Rude Mood
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Hallo,
Ermutigt von dem positiven Anklang, den mein Thread über Stevie Ray Vaughan bei einigen Nutzern gefunden hat, habe ich mich mal dazu entschlossen, den Einsteigern unter Euch einige Gitarren und ein wenig Equipment vorzustellen, mit denen sich die klassischen Sounds der berühmten Bluesmänner m. E. recht gut reproduzieren lassen. Wie bei meinem SRV-Thread versuche ich auch hier, einen Mittleweg zwischen dem abgehobenen "Equipment-Voodoo" und der "Ist-Egal-Sound-Kommt-Eh-Aus-Deinen-Fingern-Attitüde" zu finden. Ich möchte also nicht bei jedem Sound eine Höllenmaschine für 30.000 Euro präsentieren, die sich nur die wenigsten leisten können, sondern vielmehr das "kleinste" Equipment, mit dem sich nach meiner persönlichen Erfahrung schon sehr gute Ergebnisse erzielen lassen. Ich möchte also nicht über die feinen Unterschiede zwischen Rosewood- und Mapleneck oder über die Auswirkung einer breiten Kopfplatte auf das Sustain der Gitarre schreiben, sondern Euch vielmehr mitteilen, wie ich persönlich versuchen würde, die amtlichen Bluessounds hinzubekommen, während ich finanziell auf dem Teppich bleibe.
Zunächst möchte ich Euch einige allgemeine, also für eigentlich alle Setups gültige Tipps für den Bluessound geben, und danach möchte ich einige beliebte Setups detaillierter vorstellen.
1. Allgemeine Tipps
a) "Klasse" des Equipments
Hierzu ist zunächst zu sagen: für Blues solltest Du vernünftiges Equipment benutzen. Bei einer so feelingorientierten Musik spielen die Feinheiten Deines Spiels eine ausschlaggebende Rolle - und nur ein zumindest ordentliches Equipment ist dazu in der Lage, diese authentisch rüberzubringen. Auch wird im Blues oft clean bzw. nur leicht angezerrt gespielt, sodass kaum die Möglichkeit besteht, den natürlichen Klang Deiner Gitarre zuzumatschen, wenn er unbefriedigend ist. Ich denke, dass Du bei Gitarren nicht unter das Niveau der Mexiko-Strats oder ähnlicher Instrumente gehen solltest. Ich bin mir bewusst, dass Walter Trout oder Robery Cray wahrscheinlich auch mit einer Harley Benton gut klingen würden, aber uns Normalsterblichen hilft das in diesem Zusammenhang nur wenig. Das gleiche gilt für den Amp: vergiss bitte nicht, dass es der Amp ist, durch den die E-Gitarre zum vollwertigen Instrument gemacht wird. Dieser spielt also mindestens eine ebenso große Rolle, wie die Gitarre selbst.
Jetzt musst Du aber nicht glauben, dass Du Dein Haus verkaufen oder Opas Uhr ins Pfandhaus bringen musst: Im Blues gilt der - eigentlich für alle Lebensbereiche meist wahre - Grundsatz "weniger ist mehr" sehr stark: glaube mir bitte, dass Du mit einer ordentlichen Gitarre, einem guten kleinen Röhrenamp und einem hochwertigen (!) Kabel traumhafte Bluessounds produzieren kannst. Wenn Deine finanziellen Mittel also Grenzen haben, solltest Du als Anfänger am besten gar kein Geld für Pedale oder ähnlichen Schnickschnack ausgeben, sondern das gesamte Geld, dass Dir am Anfang zur Verfügung steht, in die Grundkomponenten Gitarre und Amp investieren. Als (zugegeben ganz grobe) Faustregel kann man hier sagen, dass Du etwa 60 Prozent Deines Kapitals in den Amp und die restlichen 40 in die Gitarre investieren solltest. Das hört sich vielleicht absurd an, aber glaube mir, das ein feiner Amp ausschlaggebend für den Bluessound ist. Alles, was Du danach noch brauchst, kannst Du Dir langsam dazukaufen. Aber Deine Gitarre und Dein Röhrenamp werden Dir über Jahre hinweg - oder sogar bis an das Ende Deines Lebens - Freude bereiten.
