Korrekt ...ich müsste mal nachschauen, ob sie seither noch weiter an Seitenzahlen verloren hat oder ob das nur rein gefühlsmässig ist...
Die letzten zwei Specials könnten sogar noch etwas dicker sein als die vorhergehenden Hefte. Gerade die Analogthematik ließ ja wunderbar viele Seiten zum Thema zu.
Die Idee, dem PPV-Verlag und der Tastenwelt ein Konkurrenzprodukt vor die Nase zu klatschen fand ich gar nicht so doof!
Die Idee hinter der Funtasten war doch im Prinzip sowas wie eine Art Tastenwelt plus eine Prise OKEY!, aber minus Synthesizer, weil für die angepeilte Zielgruppe zu kompliziert und "technisch". Was man auch nicht wollte, war Vereinsmeierei und der Rektalstock der gußeisernen Wunderlich-Jünger, für die auf jeglicher Orgel die Verwendung von etwas anderem als Sinus und Leslie eine Sünde ist. Die OKEY!-Thematik sollte also dargeboten werden für ein Publikum, das nicht schon in den 70ern an der Orgel war und alles an Wersi-Weltraumorgeln und Böhm nT mißt – und an der Hammond B-3, wie Klaus Wunderlich sie spielte.
Arranger, Digitalpianos, sogar alte Orgeln, die nicht in Rockbands gespielt wurden (also Heimorgeln, wem das noch was sagt; gewissermaßen als "Synthesizer von gestern"-Ersatz), wurden thematisiert – was meines Wissens die OKEY! selbst erst nach dem Ende der Funtasten aufgegriffen und auch nicht lange gemacht hat. Dazu dann Themen fürs Livespiel als Entertainer oder in der Band.
Aber eben: Wie hätte man das Konzept "Funtasten" über längere Zeit rentabel aufrecht erhalten können?
Das ist es nämlich. Ich glaube nicht, daß das lange so hätte weitergehen können, zumal die Funtasten fast doppelt so dick war wie die zeitgenössische KEYBOARDS.
Der Fokus lag von vornherein ganz klar auf dem Alleinunterhalter und dem Hobbykeyboarder, der weder auf pianistisches Spiel noch aufs Keyboardspiel in einer Band noch auf elektronische Musik hinarbeitete, sondern einfach aus Spaß an der Freude mit Begleitautomatik spielen wollte. Somit lag auch musikalisch der Fokus der ersten Ausgabe auf Schlager (Siegel-Interview) und Volksmusik, also dem Zeugs, das heutzutage von Alleinunterhaltern gewünscht wird seitens der typischen Alleinunterhalter-Klientel; dazu gab's ein Oriental-Special. Shootout der drei großen japanischen Arranger (gab damals noch drei), Digitalpiano-Shootout, Einsteigerhupen, Klein-PAs. Dazu noch die Nostalgieecke mit der ersten Yamaha-Hupe mit großen Tasten (daß da FM am Werk ist, wird unter den Teppich gekehrt) und einem Kurzportrait von Elka und deren größten Modellen. Synthesizer und Workstations tauchen nur im Dunstkreis von Bandmusikern auf.
Eine zweite Ausgabe war zuerst überhaupt nicht geplant, obwohl die erste die Nummer 1 trug. Aber es gab wohl eine Leserschaft, die mehr wollte. Anstelle des Oriental-Special gab's ein Comboorgel/Clonewheel-Special. Neben den üblichen Bandkeyboarder- und Entertainer-Portraits interviewte man Mambo Kurt. In der Nostalgieabteilung featurete man ein noch kleineres Casio als das VL-10, um auch schön zu demonstrieren, daß damals™ alle Keyboards mehr oder weniger Spielzeug waren (hätten sie ein Yamaha PS-6100 oder JVC KB-800 in die Hände gekriegt, wären sie vermutlich vom Glauben abgefallen). Und weil die Orgel-Altvorderen in diesem unserem Lande seit jeher italienische Orgeln geringschätzen und nichts über Wersi geht mit Böhm an 2. Stelle, mußte nach Elka also Wersi gefeaturet werden – mit einem Bild derselben Acryl-Delta, die wir im Booklet von
Random Access Memories sehen. Auch hier hat man die ganze Firma wieder auf zwei Seiten abgefrühstückt.
