an eine Gitarre denke, ein Sax, eine Querflöte... von einer Mundharmonika ganz zu schweigen. OK, eine full-size Kirchenorgel schafft uns allemal
und ein Drumset ist auch nicht vom Kleinsten. Aber unsere Instrumente gehören zweifelsohne zu den größten. Dafür hamma aber auch 7 Oktaven ohne irgendwelche Ventile drücken zu müssen...
Milvus schrieb:
Irgendwie geht es sicherlich uns allen total gegen den Strich, daß etwas sehr schönes und natürliches wie ein Klavierklang synthetisch imitiert wird. Das ist so gut wie synthetisches Erdbeereis. ... Von Grund auf bin ich allerdings absolut lucs Meinung, und lehne fast alles synthetische schon aus Prinzip ab.
Interessante Beobachtung: In Synthie Foren läuft exakt dieselbe Diskussion zwischen Analog-Synthie und Digitalsynthie Fraktionen. Scheint auf den ersten Blick absurd, da ja BEIDE Instrumente Klänge synthetisch herstellen und nix Mechanisch-Akustisches sind.
Genauer hingesehen aber verständlich, da die Analogsynthies einfach "musikalischer" sind. D.h. das was das "Leben" eines echten Klaviers ausmacht, feinste Verstimmungen, Klang verändert sich mit dem Umgebungsklima, es reagiert intensiv aufs Spiel... All das findet man sinngemäß beim Analog-Synthie. Die Verstimmung durch die Werteveränderung der Widerstände mit Temperaturänderung und wo der Pianist durch die Tastatur mit dem Instrument "spricht", machte es der Analog-Synthie Keyboarder durch hands-on Parameteränderung an den Potis.
So wie manches bei den DPs/SPs flachfällt und sie steril klingen, genauso verhält es sich offenbar mit den steril klingenden Digi-Synthies im Vergleich zu den analogen. Konnte mich vor kurzem davon bei jemanden überzeugen, der einen Korg MonoPoly stehen hat. Der warme, volle Sound hat mich schlicht umgehauen.
Nicht umsonst baut Alesis mit dem Andromeda wieder einen analogen.
Dabei haben wohl viele Pianisten mit großer Geringschätzung in den 70ern auf die Synthie-Artisten herabgesehen. War ja auch was völlig Synthetisches...
(Ausnahmen bestätigen die Regel: z.Bsp. Wendy Carlos)
Da lag der Anspruch nicht im Imitieren von akustischen Instrumenten. Kraftwerk, J.M. Jarre, Gary Numan oder Ultravox, das war etwas ganz Neues. Na ja, ist jetzt eine Halbwahrheit. Korg oder Roland hatten ja sehr rasch Brass und String Sections drauf. Robert Moog war halt einer der Wahren und Guten!
Noch was: Wenn schon imitieren, dann halte ich den Weg der meisten DPs und Workstations, nämlich Sampling, für den völlig flaschen Ansatz. Super Algorithmen entwickeln und den Klang anhand physikalischer Modelle (Klangkörper, Resonsanzverhalten, Saitenverhalten etc.) errechnen wäre für mich der viel erfolgversprechendere und ehrlichere Ansatz. (=Physical Modelling) Hat ja was Absurdes, den Klang der Digi-Instrumente auf Samples mikrofonierter echter akustischer Instrumente aufzubauen.
Yamaha machte Mitte der 90er mit den VP und VL Modellen sehr erfolgversprechende Ansätze in der Richtung (Hartmann auch). Verschwand aber leider wieder in der Versenkung. Um mich nicht falsch zu verstehen: Es geht mir nicht um die perfekte Imitation. Aber wenn eine Physical Modeling Technologie gut entwickelt ist, dann stehen für Resonanz o.ä. Algorithmen zur Verfügung, mit denen du komplett neue vorbildlose Instrumente entwerfen kannst, die saugut klingen.
Irgendwie finde ich die Samplingtechnik (Ist ein Bauchgefühl) äußerst unehrlich. Wenn DSPs und Compi Technologie schon massig Rechenleistung bietet, warum dann nicht wirklich rechnen anstatt bloß Abspeicherungen wiederzugeben??!! Ist halt leichtgemachtes Geld für die Hersteller. (Wo issen der Smiley "thumb down"?) Gute Sample zu ziehen ist geradezu ein Nullaufwand im Vergleich zu einer Entwicklerschar, die jahrelang an Algorithmen arbeiten.
Das finde ich übrigens sympathisch an GeneralMusic, daß sie im ProMega eine Technologie für den Pianoklang einsetzen, die zumindest teilweise berechnet (Resonanzverhalten etc.) und nicht zu 100 % auf Samples beruht. Und deren EP-Sounds sind ohnehin 100 % Physical Modeling. No Samples. Schade, daß sie nicht die tolle Kawai AWA GrandPro Tastatur haben.
Wer einen Eindruck möchte, was an Qualität ohne Samples möglich ist, dem empfehle ich 's Reinhören in
- folgendes Demo zum Clavia Nord Modular G2:
- folgendes Demo zum Clavia Nord Lead III:
- folgende Demos zu Yamahas VPs: (Den link zum VL Demo find ich jetzt nicht
http://www.smartroots.ch/vp1/mp3/jody'stear.mp3
Keine Samples in all dem! Und habt ihr schon klarere und expressivere Streicher gehört, als die sample-losen im Nord Lead III Demo??
Ich hoffe, das war jetzt alles nicht zu sehr off-topic. Falls doch, Thorsten/toeti, sorry!, verschieb's doch einfach in die Synth Abteilung, wenn's hier übers Ziel schießt.
Schöne Grüße noch,
nordstern
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Rinnen muß der Schweiß