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Zum Anfang muss ich Gleichung "Röhe = automatisch hochwertiger Sound" entkräften. Lange nicht jeder Vollröhrenamp birgt auch einen guten Sound
So isses. Es gibt genug Röhrenamps am Markt, die klingen nicht so gut wie z.B. ein PCL Vintageamp oder Peavey bandit 112. Und sie lassen sich dennoch zu höheren Preisen verkaufen ...
Die Vollröhrentechnik hat sicher in vielerlei Hinsicht Ihre klanglichen Vorteile.[...] ... aber es gab auch mal einen Versuch von Hughes & Kettner mit dem Zentera einen Digitalen Amp auf dem Markt zu manifestieren. Der Amp war göttlich und stand vom Sound und Dynamikverhalten den Röhrenvorbildern in absolut nichts nach. Ein echt geiles Gerät, was auch preislich auf gleichem Niveau mit der Konkurrenz stand. Der Versuch ist letzendlich an der Akzeptanz der Gitarristen gescheitert.
Klangliche Vorteile würde ich eher durch "klangliche Eigenschaften" ersetzen.
Ob das wirklich immer ein Vorteil ist, hängt von vielem ab, u.a. von dem, was man erreichen will.
Und ja, es gibt Modeller, denen hört man nicht an, dass es keine Röhre ist, auch das Tonanspracheverhalten wird so gut imitiert, dass wohl kaum ein gitarrist merken würde, dass dort ein Chip anstatt Glühkolben werkelt. Neben Zentera und Zenamp wäre noch das AxeFX zunennen. Preislich liegen die eher in der höheren Klasse.
Zenamp und Zentera werden nicht mehr angeboten, weil sich das wohl wirtschaftlich (trotz hoher Preise) für H&K nicht gelohnt hat.
Für Gitarristen liegt auf der Hand, weshalb sie oft auf Röhre schwören.
Gitarristen sind nämlich ein stockkonservatives Pack; sonst würden sich nicht immer noch (rein technisch gesehen) 50 Jahre alte, überholte Konzepte wie Strats mit Verstimm-Vintage-Vibrato und Brumm-Coils immer noch wie blöde verkaufen, wohingegen Strats mit verstimmungsfreiem Vibrato und nichtbrummenden Tonabnehmern weniger gefragt sind.
Für Hersteller ist es auch klar: Ein Röhrenamp findet (fast) immer Abnehmer, egal wie schlecht er klingt. Eben wegen der Röhren. Und der Entwicklungsaufwand ist meist eher gering, da man zumeist einfach jahrzehntealte Konzepote kopiert und bestenfalls marginal modifiziert.
Ein wirklich gutklingender Transitorenamp erfordert das *wesentlich* mehr Entwicklungsaufwand und KnowHow, ein Modeller noch mehr. Da kann man eben nicht mal einfach eien Schaltung aus den 1950ern oder 1960ern kopieren.
Es gibt Modeller und Transenamps, die klanglich (und preislich) der Oberklasse der Röhrenamps entsprechen. Die finden zumeist nur kaum Abnehmer.
Für die meisten Hersteller ist der Markt dhochwertiger Transen- und Modellingamps deshalb uninteressant: hohe Entwicklungskosten, oft lange Entwicklungsdauer, und dann das Risiko, dass sich die entwickelten Amps nicht oft genug verkaufen lassen, um wenigstens die Entwicklungskosten wieder reinzuholen, geschweige denn Gewinn zu machen (was eigentlich jeder Hersteller will).
H&K hatte es versucht und ist mit Zentera/Zenamp gescheitert.
Gute kritiken und viel Lob ersetzen halt gute Verkäufe nicht wirklich.
Jetzt fahren H&K wieder die Schiene, die die meisten anderen großen Amphersteller fahren: hochwertige Amps in Röhrentechnik, preiswertere in Transentechnik. Und bei den preiswerteren Transenamps wird dann halt weniger Entwicklungsaufwand betrieben, so dass diese klanglich nicht annähernd das (technisch mögliche) Optimum erreichen.
Was wiederum bei Gitarristen dazu führt, dass Vorurteile á la "Röhre-is-bessa" verfestigt werden.
Auch Modelling-Hersteller wie Line6 stecken nicht wirklich viel in Forschung und Entwicklung, ganz einfach, weil es sich wirtschaftlich nicht lohnt.
Warum auch viel Geld für die Entwicklung eines neuen, wirklich gutklingenden Pod "IV" ausgeben (der dann erheblich teurer wäre), wenn die momentanen Pods, die klanglich weder Zentera noch AxeFX annähernd ewrreichen, genug Gewinn abwerfen?
Warum sollte Peavey viel Entwicklungskosten in die Verbesserung (die ohnehin gutklingende) Transetube-Technik stecken, wenn Billig-Röhren-Amps á la Valveking und teurere Röhrenamps á la 6505 auch ohne solche hohen Entwicklungskosten genug Gewinn abwerfen?
Und so lange das so ist, stimmt es halt in der Praxis der am Markt verfügbaren Amps oft (aber halt nicht immer und nicht zwangsläufig ), dass Röhrenteile besser klingen.
Schuld daran ist wie gesagt nicht die Technik an sich, sondern Marktmechanismen und der Konservativismus der meisten Gitarristen.