Ich war gestern mal wieder mit einem Kumpel in einem bekannten Kölner Musikladen und habe natürlich reichlich Tasten angespielt. Meine Eindrücke möchte ich euch selbstverständlich nicht vorenthalten, deshalb berichte ich einfach mal. Kurzer Hintergrund: Ich war eher als Berater dabei und hatte nicht vor, irgendwas bestimmtes zu kaufen. Natürlich wollte ich trotzdem die Gelegenheit nutzen, gerade um ein paar Geräte auszuprobieren, die ich noch nicht (oder nur kurz) unter den Fingern hatte. Dabei gab es im Wesentlichen zwei Kandidaten aus der Kategorie Rompler/Workstation und drei aus der Kategorie VA-Synth.
Zunächst mal die beiden Rompler/Workstations:
Korg Krome
Ich hatte zuerst die Varianten mit Synthi-Tastatur entdeckt und bin nicht einmal dazu gekommen, den Kopfhörer aufzusetzen. Ich habe nämlich vorher die Tasten angefasst. Ohmann. Leider war kein M50 zum Direktvergleich in der Nähe, deshalb bin ich nicht sicher, ob der Krome da etwas besser oder etwas schlechter liegt. Ernsthaft: Das geht ja gar nicht.
Später habe ich der 88er-Version noch eine Chance gegeben. Die klappert zwar auch auf eine seltsame Art und Weise, aber mit Kopfhörer war es dann einigermaßen okay. Soundtechnisch war das Ganze erwartungsgemäß solide, also zumindest von der Seite her könnte ich den Krome empfehlen. Zwar ist mir der Korg-Grundsound immer noch zu kalt und leblos (gerade bei den A-Pianos), aber wenn ich versuche, das auszublenden, finde ich insbesondere E-Pianos und Drums, aber auch diverse Streicher usw. durchaus überzeugend. Groß in die Synthese bin ich allerdings nicht eingestiegen.
Mein Test endete, als ich, an die ca 1,5cm breite Leiste vor der Tastatur griff. Die bog sich daraufhin so stark durch, dass ich fast Angst hatte, ein Stück herauszubrechen. Einfach so.
Fazit: Guter Sound, für Leute mit Korg-Geschmack sicherlich vielfach sogar sehr gut, aber die Verarbeitung ist wirklich eine absolute Frechheit.
Randgedanke: Hoffentlich sparen sie beim Kross nicht noch mehr Verarbeitungsqualität ein - sonst fällt das Ding auseinander, wenn man es nur schief anguckt.
Yamaha MX49
Nachdem hier im Board schon so viel darüber geschrieben wurde, musste ich ihn natürlich auch mal antesten. Und was soll ich sagen? Für den Preis ist das Teil echt der Hammer. Soundtechnisch ist es natürlich Yamaha (und ich bin bekanntlich nicht deren größter Fan), aber die meisten Sounds fand ich absolut überzeugend und sicherlich gut einsetzbar. Ein paar Schwächen gab es bei den Orgeln, da fühlte ich mich teilweise an meine alte PSR-Hupe zurückerinnert, aber es gab auch einige gute. Die Kategorien Guitar und Ethnic (oder wie hieß die) habe ich nicht getestet.
Für den Einstieg auf jeden Fall ein gutes Gerät, das ich ohne Bedenken empfehlen würde. Und im Vergleich zum Krome kam mir das Ding wie ein Panzer vor, auch wenn die Verarbeitung wahrscheinlich gar nicht sooo übermäßig toll ist. Auch die Tastatur war zwar kein Wunderteil, geht aber nicht nur im Hinblick auf das Preisschild absolut in Ordnung.
Was mich noch interessieren würde: Gibt es einen patch-spezifischen EQ? Ich habe auf die Schnelle nur einen Master-EQ gefunden...