b) Amp
Hier lässt sich der oben schon angerissene minimalistische Ansatz fortsetzen: kaufe lieber klein und fein, als groß und böse! Bluesmänner liebten und lieben kleine hochwertige Röhrencombos, und auch die meisten Einsteiger und Fortgeschrittene sind mit einem kleinen, aber erlesenen Röhrenamp besser bedient, als mit einem Monster mit 50 oder 100 Watt. Wenn Du - unter Beachtung Deiner finanziellen Möglichkeiten - abwägst, welchen Amp Du kaufen solltest, würde ich Dir dringend dazu raten, nicht auf die Größe und Lautstärke, sondern auf die Qualität zu achten. Sprich: ein kleiner Combo mit 5-15 Watt ist meist eine bessere Entscheidung, als ein großer Krachmacher von schlechterer Qualität. Und bevor Du die Kaufentscheidung triffst, solltest Du Dir unbedingt einmal anhören, wie laut 10 oder 15 Watt eigentlich sind. Du wirst wahrscheinlich erstaunt sein. Wenn Du immer noch nicht überzeugt bist, dass der Amp ausschlaggebend ist, dann versuche einfach folgendes: schließe eine Mexiko-Fender an einen kleinen Dr. Z., Tone King oder Two Rock an und spiele ein wenig. Du wirst danach wahrscheinlich staunen. Nimm danach die teuerste Gitarre, die im Geschäft hängt, und schließe sie an einen schlechten Verstärker an. Danach wirst Du wahrscheinlich noch mehr staunen!
c) Effekte
Eigentlich kann hier am sinnvollsten gespart werden. Das bedeutet jetzt nicht, dass Du Dir billige Treter kaufen soltest, sondern vielmehr, dass Du am Anfang auf Pedale notfalls auch ganz verzichten kannst. Effekte werden im Blues eigentlich - wenn überhaupt - nur sehr dezent verwendet Ich weiss, Jimi, Warren Haynes und auch SRV verwendeten ihre Univibes, Leslies ode Wahs auch mal weniger dezent aber das ist im Blues eher die Ausnahme. Die Männer, die den klassischen Bluessound erfunden oder besser: entscheidend geprägt haben, hatten eben noch nicht viele Effekte. Muddy Waters, Hubert Sumlin, T-Bone Walker oder auch BB King haben auf Pedale ganz verzichtet.
b) Saitenstärke und Saitenlage
Ich denke, dass die Bedeutung der Saitenstärke für den Bluessound nicht überbewertet werden kann: die Saiten sind der Teil Deines Equipments, bei denen der Sound anfängt, also sind sie sowohl für das Spielgefühl und die Bespielbarkeit Deiner Gitarre als auch für den Sound von entscheidender Bedeutung. In Rock-Kreisen sind eigentlich leichte Saiten (0.9er und vielleicht 0.10er Sätze) schon lange der Standard, und auch einige Blueser (z. B. Billy Gibbons) spielen leichte Sätze, aber dennoch muss ich Euch den Rat geben: versucht es mal mit einem Satz wie 11-49 oder 11-50. Für sehr rauhe Bluessounds sind diese m. E. besser geeignet. Einerseits sind sie von Natur aus lauter und haben einen robusteren Klang, andererseits werdet ihr durch sie quasi gezwungen, Eure Spielweise anzupassen. Sprich: wenn Du hart anschlagen und für jeden Ton arbeiten musst, klingt das Endergebnis auch um einiges derber und bluesiger.
Im Blues wird meistens mit eher geringer Verzerrung gespielt, was zur Folge hat, dass die Unterschiede zwischen den verschiedenen Saitenstärken viel stärker zur Geltung kommen, als bei einem Richtigen Hardrock-Zerrbrett. Dies gilt nicht nur für die Stärke, sondern auch für die Qualität der verwendeten Saiten. Sprich: es lohnt sich durchaus, in höherwertige Saiten ein wenig Geld zu investieren. Wenn Du also das nächste Mal überlegst, ob Du Dir einen neuen Verzerrer/Chorus/Delay kaufen möchtest, solltest Du Dir vielleicht mal den Gedanken durch den Kopf gehen lassen, dass einige hochwertige Saitensätze eine bessere Investition sein könnten. Versuch es mal mit Nickel-Saiten: sie vermitteln ein völlig anderes Spielgefühl, als die 0815-Saiten, die von der Mehrheit gespielt werden. Zu einem klingen sie ein wenig leiser und wärmer, als Standard-Saiten, zu anderem vermitteln sie ein etwas angenehmeres, "weicheres" Spielgefühl, was den oben empfohlenen schweren Saitensatz wieder etwas erträglicher macht.
Ähnlich verhält es sich mit der Saitenlage. Auch hier gehören flache Saitenlagen zum Standard, sind aber für den klassischen Bluessound eigentlich weniger geeignet. Mein Tipp wäre: Saitenlage hoch einstellen. Dem Sound kommt dies nur zugute, und auch bei Vibrato und Bending ist das Spielgefühl völlig anders. Da es im Blues ohnehin nicht darauf ankommt, möglichst schnell oder technisch anspruchsvoll zu spielen, lässt sich der damit einhergehende Verlust an Bequemlichkeit eigentlich leicht verschmerzen.
