Ich hatte jetzt endlich etwas Zeit, meine Haun MBC660 an mein ZOOM H6 anzuschließen. Funktioniert wie erwartet einwandfrei. Bis zur Potistellung "6" ist fast kein Rauschen zu vernehmen, ab "7" wird es dann aber hörbar. Das (aktuelle) Rode NT1, das bekanntlich das derzeit rauschärmste Mikro überhaupt sein soll, wohl auch ist, kann ich bis "7" aufdrehen, erst danach fängt es ebenfalls an, im Kopfhörer vernehmlich zu rauschen.
Wenn ich die Mikros an mein Behringer X18 anschließe (das ja sowohl Mischpult als auch Audio-Interface ist), dann kann ich dem MBC660 satte 50 dB Gain geben, bevor er vernehmbar rauscht. Beim NT1 rauscht es selbst dann überhaupt gar nicht. Da das NT1 aber deutlich mehr Ausgangsspannung liefert im Vergleich zum MBC660 bei gleicher am Mikrofon ankommender Schallenergie, bräuchte ich ihm aber nur ca. 40 dB Gain geben, damit ich alles ebenso laut höre im Kopfhörer wie beim MBC660, was den Rauschabstand noch zusätzlich vergrößert.
Was folgt daraus:
- Die Mikrofonvorverstärker des X18 sind deutlich besser als die des H6 (was nicht verwundert, da man bei netzbetriebenen Geräten mit deutlich höheren internen Spannungen arbeiten und dadurch z.B. andere OP-Amps mit besseren Werten einsetzen kann).
- Bei sehr lauten Schallquellen könnte es nötig sein, beim NT1 die Dämpfung-Pads am H6 einzuschalten, da die hohe Ausgangsspannung des NT1 den Eingang sonst womöglich übersteuert.
- Die Pads des H6 wird man beim MBC660 sicher nicht brauchen.
- Das NT1 würde also nur dann Sinn machen, wenn man mit dem H6
sehr leise Schallquellen möglichst unverrauscht aufnehmen möchte.
- Mit Vorverstärkern wie sie im X18 eingebaut sind, kann man selbst mit dem unempfindlicheren MBC660 sehr leise Schallquellen aufnehmen.
- Mit dem NT1 am X18 kann man wahrscheinlich noch Schallquellen sauber aufnehmen, die im Bereich der Hörschwelle liegen.
Wie teste ich "leise"? Ich reibe in ca. 10 cm Entfernung von der Einsprechöffnung Daumen und Zeigefinger leicht aneinander und checke dann, wie laut ich dieses Signal verstärken kann, ohne dass es von technischem Rauschen überlagert oder gar verdeckt wird. Auch das Ticken der Wanduhr im Nebenzimmer ist eine gute sehr leise Schallquelle (bei offener Tür natürlich, Entfernung zum Mikro ca. 6 m). Wie laut kann ich dieses im Kopfhörer machen bis es störend anfängt zu rauschen.
Diesen Test hat aber auch das MBC660 am H6 noch bestanden, beide Geräusche waren bei der Potistellung "6" gut wahrnehmbar ohne störendes Rauschen. Das NT1 war hier selbstverständlich besser, ich konnte bei ihm beides noch deutlich lauter verstärken ohne störendes Rauschen.
Auf die Praxis bezogen kann man jetzt vergleichen, ob und wie die Mikrofone am H6 (sicher vergleichbar dem H5) tauglich sind für die Schallquellen, die ich aufnehmen will. Wenn mein Instrument aus der gegebenen Aufnahmeentfernung z.B. maximal die Potistellung "4" verlangt um in seiner kompletten Dynamik korrekt ausgesteuert zu sein mit etwas Headroom, dann bin ich was das Rauschen betrifft jenseits von Gut und Böse. Wenn ich kaum über "2" hinaus regeln darf und darüber hinaus auf das Pad angewiesen bin, dann ist das Mikro (für meine Schallquelle) zu ´stark´, liefert also schon zuviel Spannung. Ist mein Instrument so leise, dass ich mindestens "7" und besser noch darüber hinaus regeln muss, dann ist das Mikrofon zu ´schwach´ für meinen Recorder, liefert zu wenig Spannung, und ist damit untauglich.
