Martman
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Leider liest man daraus keinen Unterschied zwischen dem Import von Soundprogrammen auf Basis interner Samples oder Wellenformen und dem Import komplett neuer Samples. Und das newbiefreundlich rauszustellen, damit nicht mehr alle Newbies "Ja, unbedingt will ich 'n Sampler, ich weiß zwar nicht, was das ist, aber immer her damit, wenn ich dann geile neue Sounds in meinen Synth laden kann" schreien, halte ich für unmöglich.Eine allgemeine Sache zu dem Kaufberatungsfragebogen...mir ist da aufgefallen, dass vor allem Anfänger da häufig "[ x] Sampling (eigene Sounds aufnehmen und spielen)" ankreuzen weil sie da was falsches drunter verstehen (zB mit der Sequenzeraufnahmefunktion bei Keyboards verwechseln) oder glauben, dass das eine nützliche Beigabe bei ihrem 300€ Budget wäre. Ich würde das vielleicht in " [ x] Sampler (importieren von fremden Sounds oder Audiodateien in das Gerät)" oä ändern. Selber am Hardwaregerät sampeln zu können ist eh eine sehr sehr seltene Anforderung heutzutage, die man imho nicht im Fragebogen erwähnen muss.
Vielleicht könnte man auch kurz erwähnen, dass so gut wie kein Gerät unter 1000€ diese Funktion bietet. Meines Wissens nach ist die V-Machine das einzige derzeitige Gerät unter 1000€, das (mit entsprechender Software) einen Sampler für spielbare Importklänge bietet...ok vielleicht der Blofeld noch aber das is ja wieder eine andere Baustelle und kein "vollwertiger" Sampleplayer.
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Sonnabend hatten wir den Gig des Wahnsinns. Ich hatte deswegen schon so'n komisches Gefühl, aber das hatte ich nicht erwartet.
Ort: Ein Campingplatz an der Ostsee in der tiefsten Wallapampa. Die Bühne war draußen, ein seltsames Holzteil mit teilweise nachgebenden Sperrholzplatten als Boden, keine 6×4 Meter groß, etwa 80 cm überm umgebenden Boden. Als ich Fotos von der Bühne sah, hatte ich schon Bedenken, daß wir da überhaupt drauf Platz haben werden. Das Ganze wurde mit einem zeltartigen Etwas, Giebelhöhe etwa 2,50 m, überdacht, das geringfügig kleiner war als die Bühne selbst. An den Seiten waren Teile aufgerollt, die konnte man mit Reißverschlüssen schließen. Nebenan stand ein Getränkeausschankhänger, der mit uns an einer Leitung hing, womöglich sogar alles an derselben 230er. Folglich sackte die Spannungsanzeite an meinem Phonic auch schon mal auf unter 190 V.
Außer genügend Saft gab's nicht:
- Eine PA. Die mußten wir stellen. Für open air ist unsere Band-PA allerdings grenzwertig.
- Licht. Nicht nur gab's kein Bühnenlicht (wie auch bei der Höhe, und als wenn man an diesen Zeltstangen Lampen hätte anhängen können), es gab im Umkreis von locker 20-30 m keine einzige Lichtquelle. Wir sollten übrigens bis nach Sonnenuntergang spielen.
- Einen wie auch immer gearteten Backstagebereich. Umziehen mußte die Band sich auf'm Restaurantklo. Wenigstens das gab's.
- Eine Treppe auf die Bühne. Eine Klappbank mußte dafür herhalten. Wacklige Angelegenheit, denn die Bank stand auf Rasen.
