kurz mal eingeklinkt...
gibts hier jemanden der erfahrungen mit dem electro harmonix memory man gemacht hat?
hab den letztens bei einem musiker gesehn und ma dacht, der schaut interessant aus!
generell meinungen zu eh?
merci
Ja nu, ist halt einer der Klassiker schlechthin, seit vielen Jahrzehnten...
Das Deluxe Memory Man hat deutlich hellere Repeats, als viele andere analoge Delays von Boss / Ibanez. Aber es produziert natürlich ebenso Aliasing-Artefakte, die durch eine entsprechende Höhendämpfung teilweise weggefiltert werden müssen, EHX macht das aber beim DMM vergleichsweise moderat, siehe Vergleiche mit Ibanez AD-80 oder Boss DM-2 auf Youtube. Von den Mojogläubigen (auch Deppen genannt) wird diese Filterung oft als "typisch analoge Wärme" etc beschrieben - Bullshit! Es ist eine notwendige Maßnahme, um die Nebengeräuschem der klanglich eher minderwertigen analogen Eimerkettenspeicher im Zaum zu halten. Und diese Nebengeräusche sind auch nicht "typisch analog", also irgendwie positiv umzudeuten, sondern zB den Aliasing-Geräuschen schlechter AD-Wandler recht ähnlich. Das DMM läuft intern mit 15V, viele andere analoge Delays nur mit 9V und etwas anderen Delay-IC's, die klingen dann nahezu alle etwas dumpfer, weil eben obenrum mehr weggefiltert werden muss. Das ist auch der wichtigste Unterschied zwischen dem "echten" Memory Man und den neuen Ablegern namens Memory Boy/Toy. Die klingen auch nicht wirklich schlecht, aber im direkten Vegleich sind sie in den Höhen deutlich mehr bedämpft, ähneln eher einem Ibanez AD-80 / Boss DM-2 etc. Was das Memory Man sonst noch besonders macht, ist die recht spezielle Modulation der Delays, dafür kauft man es ja in erster Linie, siehe zB sehr viele frühe Aufnahmen von U2 oder auch aktuelles, zB von Daniel Lanois. (Aber auch diese DMM-Veteranen setzen heute fast immer auf digitale Modulationsdelays...)
Alle positiven Eigenschaften solcher analogen Delays kleben eben absolut nicht an dem Attribut "analog", will sagen: Ein gutes digitales Delay kann das alles auch, vieles sogar besser und dazu noch einiges mehr. Und das sagt einer, der mit einem Deluxe Memory Man "groß geworden" ist und auch die anderen genannten analogen Delays besitzt (bzw besaß) - und fast nie mehr benutzt. Denn eine digitale Simulation des DMM klingt vielleicht nicht 100% identisch, aber mindestens genauso gut, sie rauscht weniger, hat zB Tap Tempo, mehr Regelmöglichkeiten oder speicherbare Presets etc. Und man kann die Höhen bedämpfen, muss es aber nicht, weil der Grundsound viel hochwertiger ist, als es irgendein analoges Delay bieten kann. Ergo: Wer mit genau einem Delay-Preset auskommt, auf dem Pedalboard Platz hat und einen Extraanschluss für die höhere Versorgungsspannung hat, für den kann ein DMM eine sehr gute, wenngleich recht teure, Wahl sein. (OK, es gibt eine kleine Variante, das ist also kein Argument mehr...) Aber auch der kriegt anderswo für deutlich weniger Geld viel mehr Delay, wenn er nicht der unsinigen Ideologie anhängt, dass "analog besser" sei... Wenn man in erster Linie die Modulation will, muss man halt darauf achten, was man daran einstellen kann - manche kleine digitale Delays (zB das Flashback), haben nämlich nur ein festes Preset für einen DMM-ähnlichen Sound, damit kann man natürlich das Original nicht adäquat ersetzen.
Zu EHX allgemein kann man sagen, dass sie sich immer wieder als recht innovativ erweisen, wobei aber oft ziemlich spleenige Kisten bei herauskommen. Das kann originell sein, manchmal werden dadurch allerdings Möglichkeien verschenkt. Bei den einfacheren kleinen Effekten bietet EHX heute sehr viel für vergleichsweise wenig Geld - wer einen Big Muff "von der Stange" klanglich mag, hat eigentlich keinen Grund, ihn zu klonen. Auch die Nano-Serie ist sehr günstig bei ordentlicher Verarbeitung. Will man die Vollbedienung, zB einen HOG mit externer Fernbedienung, die man ja auch braucht, um das Potential des Geräts zu nutzen, wird es dagegen schnell sehr teuer. Nimmt man dagegen die aktuelle Deluxe-Version des Bass-Big Muffs, wundert man sich fast, wie billig die ist, und wie durchdacht und komplett ausgestattet. Unterm Strich also ganz sicher eine Firma, die mir eher gefällt. Wobei es etwas paradox ist, dass heute, wo sie vieles aus russischer/asiatischer Billigproduktion verkaufen, Preis und Qualität in einen tendenziell guten Verhältnis stehen. Früher, als der gute Ruf entstand, den sie heute erfolgreich glorifizieren, war das real gar nicht so. Die Qualität war in den 70er/80er-Jahren eher durchwachsen, verbaut wurde fast alles, was grade am billigsten zu kriegen war - selbst Abweichungen bei den Bauteilwerten waren da oft zweitrangig, viele heute von Sammlern genau differenzierte Varianten der Klassiker waren wohl bloß Zufallsprodukte, die halt mal mehr, mal weniger gut klangen.