2. Die einzelnen klassischen Kombinationen
Nun möchte ich zum zweiten Teil kommen und die einzelnen Setups kurz vorstellen, die im Blues als klassisch gelten. Bitte beachte diese Vorschläge nicht als zwingend Du kannst sie jederzeit nach Deinem Geschmack modifizieren. Mit diesen Kombinationen verhält es sich ähnlich, wie mit der konservativen Herrengarderobe: mit einem guten Haarschnitt, frisch rasiert und in einem guten Anzug kannst Du nichts falsch machen und wirst nirgendwo auf der Welt negativ auffallen. Es steht Dir aber frei, diesen Anzug mit einer originellen Krawatte, Manschettenknöpfen oder auch langen Haaren (sprich: Effekte, etc.) ein wenig aufzulockern bzw. zu modernisieren oder auch Deinen völlig eigenen Weg zu gehen, indem Du bewusst die nicht-klassische Schiene wählst.
Im Blues gibt es eigentlich nicht die für den Musikstil typische Kombination schlechthin, wie z. B. eine Telecaster und einen Fender Amp für Country oder eine Gibson Les Paul oder SG mit einem Marshall für Rock. Bluesmänner spielten und spielen bis heute sehr viele verschiedene Setups, was die Auswahl natürlich nicht erleichtert. Dennoch gibt es einige Grundrezepte.
Nun aber zu den einzelnen Setups:
a) Strat-Sounds (Hendrix, Robert Cray, SRV, der spätere Clapton)
Die Strat als die wohl erfolgreichste Gitarre ist natürlich auch im Blues sehr beliebt. Wenn Du Dir Die oben genannten Gitarristen mal anhörst, siehst Du leicht, wie fundamental unterschiedliche Sounds Du mit einer Gitarre abhängig vom Amp und den Effekten, etc. - produzieren kannst.
Jimi Hendrix prägte eine der Kombinationen, die als Setup schlechthin gelten: Fender Stratocaster und Marshall Amp. Gitarristen, die ihm gefolgt sind, sind Ritchie Blackmore, Uli Roth, Robin Trower und Yngwie Malmsteen. Es ist fast überflüssig zu erwähnen, dass diese Herren alle bekennende Hendrix-Jünger sind. Allerdings würde ich Dir selbst dann, wenn Du als Anfänger schon Hendrix-Superfan bist, davon abraten, den Hendrix-Sound auf diese Weise zu imitieren: ohrenbetäubende, extreme Lautstärke war eine Grundkomponente von Jimis Sound, und diese ist für Leute, die zuhause üben oder spielen wollen, einfach nicht hinnehmbar. Die Hendrix-Marshalls haben aber nun einmal die Eigenschaft, dass sie ihren wahren Charakter nur dann entfalten, wenn sie sehr weit aufgerissen sind. Und hierzu haben die wenigsten von uns die Möglichkeit.
Ansonsten verwendete Jimi ähnlich wie später Stevie Ray eigentlich alle Pickup-Stellungen und arbeitete viel mit dem Volume-Regler. Für die bluesigen Nummern (Red House, Voodoo Chile Blues) verwendete er meistens den Neck-Pickup und bekam so seinen bauchigen Sound. An Effekten benutzte er als Zerre verschiedene Fuzz- und Octave-Fuzz-Pedale (Foxy Lady bzw. Purple Haze), sonst liebte er es natürlich, sein Wah einzusetzen (Voodoo Chile. All Along the Watchtower) und benutzte gelegentlich ein Univibe (Band of Gypsys-Konzert, Little Wing).
Wenn Du trotzdem seinen Sound emulieren willst, würde ich Dir zu folgendem raten: nimm einfach eine Strat und einen kleinen Röhrenamp, der nach dem Marshall-Rezept gebaut ist. Wenn Du einen Fuzz-Sound willst, solltest Du folgendes beachten: das klassische Fuzz Face kann vor einem cleanen Amp extrem unangenehm klingen. Den Hendrix-Sound erreichst Du nur, wenn Du das Baby vor einen bereits übersteuerten Amp schaltest. Hierfür gibt es aber einen kleinen Trick: nimm einfach ein Overdrive-Pedal, bei dem Du die Verzerrung sehr niedrig lässt, und booste das Fuzz Face damit. Ich habe schon viele Gitarristen gesehen, die auf diese Weise einen wahnsinnig coolen Fuzz-Sound hinbekommen haben. Als zweites Pedal solltest Du ein hochwertiges Wah-Pedal nehmen, das Univibe und ein Octave-Fuzz sind danach eigentlich nur die Sahnehäubchen auf Deiner Equipment-Torte.
