So.
Ich wollte nur mal ganz kurz die hier ziemlich geschlossene Gemeinschaft ein bisschen auflockern und mich dazu gesellen.
Seit vorgestern habe ich einen neuen Schrank in meinem Arbeitszimmer. Einen Klotz. Den G8.
Die Bitte, mir als Roady zu dienen - vom Zimmer bis zur Garage - hat meine Frau schon dankbar abgeschlagen.
Jetzt bin ich eifrig bemüht, mir meine Live Setups zu basteln.
Zum Instrument wurde hier eigentlich schon viel gesagt.
Meine ersten Eindrücke:
Sounds
Also generell kann man sagen, dass da sehr schlampig programmiert wurde. Da fehlt einfach die Liebe zum Detail. Bei Korg oder bei Kurzweil wird sehr viel Pflege in Details gesteckt. Da entdeckt man auch nach Monaten, dass der eine oder andere Kontroller sehr sinvoll den Sound verbiegt oder beeinflusst. Das fehlt bei Roland einfach. Die müssen noch lernen, dass z.B. die Pitch Modulation sinnvoller gebraucht werden kann, als irgendwelche idiotischen Vibratos auszulösen bei Sounds die das gar nicht haben. Viele Patches sind "da", nur um die Soundanzahl hochzuschrauben. Da sind zwei identische Trumpet Patches, das eine mit Hall und das andere mit Delay programmiert. Na ja. Das kann ich ja auch selber machen.
Pianos
Es gibt eine Fülle davon. Richtig gut klingt mir aber keines. Da bin ich ein bisschen unter dem Einfluss meines RD700GX der gewichen ist. Man hört ganz deutlich, dass der eine oder andere Sample gestretcht wurde. Aber für Pop und Rock allemal zu gebrauchen. Für ein richtig gutes Piano müsste man unbedingt eine ARX heraus bringen, wie für den RD700GX. Das wäre was.
Orgeln
Jenen Ruf, den Korg bei den Pianos hat, den könnte Roland ganz verdient für die Orgeln nehmen. Da greife ich sofort auf meine eigenen Samples zurück. Da gibt es einige die finden die Orgeln von Korg nicht so berauschend. Ich würde nur sagen: da muss man dann sich den Fantom anhören. Vor allem die Effektstruktur erlaubt nur begrenzte authentische Programmierung und der Leslie klingt einfach schlecht. Schlecht war er auch auf meinem RD700GX und genauso schlecht ist er auf dem Fantom.
Streicher
Typisch Roland. Mir klingen sie sehr gut. Wem es da an Authentizität fehlt, muss einfach umdenken und lernen, wie man Streicher spielt.
Brass
Das will ich ansprechen, weil es in diesem Forum das ewige Thema zu sein scheint. Unter Brass verstehen ich den Sound den man z.B. bei Joe Cocker hört. Und dieser Sound ist im Fantom da. Für mich ist das einer der besten derzeit auf allen Workstations. Der klingt Fett und setzt sich durch. Selbstverständlich kann man solche Sounds nicht in Akkorden spielen, sondern muss sie bestenfalls als Oktavdoppelung triggern. Da habe ich persönlich nichts auszusetzen. Klingt definitiv fetter als beim M3 und mir ist er auch besser als auf dem Motif. Nach Kleinigkeiten zu Fragen (Falls, Shakes etc.) macht für mich keinen Sinn. Das kann man sich als Sample nachladen/kaufen und einsetzen. Bei der Violine ist ja auch nicht jede denkliche Spielart im Sample Rom vorhanden und niemand beschwert sich. Ich mag mich teuschen, aber wer z.B. Joe Cocker mit den Fantomeigenen Brass nicht zufrieden spielen kann, der wird keine Sample Library finden, die das besser kann.
Die Beschreibung könnte jetzt noch lange weiter gehen, aber ich will mich nur auf die oben genannten Beispiele eingrenzen. Den Rest habe ich mir noch nicht so ganz durchgehört und eine ganze Palette von Sounds brauche ich persönlich - da auf Live Spiel orientiert - gar nicht (Gitarren z.B.).
Effekte
Dazu wurde schon alles gesagt. Es ist auch klar, warum nur ein Insert Effekt pro Sound vorhanden ist (sonst könnte es keinen Patch Switch ohne Unterbrechung geben). Es stört mich ein bisshen, dass man keine Aux Effekte kopieren kann. Das muss alles manuell gemacht werden, aber bei der einfachen Situation wo man nur Chorus/Delay und Reverb hat, das geht auch zu Fuss. Roland ist da leider immer noch in den 80ern mit diesem völlig veralteten Chorus/Reverb Konzept. Bei Korg z.B. ist die ganze Effektpalette auch in den Aux Kanälen verfügbar. Ganz zu schweigen davon, dass man beliebte Einstellungen als Preset abspeichern kann und schnell bei anderen Patches aufrufen kann.
