Das ist ein Top Thema!
Es ist so: Wenn das Volk nicht mitmacht geht gar nichts! Ob bei Kriegen, Konzernmacht, Politik - oder Musik.
Wenn die Leute lieber handgemachte, ehrliche Musik hören würden als zu einem DJ-Set zu gehen, dann hätten DJs kaum Auftrittsmöglichkeiten! Das ist Fakt. Wenn keiner kommt, kann der Club mit DJs nicht mehr Gewinn machen als mit Live-Bands.
Was ist also das Problem?
Dass Live-Bands weniger Nachfrage haben, ist ja bloß ein Symptom.
Was ist die Ursache?
Das ist ne andere Herangehensweise...
Sorry, das wird länger... :-D
Da gibt es viele Dinge, das ist bloß ein kleiner Ausschnitt:
1. Ich bin um die 30, für mich waren und sind CDs noch ein Ereignis – also das physische Produkt. So dämlich es klingt – man baut eine Bindung zu etwas auf, das man tatsächlich in der Hand hat. Nicht nur zur CD – zur Musik. Heutige 16-jährige haben auf dem Smartphone 10.000 (schwarz) erworbene Lieder drauf, von denen er/sie nichts über Texte, Hintergründe etc. weiß
– und im Shuffle-Modus keine Ahnung hat, wer spielt. Musik ist ein Produkt geworden. Ich hatte damals mit 20 € Taschengeld im Monat auf CDs gespart. Heute gibt es bei vielen Jugendlichen (noch!) Geld im Überfluss für unreflektiertes Kaufen.
2. Die Medien sagen den Leuten, was gute Musik sein soll! Und die Leute glauben es! Es wird über TV, YT und Werbung quasi implantiert. Das setzt heutzutage sehr früh an, ist u.a. auch massenpsychologisch erklärbar.
- Es gibt keine öffentliche Unterscheidung mehr zwischen Können und Nichtkönnen! Das Nichtkönnen wird angepriesen. Sänger/innen in Casting-Shows etc. werden „Musiker“ oder „Künstler“ genannt. Es gibt nicht mehr die Anerkennung für das Ergebnis jahrelanger Bemühungen (und Entbehrungen), ein Instrument zu beherrschen - oder für wahre langfristige Leidenschaft für Musik.
3. Ein Großteil der populären Musik ist quasi tot und emotionslos. Entweder steril, wie nahezu jede 100% elektronische Musik – oder durch Kompression etc. jeder Lebendigkeit beraubt. Dazu einfachste Soundschemata, die jede/r sofort versteht.
Selbst entwickelte Live-Musik überfordert. Was läuft in den Charts? Ein Großteil der Musik wurde tatsächlich nach Meinungsforschung und Auswertung erfolgreicher Acts entwickelt. Da fallen eigen Live-Songs etwas raus.
4. Ich habe ein Bild (siehe untenAnhang / Sound&Recording) hinzugefügt, wie sich die Plattenfirmen entwickelt haben – es gibt ein paar mächtige Firmen, die bestimmen, was gespielt wird und Gehör findet.
5. Selbst entwickelte Live-Musik überfordert. Es ist unbekannt und ungewohnt. Wenn man sonst nur Katy Perry hört, ist komplexer Prog-Rock undurchschaubar. Man wächst mit der Musik. Wenn ich von der ersten Oasis CD gleich zur letzten Radiohead CD gegangen wäre (auch wenn keine Welten dazwischen liegen), wäre ich vermutlich verwirrt im Wald gestanden
Es gibt eine gewisse Musik-Intelligenz, die nahezu jeder (!) entwickeln könnte!
6. Man kann es auch Niemanden von den Zuhörern vorhalten, wenn sie keinen Bezug zu authentischer Musik haben und lieber in DJ-Clubs kontinuierlich den Promillespiegel erhöhen als sich von echter Musik berauschen zu lassen. Die Umgebung, die erlebten Situationen, das Aufwachsen, die Social Networks etc. bestimmen, wie man denkt - eben auch, wie man über Musik denkt.
7. Solange DJs den Laden brummen lassen, besteht keine Not, echte Bands spielen zu lassen. Außer der Veranstalter ist Musikfan :-D Da gibt es zum Glück auch noch ein paar…
8. Ändern lässt sich das schwer. In Einzelfällen können sich Bands mit viel Fleiß immer noch etwas erarbeiten. Aber das Grundproblem bleibt bestehen – außer, die MusikINDUSTRIE sieht irgendwann wieder eine höhere Gewinnspanne in der Rückkehr zu authentischer, handgemachter Musik. So eine Trendumkehr ist steuerbar.
Aufgrund der Punkte, aber auch anderer, die im Thread schon erwähnt wurden, sind DJs immer weiter auf dem Vormarsch. (Ein David Guetta greift bis zu einer Million für eine Show ab – falls man ihn toll finden sollte, verstehe ich dennoch nicht, warum man ein „Live-Erlebnis“ braucht – wo ist der klangliche oder gefühlte Unterschied, ob ein kleiner Mann 500m entfernt auf einen Knopf drückt oder obs gleich vom Band kommt? ^^ )
Gute Chancen für Auftritte haben aber natürlich Coverbands (zb auf allen kleinen und größeren Volksfesten), teilweise Reggae und Ska - und Metalbands. Gefühlt spielen ¾ der jüngeren Bands hart. Bei hoher Verzerrung und Powerchords muss man nichts können, hört keine Fehler, hat schnell Erfolgserlebnisse, und die Leute gehen ab –das Bier verkauft sich gut. Und da es soo viele Metalbands gibt machen Veranstalter dann recht gern Newcomer-Metal-Festivals.
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Ich wollte mit meinem Post niemanden verärgern, ich weiß, man muss online vorsichtig sein ;-) Man könnte/müsste alles komplexer darstellen, aber ich habe nicht genug Zeit. Und ich weiß – es gibt auch viele gute, virtuose Metalbands.