Einen fundamental anderen, aber für mich großartigen Strat-Sound spiel Robert Cray: er benutzt für seinen spitzen, aber trotzdem warmen Klang meist die Zwischenstellung zwischen mittlerem und hinterem Pickup und spielt über sehr cleane Amps mit viel Reverb. Wenn Dir sein Sound gefällt, dann nimm einfach eine Strat mit schweren Saiten (Robert spielt 11er), steck sie ohne viel Schnickschnack in einen Fender-Amp (Blues Junior sollte die Arbeit z. B. sehr gut verrichten) und mische ordentlich Reverb dazu. Lege das Pick zur Seite und spiele mit den Fingern fertig!
Der muskulöse SRV-Sound ist wieder völlig anders. Ihn habe ich schon in meinem SRV-Thread diskutiert und möchte mich deshalb hier nicht unnötig wiederholen. Wenn es Dich interessiert, kannst Du hier nachschauen:
https://www.musiker-board.de/griff-spieltechnik-e-git/510092-spielen-wie-stevie-ray.html
b) Telecaster-Sounds (Muddy Waters. Albert Collins, Roy Buchanan)
Ich mache keinen großen Hehl daraus: es ist dieser Sound, den ich persönlich über alles liebe. Die Tele erfreut sich auch nach nunmehr über 60 Jahren nicht nur in der Country-Szene, sondern auch unter Bluesmännern großer Beliebtheit. Es ist wohl die Verlässlichkeit und der einfache Charme, den diese dienstälteste E-Gitarre ausstrahlt, die auf viele faszinierend wirken. Spielst Du die Telecaster mit dem hinteren Pickup über einen kleinen Röhrenamp ohne Effekte und verwendest dabei einen Daumenpick und vielleicht noch ein Bottleneck, kannst Du den frühen Chicago-Sound a la Muddy Waters täuschend echt emulieren. Schaltest Du zum Neck-Pickup, bekommst Du einen wunderschönen warmen Bluessound. Wenn Du solch einen mal hören willst, dann schau Dir The Messiah will come again von Roy Buchanan auf Youtube an. Dieser Tele-Sound ist brachial ehrlich, hat nicht besonders viel Sustain und offenbart die Fähigkeiten oder auch die Mängel des Gitarristen völlig unverblümt.
c) Gibson-Sounds (Allman Brothers, Billy Gibbons, BB King)
Die zweite große Fraktion neben der Strat-Familie ist natürlich auch im Blues die Gibson-Anhängerschaft. Sowohl Les Paul und SG als auch die halbakustischen Modelle allen voran die ES-335 sind im Blues weit verbreitet.
Die Kombination von Les Paul und Marshall, also die klassische Rock-Kombination ist auch im Blues sehr beliebt, besonders bei Bluesgitarristen, die sich stärker am Rock orientieren. Die Gitarristen der Allman Brothers (Duane Allman, Dickey Betts, Warren Haynes, Derek Trucks) spielen z. B. fast ausschließlich Gibson-Gitarren, überwiegend Les Pauls und SGs. Auch Billy Gibbons (ZZ Top) ist ein Humbucker-Mann. Diesen Sound kannst Du eigentlich sehr einfach befriedigend reproduzieren: nimm eine Gitarre mit Humbuckern und geleimten Hals und stecke sie in einen ziemlich weit aufgerissenen Röhrenamp. Da die Humbucker von Natur aus stärker zerren, bekommst Du ziemlich schnell einen sehr schönen angezerrten Sound. Wenn Dir das nicht reicht bzw. der Amp zu laut wird, kannst Du ein Overdrive verwenden, bei dem Du den Zerrgrad relativ niedrig einstellst. Auch hier gilt übrigens: die richtige Verwendung der Lautstärke- und Klangregler Deiner Gitarre kann Wunder bewirken. Wenn Du Geld im Überschuss hast, kannst Du Dir auch ein Delay-Pedal kaufen. Dezent eingestellt kann ein solches enorm helfen, Deinen Leads mehr räumlichen Charakter und Fülle zu verleihen.
Sehr beliebt und absolut klassisch im Blues sind auch Halbakustik-Gitarren. BB King erzeugt seinen singenden Sound mit seiner Signature-Lucille, die ihm Gibson auf den Leib geschneidert hat. Am besten verwendest Du einen Fender-artigen Röhrenamp, den Du relativ laut und höhenbetont einstellst. Etwas weniger zahm, also mit mehr Overdrive bekommst Du einen Sound, der dem von Alvin Lee (Ten Years After) ähnlich ist.
