Und da kommen auch schon Tausende Krieger - mit Gitarren bewaffnet schreihend auf mich zugestürmt....
Es geht sich um das viel Diskutierte Thema : Röhrensound bzw Röhrenamps.
Alle sprechen immer von dieser gewissen "wärme" bzw "klingt einfach geiler" , was die Röhrenamps so besonders macht. Jedes Gain-Auf-5-Uhr Gitarren Kiddy, das überhaupt nicht weiß warum der Verstärker ständig Rückkopplungen produziert gibt einem zu hören, dass Röhrenamps ja ach so toll sind. Aus diesem Grunde ist es doch berechtigt zu vermuten, dass das ganze doch totaler Vodoo und Nachgeplapper ist.
Ich schreibe das hier, weil ich mich gerne eines besseren belehren lassen würde.
Am liebsten würde ich mir irgendwie ein paar Aufnahmen anhören bei denen ich im Vorfeld nicht weiß, ob der Gitarrensound 'durch ne Röhre oder 'nen Transistor gejagt wurde. Da der Röhrensound angeblich ja so viel wärmer klingt müsste ich das ja raushören.
Ich wäre jetzt sehr froh wenn ihr mir Aufnahmen posten könntet ohne mir zu sagen ob es Röhre oder Transistor ist.
Ich werde mir die Sachen anhören und meinen Tip geben. Und dann wärs noch sehr nett wenn ihr mir darauf hin die Lösung sagen würdet.
Gruß
Dr.Watson
PS: Wenn ihr mir ein paar Albem von Metalbands auflisten könntet, die nur mit Transistor verzerren wär das auch total super.
Ist technisch recht einfach zu erklären....
eine Röhre arbeitet einfach nciht perfekt/linear, ein Transistor ist da einfach besser, er arbeitet absolut linear.
Für eine Saubere unverfälschende Verstärkung ist ein Transistor der Röhre ganz klar überlegen (solange man ihn nicht über seine Grenzen betreibt).
Eine Röhre arbeitet da anders, sie verstärkt nicht linear und fügt vielfache der Grundschwingung hinzu (Obertöne)....das ist eigentlich eine "Krankheit"/Imperfektion der Röhre.
ABER:
verlassen wir mal kurz den Bereich Verstärkung und gehen zum Bereich Klang/Instrumente.....auch z.B. eine Geigensaite hat als Grundschwingung einen Ton, der einem sauberen Sinuston stark ähnelt (eine Flöte sogar noch mehr)...warum klingt dann eine Geige "schön" und "warm" und "weich" und "seidig" und nicht ähnlich wie ein Sinuston....peeeeeeeeeep?
ganz einfach wil sie eben nicht nur im Grundton schwingt, sondern auch in diversen Obertönen. somit hat man also an diesem Punkt schonmal eine Anzahl an sich überlagernden Schwingungen, bedingt durch Konstruktionsweise und Materialien werden einige Frequenzen/Bereiche mehr gedämpft als andere, diesen entstehenden akustischen Fingerabdruck nennt man "Timbre", und genau dies macht die "Schönheit" im Klang aus im Gegensatz zum subjektiv weniger "schön" klingenden Sinuston.
Der Transistor (bzw der Verstärker um den Transistor) nimmt (im Normalfall) diesen Sinuston und macht ihn einfach nur lauter...technisch ein perfekter Verstärker...
Die nicht perfekt arbeitende Röhre macht nun etwas ähnliches wie die Saite, Konstruktion, Holz etc bei der Geige, die fügt Obertöne hinzu, das entstehende "Timbre" klingt für das menschliche Ohr "wärmer", "angenehmer", "Seidiger" etc.
Ein Transistor in der Verstärkung allein kann das nicht (rein technisch), soll also nun ein Tranny an die Verzerrung/den Klang einer Röhre rankommen, müssen diverse technische Kniffe eingebaut werden um ein ähnliches Spektrum an Obertönen zu erzeugen, der ansich perfekt arbeitende Transistor wird also durch Kniffe "technisch verschlechtert" um den klang der "technisch nicht perfekten" Röhre zu imitieren....
um wieder zu unserem Beispiel zurückzukehren:
Genau das macht ein Synthesizer, er nimmt die perfekte Sinuskurve und verformt, verzerrt, verändert sie um ein ähnliches Spektrum zu bekommen wie die Geige es liefert...klingt das nun besser als die Geige?