Für Hamburg hatte der Wetterbericht Gruselwetter vorhergesagt, also rechnete ich mit grauem Himmel und nochmals geringeren Temperaturen, 14°C vielleicht, zumal die Bühne keine 100 m vom Wasser weg war. Was war? Viel Blau am Himmel und bikinitaugliche Temperaturen. Die Jacke konnte also im Kofferraum bleiben, und mein Hemd war vielleicht sogar zu dick, zumindest für die Zeit des Aufbaus. Gut, wir waren reichlich früh da, weil wir mit heftigen Staus gerechnet hatten, aber so hatten wir vorher genug Zeit, was zu essen (à la carte, ging aufs Haus). Sofort mit Aufbau loslegen konnten wir sowieso nicht, weil eine Tanzgruppe, die den Nachmittag auftrat, gnadenlos überzog. Juckte uns nicht, wir hatten reichlich zeitlichen Spielraum, aber eine gute Stunde vor offiziellem Auftrittsbeginn mußten wir doch darauf bestehen, daß die mal fertig werden. Immerhin hatten wir nicht nur Instrumente aufzubauen, sondern auch noch die ganze PA, also fiel auch ein erweiterter Soundcheck an.
Langsam ging das Drama los. Wie gesagt, als ich mein Rack unter Strom setzte, zeigte der Phonic nur so 180-190 Volt an. Aus irgendeinem Grunde kam von mir ein ziemliches Rauschen am Bandmischer an. Das waren aber weder meine Kabel zum Bandmischer noch mein Submixer, also die Kanäle durchschalten. Der Kurze stellte sich als die Rauschquelle heraus. Vielleicht zickte er wieder rum. Ausgeschaltet, neu gestartet, nicht nur rauschte er weiterhin, sondern obendrein ließ sich die Festplatte nicht ansprechen. Anscheinend mochte sie die zu geringe Spannung nicht bzw. bekam vom Netzteil nicht genug Saft. Gut, die ist ein ziemlicher Stromfresser, wahrscheinlich werde ich sie demnächst durch meine Quantum Trailblazer ersetzen. Rückfallebene hatte ich nicht, um die Samples in den Kurzen zu laden. Kacke. Beim dritten Start des Kurzen machte die Platte wieder mit, aber es rauschte immer noch. Am Ende stellte sich heraus, daß ich ja ausnahmsweise über die Mikro-Preamps ins Bandmischpult ging, also mit einigen dB zuviel reinkam. Eigenen Mainregler runter, schon war Ruhe.
Während wir dann soundcheckten, zog es sich allmählich zu. Folglich wurden schon mal ein paar Maßnahmen gegen den Regen getroffen, so wurden die PA-Boxen, die seitlich neben der Bühne standen, unter die mit Gaffa befestigten Seitenklappen des Zeltdachs gesteckt. Dann ging's los. Um den dritten Song herum tat sich vor uns im Süden ein epischer Doppelregenbogen auf, den ich (ich stand hinten) von der Burg aus kaum sehen konnte. Wenigstens hatte ich so aufgebaut, daß ich rausspazieren und mal was sehen konnte.
In der zweiten Hälfte des ersten Sets setzte dann ebenso epischer Platzregen ein. Daß wir innerhalb von wenigen Minuten kein Publikum mehr hatten, das uns noch hören konnte, abgesehen von den paar, die am Getränkestand ausharrten (und in der Setpause von da verschwanden), war eine Sache. Eine ganz andere war, daß die ganze Geschichte auf solche Regenmengen nicht ausgelegt war, besonders unser Zeltdach nicht. Das heißt, das Dach selbst war eine separate Plane, die konnte aber nicht straff genug gezogen werden, so daß irgendwann die Wassermengen nicht mehr abliefen und sich in Wasserblasen sammelten. Wenn die voll waren, ergossen sie sich auf den Bühnenrand, und wir hatten die Bühne bis an alle Ränder mit Elektronik vollgestellt. Der Wind kam zwar von hinten und blies uns nicht den Regen von vorn oder von der Seite auf die Bühne, aber auch so mußte das Wasser irgendwohin. Da kam es zugute, daß das Dach so niedrig war, denn wir mußten alle Naselang die Wasserblasen entleeren. PA-Boxen, Monitore und teilweise mein Submixer wurden mit Müllsäcken geschützt, derweil es lustig auf meine (kindergesicherte und somit einigermaßen regenresistente) Steckleiste regnete.