Ermutigt von dem positiven Anklang, den mein Thread über Stevie Ray Vaughan bei einigen Nutzern gefunden hat, habe ich mich mal dazu entschlossen, den Einsteigern unter Euch einige Gitarren und ein wenig Equipment vorzustellen, mit denen sich die klassischen Sounds der berühmten Bluesmänner m. E. recht gut reproduzieren lassen. Wie bei meinem SRV-Thread versuche ich auch hier, einen Mittleweg zwischen dem abgehobenen "Equipment-Voodoo" und der "Ist-Egal-Sound-Kommt-Eh-Aus-Deinen-Fingern-Attitüde" zu finden. Ich möchte also nicht bei jedem Sound eine Höllenmaschine für 30.000 Euro präsentieren, die sich nur die wenigsten leisten können, sondern vielmehr das "kleinste" Equipment, mit dem sich nach meiner persönlichen Erfahrung schon sehr gute Ergebnisse erzielen lassen. Ich möchte also nicht über die feinen Unterschiede zwischen Rosewood- und Mapleneck oder über die Auswirkung einer breiten Kopfplatte auf das Sustain der Gitarre schreiben, sondern Euch vielmehr mitteilen, wie ich persönlich versuchen würde, die amtlichen Bluessounds hinzubekommen, während ich finanziell auf dem Teppich bleibe.
Zunächst möchte ich Euch einige allgemeine, also für eigentlich alle Setups gültige Tipps für den Bluessound geben, und danach möchte ich einige beliebte Setups detaillierter vorstellen.
1. Allgemeine Tipps
a) "Klasse" des Equipments
Hierzu ist zunächst zu sagen: für Blues solltest Du vernünftiges Equipment benutzen. Bei einer so feelingorientierten Musik spielen die Feinheiten Deines Spiels eine ausschlaggebende Rolle - und nur ein zumindest ordentliches Equipment ist dazu in der Lage, diese authentisch rüberzubringen. Auch wird im Blues oft clean bzw. nur leicht angezerrt gespielt, sodass kaum die Möglichkeit besteht, den natürlichen Klang Deiner Gitarre zuzumatschen, wenn er unbefriedigend ist. Ich denke, dass Du bei Gitarren nicht unter das Niveau der Mexiko-Strats oder ähnlicher Instrumente gehen solltest. Ich bin mir bewusst, dass Walter Trout oder Robery Cray wahrscheinlich auch mit einer Harley Benton gut klingen würden, aber uns Normalsterblichen hilft das in diesem Zusammenhang nur wenig. Das gleiche gilt für den Amp: vergiss bitte nicht, dass es der Amp ist, durch den die E-Gitarre zum vollwertigen Instrument gemacht wird. Dieser spielt also mindestens eine ebenso große Rolle, wie die Gitarre selbst.
Jetzt musst Du aber nicht glauben, dass Du Dein Haus verkaufen oder Opas Uhr ins Pfandhaus bringen musst: Im Blues gilt der - eigentlich für alle Lebensbereiche meist wahre - Grundsatz "weniger ist mehr" sehr stark: glaube mir bitte, dass Du mit einer ordentlichen Gitarre, einem guten kleinen Röhrenamp und einem hochwertigen (!) Kabel traumhafte Bluessounds produzieren kannst. Wenn Deine finanziellen Mittel also Grenzen haben, solltest Du als Anfänger am besten gar kein Geld für Pedale oder ähnlichen Schnickschnack ausgeben, sondern das gesamte Geld, dass Dir am Anfang zur Verfügung steht, in die Grundkomponenten Gitarre und Amp investieren. Als (zugegeben ganz grobe) Faustregel kann man hier sagen, dass Du etwa 60 Prozent Deines Kapitals in den Amp und die restlichen 40 in die Gitarre investieren solltest. Das hört sich vielleicht absurd an, aber glaube mir, das ein feiner Amp ausschlaggebend für den Bluessound ist. Alles, was Du danach noch brauchst, kannst Du Dir langsam dazukaufen. Aber Deine Gitarre und Dein Röhrenamp werden Dir über Jahre hinweg - oder sogar bis an das Ende Deines Lebens - Freude bereiten.