Was mich viel mehr stört ist, dass man bei jeder, auch der kleinsten Veränderung eines Insert Effektes im Live Modus, sofort auch den Patch neu abspeichern muss. Der Live Modus ist also eigentlich nur ein Kontainer der Links/Shortcuts zu den einzelnen Sounds aufbaut.
Wenn ich mir also ein Live Setup programmiere, einen Streicher anwähle und vielleicht im Gesammtklang den Inserteffekt des Streichers etwas bearbeite, dann muss ich auch diesen Streicher Patch im Single Modus als neue Version abspeichern.
Dieses Konzept ist nicht schlecht, es ist übermegaidiotisch. Da kann man kein besseres Wort finden. Das heißt im Endeffekt, das mein Userspeicher für Single Sounds sich mit identischen Patches füllt, die sich nur in kleinen Effektanpassungen unterscheiden, die für mein Live Program wichtig sind. Dann habe ich mit der Zeit etwa 20 Pianos im Single Modus mit verschiedenen Effekteinstellungen. Welcher Freak sich das nur ausgedacht hat...
Mildernd ist aber andrerseits die Tatsache, dass ich auf der Bühne ausschließlich im Live (Multitimbral) Modus arbeite. Aber trotzdem, die Inserteffekte hätten als Bestandteil des Live Setups gespeichert werden sollen. Dann müsste man nicht bis zu neunmal speichern müssen (1mal das Live Setup und bis zu 8mal die einzelnen Patches falls man deren Insert Effekt verändert).
Gesammtkonzept
Größe:
Ich habe den G8. Der ist ein Muss für alle, die eine gewichtete Tastatur brauchen. Da das Instrument auch für den Live Konzept konzipiert ist, finde ich das Roland das Teil viel zu groß und sperrig verbaut hat. Mir ist schon klar, dass die Tastatur den überwiegenden Teil des Gewichts aus macht, aber diese enorme Größe war nicht unbedingt nötig. Der RD700GX wiegt fast 10 Kilos weniger. Das Display des Fantoms und die Hauptplatine werden ja nicht wohl die 10 Kilo mehr auf die Waage bringen. Die Tastatur finde ich persönlich auch nicht als die beste Lösung. Sie ist hervorragend für Pianos, aber bestimmte Spielarten lassen sich nicht realisieren, da die Tasten nicht so schnell reagieren können (wie beim Klavier eben). Beim RD700 verstehe ich noch diese Tastatur, da das Piano das Hauptinstrument ist. Bei einer Workstation geht es aber um die ganze Soundpalette. Also mein Fazit: nichts gegen die Gewichtung, aber ich hätte mir trotzdem eine etwas schnellere Tastatur gewünscht. Das ist aber nur meine persönliche Meinung.
Bedienung:
Hier hat Roland viel Nützliches eingebaut und noch beim Lesen des PDF Handbuchs, bevor ich das Teil gekauft hatte, hatte ich schon Ideen, wie ich mir das eine oder andere zu Nutzen machen kann.
Schlecht ist immer noch, dass die Funktion der Kontroller erst einmal global für das Instrument eingestellt werden muss. Ich muss erst einmal einstellen, welche Funktion z.B. ein Fusstaster hat, und dann kann ich seine Funktion zur Steuerung auf Verschiedenes von Program zu Program einstellen. Dieses Konzept ist schlecht und das japanische Trio klammert sich leider immer noch daran. Kurzweil macht es vor, wie man es richtig macht. Jeder Kontroller wir individuell bei jedem einzelnen Programm festgelegt.
Ich würde zum Beispiel folgendes wollen: Dass mir der Fusstaster in einem Live Setup die Leslie Geschwindigkeit für eine Orgel steuert und im anderen Setup als Tap Tempo Taster für die Einstellung des Tempos dient: um das Delay dem Songtempo anzupassen. Oder eine RPS oder ein Arpeggio.
Geht nicht. Aber wie gesagt, alle drei Japaner sind in diesem Bereich gleich schlecht.
Pads:
Erst mal zur Technik. Das ist ein Fehlbau für alle Funktionen, für die sie gedacht sind. Sie sind viel zu klein, man muss präzise mit den Fingern drauf treffen und sie sind sehr sehr schwergängig. Man muss regelrecht drauf hauen. Ich will damit meine Samples für bestimmte Songs abfeuern und dazu werde ich einen festen Velocity Wert festlegen müssen, denn mit der Einstellung "Real Velocity" geht das einfach nicht, selbst wenn man Light anwählt. Die Pads auf dem M3 sind um Welten besser und man muss nicht auf ihnen rumhauen.
Gut ist, dass man die Pads mit vielen Funktionen belegen kann. Schlecht ist, dass einige Funktionen schlecht implementiert sind.
Z.B. das Triggern von Samples: es ist ab Werk fix vorgelegen (soweit ich das verstanden habe), welche Noten getriggert werden und ich habe nicht herausgefunden, wo ich diese Noten verändern kann. Wenn ich also Samples abspielen will, dann muss ich im vorherein die Samples auf die entsprechenden Tasten belegen, damit sie später dann mit den Pads abgespielt werden können. ?????
