So langsam können mir einige mal den Buckel runterrutschen. Sorry, aber diese Korinthenkackerei von Verdrehungen und herumreiten auf ein etwas überzogenes absolut ist langsam peinlich. Und wenn dann noch Erfahrungen und Wissen von wirklichen Könnern im Gitarrenbau (ich meine nicht mich...!!) einfach wegdiskutiert wird, Messergebnisse angezweifelt werden - was soll dann noch die Wahrheit sein?
(Hervorhebung von mir)
Ich hoffe, du beziehst dich dabei nicht auf mein Post, denn es war absolut nicht so gemeint, dass ich die Messergebnisse per se anzweifle, oder auch den Zusammenhang zwischen Klang und Holzqualität.
Es ist überhaupt nichts gegen Messreihen zum Erfahrungsgewinn einzuwenden, um damit Vermutungen zu bestätigen oder zu falsifizieren.
Und noch viel weniger will ich hier die Erfahrung von smartin, murle1 oder sonst welchen erfahrenen Gitarrenbauern anzweifeln, ganz im Gegenteil, ich finde es sehr spannend, dass ihr die mit uns teilt, dass smartin ausführliche Testreihen über die Auswirkungen von Kältebehandlung macht.
Und ich werte auch Erfahrung nicht weniger, als wissenschaftliche Methodik. Beides ist letztendlich gleichwertig zu sehen.
Ich bin nur sehr kritisch, was die Begriffe "wissenschaftlich" und "Wahrheit" betrifft.
Es ist nur so, dass ich mich in letzter zeit recht viel mit Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie usw. befasse. Und da ist es dann die Frage, was man aus den Messergebnissen herausholt. Die moderne Wissenschaftstheorie ist mittlerweile dort angelangt, dass man Theorien nicht beweisen kann, sondern sie nur noch nicht wiederlegt sind (Kritischer Rationalismus von Karl Popper). Wenn man weiter geht, ist sogar der Begriff der objektiven, absoluten Wahrheit anzuzweifeln (Konstruktivismus)
Also wenn jemand sagt, etwas sei "wissenschaftlich durch Messergebnisse bewiesen", dann ist das Empirismus, und dieser ist zwar in vielen, besonders Naturwissenschaftlichen Bereichen noch zu finden, gilt aber eigentlich nicht mehr als "State of the Art"
Wie gesagt, natürlich heist das nicht, dass die Messergebnisse falsch sind, aber messen die Messaufbauten wirklich das, was ich messen will? Ist die Interpretation der Messergebnisse die einzig Richtige, oder gibt es noch eine andere Interpretation, bzw. auch versteckte Ursachen, die mir durch meine Messreihe verborgen bleiben?
Um ein recht plakatives Beispiel zu bringen, was ich meine: Ich kann versuchen, von sämtlichen Personen Deutschlands (Österreich, Schweiz,... gilt eh für überall) Schuhgröße und Gehalt ermitteln. Wenn ich das statistisch auswerte, werde ich eine positive Korrelation bekommen: Je größer die Schuhgröße, desto höher das Gehalt.
So, und jetzt kann man daraus eine Menge Theorien (Erklärungsversuche) basteln. z.B. dass Menschen mit größeren Füßen eine bessere Wirkung bei Gehaltsverhandlungen haben. (Die Messungen bestätigen dies. Und ja, ich habe schon Untersuchungen erlebt, wo gefragt wurde, wie sich die Fußgröße auf die Attraktivität von Menschen auswirkt.
Was jedoch bei dieser Aussage nicht berücksichtigt wurde, ist, dass sich hier noch eine versteckte Variable befindet, die die eigentliche Ursache für den (statistischen) Gehaltsunterschied ist, die aber sehr wohl mit der Schuhgröße korreliert, nämlich das Geschlecht. Es ist nun mal so, dass Frauen durchschnittlich kleinere Füße haben als Männer, und dass sie durchschnittlich weniger verdienen, als Männer. dadurch ergibt sich die Korrelation zwischen Schuhgröße und Gehalt, ohne dass jedoch die Schuhgröße die Ursache für die Höhe Des Gehalts ist.
Holz dürfte als komplexes Material den gleichen physikalischen Gesetzen folgen wie andere komplexe Materialien...
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bei Basslab werden die Schwingungs-Eigenschaften eines Korpus per Software Modell bestimmt
danach werden sie mit einem speziellen Kunststoffgemisch präzise und reproduzierbar realisiert
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bei Holz sind diese Vorgänge aufgrund des Wachstums und der komplexeren Struktur des Materials im Detail nicht so 'verfolgbar', aber an der Gültigkeit der grundsätzlichen Annahme ändert das nichts.
(Hervorhebungen wieder von mir)
Danke für die Info. Die Hervorhebungen habe ich gemacht, weil sie sehr schön zeigen, dass bei so einem (wissenschaftlichen) Vorgehen, immer gewisse Grundannahmen zu finden sind, die meist nicht mehr hinterfragt werden. Meist sind sie nicht so offensichtlich formuliert wie hier. Dabei wird auch davon ausgegangen, dass das Software-Modell ("Ein Modell erfasst im Allgemeinen nicht alle Attribute des Originals, sondern nur diejenigen, die dem Modellschaffer bzw. Modellnutzer relevant erscheinen." von:
http://de.wikipedia.org/wiki/Modell) das Schwingverhalten ausreichend genau simuliert.
Diese Grundannahmen sind jedoch auch nicht absolut und auf jeden fall gültig, und tragen so zur Konstruktion der Wahrheit bei. Was wiederum nicht bedeutet, dass die Ergebnisse und Erkenntnisse nicht viabel (=zu unseren Erfahrungen passend) sind. Dann das sind sie ja, sonst würde man sie verwerfen.
Nochmal: Ich will hier nicht korinthenkacken oder verdrehen, lediglich ein bißchen auf die Problematik der "Wissenschaftlichkeit"
im Allgemeinen aufmerksam machen. Das ist genau der Grund, warum zehn Studien zum gleichen Thema immer 15 verschiedene Ergebnisse liefern.
Um wieder zum Topic zurückzukehren: Ich glaub schon, dass das Korpusholz Einfluss auf den Klang hat, aber dass andere Komponenten da einen wesentlich größeren Einfluss haben. Und auch hochwertiges Sperrholz (wie z.B. Multiplex) ist für E-Gitarren sicher geeignet. Natürlich wird etwas anderes dabei rauskommen, als bei superteurem Klangholz. Schlechter? Weiß ich nicht, nicht unbedingt.
Sicher MDF, dass aus mehr Leim als Holz besteht oder billiges Pappelsperrholz mit Lufteinschlüssen wird eher nicht so sinnvoll sein. Da kann ich mir schon gut vorstellen, dass viel Schwingungsenergie irgendwo "geschluckt" wird.
mfG
Markus