Im Nachhinein hätte ich einen Direktvergleich mit dem Juno Di machen müssen. Ich habe nämlich die Vermutung, dass der MX49 sich da trotz fast 200 Preisdifferenz keineswegs verstecken muss.
Fazit: Die klare Empfehlung für Einsteiger. Guter Sound, angemessene Verarbeitung, eine ordentliche Tastatur. Für den Preis muss man nicht überlegen.
Sonstiges
Im Vorbeigehen fiel mir dann noch auf, dass die großen Yamahas immer noch solche Riesenkisten sind wie früher. Ich frage mich, ob man bei Yamaha der Meinung ist "was nichts wiegt taugt nix" bzw. "auf die Größe kommt es an", denn wenn man sich diese Kisten ansieht, scheint das eins der primären Designziele gewesen zu sein. Insbesondere, wenn ein S70XS genau so breit ist wie ein MOX8 frage ich mich, was der Blödsinn soll (Ergänzung: Laut Thomann ist der S70XS sogar 3cm breiter als der MOX8, dafür aber 2cm weniger hoch. Whee!). Für den alten Fantom G8, den sie dort stehen hatten gilt übrigens das selbe.
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Okay, kommen wir also zu den VAs. Ich hatte zwar, wie gesagt, nicht vor, einen zu kaufen, aber streng genommen ist ein VA das einzige, was meiner aktuellen Ausstattung wirklich noch fehlen würde. Insofern war ich also schon durchaus an den diversen Möglichkeiten interessiert. Auch hier gab es drei Kandidaten, die ich bislang noch nicht getestet hatte: Studiologic Sledge (Musikmesse 2012 saß ich ganz kurz dran, konnte aber nicht wirklich was hören), Korgs neuer KingKorg und der schon etwas länger verfügbare Roland Gaia. Abschließend habe ich auch nochmal kurz den Nord Lead 2x und den Virus (TI Pølar) angeworfen. Ich bin aber kein VA-Experte und habe insofern sicherlich eher oberflächlich getestet, d.h. der Umfang der Modulationsmöglichkeiten usw. wurde allenfalls am Rande mitbetrachtet.
Studiologic Sledge
Dass er orange ist, wusste ich ja, aber ich wollte ihm trotzdem eine Chance geben. Neben oder über einem Nord kann man ihn aber wohl kaum aufbauen...
Ich hatte ehrlich gesagt eine schlechte Verarbeitung (billige Plastikkiste) erwartet, aber das ist erfreulicherweise überhaupt nicht der Fall. Es handelt sich zwar um ein Kunststoffgehäuse, aber das fühlte sich für mich durchaus wertig und robust an. Auch die Potis, Schalter und Taster waren absolut in Ordnung.
Ich habe dann mal ein bisschen herumgeschaubt. Mit der Bedienung kam ich prima zurecht, alles ist sehr aufgeräumt und übersichtlich. Klanglich war ich auch sehr zufrieden, weil zwischen warmem Teppich und bösem Brutzel-Lead eigentlich alles gut rüber kam. Einzig die Übersteuerung des Filters kam mir etwas gekünstelt vor.
Etwas schade auch, dass Aftertouch und Modwheel anscheinend nicht separat beschaltet werden können - beide lösen gleichermaßen das aus, was bei "Wheel" eingestellt wird. Ein anderes seltsames Phänomen war die langsame Reaktion auf Potibewegungen. Ich hatte den Eindruck, alle Bewegungen werden vor der Umsetzung in Zahlenwerte erst einmal tiefpassgefiltert, d.h. der Wert kommt bei schnellen Drehungen nicht nach. Ein schnelles Auf- und Zudrehen des Cutoff erreicht beispielsweise nicht den Maximalwert. Bei meinem PC3 kann ich sowas mit FUNs einbauen, wenn ich möchte, aber beim Sledge scheint das fest drin zu sein. Das ist zwar nur eine kleine Einschränkung, aber sie stört mich vor allem deshalb, weil sie mir so unnötig erscheint.
