Mich würde interessieren, wo nach Deinem Eindruck nun das WaveROM auf die knappe Hälfte des Motif XS ausgedünnt wurde. Fehlen Dynamikstufen oder sind Wellenformen kürzer geloopt? Oder sind bestimmte Soundgruppen wie z.B. Brass oder Strings schlechter?
Gute Frage. Um es vorweg zu nehmen, ich glaube eigentlich kaum, dass da irgendwas an den Wavevorms gemacht wurde. Die "knappe Hälfte" scheint mir möglicherweise lediglich dem Produktdatenblatt zu entspringen, um Motif-User nicht komplett zu verärgern. Gerade im Pianobereich, sofern man das über diese Tastatur beurteilen kann, scheint mir nix, aber auch absolut nix zu fehlen. Die E.Pianos haben nach wie vor einige Gurken unter sich, bleiben aber ebenfalls auf einem (für diese Preisklasse) hohen Level. Im Direktvergleich mit dem MoX (einen 6er hatte ich nebenan zum Vergleich) scheinen mir die Samples aber auch nicht wirklich kürzer oder weniger dynamisch. Einzig die etwas (aber nur wenig) reduziertere Effektpower macht sich an einigen Stellen bemerkbar. Und so geht's eigentlich quer durch die Bank. Ich bin nicht Soundspezialist, aber im Vergleich schlechtere Sounds kann ich zumindest bis jetzt nicht bestätigen. Und wenn doch, dann sind es Details, die ich nicht direkt raushöre.
Die einzige Möglichkeit, die bleiben könnte, wäre, dass gewisse Sounds gleich komplett über Bord gekippt wurden. Da der MX ein neues System der Klangverwaltung aufweist, bleibt der Direktvergleich mit MoX und XS etwas schwerer. Ich habe zwar alle Sounds gefunden, die ich normalerweise so einsetze, aber das sind nicht allzuviele, vielleicht etwa ein Drittel des Motif-Rams. In gewissen Kategorien sieht es schon danach aus, als seien einige Sounds gekickt worden. Aber erstens kann ich mich auch nicht dran erinnern, irgendwas vermisst zu haben, was ich jetzt dringend brauchen würde, und zweitens fehlt das für die Preisklasse eigentlich typische Sondermüll-Museum nahezu komplett - jeder Sound ist direkt spiel- und nutzbar. Der MX besticht also weniger durch Quantität als vielmehr durch Qualität. Ich würde es Yamaha jedenfalls zumuten, die Mini-Samples aus der Prä-Motif-Zeit (endlich) gekickt zu haben, aber ob das eine dumme Idee gewesen sein sollte? Ich würde sagen, nein.
Eine andere Frage, die hier schon mal aufgetaucht ist (sinngemäss):
Ist der MoX nun überfällig?/Muss ich mich als MoX - Besitzer ärgern?
Definitives
NEIN. Einzig bei der Polyphonie könnte sich so mancher MoX-User nun ärgern, aber es gibt auch diverse Unterschiede im System, die die etwa doppelt so teure MoX-Serie von den MX - Geräten unterscheiden.
- Erstens hat Yamaha die bewährt-berüchtigte Strategie mit Voice, Perfomance, Master, Song, Pattern und und und über den Haufen geworfen. Man bleibt dauerhaft im (mit 128 Plätzen etwas knappen) Perfomance-Modus und erledigt auch die Einzelvoice und Split-Geschichten dort.
- Parallel dazu hat man seitens Yamaha auch das PRE-A-1 - System weggelassen. Der MX hat gleich Klangkategorien, wie die "Category-Search" Funktion der grösseren und erinnert damit von der Einfachheit der Klangauswahl her an die PSR-Serie - trotzdem ist das Innenleben komplett Motif-based, also nicht ein S550 - Verschnitt wie der MM-Vorgänger. Wer das dreiteilige System eh nie gemocht hat, wird Freude dran haben.
- Stichwort Split & Layer. Am Gerät mehr als einen Split oder Layer zu erstellen, wird zur Fummelarbeit bzw. ist möglicherweise nur mit Editor machbar. Dazu ist die Maschine aber auch gar nicht gedacht. Obwohl es machbar ist, komplexe Setups zu basteln (schliesslich ist 16-facher Multimode drin) ist es einfacher, den MX als Soundschleuder zu verwenden, denn das kann er wirklich gut.
- Gestrichen wurden sowohl Sequenzer als auch Patternsequenzer, beides hätte über das Winzdisplay (einer der wenigen Kritikpunkte der Maschine) aber auch keinen Sinn gemacht, bzw. wär an der Zielgruppe vorbei gewesen und hätte das Ding unnötig verteuert.
- Der Motif-Arpeggiator ist drin, aber hart kastriert. Drumprogramme sind möglich, die Presets zeigen die Möglichkeiten recht gut auf, aber von 6500 auf 1000 Arps runter, ist schon ein Einschnitt (im Vergleich zu anderen Mitwerbern aber immer noch ne ordentliche Hausnummer).
- Nicht zuletzt ist das Audiointerface des MoX natürlich besser als das des MX, sowohl anschlussseitig als auch klangmässig irgendwie. Demgegenüber hat der MX aber vollfunktionierende TI, (oder konnte das der MoX auch schon, bin mir grad nicht sicher)...
In diesem Sinne richtet sich der MX also ganz klar an die, die den SOUND der Yamaha-Synths möchten, dabei aber auf Workstation-Features wie grosse Split-Orgien, Sequenzer oder den Motif-Arpeggiator verzichten können. Für die hat Yamaha einen Presetrompler erschaffen, der out-of-the-Box einen beeindruckenden Querschnitt an spielfertigen Sounds bietet, dabei schnell und einfach gesplittet und gelayert werden kann, quasi wie ein gutes PSR-S, dabei aber mit vollwertiger Motif - DNA. Und mit der kleinen 49er-Version hat man auch der Kompakt-VA-Synth - Welt endlich einen adäquaten Rompler zur Seite gestellt, gerade der kleine könnte den Markt nochmal richtig aufwirbeln und als "Yamaha-Soundmacher" Einzug in diverse Setups halten - und damit auch das Motif-XS-Rack gefährden. Die Revolution frisst also tatsächlich ihre Eltern, zumindest in Ansätzen, aber so wie ich Yamaha einschätze, haben die ihren neuen grossen Kracher auch fertig und hauen ihn in FFM rauf (nachdem Roland ihr nächstes Flaggschiff versenkt haben).