Bei einem besseren Mikrofonvorverstärker wie in meinem Beispiel dem X18 hat man nach unten hin deutlich mehr ´Luft´, da braucht man sich diese Gedanken jedenfalls nicht so detailliert machen. Erfahrungsgemäß haben die mit höheren internen Spannungen arbeitenden Geräte auch mehr Headroom, also zusätzlich ´Luft´ nach oben hin, so dass auch bei einem höheren Gain nicht so schnell Übersteuerungen zu erwarten sind.
Ich würde mal vermuten, dass die MBC660 für deine Zwecke am H5 ohne Probleme funktionieren müssten, so leise ist ein akustische Gitarre nicht und ein Amp für die E-Gitarre schon gar nicht, zumal man erstere nicht zu fern, und den Amp stets sehr nah abnimmt.
Hinsichtlich des maximalen Pegels, den das MBC verarbeiten kann würde ich mir hingegen keine Gedanken machen. In den Daten findet man die Angabe 126 dB. Leider ist der Klirrfaktor nicht angegeben, aber bei einem seriösen Hersteller hochwertiger Mikrofone wie Haun vermute ich 0,5%. Bei weniger seriösen Herstellern gilt der angegebene Wert typischerweise bei 1% Klirr, da kommen schnell Werte wie 140 dB zusammen, obwohl dasselbe Mikrofon bei 0,5% möglicherweise auch nur 126 dB verarbeitet.
Die 126 dB sind aber schon so hoch dass man das mit gesunden Ohren eigentlich nicht mehr aushält. 130 dB Pegel unbewertet gelten als Schmerzschwelle und Gehör-schädigend, bei der sog. "gehörrichtigen" gefilterten db-A-Bewertung liegt der Wert deutlich niedriger, etwa bei 115 dB. (Siehe hier:
http://www.sengpielaudio.com/TabelleDerSchallpegel.htm)
In unmittelbarer Nähe einiger Instrumente oder laut aufgedrehter PA-Lautsprecher können diese Pegel allerdings auftreten, z.B. am Schalltrichter einer Trompete wo jemand ff-Töne spielt. Im
Homerecording wird man aus nahe liegenden Gründen diese Pegel eher nicht erreichen.
Aus eigener Erfahrung kann ich die Haun´s sehr empfehlen. Die Fertigungsqualität ist sehr hoch, wie schon erwähnt braucht man kein "gematchtes" Paar um Mikros mit eng beieinander liegenden Werten zu bekommen. Das "Matchen" ist eigentlich eher typisch für billigere Mikros und weniger gute Hersteller, da deren Toleranzen deutlich größer sind. Wenn man bei Schoeps nach 10 Jahren eine baugleiche Kapsel für seine Sammlung dazu kauft, dann kann man sogar sicher sein, dass diese in ihren Daten der schon vorhandenen Kapsel praktisch gleich ist!
Das AKG C451B habe ich auch (noch aus Wiener Fertigung) und es ist sehr gut. Ob aber die aktuellen aus ungarischer ´Harmann´-Produktion noch ebenso gut sind, kann ich nicht sagen. Für deine Zwecke glaube ich ohnehin nicht, dass sich deren Mehrpreis lohnt. Außerdem haben sie eine ausgeprägte Höhenbetonung. Die kann man zwar wegfiltern, aber wenn man sie nicht gut findet oder sie für die eigenen Anwendungen überflüssig ist, dann lässt man das auch besser gleich weg.
Die Oktavas hatte ich auch mal, habe die aber verkauft, als ich mal eine Sammlung von Haun-Mikrofonen relativ günstig erwerben konnte. Ich fand die als Stützen ganz o.k., aber auch etwas zu schwach in den Höhen, da musste ich gelegentlich etwas dazu geben.
Was ich bei Haun auch sehr gut finde, ist der zuverlässige und preiswerte Service. Z.B. das Reinigen der Mikrofonkapsel ist sehr preiswert, aber auch der Austausch einer defekten Membran (hatte ich einmal) ist absolut bezahlbar. Man kann die Mikrofone direkt zu Haun nach Obrigheim schicken.