Es geht los mit der Seriennummer, die die einschlägigen Seiten nicht "finden". Die Rückseite der Kopfplatte sieht da auch sehr "unsymmetrisch" aus.
Die erste Ziffer fehlt, aber der Rest sieht durchaus authentisch aus. In der Vergrößerung sieht man dann auch, dass hier nichts "unsymmetrisch" ist, sondern der Hals aus drei Streifen besteht, was für eine SG der frühen 70er auch passt.

Ich tendiere sehr dazu, die Gitarre als authentisch anzusehen, denn die Specs passen alle zusammen, die Alterungsspuren sind authentisch, ebenso die Hardware (Harmonica-Bridge, Tulip-Tuner mit seitlichen Laschen). Schaut man sich die Seriennummer genauer an, ist die letzte Ziffer interessanterweise nur sehr schwach eingepresst. Es könnte also sein, dass hier der Metallstempel einfach nur sehr nachlässig eingestellt war oder schräg eingepresst wurde. Vielleicht ist durch das ungleichmäßige Stempeln sogar das Holz beschädigt worden, der nach links immer tiefer werdende Eindruck und die Risse links neben der "2" weisen darauf hin. Vom Erscheinungsbild her wäre es möglich, dass danach der linke Holzstreifen noch mehr als die "2" beschädigt war, dann ausgebessert und die erste Nummer dabei ganz beseitigt wurde. Aus der Nähe und vor Ort könnte man vielleicht feststellen, ob ein Furnier oder gar ein ganzes Holzstreifen eingesetzt wurde. Möglich auch, dass die linke Nummer so verdreht wurde, dass es gar keinen Eindruck gab, und der Rest des Metallwerkzeugs gerade dadurch so ungleichmäßig eingepresst wurde. Dann hat entweder keiner mehr draufgeschaut, oder man hat sie einfach trotzdem lackiert und in den Verkauf gegeben.

Mir ist klar, dass das teils Spekulation ist, aber es gibt halt mMn einiges mehr, dass auf eine originale Gibson dieser Zeit hinweist. Dazu zähle ich auch den ebenfalls sehr alten Aufkleber eines Musikladens. Der stammt wohl auch eher aus einer Zeit, als man eine SG aus den 70ern nicht so authentisch hätte fälschen können. Auch heute wäre der Aufwand, das so gut zu machen, schon allein wegen der Originalteile ganz schön hoch. So hoch, dass man ihn dann vermutlich eher in eine höherpreisige Gitarre investieren würde. Mal abgesehen davon, dass ein so guter Fälscher nicht gerade bei der Seriennummer pfuschen würde, zumal man die für diese Ära eh nicht wirklich gut überprüfen kann.

Gruß, bagotrix
 
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Ganz herzlichen Dank für die Detaillierte Befassung.

Jetzt kam nochmal ein besseres Bild der Seriennummer:

1719571181227.png


Jetzt sieht man noch die weitere Ziffer 7 rechts neben der 9. Es könnten also links sogar 2 Zahlen fehlen, so dass man dann schon eine 8-stellige Seriennummer hätte. Ich weiß nicht, ob ich mir den Aufwand antue, die möglichen 100 Varianten mal durchzuspielen.

Bei der Gesamtsituation denke ich erst mal noch weiter darüber nach, aber die Tendenz ist, die Finger davon zu lassen. Für mich sehe ich das Problem, dass es schwierig werden würde, die Gitarre jemals weiter zu verkaufen, wenn ich sie nicht mehr will, weil ich das "Phänomen" Seriennummer nicht erklären könnte.
 
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An der Sache mit dem Wiederverkauf ist natürlich was dran, aber andererseits kann sowas eben - wenn sie einfach gut ist - als Player ein Schnäppchen werden...

