Mit Mythen aufgeräumt: "Man dehnt die Saiten vor" oder ähnlich

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Um noch einen kleinen Anstubser zum Spin in die Unendlichkeit zu geben :devilish::engel: :

Stahlsaiten sind technisch ja nichts anderes als Drähte, und die werden aber idR. kaltgezogen, also sozusagen über sehr viele Durchgänge aus einem Stahlrohling "ausgewalzt".
Dadurch werden die Körner im Material aber auch allmählich immer länger und dünner, wodurch Draht eben eine deutlich erhöhte Zugfestigkeit auf Kosten der Biege-/Torsions-/Abscherfestigkeit hat.

Soweit, sogut - ich hab zumindest mal gelernt, kommt Stahl in den plastischen Bereich sind irgendwo die beim Erstarren gebildeten, perfekt aneinander passenden Korngrenzen irgendwo mehr, irgendwo weniger gestört und die molekularen Kräfte, die genau auf diesem Weg diesem Material seine enorme Festigkeit verleihen können nicht mehr wirken und je nach Kraft und Belastungsart gehts entweder in dem Moment "zack"->Bruch oder man hat zumindest eine Sollbruchstelle geschaffen - die sich speziell bei etwas sehr dynamisch belasteten wie einer Saite schnell "auswachsen" werden, JEDER Stahl bricht auch irgendwann durch Materialermüdung, auch wenn nur im elastischen Bereich verformt wird.

Aber: Wenn ich mir versuche, vorzustellen, dass mit so einem Kristallgitter sowas gemacht wird:
coldrolling.gif

(Erstbester Googletreffer, da gehts um ausgewalztes Kupfer, aber das Prinzip ist gleich)

Bin Maschinenbauer und kein Metallurg, werden da alle Korngrenzen quasi geschlossen "mit kaltverformt"?
Kann es sein, dass ein gewisses Nachgeben eine Eigenart von kaltverformten Stählen ist, weil die ja nur durch Kräfte normal zu einer Zugkraft "zusammengedrückt" wurden und auf die erste richtige Zugbelastung tut sich dann doch noch ein bisschen was, eben weil es (Vermutung!) unmöglich ist, dass bei -zig bis hunderten Walzdurchgängen keine Lücken an den Korngrenzen entstehen? 🤔
 
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r ins Linguistik Unterforum

Linguisti?! Das sind doch diese Nudeln? Sind die denn dehnbarer als Saiten(würstchen)? Aber die isst man doch mit Spätzle und Linsen?! Jetzt bin ich nicht nur verwirrt, sondern auch noch hungrig…
 
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DANKE an die Physiker unter euch und die Auffrischung der Unterstufen-Physik in epischer Breite!

Dieses Thema bringt mich beim Gitarrespielen mindestens 5 Jahre nach vorne!

:prost:
 
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Wir müssen hier langsam auf dem Punkt kommen damit auch jeder weiß wie es richtig gehört.

Schraubendreher sagen z.B. nur Pussies (und Metallverarbeiter mit M-Gewinde) die glauben sie könnten eine Schraube ins Holz treiben indem sie drehen. Dem ist nicht so! Neben der Drehbewegung gibt es beim hineinschrauben auch eine Kraft die gegen das Material drückt und dafür sorgt, dass sich das Gewinde in das Holz schneidet. Die Schraube wird "angezogen", daher auch der Begriff Schrauben(an)zieher. Dass das "an" weggelassen wird ist dem herausschrauben einer Schraube geschuldet, umgangssprachlich wird die Schraube aus dem Material "gezogen". Dabei ist es außerordentlich wichtig zu verstehen, welche Kräfte dabei genau angewendet werden. Beim herausschrauben wird dennoch gegen das Material gedrückt, das Gewinde der Schraube stemmt sich gegen das Holz und wird dabei drehend herausgezogen. Die Gegenkraft des Holzes ist dabei großer als die Kraft die drückt. Man zieht quasi eine Schraube aus dem Holz. Daher Schraubenzieher.

