Hallo Manfred @Balg , (Sorry Leute, kürzer hab ich's hier nicht hinbekommen)
schön, dass du dich da so engagierst, deine Kenntnisse, die du von der Mechanik mitbringst und die Kompetenzen, die du dir in Bezug auf das Akkordeon angeeignet hast, da reingibst in das Projekt.
Die Frage nach dem Design ist für mich eines der Symptome, dass das Projekt möglicherweise jetzt an einem Scheideweg steht - in der Versenkung verschwinden, schlimmstenfalls verhebt sich Weltmeister mal wieder dabei, oder aber ein wirklich gutes Instrument herauszubringen, dass als ernstzunehmende Alternative neben den Italienern steht.
Über Geschmack lässt sich sicher streiten, auf mich wirkt das Verdeck wenig stimmig, beinahe in Richtung von klassischen DDR-Design, aber da kann ich irren. Schaue ich mir eine aktuelle WM Supra an, finde ich die zwar etwas langweilig, beliebig und belanglos, was das Design angeht, aber immerhin doch ein Hauch schlichter Eleganz oder eleganter Schlichtheit.
Vielmehr geht es mir aber darum, dass an der Stelle - ebenso an einer weiteren, auf die ich gleich noch zu sprechen komme - jemand ran muss, der von Design Ahnung hat (was auch @Accaruso zurecht anführt). Grundsätzlich kann so ein Projekt durch einen Einzelkämpfer sehr weit, ggf. sogar weiter kommen, als wenn ein Team dran sitzt. Aber nun ist der Punkt gekommen, an dem hier und da ergänzende Kompetenzen benötigt werden, damit das Ganze nicht hemdsärmelig wirkt.
(Nur zur Veranschaulichung: In meinem Metier habe ich es in Bezug auf kirchliche Veranstaltungen, Freizeiten etc. mehrfach mitbekommen, wie es aussieht, wenn man (sowohl ich, als auch Kollegen) mit viel Engagement und Zeit zwar ganz passable Flyer/Handzettel o.ä. selbst gestaltet. Das ist dann i.d.R. von grauenhaft bis "ganz okay". Sobald wir das von (Werbe-)Designern habe machen lassen, war die Qualität bei deutlich weniger Zeitaufwand um Welten besser)
Hier muss ein Designer ran, der sich die Geschichte von Weltmeister anschaut, sich einen kurzen auf gesamte Szene der aktuellen Akkordeondesigns verschafft, sich anhört, was zum Ausdruck kommen soll, ggf. eine vorsichtige Idee von der Zielgruppe bekommt usw.
Dieses Design dann solide für den Prototyp umzusetzen, Materialien auszuwählen, das kann dann u.a. wieder in deinen Kompetenzbereich fallen.
Und wenn wir gerade dabei sind:
Genau das gleiche gilt für das abschließende Sounddesign und die Auswahl der Stimmplatten. Sehr wohl hast du, lieber Manfred, die Fähigkeit, geniale Mechanik-Ideen zu entwickeln, zu optimieren usw. und du holst aus jeder Platte und Stimmzunge das Maximum heraus, schaffst es damit, dass manche "Maschinenplatte" mehr hergibt, als manche "A-Mano". Aber: Materialauswahl, Materialstärke, Größenverhältnisse sind bei Zungen und Platten nicht egal. Größere Zungen bewegen mehr Luft, das schlichtweg Physik, unterschiedliche Materialien und Bearbeitungsweisen führen zu einem unterschiedlichen Schwingungsverhalten. Ansosnten könnte man bspw. Helikonstimmzungen auch sehr klein bauen.
Mir erklärte kürzlich ein HZIMM, der sich auch mit Aerodynamik beschäftigt, dass bei Helikonstimmen, die Platten vorne dicker gebaut würden, damit die Zungen weiter eintauchen könnten, bevor (m.W. ist dass immer kurz vor dem Durchschlagen der Zunge der Fall) der Luftstrom abreißt und die Zungen zurückfedert.
Zudem halte ich es für höchst unwahrscheinlich, dass die Gesamtheit der Akkordeonhersteller kann da nicht völlig liegen all mit ihren Entwicklungen - in einzelnen Punkten sicher, manchmal auch Traditonsverblendet etc. , nicht aber komplett. Und ganz sicher werden nicht umsonst bei hochwertigen Instrumenten sehr hochwertige Platten verbaut (aus denen du mit deinem Können noch mehr rausholen könntest, da bin ich mir sicher).
Soll das ein gutes Instrument werden, dann muss da sehr gutes Stimmenmaterial rein, egal ob aus Italien, Tschechien, Klingenthal etc., aber hochwertig.
Dazu mein Eindruck von dem Instrument auf der Musikmesse - bisher habe ich mich damit zurückgehalten, aber nun werde ich deutlich, weil ich mir wünsche, dass es ein gutes Instrument wird:
Technisch war Muster klasse, die Ansprache war oberstes Niveau - erstmalig hatte ich den Eindruck, sogar ich könne Bellowshakes hinbekommen. Aber den Ton dann weiter formen, druckvoll spielen zu können - und das hat auch(!) mit Stimmplatten zu tun - da fehlte es. Und das gewisse etwas, ein markanterer Klang. Mir ist klar, dass die Messe für solche Eindrücke nur sehr eingeschränkt tauglich ist, aber ich hatte dort mehrfach Instrumente des russischen Herstellers AKKO in der Hand, die haben für mich weit mehr Charakter gezeigt, ließen sich ausdrucksstärker spielen (etwas mehr Geld in der Tasche und Platz zuhause und ich hätte gefragt, ob ich davon eine direkt nach der Messe abkaufen kann) Technisch könntest du bei denen ein weiteres Leben investieren, da gäbe es ordentlich Bedarf.
Das Weltmeistermuster auf der Messe war nicht schlecht, aber in der Gesamtheit noch nicht herausragend.
Bis heute zaubert mir meine alte Supita regelmäßig ein lächeln aufs Gesicht, obwohl meine Morino VS, die ich mittlerweile auch wieder regelmäßig im Einsatz habe, technisch deutlich besser ist - unabhängig vom Klang, der Geschmacksache ist, können die Töne bei der Supita ganz anders geformt werden und geben mehr her, sicher ein Zusammenspiel von Stimmplatten und Bauweise.
Auch nachdem ich nun bei den Treffen mehrfach Golas in der Hand hatte, die bis heute Maßstäbe setzen und bei mir ebenfalls einen Wow-Effekt auslösen und ich mich darauf freue, wenn ich wieder eine spielen darf, möchte ich derzeit meine Supita nicht hergeben. Ich werde wohl demnächst sogar nicht ganz wenig Geld in die Hand nehmen und bei einer eine italienische Tastatur samt neuer Achsen und einbauen lassen - bisher macht die neue Supita der klanglich noch(!) keine Konkurrenz, wohl wissend, dass bei der Einschätzung auch Anteile von Geschmacksache und Vorlieben eine Rolle spielen.
Gruß, Tobias