um was es mir geht und ging, sind genau diese Aussagen:
nur weil man einen Modeller spielt, heißt das doch nicht automatisch, dass man sich nicht mit ihm beschäftigen muss, um gut zu klingen oder individuell zu sein ... bei beiden Konzepten kann der Amp nur so gut klingen, wie der Mensch, der ihn bedient. Ich habe immer wieder das Gefühl, viele wissen nicht, wie ein Modeller arbeitet!
Da hast Du mit Sicherheit recht. Zur "Bedienung" aber weiter unten noch eine Feststellung von mir ...
Der Röhrenamp ist nicht automatisch individueller und der Modeller bügelt nicht automatisch alles glatt... sonst wären ja nicht alle die Produktionen im Metalcore Bereich derart austauschbar (zu 90% Röhrenamps) und nicht 90% aller Sneap Produktionen würden sich gleich anhören - überwiegend Röhrenamps!
Dem will ich auch nicht widersprechen
ja eben... aber die meisten Newcomerbands, die ich gesehen haben, lassen sich von Marketing leiten und spielen eher einen 6505 oder FB... selten sieht man das POD oder einen anderen Line 6 Pedanten!
Ich denke, ich weiß, worauf Du hinaus willst, würde es aber nicht als Folge von "Marketing" sehen, sondern mehr als Folge von "Erfahrungswerten", die sich innerhalb einer User-Gruppe herausbilden. Und sicher auch mal eine gewisse "Eigendynamik" entwickeln (Stichwort: Mythenbildung, EMG & Co. ...). Das können wir gerne mal diskutieren! Zumal es auch zu der "Betrug"-Frage zurückführt
Wobei festzustellen ist, dass wir da beide wohl in erster Linie über die Gruppe der "Metal-Gitarristen" sprechen, aus dem Umfeld kommen wir ja beide. Das macht's vielleicht nicht für alle hier interessant ... Und ist nicht 1:1 auf andere "Anwendungszwecke" übertragbar.
"Mikrokosmos Metal": Überwiegend "betrogene" Gitarristen?
Ich will's vorweg erneut betonen: Ich spreche hier von meinem "Metal-Mikrokosmos", besitze aber logischerweise nicht die Deutungshoheit für die ganze Metal-Szene sondern kann nur von meinen Erfahrungen berichten ... Ich will mal beleuchten, was ich da so für Amps sehe - und hinterher eine These liefern, warum das so ist.
Mit meiner aktuellen Band spiele ich seit 5 Jahren 15-25 überregionale Konzerte im Jahr (mit Schwerpunkt NRW), überwiegend vor 100-300 Leuten. Kleine Clubs also, mal ein kleines Festival, mal als Opener für "etablierte" Bands, mal ein JZ. Alles sehr "Underground" oder auch "an der Basis", wenn man so will. Meist sind wir dort mit unserem "odschooligem Thrash" die Ältesten (Eieiei ...), die jüngeren Bands spielen zumeist Metalcore, Melodic Death Metal (ja, soll's geben) und Hardcore. Da mich das Thema seit jeher interessiert, schaue ich gerne, was die Kollegen so für Amps spielen. Da führe ich natürlich keine Strichliste, aber so "Pi mal Daumen" habe ich in den letzen 5 Jahren x ca. 20 Konzerte x 4-5 Bands x 2 Gitarristen (dazu kommen noch Dutzende Konzerte als Besucher) folgende Beobachtungen gemacht:
Anteil Röhren-Topteile: 95%
Davon mittlerweile bestimmt 50% Engl (diverse), 30% Peavey (überwiegend 5150/6505), 20% andere: am ehesten noch Marshall, sehr selten mal ein Rectifier, der Rest teilt sich auf "Exoten" auf, mal ein Diezel, VHT, sehr selten auch: Framus usw. Ebenfalls selten geworden: 19"-Racks (ok, das sieht bei den "Profis" anders aus)
Anteil Transistor-Amps + Modeller: Die restlichen 5%
Am ehesten sieht man mal einen Highes&Kettner Attax oder Marshall Valvestate/MG bei der ersten Band des Abends (also den "Youngstern"), hin und wieder einen Randall, wann ich den letzten Line 6 (Flextone Head pder HD 147) gesehen habe, weiß ich schon gar nicht mehr ...