Vor allem passt mit der jetzt doch lesbaren 6stelligen Nummer an der Gitarre auch alles zusammen. Denn dann fehlt keine Ziffer und die 2 ist tatsächlich die erste. Dann haben wir einen von links nach rechts gleichmäßig schwächer werdenden Abdruck, und der passt auch zur Art der Anbringung. Die Maschine wurde dann einfach nicht sauber beschickt. Damals gab es mWn nur eine Arbeitsfläche ohne spezielle Führung, auf der man den Headstock unter der Presse platzierte. In einem alten Video konnte man die mal kurz sehen, und es lag an der Stelle nur eine Pappe als einfachen Kratzschutz auf der Platte, die von ein paar Klebestreifen gehalten wurde. Man konnte das Ding also durchaus etwas seitlich versetzt reinschieben - dann lag der Headstock links auf der Pappe eine Spur höher, während die rechte Hälfte ohne Unterlage minimal zur Seite kippt. Hier wurde der Hals offensichtlich ein ganzes Stück nach rechts verschoben darunter gelegt, und das würde sowohl dann neben dem seitlichen Versatz auch die ungleiche Tiefe erklären. Und ganz sicher hätte man eine Gitarre wegen so eines kleinen Missgeschicks nicht entsorgt, die Seriennummer war ja drauf, nur nicht so schön mittig platziert.

Wie schon gesagt ist es bei Gibson dieser Zeit eigentlich eh nicht möglich, sie allein mittels der Seriennummer zu identifizieren. Guitardaterproject gibt zu der jetzt sichtbaren 205097 dann auch was aus, aber gleich mehrere Möglichkeiten: 1964 (was von den Specs nicht hinhaut), 1992 oder 2002 aus Nashville (erst recht nicht), und 1974 oder 75, was mWn genau passen würde, und @Stratomano kommt auch genau auf die Zeit. Eigentlich sehe ich an der Gitarre nichts, was von anderen SGs aus der Zeit abweichen würde, die Small Block Inlays sind sogar ganz typisch. Was die Tuner betrifft, tauchen die in den 70ern öfter auf, auch bei der SG.

Das Problem mit der Doppelvergabe der Seriennummern ist auch bekannt, das ist also nicht irgendeine windige Ausrede, wie es sie zugegeben öfter bei potentiell wertvollen Sammelobjekten gibt. An dem Punkt würde ich meinen: Soweit man sowas überhaupt durch bloße Fotos beurteilen kann, ist das eine SG Standard aus 1974/75.

Gruß, bagotrix
 
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Super (y) (y) (y) :prost:

Ganz herzlichen Dank für die nun lückenlose Aufklärung und Hintergründe. Na, ich schlaf nochmal drüber. Vielleicht wird das ja "meine SG". Ich weiß, dass das hier nicht der Wertschätzungsthread ist, aber vielleicht sind ein bis zwei Meinungen zum aufgerufenen Preis von 1500 Euro gleich hier im Thread erlaubt?
 
Der Preis ist lächerlich. Was gibt es da noch zu überlegen?

Für dich als Schnäppchenjäger wird man die sofort wieder los, wenn sie doch nicht bleiben soll.
 
@soundmunich ,glaube auch dass die SG in Ordnung ist, habe eine Hummingbird von 1977, die hat auch den dreigeteilten Hals und Blockeinlagen.
Grüße
 
Achso, die 1500 waren von Deiner Seite vorgeschlagen? "Aufgerufen" klingt für mich nach Preis(vorschlag) aus Verkäuferseite.
 
Gut, so ist es völlig nachvollziehbar, mit Pech verbastelten Schrott zu kaufen. Vor Ort besichtigen oder prüfen wird sicher schwierig oder sogar verweigert, wäre für Dich außerdem ne halbe Weltreise.

Da heißt es dann: Gekauft wie gesehen. Ohne eigene Überprüfung würde ich da nicht zuschlagen, selbst mit dem schlechten Gewissen, was verpasst zu haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Guten Abend,

ich bin an diese Gitarre gekommen und wüsste gerne etwas über den Hersteller - außer den zwei Buchstaben auf der Kopfplatte finden sich keine weiteren Hinweise. Kennt die jemand?
IMG_0368.jpeg20240701_191259.jpg

Besten Dank im Voraus!
 
das sollte eine ältere JJ aus England sein:

 
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das sollte eine ältere JJ aus England sein:
die zu identifizierende sieht mehr nach Korea aus ... ich glaube nicht, dass die Marken identisch sind. (ja, goggle führt da zu wenig sinnigen Ergebnissen, sehe ich auch ...)
 
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