Wer das nicht glaubt soll doch mal versuchen mit einem Korkendreher eine Flasche Wein zu entkorken.

Der Unterschied ist jetzt nicht rein Linguistisch zu betrachten, das Augenmerk sollte vielmehr auf dem Betrachtungswinkel liegen. Man kann dabei den Vorgang betrachten oder den Handelnden. Daher folgender Vorschlag von mir:

Wir betrachten nicht den Vorgang im Material zuerst, sondern erstmal nur den Handelnden. Bezogen auf die Thematik dieses Threads können wir so feststellen, dass ein Gitarrist der eine Gitarre neu besaitet erstmal an den Saiten zieht (und nicht dehnt). Soweit sind wir uns alle einig, hoffe ich. Jetzt kommt die weitere Unterscheidung was bei diesem ziehen im Material der Saite oder deren Sitz passiert und dabei unterscheiden wir drei Lager:
  • Die die nur soviel ziehen um den Sitz der Saite bis zum Anschlag (ohne Schlupf) zu straffen
  • Die die über diesen Punkt hinausziehen um auch das Material der Saite an sich zu dehnen
  • Die die einfach nur ziehen aber nicht genau wissen warum.
Das ist sehr wichtig um zu verstehen, wie weit man ziehen muss, je nach gestecktem Ziel. Solche Situationen werden gerne mit Gefühl beschrieben. Mann soll mit Gefühl ziehen, aber wat nun? Ziehen bis es straff sitzt oder bis der Arzt kommt?

Eine weitere interessante Frage wäre dann, zumindest wenn man vom Standpunkt des "Materialdehner" ausgeht:
  • Erst die Saiten aufziehen und in einem Vorgang aber eher unkontrolliert den Sitz und die Materialdehnung gleichzeitig durch ziehen hervorrufen
  • oder lieber die Saiten vor dem aufziehen kontrolliert und in voller Länge der Saite dehnen und dann erst aufziehen und den Sitz straffen durch nochmalige ziehen?
OK, es gibt auch noch die, die diese Problematik noch garnicht verstanden haben und sich auf die Begrifflichkeit stürzen ohne kapiert zu haben was der eigentliche Vorgang beinhaltet. Auch denen möchte ich jedoch hiermit entgegnen, dass es einen gemeinsamen Nenner für alle hier beschriebenen Läger gibt:

Wir ziehen alle an den gleichen Saiten!
Nachdem wir nun diesen gemeinsamen Nenner festgestellt haben, können wir diese Diskussion vielleicht etwas positiver neubeginnen und uns fragen, warum wir an den Saiten ziehen.

:D :hat: :evil:
 
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am Ende bleibt die Erkenntnis... "Dehnen lügen nicht"... (frei nach Michael H. und Otto W.)..
 
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coldrolling.gif

(Erstbester Googletreffer, da gehts um ausgewalztes Kupfer, aber das Prinzip ist gleich)

Bin Maschinenbauer und kein Metallurg, werden da alle Korngrenzen quasi geschlossen "mit kaltverformt"?
Kann es sein, dass ein gewisses Nachgeben eine Eigenart von kaltverformten Stählen ist, weil die ja nur durch Kräfte normal zu einer Zugkraft "zusammengedrückt" wurden und auf die erste richtige Zugbelastung tut sich dann doch noch ein bisschen was, eben weil es (Vermutung!) unmöglich ist, dass bei -zig bis hunderten Walzdurchgängen keine Lücken an den Korngrenzen entstehen? 🤔
Das klingt für mich plausibel, keine Ahnung was da die Experten zu sagen.
Man müsste wissen, wieviel Zugkraft beim Herstellen, also dem Ziehen der Saiten, angewandt wird.
Mein Argument war, dass beim Dehnen der aufgezogenen Saiten und schon gar nicht beim Spielen, die Elastizitätsgrenze erreicht wird.

Weiter so, noch 2 Seiten.
 