Boxen: 100% 4x12 Cabinets
Das muss nicht heißen dass jeder Metal-Gitarrist eine eigene hat, meistens ist aber durch den Veranstalter oder eine der Heim-Bands gewährleistet, dass pro Gitarrist eine zur Verfügung steht und die werden dann eben benutzt. Jedenfalls habe ich noch nie gesehen, dass jemand eine eigene 2x12 mitbringt ... Die "lokale Kiddie-Band" hat dagegen schon mal einen Combo, der an eine 4x12 gehängt wird.
Erst recht sieht man da NIEMALS jemanden direkt mit dem Modeller in die PA gehen, was in anderen Bereichen (Top-40, Tanzmucke) sehr verbreitet ist.
Das mag mal illustrieren, vor welch unterschiedlichen musikalischen Hintergründen wir hier in diesem Thread diskutieren ...
Wie gesagt, diese Beobachtungen sind nicht empirisch belegt (...) und insofern auch nicht repräsentativ, ich bin aber sicher, dass sie einige hier, die auch in dem Genre unterwegs sind, durchaus bestätigen werden!
Nun zu der eigentlichen Frage: Sind diese Gitarristen vom Marketing geleitet oder basiert die Equipmentwahl auf "Erfahrungswerten"?
Ich meine: Die Marktanteile geben vermutlich gut wieder, was die Hersteller für einen Aufwand bzgl. Werbung & Endorser betreiben.
Aber die Tatsache, dass Röhren-Amps die Kombination "Röhrentop + 4x12" im Metal nach wie vor der Standard ist, ist meiner Meinung nach auf die Erfahrungen der Gitarristen mit den verschiedenen Amp-Konzepten zurückzuführen.
Nun mag es sein, wie "psywaltz" es schon angedeutet hat, das, wer aus einem Modeller oder Transistor-Amp keinen in diesem Kontext funktionierenden Sound rausholt, entweder "kein talentierter Knöpfedreher" ist oder nicht lange genug probiert hat. Mag ja sein ... Aber die Tatsache, dass viele Leute auf Anhieb in der Lage sind, mit einem Röhren-Amp klarzukommen, spricht aber zumindest nicht gegen die alten Kisten.
Für mich bleibt festzustellen: In dem Umfeld, in dem ich mich bewege, haben Röhrenamps eine ganz klare Vormachtstellung - und ich bin sicher, dass dies kein Zufall ist.
Das unter anderen Anforderungen andere Amp-Konzepte gleich gut oder sogar besser funktionieren - gar keine Frage. "Untersucht" man Top-40-, Cover- oder Tanzmucke-Kapellen, wird man eher selten Halfstacks auf der Bühne finden und dafür einen überragenden Anteil an Modellern. Weil diese Gitarristen weniger anspruchsvoll sind? NEIN, weil sie sich in einem anderen Kontext bewegen, wo andere Lösungen Sinn machen.
Dass es auch im Metal-Sektor Bands gibt, die ohne Röhren-Amps amtliche Sounds liefern - auch das hatten wir schon klargestellt, unter meiner begeisterten Zustimmung.
Dennoch scheint für
die meisten Gitarristen in diesem "Metier" ein Röhren-Amp einfacher zum Ziel zu führen, dem von ihnen gewünschten Sound in Kombination mit dem für sie effektivsten Handling. Das ist ein Erfahrungswert, den man macht - oder eben nicht! - aber nicht das Ergebnis von Marketinganstrengungen der Röhren-Amp-Hersteller.