PRS Standard (90/95) und PRS Studio (91)
Die Preise für einige Pre Factory PRS haben die durchaus respektablen Neupreise der Core PRS bereits hinter sich gelassen. Auf dem Gebrauchtmarkt sind die PRS Standards und erst recht die PRS Studio zwar sehr selten aber zumindest hierzulande noch vergleichsweise sehr günstig. Der Vintage Guitar Price Guide weist für die Standard Modelle bis 1991 sogar einen höheren Wert aus als den von Customs aus dem gleichen Produktionsjahr. Aus Sicht des Musikers sind es Gitarren, die hervorragend verarbeitet und bespielbar sind und einen eigenen, sehr bandtauglichen Klangcharakter haben. Grund genug, sich mit den Modellen etwas näher zu beschäftigen.
Als Paul Reed Smith beschloss, Gitarren zu bauen, waren die alten Les Pauls aus den 50er Jahren die Messlatte, deren Sound er mit seinen Gitarren erreichen wollte. Die meisten der Gitarren, die seinen Vorstellungen entsprachen, hatten einen Mahagoni Body und –Hals sowie ein Brasilian Rosewood Fingerboard. Paul besaß eine 57er Les Paul Junior mit einem
einteiligen Mahagoni Body, die das Vorbild für seine Vorstellung von Sound war und das er übertreffen wollte.
Wer einmal eine Gelegenheit hatte, eine Les Paul Junior aus den 50er Jahren zu spielen, wird diesen Sound wohl nicht vergessen. Auf den ersten Eindruck klingen sie irgendwie sperrig, erweisen sich aber bei intensiver Beschäftigung als erstaunlich flexibel, immer präsent im Bandkontext und auf ihre Art sehr gut klingend. Hier im Board gibt es eine kleine Handvoll Sound Gourmets, die in der glücklichen Lage sind, eine oder sogar mehrere 50ths Juniors zu besitzen. Für diejenigen, die keine klare Vorstellung haben, wie vielseitig dieses Rockbrett klingen kann, empfehle ich einen neueren Live Mitschnitt von Wishbone Ash. Mark Abrahams zaubert aus seiner alten Junior phantastische Sounds.
View: https://www.youtube.com/watch?v=CVR9j7RO2RM&t=1097s
Die Junior ist – bis auf das Rio Griffbrett – eine reine Mahagoni Gitarre. Deshalb ist es konsequent, dass die ersten Gitarren, die Paul überhaupt baute, noch kein Eyecatcher Maple Top hatten, sondern Hals und Body aus Honduras Mahagoni. Auch die Bodymasse entsprachen in etwa einer Les Paul Junior.
1. Die PRS Guitar – PRS Standard
In der Serie baute Paul von Anfang an (seit 1985) neben der PRS Custom die sog. PRS Guitar, die bei gleicher Bauform anstelle des Maple Tops ein Mahagoni Top hat. 1987 wurde dieses Modell in PRS Standard umbenannt. Sie wurde für den Working Musician gebaut, der sich das teurere Custom Modell nicht leisten wollte oder konnte.
(PRS Standard Jahrgang 1990)
David Grissom, maßgeblich u.a. für das heute noch aktuelle DGT Modell verantwortlich, war bereits 1985 bei Aufnahmen mit einer PRS Guitar zu sehen. Seine viel gespielte Goldtop ist eine Standard, mit der er für Jahre den Sound von Don Ely und John Mellencamp prägte.
Tatsächlich gibt es auch hier in diesem Forum Musiker, die die Standard der Custom vorziehen. Der Mahagoni Body hat einen etwas anderen, idR. etwas weicheren Klangcharakter. Die frühen PRS Guitars bzw. Standards hatten meist keinen One Piece Mahogany Body. Das Mahogany Top wurde vielmehr wie bei der Custom separat hergestellt und aufgeleimt. Das Griffbrett bestand bis ca. 1991 aus Rio Palisander.
Die Standard erhielt eigene Pickups, den Standard Treble und den Standard Bass Humbucker. Diese sind nicht identisch zu den Pickups in den frühen Customs.
Das frühe One Piece Tremolo ist an den fehlenden Schrauben zur Verbindung des Tremoloblocks zur Grundplatte zu erkennen.
Das hervorstechendste Merkmal ist der extrem bequem zu bespielende Hals. Er wurde von Hand geschliffen, was sich insoweit bemerkbar macht, als kein Hals der Pre Factory Modelle 100 % identisch ist.
Einziger Wermutstropfen der PRS Gitarren bis ca. 2000 ist, dass bei manchen der Lack stellenweise milchig wird. Das wirkt sich nicht auf die Funktion aus, ist aber nur mit einer Neulackierung zu ändern.
2. Die PRS Studio
Die Studio – erstmals 1988 im PRS Katalog zu finden - ist bis auf die Pickup-Bestückung identisch zur Standard. Diese. Jahrgang 1991, hat als Special Order Lindy Fralins Single Coils als Hals- und Middle PUs. Wir erinnern uns, die frühen PRS bis ca. 1991 waren als „Best Of Both Worlds“ der Stratocaster deutlich näher als die späteren Modelle, die mehr in Richtung Les Paul Sound gebaut wurden. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Single Coils ausgesprochen gut zu der Studio passen. Der Hals PU z.B. klingt verblüffend nach alter Vintage Strat.
3. PRS Standard 22
Eine ganz andere Baustelle ist die Standard 22, die 1994 ins Programm aufgenommen wurde. Dieses Modell mit Wide Fat Neck, 22 Bünden auf einem Indian Rosewood Fretboard, Wrap Around Tailpiece und Dragon PUs hat bis auf die äußere Form nichts mit der frühen Standard gemein. Diesmal ist der Body aus einem Stück, die Decke wurde nicht aufgeleimt.
Der tonale Charakter hat den Focus auf Bässe und untere Mitten, wobei sie nicht schwammig wird. Die Standard 22 schiebt und drückt, dass es eine Freude ist. Wer Probleme hat, dass sein Sound zu dünn sein könnte, sollte die ausprobieren. Dagegen sieht manche Les Paul schmal aus.
Grüße aus der Lüneburger Heide!