Leider ist der Sledge offenbar auch etwas empfindlich. Beim Drehen der Potis in der Effektsektion (und noch irgendwo) gab es jedenfalls deutlich hörbare Knackser. Sowas darf meiner Meinung nach einfach nicht passieren. Und auch die kurze Smartphone-Nutzung meines 2m entfernt stehenden Kumpels konnte ich im Sledge prima hören...
Fazit: Klanglich absolut überzeugend, Verarbeitung positiv überraschend, aber leider scheint die Elektronik sehr empfindlich zu sein. Ärgerlich, wenn es nur an sowas scheitert...
Korg KingKorg
Auch hier hatte ich, nach so vielen positiven Kommentaren im Forum, durchaus hohe Erwartungen. Vom Sledge rüberkommend musste ich mich erstmal auf dem Bedienpanel zurecht finden, wobei mir direkt auffiel, dass es für einige Parameter offenbar einfach keine Potis gibt. Warum die Bedienelemente in der Reihenfolge (vlnr) "Output, FX, Osc, Filter, Env, Mod" platziert sind, leuchtet mir auch nicht wirklich ein.
Alle "fehlenden" Parameter kann man offenbar über das Display und einen zugehörigen Endlos-Encoder einstellen. Für jeden Parameter gibt es im Display eine Page (insg. ca. 80, davon rund 70 für Soundeinstellung), und zwar auch für die, die ein eigenes Bedienelement haben. Da kann man Poti und Encoder dann lustig gegeneinander arbeiten lassen, wobei bei den Potis dann kein Sprung, aber auch keine "Abhol"-Regel auftritt (möglicherweise könnte man das konfigurieren). Stattdessen wird der noch zur Verfügung stehende Wertebereich auf die verfügbaren Regelbereiche des Potis gemappt. Sowas gab es glaube ich schonmal beim Moog Little Phatty. Prinzipiell ist das ja auch eine legitime Strategie, aber zusammen mit den 12-Uhr-Rastungen vieler Potis dann doch irgendwie seltsam - der Wert, der in dieser Position erreicht wird, hängt dann nämlich von der Startposition und dem Startwert ab und wechselt somit ständig. Wie gesagt, vielleicht kann man das abschalten, aber ich fand es äußerst irritierend. Interessant wäre auch zu wissen, ob es nach dem Bewegen eines Potis eine schnellere Variante gibt, wieder zur vorherigen Display-Page zurückzukommen. Habe ich einen Parameter ohne eigenes Poti auf Page 65, betätige dann das Poti zu Page 28, dauert es nämlich sonst einige "+"- oder "-"-Klicks, bis ich wieder bei 65 bin...
Die Wahl der Osc-Wellenform und des Filters wird jeweils in einem kleinen, gesonderten Display angezeigt, nicht im Hauptdisplay (wie sonst alle anderen Werte). Ist ja hübsch, dieses kleine Display, aber was das konkret bringen soll, erschließt sich mir nicht ganz. Gut, man hat die Wellenform immer im Blick, aber auch nur für einen Oszillator...
Als nächstes wunderte ich mich, dass alle Parameter, die links von der Effektsektion eingestellt werden, offenbar nicht in Patches gespeichert werden. Beim Master-Volume kennt man das, und dort ist es ja auch sinnvoll, aber warum EQ und Zerre nur global eingestellt werden müssen, verstehe ich nicht.
Ihr seht also schon, besonders begeistert war ich nicht. Ich bin deshalb auch nicht wirklich tief in die Möglichkeiten eingestiegen, weil ich immer wieder an den Punkt kam, wo ich mich durch das Menü hätte tickern müssen, um (vielleicht) den gewünschten Parameter zu finden. Aber ganz ehrlich: Für sowas kaufe ich mir keinen VA. Wenn, möchte ich dort doch gerade möglichst ohne Menüs auskommen! Und wenn mir viele Bedienelemente nicht so wichtig sind, kann ich besser einen Blofeld nehmen. Der hat zwar noch weniger Bedienelemente, aber durch die Matrixverschaltung wäre ich damit vermutlich trotzdem noch schneller als mit dem Page-Geklicker am KingKorg.