b) Amp
Hier lässt sich der oben schon angerissene minimalistische Ansatz fortsetzen: kaufe lieber klein und fein, als groß und böse! Bluesmänner liebten und lieben kleine hochwertige Röhrencombos, und auch die meisten Einsteiger und Fortgeschrittene sind mit einem kleinen, aber erlesenen Röhrenamp besser bedient, als mit einem Monster mit 50 oder 100 Watt. Wenn Du - unter Beachtung Deiner finanziellen Möglichkeiten - abwägst, welchen Amp Du kaufen solltest, würde ich Dir dringend dazu raten, nicht auf die Größe und Lautstärke, sondern auf die Qualität zu achten. Sprich: ein kleiner Combo mit 5-15 Watt ist meist eine bessere Entscheidung, als ein großer Krachmacher von schlechterer Qualität. Und bevor Du die Kaufentscheidung triffst, solltest Du Dir unbedingt einmal anhören, wie laut 10 oder 15 Watt eigentlich sind. Du wirst wahrscheinlich erstaunt sein. Wenn Du immer noch nicht überzeugt bist, dass der Amp ausschlaggebend ist, dann versuche einfach folgendes: schließe eine Mexiko-Fender an einen kleinen Dr. Z., Tone King oder Two Rock an und spiele ein wenig. Du wirst danach wahrscheinlich staunen. Nimm danach die teuerste Gitarre, die im Geschäft hängt, und schließe sie an einen schlechten Verstärker an. Danach wirst Du wahrscheinlich noch mehr staunen!
c) Effekte
Eigentlich kann hier am sinnvollsten gespart werden. Das bedeutet jetzt nicht, dass Du Dir billige Treter kaufen soltest, sondern vielmehr, dass Du am Anfang auf Pedale notfalls auch ganz verzichten kannst. Effekte werden im Blues eigentlich - wenn überhaupt - nur sehr dezent verwendet Ich weiss, Jimi, Warren Haynes und auch SRV verwendeten ihre Univibes, Leslies ode Wahs auch mal weniger dezent aber das ist im Blues eher die Ausnahme. Die Männer, die den klassischen Bluessound erfunden oder besser: entscheidend geprägt haben, hatten eben noch nicht viele Effekte. Muddy Waters, Hubert Sumlin, T-Bone Walker oder auch BB King haben auf Pedale ganz verzichtet.
b) Saitenstärke und Saitenlage
Ich denke, dass die Bedeutung der Saitenstärke für den Bluessound nicht überbewertet werden kann: die Saiten sind der Teil Deines Equipments, bei denen der Sound anfängt, also sind sie sowohl für das Spielgefühl und die Bespielbarkeit Deiner Gitarre als auch für den Sound von entscheidender Bedeutung. In Rock-Kreisen sind eigentlich leichte Saiten (0.9er und vielleicht 0.10er Sätze) schon lange der Standard, und auch einige Blueser (z. B. Billy Gibbons) spielen leichte Sätze, aber dennoch muss ich Euch den Rat geben: versucht es mal mit einem Satz wie 11-49 oder 11-50. Für sehr rauhe Bluessounds sind diese m. E. besser geeignet. Einerseits sind sie von Natur aus lauter und haben einen robusteren Klang, andererseits werdet ihr durch sie quasi gezwungen, Eure Spielweise anzupassen. Sprich: wenn Du hart anschlagen und für jeden Ton arbeiten musst, klingt das Endergebnis auch um einiges derber und bluesiger.
Im Blues wird meistens mit eher geringer Verzerrung gespielt, was zur Folge hat, dass die Unterschiede zwischen den verschiedenen Saitenstärken viel stärker zur Geltung kommen, als bei einem Richtigen Hardrock-Zerrbrett. Dies gilt nicht nur für die Stärke, sondern auch für die Qualität der verwendeten Saiten. Sprich: es lohnt sich durchaus, in höherwertige Saiten ein wenig Geld zu investieren. Wenn Du also das nächste Mal überlegst, ob Du Dir einen neuen Verzerrer/Chorus/Delay kaufen möchtest, solltest Du Dir vielleicht mal den Gedanken durch den Kopf gehen lassen, dass einige hochwertige Saitensätze eine bessere Investition sein könnten. Versuch es mal mit Nickel-Saiten: sie vermitteln ein völlig anderes Spielgefühl, als die 0815-Saiten, die von der Mehrheit gespielt werden. Zu einem klingen sie ein wenig leiser und wärmer, als Standard-Saiten, zu anderem vermitteln sie ein etwas angenehmeres, "weicheres" Spielgefühl, was den oben empfohlenen schweren Saitensatz wieder etwas erträglicher macht.
Ähnlich verhält es sich mit der Saitenlage. Auch hier gehören flache Saitenlagen zum Standard, sind aber für den klassischen Bluessound eigentlich weniger geeignet. Mein Tipp wäre: Saitenlage hoch einstellen. Dem Sound kommt dies nur zugute, und auch bei Vibrato und Bending ist das Spielgefühl völlig anders. Da es im Blues ohnehin nicht darauf ankommt, möglichst schnell oder technisch anspruchsvoll zu spielen, lässt sich der damit einhergehende Verlust an Bequemlichkeit eigentlich leicht verschmerzen.