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Das Geräusch, dass Ihr im Hintergrund hört, sind übrigens Eure Gitarren, die weinen, weil sie schon wieder 12 Tage nicht gespielt wurden :whistle: .
 
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Dann spiel halt wieder. Ich höre bei mir nix.
 
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wieviel Zugkraft beim Herstellen, also dem Ziehen der Saiten, angewandt wird.
Gar keine, da ist der Begriff etwas irreführend, das ist alles nur Druck "von oben und unten" wenn du so willst, sie wird zusammengepresst, nicht auseinander gezogen.
Mein Argument war, dass beim Dehnen der aufgezogenen Saiten und schon gar nicht beim Spielen, die Elastizitätsgrenze erreicht wird.
Sehr sicher nicht. Elastizitätsgrenze = Sollbruchstelle und eine Saite "zittert" naturgemäß ziemlich viel und jeder Stahl bekommt davon irgendwann Ermüdungsbrüche.
Deswegen reißt eine Saite auch so gerne direkt am Ende des Saitenreiters - da ist ein Punkt, wo sie noch fest aufliegt. Sobald der etwaige Schlupf vom Saitenring stramm gezogen ist bleibt dieser Punkt recht statisch dort, beim Sattel verschiebt sich das durchs Stimmen ja immer ein wenig und zusätzlich kommen die wesentlich weiter weg angeschlagenen Schwingungen dort deutlich gedämpfter an als am Saitenreiter (und oft genug ist ja auch noch eine Greifhand dazwischen^^).

Jedenfalls kann man sich glaub ich ja ganz gut vorstellen, wie die Saite von diesem Punkt aus, wo sie noch am Reiter aufliegt immer ein wenig hin- und hergebogen wird wenn sie schwingt und genau an der Stelle reißt sie eben recht gerne - wie mir wohl auch die meisten betätigen werden auch gerne "einfach so", es braucht oft auch gar nicht explizit noch eine Kraftspitze in Form eines Bendings. Das ist eigentlich in den meisten Fällen ein Ermüdungsbruch aus dem Bilderbuch.

Und solltest du die Saite irgendwo über die Streckgrenze bringen bin ich mir sehr sicher, dass sie aus diesem Mechanismus heraus an dieser Stelle sehr schnell reißen wird.

LG
 
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Ich finde ja der Mythos Saiten dehnen ist jetzt ausführlich genug behandelt.
Wie wäre es mal mit "durch anblasen einen Amp zum Kochen bringen"? Also ich habe keinen Topf wo der Amp reinpasst zum testen. Außerdem, wo kommt denn bei meinem OCD die Luft raus? Ist mir noch ie aufgefallen.
Oder "dreckiger Cleansound" Spielt man da mit rostigen Saiten?
 
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@Kannix, ich korrigiere, ja, aber die Ziehsteine drücken von der Seite eher Faktor 10 soviel drauf wie an der Saite gezogen wird.
 
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Stichwort war Elastizitätsgrenze. Ich vermute diese wird nicht erreicht beim Spielen

Guck doch Mal bitte wie genau Elastizitätsgrenze definiert ist.
Da ist durchaus Raum für eine plastische Verformung.
 
...Also wenn die Saite nicht auf Fender, sondern auf Gibson aufgezogen wird, erschreckt sie sich und muss erstmal angelernt werden?
...

Ich nehme die Annahme mit der Absicht zurück und behaupte nun die andere Option. So oft kann jemand gar nicht mit Absicht daneben liegen.
 
Du mich auch :p
 
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Saiten werden auf der Gitarre beim Einspielen gedehnt.
 
Klar. Vielleicht wird beim Einspielen aber auch einfach die Gitarre durch die Spannung der Saiten gestaucht?! Ist ja alles irgendwie relativ…
 
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Wenn die Gitarre vom Einspielen der Saiten gestaucht wird,
dann hat man wohl endlich die Quantenphysik mit der Weltraumphysik vereinbart.
Vielleicht sind dann sogar Zeitreisen möglich?
 
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