Ich habe einiges über beide Amps im Vor- und Nachhinein gelesen und lasse das mit in mein kleines Review einfließen.
Nun also die Situation, die jeder kennt, beim neuen Amp: Das Auspacken und erste Anspielen. Die Erwartungen. Die Enttäuschungen! Die überraschenden Momente.
PCL Stagemaster 60:
Wenn man nicht wüsste, dass PCL sich auch zum Ziel gesetzt hat, leichtes Equipment zu bauen, würde man sich in diesem Moment wahrscheinlich ein wenig enttäuscht und ungläubig dem sehr portablen Vintagemaster zuwenden. Ich finde den Amp äußerst edel daherkommend. Detailreich, blaue Leuchtdiode bei Betrieb. Rote Leuchtdioden für die Kanäle. Sehr passend auch die Umschaltbuttons in polierter Stahloptik. Die Frontplatten lassen sich bei diesem Modell leicht abnehmen und selbst besprühen. PCL macht dann eine neue Beschriftung drauf, wenn man auf solche Spielereien steht. Also im Grunde genommen erfüllen die eigentlich fast jeden Wunsch. Somit habe auch ich durch die Frontbespannung Raute ein Modell, was nicht ganz dem Standard entspricht und einfach Freude bereitet. Verwundert stellte ich noch fest, dass ein 2-fach Fußschalter mit im Paket war. Auch dieser sehr gut verarbeitet.
Zum Klang:
Ja, da war ich gespannt, Transistortechnik, die aber nach Röhre klingen sollte und das bei eigentlich jeder Lautstärke.
Tja, ich war erstmal etwas enttäuscht. Hatte zu allererst gleich Gainkanal 2 eingeschaltet und Regler über 12 Uhr hinaus, damit's gleich gut zur Sache ging.
Der Charakter war deutlich: Obertonreich, Sustain, warme Klangfarbe, aber irgendwie muffig, die Höhen waren nicht da. Ich habe wohl 20 Minuten damit verbracht an den Reglern rumzudrehen, aber immer wieder musste ich feststellen, dass es ein wenig dumpf war. Ein wenig später kam die Erleuchtung: Der Speaker brauchte einfach ein wenig Zeit (Transport DE nach Zypern) und vor allem ein wenig mehr als Zimmerlautstärke, um sich im Chassis richtig zu entfalten. Nach diesem Lautstärkeschub waren die Presencen immer deutlicher zu vernehmen und so langsam kam dieses Gefühl, ein verdammt gutes Signal auf dem Ohr zu haben.
Der Clean: Sogar in Stegposition des Humbuckers hat man einen Sound, den man eigentlich nur in Mitten- oder Halsposition der Gitarre bekommt. Trotzdem noch schön dynamisch und in Verbindung mit dem Hall eine Einladung ein paar Funkriffs zum Besten zu geben. Ein sagenhafter Sound, der mich heute sehr schwer beeindruckte.
Gain 1 habe ich so eingestellt, dass er nur ein wenig anzerrt bzw. cruncht. Habe schon oft gelesen, dies sei die Schwäche des Amps. Mein Eindruck war auch hier in Verbindung mit dem Hall ein sehr brauchbarer Sound, atmosphärisch, vor allem mit Pickups in Mitten- oder Halsposition.
Der Hall wurde auch ab und zu bemängelt. Ich glaube ich hab mal einen Userkommentar gelesen, wo sich jemand einen Akkutronics Federhall im Vintageamp wünscht. Nun gut, im H&K hab ich den. Ich kann aber keinen Unterschied feststellen. Der Hall vom H&K mag natürlicher klingen, er geht aber bei lauten Anschlägen etwas unter. Beim SM60 hört man ihn durchgängig.
Gain 2 ist ganz groß. Erstmal Respekt, was da an tightem Bass von diesem Jensen NeoDym Lautsprecher rauskommt. Mann kann hier eigentlich jede Gangart durchjagen. Die Anschläge kommen auf den Punkt genau, Obertöne lassen sich sehr leicht entlocken, abgedämpfte Riffs oder einzelne Saiten pumpen schön durch die Membran. Und über allem liegt diese warme, röhrenartige Textur und Sustain. Es ist erstaunlich, wie variabel dieser Distortionkanal ist. Kann sehr düster klingen und auch sehr rockig.
Die EQ-Sektion hat einen sehr satten Bass. Der ist bei mir noch vor 12 Uhr.
Hughes & Kettner 25th Anniversary:
Beim Auspacken dieses Amps ist man natürlich gleich zufrieden. Dicke Wände, geschlossenes Gehäuse, schwer (18,5 KG, für einen Röhrenkombo aber einer der leichteren), natürlich perfekt verarbeitet.
Der Klang:
Der Hughes&Kettner klingt ein wenig klarer als der SM60. Es ist nicht dieses seidige Schimmern, diese Textur wahrzunehmen. Der Clean ist ohne Frage ein sehr wohlklingender Kanal, vor allem mit dem Akkutronics Federhall. Die Saiten klingen aber auch mit Pickups in Mitten und Halsposition ein wenig hart im Gegensatz zum SM60. Ich mag diesen Clean aber auch sehr gerne, da er sich gut für cleane abgedämpfte Passagen eignet und durchsetzungsfähig ist, manchmal braucht man z.B. in Verbindung mit einem Delay diese Art von Cleansound.
Der 25th Anniversary hat 2 Kanäle, somit kann man keinen Crunch und Leadsound gleichzeitig fahren. Der Crunch (also im Lead den Gainregler noch vor 12 Uhr) ist absolut top und hier gebe ich dem Hughes & Kettner einen Pluspunkt gegenüber dem SM60. Hier entfaltet der Amp wirklich eine Glanzleistung, klingt schön gläsern und dynamisch.
Mehr Verzerrung klingt in meinen Ohren auch immer noch sehr gut, aber mir ist später aufgefallen (nachdem ich ein Bonedo Review gelesen hatte), dass da eine Schwäche lauert. Bei hohem Zerrgrad setzt eine Kompression ein, die bei schnellem abgedämpften Spiel (Riffing) eine leichte Unschärfe reinbringt und Anschläge verschlucken kann. Obertöne klingen sehr gut, lassen sich aber etwas schwerer rauskitzeln, als beim SM60, für den dies ein Kinderspiel ist.
Fazit: Mir gefallen beide Amps total gut, der H&K wird bei mir aber auf Grund des genannten Nachteils eher beim Recording für offene Rythmpassagen eingesetzt und für Crunchsounds.
Der Vintageamp wird wohl mein Favorit werden, weil er eigentlich keine deutliche Schwäche aufweist und in Clean und Zerre mit das Beste ist, was ich je gehört habe. Ich will auch noch ausprobieren, wie er mit dem Celestion G12T100 vom H&K in dem geschlossenen Gehäuse klingt.