2. Die einzelnen klassischen Kombinationen
Nun möchte ich zum zweiten Teil kommen und die einzelnen Setups kurz vorstellen, die im Blues als klassisch gelten. Bitte beachte diese Vorschläge nicht als zwingend Du kannst sie jederzeit nach Deinem Geschmack modifizieren. Mit diesen Kombinationen verhält es sich ähnlich, wie mit der konservativen Herrengarderobe: mit einem guten Haarschnitt, frisch rasiert und in einem guten Anzug kannst Du nichts falsch machen und wirst nirgendwo auf der Welt negativ auffallen. Es steht Dir aber frei, diesen Anzug mit einer originellen Krawatte, Manschettenknöpfen oder auch langen Haaren (sprich: Effekte, etc.) ein wenig aufzulockern bzw. zu modernisieren oder auch Deinen völlig eigenen Weg zu gehen, indem Du bewusst die nicht-klassische Schiene wählst.
Im Blues gibt es eigentlich nicht die für den Musikstil typische Kombination schlechthin, wie z. B. eine Telecaster und einen Fender Amp für Country oder eine Gibson Les Paul oder SG mit einem Marshall für Rock. Bluesmänner spielten und spielen bis heute sehr viele verschiedene Setups, was die Auswahl natürlich nicht erleichtert. Dennoch gibt es einige Grundrezepte.
Nun aber zu den einzelnen Setups:
a) Strat-Sounds (Hendrix, Robert Cray, SRV, der spätere Clapton)
Die Strat als die wohl erfolgreichste Gitarre ist natürlich auch im Blues sehr beliebt. Wenn Du Dir Die oben genannten Gitarristen mal anhörst, siehst Du leicht, wie fundamental unterschiedliche Sounds Du mit einer Gitarre abhängig vom Amp und den Effekten, etc. - produzieren kannst.
Jimi Hendrix prägte eine der Kombinationen, die als Setup schlechthin gelten: Fender Stratocaster und Marshall Amp. Gitarristen, die ihm gefolgt sind, sind Ritchie Blackmore, Uli Roth, Robin Trower und Yngwie Malmsteen. Es ist fast überflüssig zu erwähnen, dass diese Herren alle bekennende Hendrix-Jünger sind. Allerdings würde ich Dir selbst dann, wenn Du als Anfänger schon Hendrix-Superfan bist, davon abraten, den Hendrix-Sound auf diese Weise zu imitieren: ohrenbetäubende, extreme Lautstärke war eine Grundkomponente von Jimis Sound, und diese ist für Leute, die zuhause üben oder spielen wollen, einfach nicht hinnehmbar. Die Hendrix-Marshalls haben aber nun einmal die Eigenschaft, dass sie ihren wahren Charakter nur dann entfalten, wenn sie sehr weit aufgerissen sind. Und hierzu haben die wenigsten von uns die Möglichkeit.
Ansonsten verwendete Jimi ähnlich wie später Stevie Ray eigentlich alle Pickup-Stellungen und arbeitete viel mit dem Volume-Regler. Für die bluesigen Nummern (Red House, Voodoo Chile Blues) verwendete er meistens den Neck-Pickup und bekam so seinen bauchigen Sound. An Effekten benutzte er als Zerre verschiedene Fuzz- und Octave-Fuzz-Pedale (Foxy Lady bzw. Purple Haze), sonst liebte er es natürlich, sein Wah einzusetzen (Voodoo Chile. All Along the Watchtower) und benutzte gelegentlich ein Univibe (Band of Gypsys-Konzert, Little Wing).
Wenn Du trotzdem seinen Sound emulieren willst, würde ich Dir zu folgendem raten: nimm einfach eine Strat und einen kleinen Röhrenamp, der nach dem Marshall-Rezept gebaut ist. Wenn Du einen Fuzz-Sound willst, solltest Du folgendes beachten: das klassische Fuzz Face kann vor einem cleanen Amp extrem unangenehm klingen. Den Hendrix-Sound erreichst Du nur, wenn Du das Baby vor einen bereits übersteuerten Amp schaltest. Hierfür gibt es aber einen kleinen Trick: nimm einfach ein Overdrive-Pedal, bei dem Du die Verzerrung sehr niedrig lässt, und booste das Fuzz Face damit. Ich habe schon viele Gitarristen gesehen, die auf diese Weise einen wahnsinnig coolen Fuzz-Sound hinbekommen haben. Als zweites Pedal solltest Du ein hochwertiges Wah-Pedal nehmen, das Univibe und ein Octave-Fuzz sind danach eigentlich nur die Sahnehäubchen auf Deiner Equipment-Torte.