Beim M3 konnte ich für jedes Programm und jede Combination frei wählen, welche Taste oder welcher Akkord getriggert wird. So sollte es sein. Beim Fantom muss ich z.B. Akkorde erst abspeichern in eine der 128 verfügbaren Speicherplätze.
Beim M3 spiele ich ein Akkord oder eine Taste und drücke auf das Pad und speichere das ganze einzeln für jedes Programm. Das ist ein kleines Beispiel, wie gut oder wie schlecht es die Hersteller machen können.
Was ich noch als Funktion bei den Pads sehr vermisse ist ein ganz normaler Part Switch. Leider hat Roland nur Part Mute eingebaut. Es besteht aber ein enormer Unterschied:
Beim Part Switch (hat der RD700GX) kann man z.B. Klavier spielen, hält die Sustain Pedal gedrückt, dass Klavier klingt noch und wenn man den Part Switch drückt, hat man z.B. einen Pad Sound aktiviert. Dieser erklingt aber logisch erst mit der nächst gespielten Note/Taste. Das macht einen natürlichen Übergang von einem Sound zum anderen. Im Fantom ist das ein Disaster. Denn im selben Beispiel (Piano/Pad) hört man durch das Unmuten plötzlich und abrupt auch das Pad oder es wird abrupt abgeschaltet. Völlig sinnlos.
Ein Part Mute macht Sinn im Studio Mode wo es als Mute Schalter für ein Track gedacht ist. Für Live Mode macht es aber absolut keinen Sinn. Noch schlimmer, es verbraucht Polyphonie. Das ist ein kleines Beispiel wo meiner Meinung nach ganz deutlich wird, dass die Herren bei Roland dringend einen Projektmanager brauchen. Es scheint mir, als ob dort Teams an Instrumenten arbeiten, ohne eine Ahnung voneinander zu haben. Tun die nicht zusammen Kaffee trinken während der Mittagspause? Die hätten sich doch ein bisschen absprechen könne und Ideen austauschen. Auf dem einen Instrument machen sie es richtig und auf dem anderen produzieren sie totalen Blödsinn.
Sampling
Das Importieren von Samples geht recht flott, die Erstellung von Multisamples lernt man auch ganz schnell. Besonders muss ich die Geschwindigkeit loben, mit der Samples eingelesen werden. Das geht nach meinem Empfinden richtig schnell. Ein ganz großer Lob. Lobenswert ist auch, dass das Instrument generell sehr schnell startet. Beim M3 dauert das eine Ewigkeit und das Laden von Samples ist auch deutlich langsamer.
Die Sampling Features sind leider etwas schlampig (wie vieles andere beim Fantom oder Roland generell auch). Es fehlt eine Crossfade Loop Funktion. Ohne diese lassen sich Samples mit Loops nicht erstellen. Das Roland und Yamaha das immer noch nicht verstehen, entzieht sich völlig meinem Verständnis. Yamaha liefert aber wenigstens einen Software Editor. Roland liefert nichts. Da muss man einen Wave Editor haben/dazukaufen.
Was ich nicht verstehe ist, dass der Fantom zwar die Loop Points aus dem aiff übernimmt, der Loop selbst ist aber bei importierten Waves erst einmal abgestellt. Jedenfalls ist das meine jetzige Erfahrung beim Importieren von Samples. Die Jungs bei Roland verfolgen manchmal absurde Konzepte. Wenn ich Samples mit Loop Points importiere, da kann Roland drei mal raten, wie ich das Sample abspielen will. Wie gesagt, das ist meine jetzige Erfahrung beim Importieren von waves mit Loops aus meinem Mac (dürfte wohl nicht den Unterschied machen).
Naja, und dann ist da auch noch Rolands Wunderwaffe Preemphase oder ähnlich. Das muss ich dann wohl auch immer anwenden, damit die Samples richtig klingen.
Auf jeden Fall, will nicht zuviel meckern, er funktioniert und wie ich Roland kenne, hätte es auch viel schlimmer kommen können.
Eins muss ich aber noch los werden obwohl es historisch obsolet ist:
die haben von dem original Fantom, der sich dank der fehlenden Sampling Funktion die inzwischen bei der übrigen Konkurrenz vorhanden war, vielleicht stolze 300-400 Exemplare über den Ladentisch gebracht. Und in der vierten Generation bringen die dann wieder so ein Teil heraus, ohne integriertes User Multisampling? Aber gut, die haben nach all den Schreien wenigstens etwas begriffen und es mit einem Update behoben.
So. Da ist noch einiges, aber der Beitrag wird definitiv zu lang.
Ich habe überwiegend Kritikpunkte angeführt, aber unter dem Strich überwiegt für jetzt eine durchaus positive Einstellung.