Die Magie der frühen PRS
Ende der 80er Jahre gab es noch in vielen größeren Städten eine Vielzahl von Gitarrenläden, darunter auch einige, die besonders ausgesuchte – auch Vintage Gitarren anboten. Natürlich gab es keine Internetplattformen, in denen die Angebote vorher einsehbar waren. Die Suche nach diesen Läden und das Stöbern darin war jedesmal ein kleines Abenteuer und manchmal voller Überraschungen. Bei einem Termin in Berlin nutzte ich freie Zeit, um Willys American guitars (oder so ähnlich) einen Erstbesuch abzustatten. Auf weniger als 50 m2 Ladenfläche fand ich viele, zum Teil auch alte Gitarren mit dem Herkunftsland USA: Fender, Rickenbaker, Hamer, Gibson und andere, die heute entweder unbezahlbar oder total in Vergessenheit geraten sind.
Eigentlich interessierte mich eine Gibson Les Paul aus der Heritage Serie mit einer phantastisch schönen Decke. So schön sie war, so flach und leblos klang sie leider. Hinter der Theke in ca 2 m Höhe hing aber auch eine dieser PRS Gitarren, von denen man im Fachblatt Musik Magazin und in der Gitarre & Bass Testberichte lesen konnte, die einstimmige Loblieder waren. Bis dahin hatte ich eine PRS noch nie in der Hand gehabt und darauf gespielt. Die alten Les Pauls und Strats waren das Maß aller Dinge. Davon hatte ich u.a. Dank Erhard Bochen in Munderkingen , No. 1 in Hamburg und George Gruhn in Nashville auch schon ein paar spielen dürfen.
Ich kann nicht sagen, dass es Liebe auf den ersten Moment war, aber irgendetwas war dran an dieser PRS, die ich in Berlin in die Hand nahm. Es war eine 87er Signature, beeindruckend tiefes quilted Maple Top in Vintage Sunburst. Der Sweet switch war ebenso irritierend wie der 5 way Rotary switch. Aber dieser Hals!!! Er lag wie der sprichwörtlich gut eingelaufen Turnschuh in der Hand, das Spielen war mühelos und unangestrengt. Schnelles und vor allem sauberes Spielen auch komplexer Akkorde – leicht gemacht. Die PRS war anders, klanglich ungewohnt aber ergonomisch perfekt. Das war der Beginn einer großen Freundschaft .
Diese dauert nun über 30 Jahre und im Laufe der Zeit sind ein paar Gitarren zusammengekommen.
Es ist hierzulande einerseits schwer PRS Gitarren zu sammeln, weil manche Instrumente in Deutschland nur selten zu bekommen sind. Andererseits bietet PRS so viele Limited Editions u.a., dass die Auswahl für den Schwerpunkt einer Collection breit gefächert ist. Unter dem Aspekt
PRS Custom von 1986 bis 1990 in den Sunburst-Varianten
habe ich ein paar Gitarren zusammengestellt:
PRS Custom 1986 Vintage sunburst, Moon Inlays
Diese PRS hat eine frühe Seriennummer mit 11xx und dürfte eine der ersten sein, die in Europa verkauft wurden. In Deutschland kenne ich nur eine aus 1985. Sie gehört Nik Huber von Huber Guitars. Augenscheinlich hat auch diese Gitarre etwas mit Nik gemacht, ihn so fasziniert, dass sie möglicherweise der Anlass für die spätere Zusammenarbeit zwischen ihm und Paul war.
Bei den ganz frühen PRS wurde nicht mit Details gespart: Das Tremolo (Block und Grundplatte) wurden aus einem Stück gefräst – erkennbar an den (fehlenden) 3 Schrauben, die ab ca. 1993 Grundplatte und Tremblock verbanden. Die Tuner sind mit das handwerklich aufwendigste, was in diesem Bereich jemals hergestellt wurde. Die B und T Humbucker sind heute noch sehr gesucht. (Hat jemand einen originalen T Humbucker übrig? – bitte melden!).
Die Verarbeitung ist sehr liebevoll und bei jedem Instrument sind infolge der aufwendigen Handarbeit geringe Abweichungen feststellbar. Der Hals liegt satt aber extrem komfortabel in der Hand.