Einen fundamental anderen, aber für mich großartigen Strat-Sound spiel Robert Cray: er benutzt für seinen spitzen, aber trotzdem warmen Klang meist die Zwischenstellung zwischen mittlerem und hinterem Pickup und spielt über sehr cleane Amps mit viel Reverb. Wenn Dir sein Sound gefällt, dann nimm einfach eine Strat mit schweren Saiten (Robert spielt 11er), steck sie ohne viel Schnickschnack in einen Fender-Amp (Blues Junior sollte die Arbeit z. B. sehr gut verrichten) und mische ordentlich Reverb dazu. Lege das Pick zur Seite und spiele mit den Fingern fertig!
Der muskulöse SRV-Sound ist wieder völlig anders. Ihn habe ich schon in meinem SRV-Thread diskutiert und möchte mich deshalb hier nicht unnötig wiederholen. Wenn es Dich interessiert, kannst Du hier nachschauen:
https://www.musiker-board.de/griff-spieltechnik-e-git/510092-spielen-wie-stevie-ray.html
b) Telecaster-Sounds (Muddy Waters. Albert Collins, Roy Buchanan)
Ich mache keinen großen Hehl daraus: es ist dieser Sound, den ich persönlich über alles liebe. Die Tele erfreut sich auch nach nunmehr über 60 Jahren nicht nur in der Country-Szene, sondern auch unter Bluesmännern großer Beliebtheit. Es ist wohl die Verlässlichkeit und der einfache Charme, den diese dienstälteste E-Gitarre ausstrahlt, die auf viele faszinierend wirken. Spielst Du die Telecaster mit dem hinteren Pickup über einen kleinen Röhrenamp ohne Effekte und verwendest dabei einen Daumenpick und vielleicht noch ein Bottleneck, kannst Du den frühen Chicago-Sound a la Muddy Waters täuschend echt emulieren. Schaltest Du zum Neck-Pickup, bekommst Du einen wunderschönen warmen Bluessound. Wenn Du solch einen mal hören willst, dann schau Dir The Messiah will come again von Roy Buchanan auf Youtube an. Dieser Tele-Sound ist brachial ehrlich, hat nicht besonders viel Sustain und offenbart die Fähigkeiten oder auch die Mängel des Gitarristen völlig unverblümt.
c) Gibson-Sounds (Allman Brothers, Billy Gibbons, BB King)
Die zweite große Fraktion neben der Strat-Familie ist natürlich auch im Blues die Gibson-Anhängerschaft. Sowohl Les Paul und SG als auch die halbakustischen Modelle allen voran die ES-335 sind im Blues weit verbreitet.
Die Kombination von Les Paul und Marshall, also die klassische Rock-Kombination ist auch im Blues sehr beliebt, besonders bei Bluesgitarristen, die sich stärker am Rock orientieren. Die Gitarristen der Allman Brothers (Duane Allman, Dickey Betts, Warren Haynes, Derek Trucks) spielen z. B. fast ausschließlich Gibson-Gitarren, überwiegend Les Pauls und SGs. Auch Billy Gibbons (ZZ Top) ist ein Humbucker-Mann. Diesen Sound kannst Du eigentlich sehr einfach befriedigend reproduzieren: nimm eine Gitarre mit Humbuckern und geleimten Hals und stecke sie in einen ziemlich weit aufgerissenen Röhrenamp. Da die Humbucker von Natur aus stärker zerren, bekommst Du ziemlich schnell einen sehr schönen angezerrten Sound. Wenn Dir das nicht reicht bzw. der Amp zu laut wird, kannst Du ein Overdrive verwenden, bei dem Du den Zerrgrad relativ niedrig einstellst. Auch hier gilt übrigens: die richtige Verwendung der Lautstärke- und Klangregler Deiner Gitarre kann Wunder bewirken. Wenn Du Geld im Überschuss hast, kannst Du Dir auch ein Delay-Pedal kaufen. Dezent eingestellt kann ein solches enorm helfen, Deinen Leads mehr räumlichen Charakter und Fülle zu verleihen.
Sehr beliebt und absolut klassisch im Blues sind auch Halbakustik-Gitarren. BB King erzeugt seinen singenden Sound mit seiner Signature-Lucille, die ihm Gibson auf den Leib geschneidert hat. Am besten verwendest Du einen Fender-artigen Röhrenamp, den Du relativ laut und höhenbetont einstellst. Etwas weniger zahm, also mit mehr Overdrive bekommst Du einen Sound, der dem von Alvin Lee (Ten Years After) ähnlich ist.
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