Review - Laney GH50R
Ich habe mich mal ein paar Stunden mit einem Laney GH50R eingesperrt, hatte viel Spass und möchte euch davon berichten.
Zunächst mal zum Äußeren des Amps:
Der Stil des Amps ist sehr klassisch gehalten. Die schwarz-rote Aufmachung mit dezent weißer Linienführung ist mal auf dem Ampsektor was ganz anderes und wie ich finde sehr erfrischendes. Ob man die Tribals im Frontpanel mag, liegt im Auge des Betrachters.
Sie fallen zumindest nicht groß auf und fügen sich gut ins Gesamtbild ein, also warum eigentlich nicht ;-)
Ob der Amp seinem neoklassisches Stil gerecht wird, erfahrt ihr später.
Das Frontpanel:
Der Amp hat für jeden der beiden Kanäle einen Drive-Regler.
Bei Kanal 1 kann man durch ziehen noch zusätzlich eine Bright-Schaltung für diesen Kanal zuschalten.
Kanal 2 hat noch einen zusätzlichen Volume-Regler, welcher später noch interessant wird.
Dann kommt die übliche Dreiband-Klangreglung (Bass, Mid, Treble), wobei man bei den Mid-Regler durch ziehen eine etwas tiefere Ansatzfrequenz geben kann. Beide Kanäle teilen sich also eine Klangregelung.
Als nächstes kommt die Master-Sektion mit dem Laney-typischen Tone-Regler mit dem man geschwind den verwendeten Gitarrentyp anpassen kann.
Also bei muffigen Humbuckern eher mehr Tone und bei Singlecoils etwas weniger Tone, ganz nach Belieben.
Der Output-Regler ist nicht direkt als Master zu sehen, sondern interagiert mit den Drive- und Volume-Reglern der Vorstufe.
Schließlich noch der eingebaute Reverb. Auch hier finden wir einen Push-Regler vor. Wenn man diesen zieht wird der Hall breiter und größer. Sehr schön.
Standby und Power-Schalter schließen das Frontpanel ab.
Die Rückseite:
Hier befinden sich neben den üblichen Anschlussmöglichkeiten für Boxen aller möglichen Impedanzen auch ein AUX IN.
Der Amp bietet also die Möglichkeit Playbacks zusätzlich zur Gitarre abzuspielen. Ideal zum Jammen mit Playbacks, wenn mal keine separate Anlage zur Verfügung steht.
Der serielle Effektweg kann via Schalter auf Bypass, 0db und -10db eingestellt werden. Somit kann man Effekte, falls vorhanden, ideal einbinden.
Der Effektweg arbeitet im Übrigen komplett unproblematisch.
Natürlich gibt es auch einen Anschluss für den mitgelieferten Fußschalter. Hier kann man die Kanäle wechseln und den Reverb an und ausschalten.
Dann gibt es noch ein Extra oben obendrauf. Nämlich einen D.I. Out. Ebenfalls typisch für Laney wird hier nicht das Signal nach der Vorstufe, sondern nach der Endstufe abgegriffen. Via Level-Regler kann man das Signal einpegeln. Ein Cabinet Emulation Schalter ermöglicht es dem Signal eine Boxensimulation hinzu zufügen. Natürlich kann man die auch ausschalten um bei Aufnahmen Boxensims aus dem Rechner zu verwenden oder externe Boxensimulationen zu verwenden.
Ein Ground-Lift Schalter hilft dabei eventuell entstehende Brummprobleme in den Griff zu bekommen.
Die Innereien:
In der Vorstufe arbeiten vier ECC83 und in der Endstufe beim 50 Watt-Modell zwei EL34 Röhren.
Für die nötige Power sorgt unter anderem der Laney-typische Ringkern-Trafo.
Da ich von Elektrotechnik nicht viel Ahnung habe kann ich nur erwähnen, dass das weitere Innenleben sauber auf aufgebaut ist, soweit ich das beurteilen kann.
So und nun zum Klang:
Gleich vorweg, man muss umdenken, sogar sehr umdenken!
Das übliche Kanal 1 ist clean und Kanal 2 ist verzerrt-Denken funktioniert bei diesem Amp nur ansatzweise.
Getest wurde wurde der mit einer 1x12er Rectifier Box, die mich schon über ein Jahrzehnt begleitet.
Kanal 1:
Hier sind die cleaneren Sounds zu Hause. Wobei man den Drive-Regler fordern sollte. Ab ca. 10 Uhr-Stellung geht dann schön langsam die Sonne auf.
Der Amp hat eine herrliche Dynamik, will sagen er reagiert wunderbar auf die Stärke des Anschlags.
Den Output-Regler einfach mal auf 12 Uhr gestellt, etwas Hall beigemischt, etwas am Equalizer geschraubt (aber nur wenig) und genossen. Ein herrlicher dreidimensionaler Klang. Schnell in der Ansprache und sehr gut spielbar.
So nun mal den Output aufreissen und hey... was ist das: Die schon gepriesene Dynamik explodiert förmlich.