PRS Custom 1987 scarlet red sunburst, quilted Top, Birds
Neben der „Sonderausstattung“ quilted maple top“ und den Bird-Einlagen, hat auch diese Gitarre das für diese Phase typische Rio-Palisander Griffbrett. Die Frage, ob es einen Unterschied zu den späteren Palisander-Varianten darstellt und ob die paar mm Holz eine derartige klangliche Rolle spielen, hat mir ein Gitarrenbauer einmal einleuchtend beantwortet:
Jeder, der sich mit dem Finetuning einer Gitarre beschäftigt, hat früher oder später festgestellt, dass die Brücke als Auflagepunkt der Saite einen wesentlichen Einfluss auf den Klang hat. Messing klingt anders als Druckguss, weil die Saite anders schwingen kann.
Der 2. Auflagepunkt der Saite ist der Bunddraht, bzw. das Griffbrett. Werden dort Frequenzen/ Schwingungen geschluckt oder verstärkt wirkt sich das ebenfalls aus. Es spielt demnach eine wesentliche Rolle, wie der Bunddraht in welchem Holz gelagert ist. Weiches Holz dämpft, hartes Holz – Paradebeispiel: Ebenholz – kann des Guten zu viel sein. Deshalb haben auch ein paar mm Griffbrett Einfluss auf den Klang. Das (Rio-) Board und seine Schwingungs- bzw. Dämpfungseigenschaften haben als 2. Auflagepunkt der Saite einen vergleichbaren Einfluss auf den Klang, wie die Brücke.
PRS Custom 1988 tobacco sunburst, Birds
Wieder eine PRS mit sweet switch. Aus meiner Sicht überflüssig, wenn nicht kontraproduktiv, weil die obere Stellung eine Weise der Bedämpfung der Höhen bewirkt, die eher nervt, als hilft.
Mittlerweile habe ich gelernt, dass der sweet switch für mich besser immer in der unteren off-Stellung ist und ich Höhen oder obere Mitten besser über den Amp oder das Pedal steuere.
PRS Custom 1989, vintage sunburst
Auffällig ist, dass sich die Maserung der Decke bei vielen Instrumenten in dieser Zeit in Richtung der feineren Pin-Stripes verändert. Es handelt sich um sog. Soft-Maple, dass spektakulär gezeichnet ist, von den Klangeigenschaften aber etwas weicher klingt, als das Hard Rock Michigan Maple, das alte Les Pauls auszeichnet. Für eine PRS Custom, die gerne auch mal eine gewisse Betonung in den Hochmitten hat, keine schlechte Wahl.
PRS Custom 1990 tobacco sunburst, 10 Top, wide thin neck carve
Auffälligstes Merkmal dieser Gitarre ist neben der spektakulären Decke das wide thin Halsprofil. Für mich eine der frühesten Customs mit diesem Halsprofil. Sie hat bereits den HFS Treble und den Vintage Bass Tonabnehmer. Trotz des „dünnen“ Halses schwingt die Gitarre wunderbar.
Gruppenbild mit Amp
Zusammenfassend ist anzumerken, dass ich die Entwicklung der PRS Gitarren seit den ersten Jahren verfolgt habe. Als die Produktionszahlen in den 90er Jahren stiegen, richtete sich mein Interesse mehr auf die Baureihen, die außerhalb der normalen Serie entwickelt wurden, z.B. ME I und II, 513, die Brazilians, Santana I und II, PS u.ä.. Das sind meist ganz hervorragende Instrumente aber an die Magie der alten PRS kommen sie nicht dran. „Es liegt an dem alten Holz“ wird Thomas Weilbier von No. 1 gerne zitiert, wenn es um alte Les Pauls oder alte Strats geht.
Zur Deko habe ich einen frühen Soldano SLO 100, snakeskin, Baujahr 1990 bemüht. Der Amp wurde noch von Mike persönlich zusammengelötet – und nein – er klingt nicht wie die neuen Soldanos, wobei bereits bei den alten Soldanos eine gewisse Streuung im Ton feststellbar ist.
Viele Grüße aus der Heide