Fazit: Der Sound war schon gut, da könnte man sicherlich viel mit machen. Aber das Bedienkonzept ist für meinen Geschmack ein totaler Reinfall, wirkt irgendwie... unvollständig. Bei mir kam jedenfalls keine Schraublaune auf, weil ich immer wieder dachte "ist das euer Ernst?". Ich war auch etwas überrascht, denn eigentlich weiß man doch bei Korg, wie man ordentliche VAs baut. Schade, ich hatte nach den Berichten im Forum schon fast damit gerechnet, vielleicht doch nochmal einen Korg in mein Setup einzuflechten.
Roland Gaia
Den Gaia habe ich mir nur relativ kurz angeschaut, weil mein Kumpel sich da länger mit beschäftigt hatte und ich irgendwann auch einfach keine Lust mehr hatte. So richtig überzeugen konnte er mich aber auch nicht. Der Klang zwar war okay, aber die Bedienoberfläche ist schon stark reduziert. Klar, auf die wichtigsten Parameter hat man direkten Zugriff, aber an vielen Stellen wurden mit teilweise zweifelhaften Methoden Bedienelemente eingespart. Sound wechseln? Klar, Bank-Taste gedrückt halten, mit Nummerntaste die Bank wählen, dann Bank loslassen und mit Nummerntaste den Patch innerhalb der Bank wählen. Oder auch schön: Portamento-Time einstellen: Portamento-Button gedrückt halten, und so lange auf "Transpose +" bzw. "-" drücken, bis der Wert passt - angezeigt wird der aber nirgendwo, man muss gleichzeitig spielen und hören, ob es einem gefällt. Die gängige Abhol-Strategie für Fader und Potis gibts offenbar auch nicht, d.h. live mal eben ein Patch laden und daran weiterschrauben ist nicht so ohne weiteres möglich.
Wie gesagt, ich hatte dann keine große Lust mehr und habe deshalb deutlich weniger Zeit vor dem Gaia verbracht als vor den anderen beiden.
Fazit: Gut angefangen (vor allem für den Preis), aber leider auf halbem Wege aufgehört. Schade.
Abschließend habe ich dann wie gesagt nochmal kurz den Nord Lead 2x und den Virus angespielt, wobei die Bastelmotivation da (nach mehreren Studen im Laden) wirklich weg war. Der Nord gefiel mir klanglich erwartungsgemäß sehr gut, insbesondere ohne dass ich viel gemacht hätte. Es klingt einfach irgendwie stimmig, wobei ich den Eindruck vielleicht nur habe, weil ich den Nord-Klang einfach gewohnt bin. Vielleicht ist es aber auch einfach mein Ding. Allerdings sind die Möglichkeiten natürlich schon recht beschränkt, und dafür finde ich ihn dann schon auch immer noch ganz schön teuer.
Und der Virus erschlägt mich einfach jedes Mal, das ist mir irgendwie alles zu viel. Klar, er klingt auch gut und viele Möglichkeiten sind natürlich auch eine tolle Sache, aber ich glaube, mir würde auch ein gebrauchter B- oder C-Virus für lange Zeit ausreichen. Den TI brauche ich jedenfalls nicht, vor allem nicht zu dem Preis.
Gesamtfazit VAs: Komisch. Keine Begeisterung. Kein Gerät hat bei mir den "haben will!"-Effekt ausgelöst. Ich war zugegebenermaßen etwas enttäuscht
Einen Sledge II mit weniger empfindlicher Elektronik würde ich mir aber sofort nochmal ansehen, und auch auf den Nord Lead 4 würde ich bei Zeiten mal einen Blick werfen wollen.