Hallo,
das Stück neigt sich dem Ende zu, der Vorhang fällt.
Der Klavierlehrer hatte wider Erwarten doch heute noch Zeit und so ging es denn Richtung Musikladen. Ja, was soll ich sagen: es waren zwar nicht die besten Bedingungen, da einigermaßen voll, aber er hat sich kräftig Mühe gegeben und die Entscheidung fiel ihm sichtlich schwer.
Summa summarum kam dabei folgendes raus (bei Bewertungen von Klang/Tastatur u.ä. rede ich jetzt meistens aus der Sicht des Lehrers):
Das Kawai CA-51 hatte für ihn eine fantastische Tastatur, da stimmte für ein DP irgendwie vorne und hinten alles ("man fühlt sich wie zu Hause, wenn auch nicht wirklich auf einem Flügel"). Doch der Sound passte bei weitem nicht zur Tastatur, der war recht matt und kraftlos. Außerdem fand er den GrandPiano-Sound nicht besonders toll, das StudioGrand war wohl irgendwie künstlich, die beiden anderen auch nicht das Wahre. Er hatte dann überall rumgedreht, eingestellt, Brillianz verändert -- es konnte ihn nicht zufriedenstellen. ("Irgendwas stimmt mit dem Teil nicht, das klingt, als würde man jemandem den Mund zuhalten und er soll dann laut singen").
Aber gelitten hat er, und wie! Es war für ihn unbegreiflich, wie Kawai so eine Hammertastatur bauen und gleichzeitig die Tonverarbeitung derart knebeln konnte.
Also nix wie nach hinten und mit dem CA-91 vergleichen.(CA-71 war nicht da). Gut, der Sound kam deutlich wuchtiger und auch durchsichtiger, vor allem das GrandPiano2 konnte hier mehr punkten. Wenn nicht der Preisunterschied wäre, hätte man hier wohl einen Gewinner gehabt. Das Gastspiel war aber nur kurz, da es finanziell nix nützte, das 91 weiter zu testen.
Es ging dann zum HP-203. Das Feeling war erstmal doch irgendwie anders, schlichter, wenn man von der Tastatur des Kawai kam. Die Tasten waren ein wenig leichter, aber nicht unpräzise, irgendwie anders, aber nicht schlecht, wenn auch dieses "zu Hause"-Gefühl wie beim Kawai deutlich fehlte. Die Haptik sprach doch klar für Kawai.
Zum Sound: am Anfang künstlich und überbetont empfunden, bis der "Brillianz"-Knopf als Übeltäter entlarvt wurde. Jetzt war der Sound deutlich kraftvoller und klarer, als beim Kawai. Allerdings blieb der Lehrer beim Roland recht lange hängen und hörte immer wieder auf die einzelnen Akkorde und Klänge. Irgendwie war er sich doch unschlüssig, ob es nun "perfekt" oder bloß "gut" war. Es schien etwas zu fehlen, dann doch wieder nicht oder etwa doch? (Ist sicher kein Vergnügen, in so einem Verkaufsraum Klangentscheidungen zu treffen). Aber offensichtlich war der Klang sauber aufgenommen und wurde ordentlich reproduziert. Der Sound sprach dann doch deutlich für das Roland.
Hier übrigens eine kleine Anmerkung: Es schien ihm,als ob sich bei gedrückter 3D-Taste die unterschiedliche Klangfarbe des einzelnen Tones bei unterschiedlicher Anschlägstärke eigentlich erst hörbar machte. Bei ausgeschalteter 3D-Taste war da für ihn nicht so viel Unterschied. Vielleicht waren das auch Halluzinationen nach der ewigen Hörerei.
Im Moment war also folgender Stand: Super Tastatur mit mickrigem Sound (Kawai) gegen guten Sound mit guter Tastatur (Roland) Tja, ich hatte nun schon Hoffnung, dass es das Kawai werden würde. Irgendwie fühlte ich mich mehr zum Kawai hingezogen, es war in meinen Augen etwas wertiger und hatte Charme. Roland kam mir elegant und schlank vor, wie in einer Bar. Das Kawai hatte was von Gemütlichkeit und Solidität, eher wie in einem Cafe.