Ich denke, das grundlegende Problem war, daß durch das Abspalten der Funtasten die KEYBOARDS kaum mehr über ebensolche berichtete und noch mehr ein Rechnerproduktionsmagazin wurde, als es die KEYS eh schon war. Also zog man die Reißleine, spaltete die S&R ab, stellte die Funtasten wieder ein, holte einen Teil der Themen der Funtasten wieder zurück – den banddienlichen Teil nämlich –, verbannte den Großteil derer wieder komplett aus Musik-Media-Publikationen und überließ ihn im wesentlichen der Tastenwelt.
An sich hätte die Funtasten weiterlaufen können, aber die KEYBOARDS wollte die Digitalpiano-, Comboorgel- und Bandthemen wiederhaben, denn von den wenigen Workstation- und VA-Neuerscheinungen konnte man nicht leben. Die Bandkeyboarder-Interviews waren in die Funtasten ausgelagert. Die Producer-Interviews sollten in die S&R ausgelagert werden. Interviews zum Thema Live-Elektronik führten eher clubszenenahe Magazine, die Musik Media gar nicht hat, oder wenn, dann war das eher ein Thema für die S&R, weil damals schon laptopbasiert. Keyboarder, zumal Live-Keyboarder, in der Elektronik gab's ja damals schon kaum, als daß man genügend Interviews zusammenbekommen hätte, die nicht automatisch in die Produktion und somit ins S&R-Territorium abgeglitten wären. Jarre beispielsweise trat 2005 nur je einmal in Polen und Marokko auf, das wäre kein Interviewgrund gewesen; dann war das Ganze vom Keyboarderischen her nicht nur auffallend unspektakulär, sondern mittlerweile offensichtliches Teilplayback. Es sollte noch drei Jahre dauern, bis der Mann wieder ein interessanter Interviewpartner zum Thema elektronische Livemusik gewesen wäre.
Die KEYBOARDS stünde heute möglicherweise besser da, wäre sie nicht so dogmatisch gewesen. Die ganze Produktionsschiene, DAWs etc. hat man in die S&R ausgelagert. Gleichzeitig aber hat man sich den durch die Funtasten neu dazugekommenen Themen verweigert. Man wollte weiterhin eine "gehobenere" Klientel ansprechen. Den Entertainerbereich hat man höchstens mal mit einem neuen Toparranger angeschnitten oder einer Mobil-PA; inzwischen passiert nicht mal mehr das. Den Hobbykeyboarder der PSR-E-Klasse und den Kleinentertainer der PSR-S-Klasse hat man ganz verschmäht, obwohl gerade die eigentlich von einem Zeitschriftentitel wie KEYBOARDS angezogen werden müßten.
Nachdem auch elektronische Musik kaum mehr mit Keyboards gemacht wird (die Nerd- und Frickelabteilung hat man nie wirklich bedient, deswegen konnte ja das SynMag so erfolgreich werden) und die große VA-Schwemme der nuller Jahre eh vorbei ist (ich sag nur 2002, wo weder KEYBOARDS noch KEYS dazu kam, die Novation KS4 und KS5 zu reviewen, auch weil alle Augen auf den MicroKorg gerichtet waren), versucht man, sich am Bandkeyboarder festzukrallen. Aber für den gibt's einfach nicht genug zu schreiben, als daß man problemlos eine Monatszeitschrift voll bekäme – oder inzwischen auch nur eine zweimonatliche. Ich kann mir gut vorstellen, daß man mittlerweile verzweifelt die Backingbands der Republik scannt auf der Suche nach Keyboardern, die man noch nicht interviewt hat. Es dauert einfach zu lange, bis man genügend Stoff für ein Heft hat.
Damit beißt sich die Katze in den Schwanz: Dadurch, daß die KEYBOARDS immer seltener erscheint, dauert es auch immer länger, bis die
Testberichte üblichen Jubelpersereien vom neuen japanischen Tastenprodukt in der Zeitschrift erscheinen. Wer das Heft dann in der Hand hält, hat einen Review von der neuesten Workstation dann längst auf Amazona oder Bonedo gelesen. Noch länger bräuchte höchstens noch das SynMag, das solche Sachen aber auch nicht mit Priorität behandelt, wenn überhaupt, zumal dessen Zielgruppe eher weniger bis gar nicht zur Workstation greift.
Martman