Klar, wir befinden uns mittlerweile in Lautstärkeregionen die nicht Mehrparteienhaus-optimiert sind, aber was solls, dafür holt man sich auch keinen 50 Watt Vollröhrenamp.
Meine Frau gab kurz Bescheid, dass unsere hauseigenen Hasenfamilie im Stockwerk über mir bereits ihre sonst Hängeohren in die Luft recken, also schalten wir eine Gang zurück.
Output runter, Drive rauf. Und willkommen im Blues-Himmel!
Nun kann ich förmlich mit dem puren Anschlag die Verzerrung steuern. Sehr schön!
So nun Drive ganz rein drehen, Reverb aus und willkommen in Down Under. Classic Rock at its best. Sorry Hasenfamilie, zieht die Ohren ein, ich drehe nochmal den Output hoch. Sehr stramm was da aus der Box kommt, ordentlich Druck und Power.
Natürlich verträgt sich Kanal 1 auf mit den versuchsweise vorgeschalteten Pedalen. So darf bzw. so soll das sein!
Kanal 2:
Hurra ein Regler (Volume) mehr. Ob es den Hasen hilft wird sich zeigen.
Erstmal den Output moderat auf 10 Uhr stellen, Volume auf 12 Uhr und Drive auf 9 Uhr.
Viele Amps würden jetzt schonmal mit zuviel Verzerrung einsetzen, aber nicht der GH50R.
Leicht angezerrt ist er. Bluesern bietet sich somit der perfekte Lead-Kanal.
Ab Drive 12 Uhr bin ich dann beim Classic Rock-Lead angelangt.
Vielleicht sollte ich mal wieder mehr Zeit zum Üben einplanen, denn dieser Amp verzeiht kein Schludern. Er deckt hemmungslos Unzulänglichkeiten des eigenen Spiels auf.
So jetzt will ich es wissen: Kann er Metal?
Drive auf 15 Uhr und Volume voll auf. Der Amp wird nicht wahnsinnig lauter. Es klingt jedoch als würden die Bässe in einem Furz-artigen Effekt wegbröseln......Kein Heavy oder was?
Erst mal blöd geguckt, überlegt und dann....Interaktion mit dem Output testen.
Also Drive runter auf 12 Uhr, Volume runter auf 10 Uhr und Output mal auf 12 Uhr (Sorry Hasis !!!)
...und da ist er der Sound der 70er. So klang und klingt Hardrock als es noch keine Hi-Gain-Amps gab. Output weiter hoch und eine sensationelle Dynamik geniessen. Pfundskerl der Laney!!!
So weiter mit der Suche nach dem Metal im Amp. Output runter, weil so ein Hase ist bekanntlich sehr herzinfarktgefährdet.
Und mal den Drive auf 15 Uhr und tada da ist der Sound den wir von zig unserer Helden aus den 80er und 90er kennen.
Traumhaft und ohne Matsch. Die Bässe sind super tight und der Sound ist klar.
Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich spreche bzw. schreibe hier nicht von Brutalo-Hi-Gain-Sounds, sondern von einem sehr schönen offenen und transparenten Sound im Stile klassischer Vorbilder.
Der Amp klingt in dieser Einstellung wie ein V8-Motor, man hört und fühlt seine Kraft.
Die Mitten mal scoopen und man ist Heavy-Rock Bereich.
Nochmal kurz den Output hoch und die Kraft dieses Amps geniessen. Sehr schön!!!!
Wer jetzt allerdings gleich in den Laden rennt, weil er im GH50R den Star bei UKs-Next-Hi-Gain-Amp wittert, sollte erstmal bremsen.
Der Laney ist ein Rockamp durch und durch. Eine fizzelige Hi-Gain-Maschine ist er nicht und will er auch nicht sein!!!!
Fazit:
Wer einen äußerst flexiblen Zweikanaler sucht, der von schimmernden Clean, Funk, Blues über Classic Rock bis Heavy Rock alles beherrscht, sollte den Amp mal antesten. Man sollte aber Zeit mitbringen, denn die wird benötigt um seinen Sound durch die Interaktion von Drive, Volume und Output zu erkunden.
Wer einen Mehrkanal-Verstärker sucht um zig Sounds auf der Bühne ohne großes Drehen am Amp abzurufen, der sollte sich besser an Laneys Ironheart-Serie oder bei einem Mitbewerber umsehen. Also vielleicht nicht unbedingt die erste Wahl für den Top-40-Mucker.
Die gemeinsame Klangregelung ist überhaupt kein Hindernis für seine Flexibilität, zumindest habe ich sie beim Test nicht vermisst.
Die ebenfalls in der Serie erhältlichen Boxen mit Celestions V30 könnten dem Amp gut stehen, aber auch das Zusammenspiel mit Greenbacks könnte sehr gute Ergebnisse bringen. Je nachdem in welcher Stilistik man beheimatet ist.
Meine Empfehlung zum Antesten hat der Laney GH50R jedenfalls. Ein geiler Amp!