Meiner Tochter gefiel der Sound des Roland besser, das Kawai aber hatte so eine komische "Concert Magic"-Funktion (absoluter Schwachsinn in meinen Augen: man haut auf irgendwelche Tasten, völlig egal welche, und ein Musikstück erklingt, solange man da draufhaut), da meine Tochter aber auf "Bells und whistles" steht, war das ein großer Punkt für das Kawai (die wissen, wie man kleine Mädchen fängt).
Es sprach also nichts Weltbewegendes gegen das Kawai. Der muffige Sound - gut, naja, ok, hm, grmpfl.... Nun kam aber das K.O.-Kriterium.
Irgendwie war der Lehrer mit was nicht zufrieden und ging immer wieder zwischen Kawai und Roland hin und her, um rumzuklimpern. Dann rief er mich und ich sollte auf den Ton von vier bestimmten Tasten hören. Gut, klang nach Bassbereich, mehr hörte ich da auch nicht. Er aber meinte, dass beim Kawai CA-51 wohl vier Tasten falsch oder besser gesagt anders gesampelt wurden als der Rest der Tasten, ein Bruch in der schönen Tonfolge sozusagen.
Falls es jemanden interessiert und er es nachprüfen möchte: es handelt sich um die achte, neunte und zehnte weiße Taste von links und die schwarze Taste zwischen der achten und neunten Weißen.
Laut Lehrer klangen diese vier Tasten, als ob ein Stück Papier zwischen den Saiten stecken würde (so ähnlich hat er es gesagt). Mein hoffnungsvoller Einwand, dass das doch sicher nicht stört und diese Tasten sowieso kaum benutzt würden, wurde jäh widerlegt. Meine Tochter spielte nämlich zum Beweis sofort ein gelerntes Lied, wo zumindest eine der Tasten gebraucht wurde. Das wars dann.
Der Lehrer meinte, dass das Kind mit der Zeit ein feines Gespür für solche "Misstöne" entwickelt und dann unbewusst verkrampft, wenn diese Töne gespielt werden müssen ("Ausweicheffekt"). Der Fehler ließ sich auch am CA91 reproduzieren, irgendwie anders (fast noch ein Ton mehr) und nicht ganz so deutlich, aber doch wahrnehmbar (für den Lehrer).
Damit war das Kawai disqualifiziert und alles sprach für das Roland. Meine Tochter war happy, das Concert-Magic-Geklingel scheints schon wieder vergessen, der Lehrer wünschte sich ein Roland mit einer Kawai-Tastatur und ich verdrückte leise eine kleine Träne, dem Kawai wehmütig nachschauend. Ich glaub, ich werd alt.
Einen großen Dank an alle lieben Forenschreiber, ich habe bei euch meinen Theorieschein im Digitalpianobereich gemacht, die Praxis wird nun folgen. Hab viel gelernt, irgendwie kam mir das wie ein kleiner Workshop hier vor. Wenn ich mal groß bin und ein cis von einem fis unterscheiden kann, geh ich in den Laden, mach auf kundigen Maxe und kauf mir ein Kawai. Bis dahin haben die hoffentlich den Samplefehler behoben.
P.S.: Diesen Fehler hatte ich übrigens in einem Beitrag weiter oben schon einmal erwähnt. Da spielte der Händler so die Tonleiter hoch und verwies auf ein "anderes Sample". Der Lehrer hat dies völlig unabhängig vom Händler (der belästigte uns gar nicht) auch erkannt. Sehr interessant.
P.P.S.: An kundige DP-Spezialisten: es gibt kein Mittel, diesen Samplefehler zu beseitigen/umgehen/ändern oder?
P.P.P.S.: An alle, die sich vielleicht ein Roland HP-203 kaufen wollen: das arme Ding wird in meinem Beitrag völlig zu unrecht nicht in gebührendem Glanz gewürdigt. Das Teil ist wirklich toll und hat klar klangliche Vorteile gegenüber dem kleinen Kawai. Und die Tastatur ist weiß Gott nicht von schlechten Eltern, sondern spielt sich direkt und auch sehr feinfühlig laut dem Musiklehrer.
Liebe Grüße
Matthias