JEIN, wenn man den ECHTEN Geigenton will kommt halt immernoch nichts an die Geige ran, weil einfach so viele Faktoren zu dem ureigenen Timbre beitragen (mal ganz abgesehen vom Spielgefühl!), dass eine 100%ige Simulation nicht möglich ist, dennoch hat der Synthesizer in einigen Bereichen die Nase vorn, da er durch die künstliche Verformung natürlich neue Klänge (künstliche Timbres) schaffen kann, die die Geige nicht liefern kann (Geige ist hier nur ein Beispiel, hätte genauso gut Pauke, Tompete oder Vuvuzeela sein können).
wenn man also Vielseitigkeit und neue Sounds will ist der Synthi besser, dennoch bezweifle ich, dass er in naher Zukunft im Orchester die Geigen ersetzen wird.
Exat das gleiche (letzter Paragraph) gilt auch für Röhre und Transistor.....ein Gitarrenverstärker ist eben nicht nur ein Verstärker, sondern in erster Linie ein Instrument (auch wenn das bei der "Erfindung" der ersten Gitarrenverstärker nicht so gedacht war).
Der Transistor bringt ( im linearen Bereich/Normalbetrieb) einen technisch besseren Verstärker!
aber der Gitarrenverstärker soll eben nicht nur Verstärker sein, sondern vor allem auch Instrument. Die Röhre bringt dieses Timbre auf natürliche Weise, der Transistor versucht es zu imitieren, warum sollte ich die Imitation wählen.
(ausser natürlich, wenn ich auf der Suche nach neuen Sounds bin, siehe Synth)
Alles oben beschriebene bezieht sich erstmal auf den Betrieb des Transistors im Normalbetrieb, also in dem Bereich, in dem er linear arbeitet...
erst recht problematisch wird das ganze, wenn wir über diesen Bereich hinausgehen, eine Röhre fügt mehr und mehr Obertöne (
gerade und ungerade) hinzu und gerät in die Sättigung.
Ein Transistor bleibt vollkommen liniear bis zu einem gewissen Punkt, wenn man nun das Eingangssignal weiter verstärkt (bleiben wir der Einfachheit halber mal bei einer reinen Sinusschwingung), werden die Spitzen der Sinuskurve einfach gekappt, d.H. im extremfall entsteht aus der Sinuskurve eine Rechteckkurve.
Auch diese ist natürlich nur eine Sinuskurve mit unendlich vielen
ausschliesslich ungeraden Vielfachen der Grundschwingung (herauszufinden über Fourier Analyse (theoretisch) oder mit Oszilloscop (praktisch)).
Nun hat die Rechtekkurve die eigenschaft "hart" und "buzzy" zu klingen=> ein Transistor klingt wenn über den linearen Bereich betrieben (Verzerrung) nicht schön...dies muss wieder mit schaltungstechnischen Kniffen künstlich behoben/umgangen werden, wobei wir wieder an der Stelle weiter oben im Text sind.
Was für und "schön" oder eben "unangenehm" klingt ist nicht nur rein subjektiv, sondern neben der Erfahrung auch durch die Evolution festgelegt
in der Natur gibt es kaum reine Schwingungen, sondern fast nur verzerrte Töne, die aus diversen
geradzaligen und ungeraden Obertönen bestehen, die Rechtekkurve des Transistors hat für uns daher einen sehr "unnatürlichen" "unschönen" Klang....
Warum empfinden wir nun einige Sachen als "schön" und andere nicht?
Naja, ich denke wie gesagt, dass die Gründe dafür zum einen in der Persönlichen Erfahrung liegen (Stimmen und Geräusche im Bauch der Mutter, als Kleinkind etc) als auch einfach evolutionär bedingt sind....das sanfte reden von Menschen klingt angenehmer als der Warnschrei eines wilden Tieres...
Kaum einer wird sich zum Einschlafen wohl eine CD mit Sampleaufnahmen von Feuersirenen anhören