In der ersten Setpause wurde dann umgebaut. Seitenklappen von den PA-Boxen runter, und zumindest auf der Seite der Bühne, wo die Keyboards standen, haben wir sie zugezogen mit dem Nebeneffekt, daß wir die Box (und wegen noch auf Probenraumverhältnisse eingestellter Monitore den Gitarristen) kaum mehr hörten. Es wurde auch schon langsam duster, so daß zwei Scheinwerfer organisiert werden mußten. Als unser Drummer mit einer Kanne angerückt kam, stand ich kurz vor der Krise: Wo sollen wir für das Ding (und noch eine von derselben Sorte) noch Strom hernehmen? Wir hingen so schon mit den Instrumenten und der PA zusammen mit der Bierbude an einer zu schwachen Leitung, jetzt sollen da auch noch Scheinwerfer ran? Waren zum Glück LED-Lampen. Die wurden einfach an den vorderen Ecken auf die Bühne gestellt, damit wir überhaupt Licht haben. Ich hatte schon die Laternen am Phonic rausgezogen und aufgedreht, die Setlist lag zu Füßen meines Racks auf dem K&M-Tisch (hellste Stelle meiner Keyboardburg), und ansonsten gab's nur Licht vom Scheinwerfer stage left am Zeltdach reflektiert.
Als das zweite Set anfing, goß es immer noch unverändert aus Eimern. Folglich hatten wir praktisch null Publikum. Am Getränkestand auf 9 Uhr war keiner mehr, am Kiosk etwa 50 m entfernt auf 11 Uhr konnte man unsere Spiddel-PA nicht sehr gut hören und im Restaurant auf 2 Uhr erst recht nicht. Egal, wir haben trotzdem gespielt.
Nach etwa zwei Stücken wurde der Regen dann weniger und hörte ziemlich schnell ganz auf. Und oh Wunder - ausgerechnet bei You To Me Are Everything (was haben die Leute eigentlich mit der Nummer) kamen wieder Tanzpaare auf die betongepflasterte Tanzfläche. Unsere LeadsängerInnen konnten endlich wieder mit ihren Funkmikros von der Bühne und sich unters (wenn auch nicht zahlreiche) Volk mischen. Wurde also doch noch lustig.
Gegen halb elf, es war wieder Setpause, hieß es dann, wir sollen nur noch bis elf spielen. Reicht wohl. Na ja, spontan das dritte Set um zwei Stücke gekürzt, keine Zugabenpause eingebaut und von vier geplanten Zugaben nur drei gespielt. Wurde dann zwar 10-15 Minuten später, aber egal, an einem Sonnabend auf einem Campingplatz JWD ohne jegliche Wohnsiedlung in Hörweite ist das Wurscht. Je näher wir dem Ende kamen, desto mehr Leute kamen, um uns doch noch zu hören (sehen war mangels Licht etwas schwierig) und evtl. zu tanzen.
Der Abbau wurde dann wieder ein Abenteuer für sich. Zum einen kam der nächste Wolkenbruch, weshalb wir mit dem Transporter bis ganz an die Bühne ranfahren mußten (trotzdem goß es wie irre in den Transporter rein). Zum anderen die Lichtsache. Das Restaurant wollte die Kannen wiederhaben, weil sie schlossen, also blieben an Bühnenbeleuchtung nur zwei Notenpultlampen, die wir dann auch ziemlich als letzte abbauten, um überhaupt noch Licht zu haben.
Dann blieb nur noch die Frage, wie man von einem Campingplatz runterkommt, der um 22.00 Uhr schließt, und dessen Kassenhäuschen (Schranken an Ein- und Ausfahrt) nach Mitternacht nicht mehr dauerhaft besetzt ist. Zum Glück mußten wir nicht lange warten, bis uns geöffnet wurde.
Martman