Jetzt wird ja doch wieder Öl ins Feuer gegossen. Bzw. Salz in die Wunden gestreut. Je nach Sichtweise, hihi:
Interessanter Vergleichstest!
Ich versuche mal zusammen zu fassen, was da gemacht wurde: Eine prominent besetzte Testergruppe (Gitarristen und/oder Soundengineers/Produzenten) wurden über die Studioabhöre Aufnahmen diverser klassischer Sounds vorgespielt, die entweder mit dem Original-Amp oder mit einem Modeller erzeugt wurden. Dabei verfügen die Probanden allesamt über große Erfahrungen mit Vintage-Amps, einige darüber hinaus auch mit diversen Modelling-Systemen. Die Test-Probanden:
D. James Goodwin (Thursday, Parliament-Funkadelic, Motion Picture Demise), John Holbrook (B.B. King, the Brian Setzer Orchestra, the Isley Brothers, Fountains of Wayne), Pete Moshay (Hall and Oates, Daryl Hall, Paula Abdul, B.B. King, Barbra Streisand, Fishbone), Paul Orofino (John Petrucci, Blue Oyster Cult, Anthrax), and Tozzoli (Al Di Meola, the Marsalis Family, David Bowie).
Hier das grob zusammengefasst das Gesamtergebnis:
"Modelers have a much tougher time getting realistic clean sounds (in the Twin examples, the panelists picked the real amp 60 percent of the time). But on the crunchy and distorted sounds, the modelers were able to fool the experts 75 percent of the time."
Und daraus folgt Fazit des Autors über Modeller:
"They're an excellent alternative that can often sound just as good as the amps they emulate. And, of course, modelers give you a choice of many different amp tones and cabinet configurations, are much cheaper (not to mention lighter) than real amps, come with tons of built-in effects, allow you total recall, and often have automatable parameters. Sure, there are times when nothing beats a vintage amp. But according to what I observed in the testing session, that's certainly not a hard-and-fast rule."
Meine Kritik
Ich finde dieses Fazit schlüssig und gar nicht überraschend. Am
Ergebnis erstaunt mich jedoch, dass bei Clean-Sounds 60% der Tester den "echten" Amp erkennen, sich bei Zerrsounds aber zu 75% täuschen ließen.
Eine Erklärung für dieses Ungleichgewicht kann der
Background der Tester sein: Paul Orofino ist da so ziemlich
der Einzige, dem Referenzen im Hard'n'Heavy-Sektor zugeschrieben werden (Petrucci, Anthrax). Nun sind diese Referenzlisten natürlich nicht komplett, aber das typische Umfeld der Produzenten und deren primäre Kompetenz werden sie schon wiedergeben.
Überspitzt gesagt: Vielleicht ist Orofino derjenige, der ALLE Beispiele für Zerrsounds richtig zugeordnet hat was im Gesamtergebnis jedoch untergeht, weil die restlichen Clean-Experten "lediglich" die ihnen bestens vertrauten Fender Twins richtig erkennen ...
SOLL HEISSEN: Ich halte solche Versuche bei aller Kompetenz der Tester nicht für repräsentativ.
In einer anderen Gruppe mag das Ergebnis komplett anders aussehen. Versammle angesagte Heavy-Produzenten wie Andy Sneap, Tue Madsen, Peter Tätgren (Lasse Lammert!?) zu einem ähnlichen Versuch und ich bin sicher, dass diese die in ihrem Metier gebräuchlichen "Standardamps" wie 5150, Rectifier usw. mit hoher Quote von deren Modelling-Pendants unterscheiden können. Aber wer von diesen Produzenten hat in seiner Laufbahn exzessiv mit einem Fender Twin, Bassmann oder Vox AC 30 gearbeitet, so wie die Pop/Funk/Blues-Produzenten oben und würde diese Amp-Typen zweifelsfrei raushören?
Grundsätzlich ok, aber gehört der Aspekt FÜHLEN nicht zum "real thing" dazu? Ob eine Fremdaufnahme über die Studio-Monitore nahezu gleich klingt und wie sich das vorher beim einspielen anfühlt, sind zwei Aspekte.
Ich könnte mir z.B. auch vorstellen, für eine CD unserer Band nur mit einem Modeller zu arbeiten was den Sound angeht. Ich bin zwar nach wie vor der Meinung, dass ich damit an max. 90% "meines" Wunsch-Sounds herankomme, aber hier wird ja immer der "Laien-Konsument" bemüht und dem mag das wirklich egal sein ...
Da CDs aufnehmen für mich aber kein Job, sondern ein Highlight ist, dass nur alle 2-3 Jahre mal stattfindet, werde ich es mir niemals nehmen lassen, meine 4x12 im Studio aufzubauen, mit dem Engineer an der Mikrofonierung zu feilen und einfach nur Spaß zu haben, die Kiste bis zur Halskrause aufzureißen
Insofern steht für mich persönlich klar fest, was nach wie vor der "real deal" ist. Für einen anderen mag dagegen der "real deal" gerade im unschlagbaren Komfort eines Modellers bestehen, kein Problem!